Ursprünglich
wollte der Sänger der deutschen Edel Prog Metaller Vanden Plas eigentlich bereits vor
drei Jahren ein entsprechendes Projekt eines Freundes mit sich und weiteren, verschiedenen
Sängern aufziehen. Er kam aber bald wieder davon ab, weil es zu der Zeit bereits zu viele
solcher Scheiben im Stile Tobi Sammet's Avantasia oder Arjen Lucassen's Ayreon gab.
Dennoch wurde er von seinem Label dazu ermuntert, die Sache wieder auf zu greifen und das
Ding selber zu machen. So gingen zweieinhalb Jahre ins Land, in denen Andy Kuntz nebst der
Musik auch alle Texte und ergänzend ein darauf Bezug nehmendes Theater-Stück schrieb.
Durch diese Arbeit konnte er seine Trauer um den tragischen Verlust von gleich mehreren
ihm nahestehenden Menschen verarbeiten. Somit bekam "Abydos" deutlich
autobiographische Züge, die in der Story des kleinen Jungen Sly getragen werden. Obwohl
Andy's Termin erst um 22.00 Uhr angesetzt war, gab er sich nach dem bisherigen
Interview-Marathon sichtlich Mühe, auch noch mit mir als Zweitletzten des Abends ein
angeregtes Gespräch zu führen! Klar kamen wir dabei auch auf Vanden Plas und weitere,
interessante Themen rund um das Music-Business
zu sprechen.
A: Hallo..., Dani?
MF: Ja! Hallo Andy..., so du armer Tropf..., immer noch dran?
A: Ja, ja..., (es ist) ein bisschen später...
MF: ...immer noch fit und munter?
A: Ne..., fit kann man nicht 'von reden..., aber munter noch einigermassen...
MF: Dann lege ich gleich los..., dein erstes Solo-Album wird begleitet von den
Ereignissen des letzten Jahres. Wie fühlst du dich heute, wo das Album draussen und etwas
Distanz zum Erlebten da ist?
A: Erstens ist es so, dass es nicht letztes Jahr war, sondern es ist schon zweieinhalb
Jahre zurück..., das Album hat viel länger gedauert, als ursprünglich erwartet...,
ähmm..., das also nur zur Information.
MF: O.k....
A: Währenddessen hat es mich die ganze Zeit begleitet..., immer wieder, mal stärker, mal
schwächer und nachdem es jetzt zu Ende geschrieben und endlich auch auf dem Markt ist,
sind sie alle und alle Beteiligten meine ich damit auch, superglücklich, dass wir's
endlich auf die Welt gebracht haben. Also mit etwas Abstand überwiegt jetzt im Moment
absolut die Freude über das, was wir bewegt haben und (sind) natürlich auch stolz
drüber..., für mich jetzt persönlich damit meinen Schmerz ein zu dämmen, auf jeden
Fall auch zu besiegen.
MF: Gehe ich richtig in der Annahme, dass der Name "Abydos" ägyptischen
Ursprungs ist und bewusst gewählt wurde?
A: Ja..., das ist eine alte Tempelanlage in Ägypten. Dort fanden vor circa 3000 Jahren
die ersten Mysterien-Spiele statt, die der Ursprung sind zu unserem Schauspiel heutzutage.
Und da ich ja auch Schauspieler und Musical-Darsteller bin, lag darin auf jeden Fall einer
der Bezugspunkte. Die Überlegung oder diese Idee, den Namen zu verwenden..., also es ist
ja ein Name, den es in dieser Form gibt. Es ist ja jetzt nicht eine Erfindung von mir...,
lag aus dem Grunde nah und dann natürlich auch, weil es ein wunderschöner Name ist....,
das muss man ganz einfach sagen und ich hab's dann..., letzten Endes auch nachdem man sich
gemeinsam entschieden hat, diesen Namen zu verwenden, war's ein Leichtes, ihn ein zu weben
in die Geschichte. Hätte der Name "Sermont Michel" gelautet, auf den man sich
verständigt hätte, wo das Ganze spielen sollte, dann hätte ich im Grunde den bösen
Part, der einer der Protagonisten ist..., im Album..., im Geschehen..., hätte ich ihn
dorthin verlagert. Das war jetzt nicht zwangsläufig wichtig, dass es "Abydos"
ist, aber es hat halt..., es haben viele Faktoren dafür gespielt.
MF: Welche Musiker sind dir bei den Aufnahmen zur Seite gestanden und stammt das
ganze Album ausschliesslich aus deiner Feder?
A: Nein, auf keinen Fall! Muss man ganz fair sagen..., das hat sich vor dreieinhalb Jahren
ungefähr zugetragen. Stefan Glass, das ist letzten Endes auch der, mit dem ich die ganze
Sache hauptsächlich zusammen bearbeitet habe..., hat mir vor dreieinhalb Jahren 'nen Demo
zur Verfügung gestellt, hat mich gefragt, was ich davon halte und ob man damit etwas
anfangen kann, weil er halt keine Kontakte hatte. Er ist ein hervorragender Musiker...,
leider bis dato unentdeckt gewesen und hat's eben versucht, mit einem schönen Demo Fuss
zu fassen. Ich hab' mir das angehört und mir hat das Flair und die Musik darauf sehr sehr
gut gefallen. Ich hab' versucht, diesbezüglich dann 'nen Plattenvertrag mit InsideOut
(Music) oder mit anderen Firmen an Land zu ziehen. Die waren nicht sehr begeistert, weil
zuerst war's eben angedacht, dass das Konzept nach diesen Massgaben des Demo's
durchgezogen werden sollte und das hat der Firma nicht ganz so gepasst. Damals war
angedacht, dass ich verschiedene Sänger mit involvieren wollte..., André Matos
(Ex-Angra) zum Beispiel, Ian Parry..., und Anneka von The Gathering habe ich gefragt, aber
die hatte zu dem Zeitpunkt zwar keine Zeit gehabt, aber hat' mir eine andere Frau
vorgeschlagen, die wohl Lust darauf gehabt hätte. Jedenfalls lange Rede, kurzer Sinn: Die
war nicht interessiert in der Form..., haben mich gefragt, ob ich's nicht selbst machen
wollte, dass es eben nach meinen Massgaben produziert wird. Dazu musste natürlich dann
die ganze Geschichte umgeschrieben werden. Da waren ja im Grunde schon Texte dabei,
Gesangsbögen mussten verändert werden, es mussten Lieder rausfliegen, neue Parts
geschrieben werden und so haben wir uns entschieden..., eigentlich nach langem Überlegen,
ob wir nicht sogar..., es uns nicht einfacher machen wollten, uns komplett gemeinsam hin
zu setzen und neue Lieder zu schreiben. Das wäre möglicherweise, wenn man jetzt zurück
denkt, die einfachere Variante gewesen, als die Songs, die da waren, dann nochmals auf
mich zurecht zu schneiden. Es praktisch auseinander zu "glamüseln" das
Ganze..., neu zu arrangieren und als Puzzle wieder zusammen zu setzen.
Ich bin trotzdem froh, dass wir es auf diese Art und Weise gemacht haben, weil ich
nachwievor der Meinung bin, dass dieses Flair, das damals in dem Demo schon gesteckt hat,
entsprechend auch transportiert wurde. Wir haben das natürlich dann verstärkt, das hatte
ein Feeling damals für mich entwickelt, das aus den 70ern heran reichte und da ich schon
immer mal eine Platte machen wollte, die klingt wie damals, hat mich das natürlich
inspiriert und ich hab' gesagt, wir müssen, wenn wir das neu alles aufnehmen..., wir
konnten ja nichts vom Demo verwenden..., dann müssen wir gucken, dass wir wirklich
authentische Instrumente auch dafür finden und so haben wir uns darauf verständigt. Dann
ist nach einem langen Weg endlich das heraus gekommen, wie ich es mir auch vorgestellt
habe. Zur Seite hat mir natürlich Stefan Glass gestanden, der fast alle Sachen
eingespielt hat. Er ist ein Multiinstrumentalist..., ich kenne ihn seit über zwanzig
Jahren und wir arbeiten schon lange in verschiedenen Projekten immer mal wieder
miteinander zusammen. In so einer grossen Form, war es jetzt die erste Arbeit und das
(der) andere war Michael Kraus, der im Grunde damals mit der Idee kam, überhaupt dieses
Projekt zu machen, das man damals für das Demo entwickelt hatte. Und auch er hat Gitarren
eingespielt..., und Keyboards..., ich wollte natürlich da auch alle, die von Anfang an
mit dabei waren, mit involvieren. Erstens aus ethischen Gründen und zweitens natürlich
aus den Gründen, weil 'se in meinen Augen wirklich hervorragende Musiker sind. Weiter
haben wir dann noch den Andy Lill (g - Vanden Plas) dazu getrommelt und noch ein paar
andere Leute, die auch weniger bekannt sind. Da stehe ich eigentlich besonders drauf, weil
ich das Gefühl hab', dass solche Leute oftmals noch..., ihre Visionen..., an Grenzen
gehen, wo andere Musiker, die schon satt sind, vielleicht schon längst gestoppt hätten.
MF: Musikalisch ist die Nähe zu Vanden Plas und Dream Theater nicht zu
überhören. Es gibt aber noch weit mehr zu entdecken, wie zum Beispiel Pink Floyd, die
ich fetzenweise heraushöre...
A: ...ja sehr gut..., absolut!
MF: Von was (oder wem) wurdest du sonst noch inspiriert?
A: Kansas, Styx, Supertramp..., alle diese Bands und was Dream Theater angeht..., was ganz
klar ist, absolut nicht zu verneinen, ist natürlich die Nähe zu Vanden Plas. Wobei ich
sagen muss, die Sachen, die man vielleicht erkennen würde bei Dream Theater, da sie ja
selbst..., Mike Portnoy (d) hat das schon oft gesagt und wir haben uns auch schon darüber
unterhalten..., auch er ist natürlich ein Mensch, der... vielleicht schon viel früher
wie andere mit seinen Kollegen drauf gekommen ist, dass eben die Wurzeln aller guten
Progressiv-Musik in den 70ern gelegen haben. Die Sachen, die man vielleicht da jetzt
entlarven würde, als das, was klingt wie Dream Theater, ist möglicherweise nur im
Grunde..., weil DT natürlich dort, mit einem moderneren Sound, vielleicht klingen, wie
Yes in dem Moment geklungen hätten, wenn sie die Sounds schon zu Verfügung gehabt
hätten. Also ich glaube, dass man automatisch etwas nach DT klingt, wenn man alte
Kompositions-Ideen von damals mit heutigen Sounds paart.
MF: Bei "Far away" höre ich einen Synthie-Orchester, dafür aber echte
Chöre. Wieso wurde kein echtes Orchester (wie Nightwish es zum Beispiel auf
"Once" machten) eingesetzt? Zu teuer?
A: Ja..., also natürlich aus Kostengründen, das ist eine ganz klare Sache! Für ein paar
Instrumente haben uns Kollegen, die wir kannten und hervorragend waren, für kleines Geld
ausgeholfen. Einfach um die Basics zu schaffen, dass man den Rest dann angehen und von der
Orchestral-Library auffrischen kann. Damit es sehr hochwertig und nahezu echt klingt, aber
niemals ganz echt klingen kann. Das war einfach 'ne Kostensache, denn das ist ein Apparat,
den man sich kaum erlauben kann. Auf der anderen Seite ein Chor..., wenn man da jemand
findet, der willig ist..., dann machen die das teilweise auch schon zu ganz kleinem Geld.
Wenn Offenheit besteht bei so einem Chor, der normalerweise gregorianische Sachen macht,
Kirchen-Gesang und hervorragend ist, dann haben sie selten die Möglichkeit, auch mal in
die Öffentlichkeit zu treten. Und wenn denen generell so ein Projekt gefällt und man
dann an die richtigen Leute kommt, ist das durchaus interessant für die. Insofern haben
wir uns mit denen zusammen gesetzt. Ein Orchester auf zu nehmen ist oftmals auch ein
riesen Problem. Bestehende Orchester haben meist Instruktionen, da sie fest mit einem
(Auftritts-) Haus verbunden sind. Theater-Orchester..., egal wo... und da gibt es oft auch
vertragliche Klauseln, die es nicht einfach machen, dieses Orchester dann so in dieser
Form verwenden zu können. Das ist gar nicht einfach und auch aus Zeitgründen... hätte
man dann das Orchester in einem konzipierten Raum, also in einem Theater zusammen führen
müssen, um dort auf zu nehmen, gäbe es wieder rechtliche Klauseln. Das Theater würde
Ansprüche auf die Aufnahmen anmelden, was es wiederum schwierig machen würde, das Ganze
"auseinander zu glamüseln"...
MF: Du hast ja in den letzten Jahren auch die Musical-Welt für dich als Sänger
entdeckt. Was reizt dich mittlerweile mehr: Die Band oder das Musical und was wurde
nebenbei aus dem "Grafen von Monte Christo"?
A: Ja..., (lacht)..., also der Graf, der ist immer noch in der Mache und das ist auch
immer noch akut. Mittlerweile haben sich die Sachen so miteinander verstrickt..., Vanden
Plas hängt ja auch als Band komplett in den Theater-Produktionen drin. Ich muss sagen...,
seit ich vor fünf Jahren einen meiner Freunde damals kennen gelernt habe, der auch ein
Mentor und Regisseur von mir wurde..., der im Übrigen auch in dieser Autobiographie, die
teilweise mit einschwingt und da leider einen sehr schlimmen Part einnimmt, weil er auch
gestorben ist vor zwei Jahren..., er hat mir gezeigt damals, dass ich doch wesentlich
lernfähiger bin, als ich es vielleicht von mir gedacht hatte. Ich habe das Glück gehabt,
in die Musical-Szene rein zu rutschen und habe eben Erfolg gehabt, das muss man dazu sagen
und ich habe mich aber in dieser Branche selbst aber nie sehr hoch eingeschätzt, da mein
Hauptaugenmerk auf Vanden Plas gerichtet war. Nach der Begegnung mit ihm und nachdem ich
zwei Produktionen gefahren habe, schätzte ich mich danach doch höher ein und konnte auch
ein gewisses Selbstwertgefühl entwickelt sehen. Somit kam auch die Idee auf, überhaupt
ein Musical schreiben zu können, was wir ja mit dem "Grafen von Monte Christo"
nun versuchen zu machen. Im Moment ist es sehr verwoben miteinander..., wie es in naher
Zukunft aussieht..., ich denke ähnlich, weil die Angebote liegen schon vor, nur wie es
dann weiter geht..., es liegt noch in weiter Ferne. Man muss gucken, wie sich das jetzt
weiter mit Vanden Plas, dem Hauptaugenmerk entwickelt, in welche Richtung auch immer.
MF: Ist Abydos als Projekt oder echte Zweit-Band von dir konzipiert und wird es
Live-Auftritte in diesem Rahmen geben?
A: Ja, ich würde es mal so sagen..., es ist ein Projekt, ganz klar. Ich mein'..., und das
weisst du als Journalist sehr gut..., die Branche, die ist ganz schön am Knabbern...,
ähmm..., wenn sich wirklich so viel verkaufen würde, dass es sich rechnet, was
heutzutage bei einem neuen Projekt sehr schwierig ist, dann wird die Plattenfirma schon
kommen..., so würde es wirklich Sinn machen, damit auf Tour zu gehen. Das geht jetzt noch
mindestens drei bis vier Monate, bis man sieht, wie die Verkäufe sich entwickeln. Da
können wir uns dann auch noch Gedanken darüber machen..., ich halte es daher irgendwie
immer, dass ich erst über die Brücke gehe, wenn sie direkt vor mir liegt.
MF: Kann es vielleicht sein, dass einzelne Abydos-Tracks den Einzug in die
künftige Vanden Plas Setliste schaffen werden?
A: Es könnte sein..., also da muss ich mit den Jungs mal sprechen..., wir sind ja im
Grunde alle sehr offen miteinander. Jeder ist immer sehr interessiert, was der andere
gerade auch für ein Projekt macht, da gibt es keinen Neid. Das ist eine alte
Männer-Freundschaft..., das ist eben so und wir sind uns durchaus bewusst, dass sich da
immer alles gegenseitig auch befruchtet bei Vanden Plas. Wenn jetzt da wirklich alle auf
einen speziellen Titel stehen würden..., also ich hätte damit kein Problem. Im
Gegenteil..., bevor man eben ein Cover von einer anderen Band spielt, warum nicht eins aus
"Abydos" oder zwei.
MF: "Abydos", das Titelstück, liegt stilistisch voll im Trend. Die
Verbindung von Metal und Klassik ist zur Zeit sehr erfolgreich. Hast du eine Erklärung
dafür, in der Nightwish nicht darin vorkommen?
A: (schmunzelt) - Also ich glaube, dass es im Übrigen generell ein Zweig sein müsste und
auch ein sehr guter ist..., in die heutige, populäre Musik..., auch ob das jetzt Rock
oder egal, was es ist, die Klassik mit zu involvieren, weil das eben die Grundbasis für
alles ist. Ein Stück Kultur in der Rockmusik kann niemandem schaden. Ich glaube, wenn
junge Leute auf diese Art und Weise auch diesem Gedankengut wieder zugeführt werden, dann
können sie es auch ganz gut verkraften und es ist ihnen in der letzten Zeit ganz schön
schmackhaft gemacht worden. Insofern denke ich auch, dass diese Tradition darin begründet
liegt, weil es einfach auch in unseren Wurzeln liegt.
MF: Trägt dein Solo-Album einen einmaligen Charakter oder wird es einmal ein
zweites Werk geben, das vielleicht ganz anders klingen könnte?
A: Das könnte sein..., also das ist jetzt 'ne Frage, die ich in der Form noch nie gehört
habe..., ähh..., das freut mich grad' mal weil..., das habe ich sonst immer von mir aus
erwähnt..., also wenn es ein "Abydos" (-Album) geben würde..., würde ich mal
heute sagen, obwohl man es nie genau wissen kann..., also ob das jetzt "Abydos
2" oder "Little boys tralala... Nummer 2" heissen würde. Es könnte
durchaus sein, dass es eine ganz andere Stilistik (in sich) birgt, auf jeden Fall..., weil
im Grunde sehe ich für mich "Abydos" als eine Möglichkeit, mich einfach neben
Vanden Plas noch aus zu drücken und wenn ich da in zwei, drei Jahren die Chance dazu
bekomme..., von der Plattenfirma, dass die wieder Interesse hätten, dann könnte ich mir
durchaus vorstellen, dass es meinen Vorlieben zu dieser Zeit, die es dann eben gibt...,
dass die praktisch bedient werden.
MF: Es gibt Stimmen, die sagen, dass auf dem Cover nicht Abydos, sondern Vanden
Plas hätte stehen sollen. Kannst du das nachvollziehen?
A: Es wäre unfair den Leuten gegenüber, die die Musik geschrieben und letzten Endes auch
eingespielt haben. Dann muss ich sagen, das wäre natürlich eine Sache gewesen, wo man
wirklich nur auf'n Kommerz geschaut und wenn ich das jemals in meinem musikalischen
Werdegang getan hätte, dann hätte ich schon von Anfang an versucht, andere Musik zu
machen. Also es wäre unfair..., natürlich..., Fans..., das ehrt mich. Es ist ja
begründet eigentlich in der These, dass es ihnen gefallen hätte. Die Fans, die auf
Vanden Plas stehen und jetzt dieses Album nicht gut gefunden hätten, die wären ja froh
gewesen, wenn auf keinen Fall Vanden Plas drauf gestanden hätte.
MF: Du hast vor rund fünf Jahren im Gespräch mit mir vom Vaterlandsstolz des
Sports in Deutschland gesprochen, der sich überhaupt nicht auf die Musik übertrage. Wie
siehst du das (von wegen Vaterlandsstolz) heute..., so nach den Wahlen im Osten vom
Wochenende?
A: Ouu jaaa..., das ist ein ganz heikles Thema. Ich hoffe, dass das Ganze im Moment nur
ein Denkzettel ist an die Regierung und nicht wirklich ein Gedankengut, dass da wieder
herrscht.
MF: Und der Bezug zur Musik..., magst du dich noch daran erinnern?
A: Ich könnte damit auf eine Frage geantwortet haben, warum wir auch in Deutschland nicht
so angesehen sind...
MF: ...ja genau!
A: Warum generell die Rockmusik..., diese Branche nicht so..., oder deutsche Bands in
Deutschland nicht so angesehen sind, wie jetzt zum Beispiel auch Fussball..., ja..., das
ist durchaus heute leider immer noch so und ich finde, die einzige Möglichkeit in dieser
Richtung..., wenn du's grad vorhin angesprochen hast, ist die Möglichkeit meines
Erachtens im Moment, die Klassik zu involvieren, um da wieder eine breite Bande an Kultur
auch rein zu bringen. Das Schlimme ist ja, dass mit diesen Sendungen..., "Deutschland
sucht den Superstar"..., die..., ich halte es für legitim..., man kann alles machen,
weil wenn's gekuckt wird, dann gibt's den Leuten ja Recht, aber es wird einfach eine
natürliche Barriere zwischen Fan und dem Star oder demjenigen der Künstler und Fan...,
die letzten (Barrieren) abgebaut und das halte ich nicht für immer nur positiv. Ich
mein'..., es geht mir gar nicht darum, dass man jetzt denken würde, als Künstler ist man
was Besonderes..., darum geht es überhaupt nicht! Aber..., es sind ja auch Träume...,
wenn ich mir überleg', was wir früher noch Fans waren von irgendwas. Das war ja nicht
alles nur schlecht, sondern dieses Gefühl..., wo ich doch heut', wenn ich darüber
nachdenke..., wenn ich daran zurück denke..., noch habe, wie man Leute fast vergöttert
hat, ohne jetzt zu denken, sie wären wirklich Götter, sondern einfach dieses wunderbare
Gefühl..., das geht einigen Kids heutzutage leider verloren. Ich finde, man müsste
eigentlich daran arbeiten, dass das wieder da ist..., dass eben wirklich wieder Ideale
auch... da sind, auf die letzten Endes die Jugend stolz sein kann.
MF: Das hat sicher auch was mit der Qualität der Musik zu tun! Wenn man
beispielsweise sieht, wie sich die Scorpions wieder hochgerappelt haben...
A: Das kann gut sein..., das ist ja eben das..., die Vermarktung ist heute in den
Vordergrund getreten und man kann auch mit einem mittelmässigen..., ich will jetzt gar
nicht schlechten Produkts sagen, weil da schwingt natürlich auch viel Geschmack mit. Mit
einem mittelmässigen Produkt kann man heutzutage 500'000 Platten verkaufen und dem
gegenüber kann man sich mit einem sehr guten Produkt die Hacken ablaufen und kriegt
vielleicht noch nicht mal einen Plattenvertrag. Und das ist halt 'ne Sache..., da will
auch gar nicht drüber weinen, das ist eben so. Aber die Industrie müsste schauen, dass
sie da breiter werden eigentlich. Sie haben damals versucht, die Kleinen zu verdrängen
und die Grossen zu fördern. Heutzutage haben wir fast nur noch grosse..., keinen
Einzelhändler mehr..., Ende vom Lied. Ist letzten Endes aber auch, dass dort oben dann
einmal "Frau", die unten grad noch BH's verkaufen musste, in den zwei
Überstunden oben in der Plattenabteilung aushelfen muss und natürlich keine Auskunft
geben kann. Was nicht an ihr liegt, nicht die Schuld von ihr ist, sondern die
Plattenindustrie hat dies gefördert und scheidet sich damit jetzt ins eigene Fleisch,
weil sie neue Sachen nicht mehr integrieren können.
MF: Wie lautet der kommende Fahrplan für Vanden Plas, wie steht es mit dem viel
zitierten Exoten-Bonus und wann steht die nächste Tour an?
A: Also die nächste Tour..., ich fange mal von hinten an..., steht natürlich dann an,
wenn die nächste Platte draussen ist, vorher macht's keinen Sinn, eine grosse Tour zu
fahren. Wir waren ja jetzt, trotz dem wir seit zwei Jahren nichts veröffentlicht haben,
in diesem und dem letzten Jahr sehr oft unterwegs und haben eher die grossen Festivals
gespielt. Wir waren in Ankara, Istanbul, Malaga..., und in Atlanta am "Rock Power
IV". Dabei haben wir überall riesen Rezensionen gekriegt, die uns vom Standing her
nochmals ein Stück nach oben gebracht haben, ohne jetzt wirklich zu touren oder touren zu
müssen. Natürlich ist unser Ziel, dass das auch wieder anders läuft..., dass wir wieder
öfters mit Vanden Plas live spielen, auch wieder auf eine Tour gehen. Wie gesagt, macht
erst Sinn mit der nächsten Platte. Die steht an..., ich würde jetzt mal sagen so Mai bis
Juni 2005. Wir stehen noch gerade in der Produktion von "Jesus Christ
Superstar", da spiele ich den Jesus und die Band macht die Musik dazu, mit einem
riesen Orchester zusammen. Das Ganze kommt am 16. Oktober raus und danach ist dann die
Zeit endlich reif, dass ich an die Texte gehe..., ist im Grunde schon alles fertig
geschrieben, aber ich muss sie noch besser formulieren. Dann haben wir 25 Songs
geschrieben für den "Grafen von Monte Christo", erstens als Musical..., zehn
weitere Songs geschrieben, wo als Quintessenz aus diesen Songs und aus Quintessenz von der
Idee der Story her, der Stoff in die heutige Zeit projiziert wurde. Da muss ich jetzt
einfach ran, das ist mein Part, dass ich bis zum Ende des Jahres eine Geschichte beisammen
habe, die mit Melodiebögen (dass die Songs fertig werden) versehen wird. Dann gehen wir
ins Studio, machen die Platte zum Musical, wo eher die Vanden Plas Fans vom Sound her
bedient werden. Wobei natürlich auch schon mehr auf Theater-Elemente Wert gelegt wurde,
wie jetzt auf anderen Vanden Plas Platten. Was jetzt aber durchaus nicht heisst, dass es
"softe" ist, im Gegenteil. Also ich glaube, dass es dadurch auch ein bisschen
mehr lebt, wir haben authentischere Songs verwendet und diese werden uns auf der anderen
Seite teilweise in einer Härte zeigen, wie man's vielleicht bisher noch nicht gehört
hat. Dem gegenüber kann es aber trotzdem ganz soft ausfallen, 'ne Ballade mit einem
einfachen Piano, ohne einen Chor getrauen zu spielen. Das sind die Überlegungen, die wir
für das kommende Jahr getroffen haben und jetzt wollen wir mal sehen, was passiert.
MF: Letzte Frage: Was ich noch in einem Satz (!!!) sagen wollte, ist: ... (Andy
verstand die Frage zunächst nicht und so blieb es einen Moment lang gespenstisch ruhig in
der Leitung!
A: Mir geht es in der letzten Zeit sehr viel um Träume. In der Geschichte von
"Abydos" geht es eben um die Träume eines kleinen Jungen. Der Protagonist, der
"Fly" heisst... und ohne jetzt gross nochmals auf die Geschichte ein zu gehen:
Ich glaube einfach (und das ist auch eine der Schlussfolgerungen aus der Geschichte), dass
wir alle..., und das mache ich natürlich an mir fest (weil ich wenig Zutrauen ganz am
Anfang hatte), dass ich wirklich mal den Sprung schaffen könnte, über Jahre von der
Musik gut leben und mir geistige Ausflüge erlauben zu können sowie Dinge zu produzieren,
die die Plattenfirma dann einfach fast ungehört so nimmt..., ich will damit auch
vermitteln irgendwo ein bisschen, dass jeder an seinen Träumen festhalten sollte. Also
ich bin absolut der Meinung, dass man die Chance hat..., wenn man eine Vision hat und das
ist ja meistens bei Kids noch ganz extrem..., die wollen teilweise mit fünf Pilot werden
und so..., und irgendwie kriegen wir unsere Träume ja so ein bisschen
"aberzogen". Das finde ich halt besonders schade, aber man hat irgendwie an
einem Punkt in seinem Leben immer nochmals die Chance, da zurück zu wandern..., zu den
eigentlichen Ursprüngen. Nochmals überlegen..., was habe ich denn früher..., was wollte
ich denn eigentlich wirklich machen aus meinem Leben? Und wenn man da heute noch eine
Identifikation dazu finden kann..., für die Ideen, die man damals hatte oder denkt
"Mensch, das habe ich damals aufgegeben und ich würd's eigentlich jetzt doch gerne
gemacht haben. Ich glaube, dass es immer einen Weg gibt, es doch noch zu machen. Und vor
allen Dingen mit dem, was man dann im Laufe der Jahre dazu gelernt hat, also dass jeder an
seinen Träumen festhalten sollte. Das halte ich für ganz wichtig heutzutage!
MF: O.k...., war zwar mehr als ein Satz...
A: ...was? (lacht)
MF: ...aber ein wunderschönes Schlusswort!
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