Interview: Audrey Horne
By Liane P.


„Polka Polka Polka“ - manchmal ist es gut, wenn man sich gegen die „tollen“ Vorschläge der Bandkollegen entscheidet. Mit dem Titel zum neuen Album „Youngblood“ haben Audrey Horne meiner Meinung nach doch eher den Nagel auf den Kopf getroffen. Junges Blut, frisches Fleisch - quasi! So kommt das 4. Studioalbum der Norweger auch rüber: Frisch, knackig und energiegeschwängert: granatenknüppeldick und unverbraucht.

Audrey Horne schafften es schon immer authentisch und absolut glaubwürdig rüber zu kommen. Dies ist es, was ich an der Band so sehr schätze. Da steckt tonnenweise Herzblut und Ehrlichkeit dahinter. Auch mit dem letzten Album „Audrey Horne“ stürmten die Norweger die Charts im eigenen Land und waren oben und ganz vorne wieder zu finden (Platz 13). „Youngblood“ erblickte nun am 1. Februar 2013 das Licht der Welt und stieg gleich mal auf Platz 10 der norwegischen Album-Charts und fand sich auch europaweit in guten Platzierungen wieder. Grundsätzlich stehen alle Ampeln auf grün, wenn nicht sogar dunkelgrün und hoffen wir mal, dass der Hype noch eine Weile anhält, denn verdient hätten sie es! Ausverkaufte Release Shows und ausverkaufte Limited Vinyl Editions ebnen den Weg nach Oben. Das neue Album „spielt locker und luftig mit dem Erbe der Legenden“. Mit den Legenden meint man Iron Maiden, Led Zeppelin, Thin Lizzy. Was hat das Jahr 2013 noch alles parat für Audrey Horne? Ich bin gespannt wie ein Regenwurm zwischen zwei Hühnern! Besonders freut es mich, noch ein Interview mit dem Sänger Toschie ergattert zu haben, bevor der grosse Sturm beginnt...

MF: Das neue Album „Youngblood“ ist erst vor ein paar Tagen erschienen und die internationale Presse überschlägt sich bereits mit Lobeshymnen. So etwas konntet ihr bis anhin in diesem Ausmass noch nicht erleben, hättet ihr diese Reaktion erwartet?

Toschie: Ja, es wurde bis jetzt von der Presse extrem gut angenommen und wir sind selbstverständlich überwältigt von dieser Reaktion. Das bedeutet uns sehr viel, denn wir haben verdammt hart an diesem Album gearbeitet. Auch wenn wir bisher immer gute Kritiken für unsere Alben erhielten, hätten wir so eine Reaktion nicht erwartet. Wir waren nicht sicher, was wir zu erwarten hatten, denn wir sind dieses Mal in eine etwas andere Richtung gegangen was den Sound betrifft. Wobei, eigentlich finden wir nicht, dass der Sound so extrem von dem abweicht, was wir bis anhin veröffentlicht haben.

MF: Ich finde, dass es sich von den anderen Alben abhebt und vor allem viel rockiger klingt und noch mehr Energie und Härte aufweist. War es eine Richtung die ihr bewusst gewählt habt?

Toschie: Eigentlich haben wir uns nicht bewusst für diese Richtung entschieden. Es ist ganz natürlich entstanden. Wir sind einfach zusammen gekommen und hatten das gemeinsame Ziel ein weiteres Album entstehen zu lassen. Grundsätzlich war die Richtung und der Weg schon mit dem Entstehen unseres 2. Albums „Le Fol“ klar und ab da hatten wir uns stetig weiter entwickelt. Wenn ich zurückblicke, sind wir alle in den letzten 10 Jahren unglaublich weiter gekommen, als Personen und als Musiker. Eine sehr gesunde Entwicklung wie ich finde, für uns und für die Leute da draussen. „Evolve or die!“

MF: Erzähl mir doch ein paar dunkle und aufregende Momente aus der Entwicklungsphase von „Youngblood“. Was war dieses Mal so besonders daran? Habt ihr eurer Seele an den Teufel verkauft oder sogar eure Frauen geopfert? Es klingt verdammt energiegeladen!

Toschie: Ha ha ha, oh nein keiner musste sein Leben geben während den Aufnahmen zu „Youngblood“. Wir wollten einfach versuchen, genau die Live Energie aus unseren Konzerten zu konservieren und auf diesem Album umsetzen. Dazu haben wir immer die Songs zusammen in unserem Proberaum geschrieben und komponiert und dadurch unglaublich von einander profitiert. Danach spielten wir die Songs live ein und fixten am Ende noch hier und da ein paar Sachen und fügten noch Perkussions und Keyboards dazu. Am Ende gingen wir nochmals über alle Vocals und das wars dann. Wichtig war auch die Zusammenarbeit mit Magnet. Er ist ein bekannter Künstler aus Norwegen der das Album produziert hat. Er kennt sich mit Live Produktionen aus und wir waren sicher, dass er dem Album den richtig Kick geben kann, den wir brauchen konnten.

MF: Ihr habt nun auch ein 5. Mitglied zur Truppe aufgenommen und nun endlich einen Bassisten mit dabei. Er durfte sogar beim Songwriting mitwirken. Ihr kennt ihn ja schon länger, er spielte schon beim letzten Album mit, aber nicht als festes Mitglied. Wie wichtig ist er für die Entstehung des Albums gewesen?

Toschie: Oh ja! Espen Lien! Der beste Bassist mit dem ich je zusammen gearbeitet habe. Er ist Eins mit sich und seinem Instrument und hat eine geniale Einstellung. Er ist auch ein unglaublich guter Songwriter und kam mit grossartigen Ideen daher. Ohne ihn wäre das Album sicher anders ausgefallen. Er hat eine coole Haltung was die Musik betrifft und findet weniger ist mehr. Dadurch wurden die Songs härter und „straight to the point“. Er wollte das Album auch „Polka Polka Polka“ nennen. Nun, manchmal ignorieren wir auch seine Inputs. Ist wohl ab und an auch besser so....

MF: Obwohl ihr auf allen Alben Keyboards, Melotrons und Orgeln einsetzt, was auch den typischen Audrey Horne Sound ausmacht, habt ihr kein fixes Mitglied in der Band dafür. Ich habe das Gefühl, Ihr seid etwas vorsichtig damit, wen ihr fest in die Band holt...

Toschie: Ja das stimmt, diese Instrumente sind wirklich sehr typisch für den Sound von Audrey Horne. Herbrand Larsen war fix in der Band als wir das erste Album „No Hay Banda“ veröffentlichten. Er verliess Audrey Horne jedoch, weil er andere Verpflichtungen eingegangen ist. Später spielte er noch die nächsten 2 Alben mit ein, kam aber nie live mit auf Tour. In den letzten 3 Jahren arbeitete Kim Gulbrandson mit uns zusammen und spielte auch bei den Live Shows mit. Er ist auch auf dem neuen Album zu hören und er macht einen grossartigen Job. Trotz allem touren wir zukünftig nur zu fünft., also ohne Keyboarder. Es gibt verschiedene Gründe dafür die dazu beigetragen haben, dass wir uns so entschieden haben und lässt uns live viel härter rüber kommen.

MF: Die Texte auf dem Album stammen von dir. Steckt eine bestimmte Message dahinter?

Toschie: „Vertraue der Regierung“ - ha ha ha! Nein ernsthaft....Ich schreibe Texte, die zur Atmosphäre jedes einzeln Songs passen und ich versuche Bilder mit Hilfe von Worten zu formen. Das bedeutet, oft haben sie keine tiefe Bedeutung. Sie sollen eher wie ein Tool funktionieren, um den Song zugänglicher zu machen. Ich versuche die Waage zwischen Klischees und Ansichten zu halten, die Dinge von einer neuen Perspektive aufzeigen. Ich bin kein grosser Geschichtenerzähler wie Dylan, Cohen oder Waits. Aber ich bin der beste Audrey Horne Geschichtenerzähler auf der ganzen Welt!

MF: Ein Multitalent quasi, du zeichnest ja auch, was du vor allem in deinem zweiten Job als Tätowierer ausleben kannst. Hast du auch das lustige Poster der Limited Edition gezeichnet? Und das Cover auf dem Du und die anderen Feuer spucken? So ungefähr sieht das aus.

Toschie: Ja klar! Das hab ich alles gemacht. Das Cover ist symbolisch zu sehen. Wir konnten bei den Aufnahmen viele Synergien nutzen und somit steckt das Album voller Energie. Genau das wollte ich irgendwie im Cover umsetzen und visualisieren. Wir laden uns quasi gegenseitig auf, wie Batterien. Es soll auch den Zusammenhalt innerhalb der Band visualisieren. Die Zeichnung geht vom Stil her ein wenig in Richtung der Marvell Comics, fast so wie X-Men und es lehnt sich auch an das Album Cover zu „Rock and Roll over“ von Kiss an. Das Zombie Audrey Horne Poster der Limited Editions stammt auch von mir. Es entstand eher so aus fun. Das ist das erste Mal, dass ich für Audrey Horne die Artwork übernahm, aber ich habe schon für viele andere Künstler die Cover Gestalltung übernommen.

MF: Ihr habt grossartige Festivals vor euch bei denen ihr mit den ganz Grossen der Szene auftreten werden, wie zum Beispiel Kiss und Rush bei Sweden Rock. Was wird der aufregendste Moment sein für euch? Welchen Künstler würdest du was fragen wenn du ihm gegenüber stehst? Entschuldige, aber eine dämliche Frage musste ich stellen...

Toschie: John English: „Where the fuck have you been man?“
(Kein Thema – wer dämliche Fragen stellt, bekommt auch dämliche Antworten. Richtig so!)

MF: Es ist eine Katastrophe, dass ihr auf der aktuellen Tour nicht in die Schweiz kommt. „Long Distance Calling“ haben in der Schweiz eure norwegischen Kollegen von Sahg dabei. Ich denke wir können jedoch noch mit einer Headliner Tour rechnen oder?

Toschie: Wir arbeiten an einer 2. Tour für Ende April 2013 und ich hoffe auch, dass wir dann Halt bei euch machen werden. Wir waren ja dort schon einige Male und es war echt cool!

MF: Ihr habt eine granatenstarke Live Performance und ich finde die neuen Songs werden das auch live zukünftig noch mehr unterstreichen. Gibt es neue Ideen für die Umsetzung?

Toschie: Nun, wir sind keine Konfetti Band aber wir möchten live so intensiv wie möglich rüber kommen. Wir beziehen auch weiterhin die Zuschauer mit ein und das ist uns sehr wichtig, denn das Publikum bekommt durch die intensive Interaktion ein besseres Live-Erlebnis. Wir treten auf, kommen runter und spielen im Publikum mit euch und gemeinsam werden wir ein verdammt geilen Abend zusammen verbringen!