Interview: Axxis
By Crazy Beat
Axxis, die Happy Metaller um Energiebündel Bernhard Weiss, braucht man ja sicher keinem Melodic Metal Freak mehr näher vorzustellen. Seit über siebzehn Jahren bescheren uns die Deutschen klasse Alben und knallten vor kurzer Zeit dem Hörer kultivierteren Metal-Geschmackes mit "Paradise in flames" eins ihrer besten Werke um die Ohren. Grund genug (finde ich), um mit den beiden sympathischen Herren Bernhard Weiss und Harry Oellers vor dem Konzert ein paar Takte zu plaudern. Unverhofft wurde aber deutlich mehr daraus! (B.W. = Bernhard Weiss - H.O. = Harry Oellers)

MF: Hallo Harry, du warst ja von Anfang an dabei bei Axxis, obwohl du ja nur als Gast erwähnt warst bei "Kingdom of the night".

H.O.: Ja, die haben damals einen Keyboarder gebraucht, der im Studio und auch live einige Sachen spielte, und dann folgte auch schon die nächste Produktion, und da war ich halt dann fest mit dabei.

MF: Ich hab' gelesen, dass du neben Axxis noch was am Laufen hast.

H.O.: Ja, der Bernhard und ich haben ja zusammen ein Studio und auf unserem neuen Album eine Gastsängerin, die Lakonia, und für sie produzieren wir nun ein Solo-Album. Sie wird aber mit ihrer eigenen Band spielen. (Bernhard stösst dazu... - Anm. d. Verf.)

B.W.: Hurra! Wir sind ja in der Schweiz, da darf man ja noch Kippen rauchen, ha ha...

MF: Ach ja, übrigens noch Gratulation zum neuen Album! Das ist wirklich echt klasse geworden.

B.W.: Ja, wir sind selbst überrascht über die Reaktionen, es ist wirklich überall so und ich weiss eigentlich auch nicht, was wir so anders gemacht haben. Dass die Lakonia mit dabei ist, kann es ja allein auch nicht sein.

MF: Ich glaub', das liegt auch an der positiven Ausstrahlung des ganzen Albums.

B.W.: Das versuchen wir natürlich auf allen Alben hinzukriegen, aber scheinbar klappt es manchmal und manchmal nicht. Keine Ahnung, woran das liegt.

H.O.: Vielleicht liegt es beim neuen Werk daran, dass es hier keinen Ausfall gibt und das Ganze bis zum Schluss auf einem hohen Level ist.

MF: Ja! Bis und mit dem Bonus-Track "Break your soul".

B.W.: Ja, den haben die anderen Jungs geschrieben, muss man ja auch mal sagen. Wir haben ja schon lange gebettelt, dass die anderen Jungs mal ein bisschen mehr Gas geben beim Songwriting, weil in denen steckt auch viel Potenzial. Wir wollen auch, dass sie in Zukunft ein bisschen mehr machen.

MF: Beim neuen Werk habt ihr viel mehr auf Chöre gesetzt, man kann sogar deutliche Parallelen zu Queen raushören. War das beabsichtigt?

B.W.: Wir sind ja beide Queen Fans und wir haben bei allen Alben immer viele Chöre eingesetzt, nur haben wir die Chöre noch weiter in den Vordergrund genommen. Dazu kommt noch die Sängerin, die das Ganze noch orchestraler werden lässt.

H.O.: Früher waren die Chöre eigentlich nur so in den Refrains und jetzt sind sie halt auch so Queen like irgendwo zwischendrin in den Songs.

MF: Werdet ihr weiterhin mit Lakonia zusammen arbeiten?

B.W.: Ja, aber nicht bei Axxis, das war ja eigentlich nur ein Experiment. Es sei denn, wir verkaufen jetzt 500 Millionen CDs - ha ha ha...

MF: Ich hab' das Gefühl, dass ihr zum Teil eine etwas härtere Schiene fährt, was man vor allem bei Songs wie "Dance with the death" und "Ice wind" deutlich hören kann. War das beabsichtigt?

H.O.: Ja, wir wollten mit dem neuen Album schon einen Tick härter werden und haben das mit "Angel of death" vom letzten Album mal ausprobiert und das ist super angekommen und in vielen Discos gelaufen. So haben wir beschlossen, das auf "Paradise in flames" auszubauen.

MF: "Stay by me" ist ja ein Song, wie ihn nur Axxis schreiben können... (grosses Gelächter) - woher nehmt ihr die Inspirationen für solch geile Songs?

B.W.: Keine Ahnung!

H.O.: Wir gehen Abends richtig einen saufen... (wieder Gelächter) und dann kommt das von ganz selber ha ha ha...

B.W.: Nein im Ernst, Melodien sind uns wirklich sehr wichtig und ich bin nicht der Musikhörer, der da die ganze Zeit nur Gedudel hören kann. Dream Theater kann ich mir live nur schwer ansehen, das ist mir zum Sehen und Hören einfach zu kompliziert, aber wenn ich da Sachen sehe wie AC/DC zum Beispiel oder Queen, dann haut mich das einfach vom Hocker. Und trotzdem wenn man Axxis mal genauer nachspielt, wird man feststellen, dass es nicht so einfach ist, wie es klingt. Andre, unser Drummer, der ja noch bei Silent Force trommelt und die ja sehr progressiv spielen, der hatte arg zu kämpfen bei uns, grade bei Songs wie "Little war". Ansich ein einfacher Song, aber im Detail sehr schwer.

MF: Wer hat eigentlich die beiden tollen Covers von "Time machine" und "Paradise in flames" kreiert?

B.W.: Das macht der Derek Gores. Den haben wir über die Kamelot Geschichte kennen gelernt. Der macht auch die Kamelot Covers. Wir hatten ja früher bei EMI so Art-Covers gemacht. Da kam irgend so ein Künstler, der gesagt hatte, wir machen was ganz Tolles. Wir haben "Axxis II" gemacht, graue Platte mit 'ner Zwei drauf, das war ja die Zeit, in der auch Grönemeyer mit dem grossen "Ö" ankam. Das war damals so hip, irgendwie was Künstlerisches, das aber im Endeffekt einfach nur scheisse aussieht.

MF: Wenn du die Szene heut' mit der der 80er vergleichst, wo siehst du die Unterschiede?

B.W.: Ja, die haben alle weniger Haare auf dem Kopf..., (wieder mal Gelächter) - alle so ein bisschen dünnhaariger geworden die Kollegen. Wir haben ja ein Zeitalter der Digitalisierung erlebt. Wir hatten damals noch auf Vinyl-Platten gemacht, und durch die Digitalisierung konnte man dann auf dem PC viel günstiger als Band produzieren. Die Tonstudio-Kosten haben sich dadurch drastisch reduziert, aber du kriegst dadurch auch die Musik vom Internet. Es hat also alles seine Vor- und Nachteile.

H.O.: Es gibt dadurch natürlich auch ein unglaubliches Angebot, ja sogar ein Überangebot. Wenn man sieht, was für eine Veröffentlichungsflut nur im Metal-Bereich im Moment den Markt überschwemmt.

MF: Wie war das damals für euch, mit 'ner Legende wie Black Sabbath auf Tour zu sein?

H.O.: Das war schon harter Tobak für uns! Da spielst du vor fünfzig Leuten und dann auf einmal vor ein paar Tausend im Hammersmith Odeon in London! Das war schon ein unvergessliches Erlebnis für uns.

MF: Euer Drummer Andre ist ja ein grosser Fan von Cozy Powell.

B.W.: Ja, wir auch!

MF: Hattet ihr damals die Möglichkeit, ihn kennen zu lernen?

B.W.: Ja, wir haben viele schöne Sachen mit ihm erlebt! Einmalig war sicher die Coolness, die er immer wieder an den Tag gelegt hatte. Ich kann mich erinnern, wir haben da in Italien gespielt, haben mit Cozy ein bisschen gequatscht und da lief das Black Sabbath Intro schon draussen auf der Bühne, und der ist dann erst noch auf's Klo gegangen, hat sich noch einen Tee gemacht. Da hätte ich schon Dünnpfiff gehabt.

H.O.: Das Intro dauerte so zweieinhalb Minuten oder so, und Cozy ging dann in aller Seelenruhe auf die Bühne, stellte den Tee hin, setzte sich auf den Drum-Hocker, nahm die Sticks und los ging’s, wie "getimet".

B.W.: Beim Soundcheck beispielsweise, war das so, dass der Drum-Roadie von Cozy immer die Parts eingetrommelt und den Soundcheck auch gemacht hatte und dabei immer "Headless cross" spielte. Und wir dachten dabei, cooler Sound und dann hat das Cozy gespielt: Alles gleich, der selbe Beat, aber da waren einfach Welten dazwischen!

H.O.: Der hatte auch immer diese dicken Sticks, die er wirklich auch spielte. Unser damaliger Drummer fragte Cozy, ob er wohl mal ein paar Sticks zum Probieren haben könnte. Er sagte darauf: "Klar, nimm dir nur ein Paar!" Aber er hatte wirklich keine Chance mit diesen Sticks.

B.W.: Cozy war einfach der Hammer, ich war total begeistert von ihm.

MF: Also waren die alten Herren eigentlich ganz nett?

H.O.: Ja, das waren so richtig englische Gentlemen! Immer sehr höflich und sehr angenehm. Bei einer Show ist da auch Brian May auf die Bühne gekommen. Der war da mit seiner ganzen Family und hat mitgespielt oder ein anderes Mal war Ian Gillan mit dabei, aber alle waren wirklich sehr nette Leute.

MF: Warum ist eigentlich euer Basser Kuno ausgestiegen?

B.W.: Kuno hat von seiner Firma ein Angebot bekommen. Das ist eine Schlosserei, die haben einen grossen Auftrag in Saudi Arabien ergattert. Die zahlen ihm dort 12'000 Euro für den Job. Also 9'000 Euro hätten wir ihm auch noch zahlen können, aber 12'000... (erneut Gelächter)

MF: Es ist ja bekannt, dass du ein Queen und vor allem ja ein Freddie Mercury Fan bist. Wie bist die damals auf Queen gestossen?

B.W.: Ich hab damals 'ne Single gehört, "Mustapha", und die fand ich hammermässig. Und das nächste war dann "Bicycle race", auf der Scheibe mit den vielen nackten Fahrrad-Fahrerinnen (lechzzzz) und so bin ich da rein gerutscht. Ich fand an Queen immer geil, dass die so ein breites Spektrum abdeckten. Auch einmalig war halt, wie Freddie mit dem Publikum kommuniziert hat. Irgendwie auch tuntig, anrüchig und ein bisschen skandalös. Das fand ich geil.

MF: Was denkst du über die neuen Queen mit Paul Rodgers und hast du das live gesehen?

B.W.: Ich hab' sie leider nicht gesehen, ich hab nur viel darüber gehört. So kann ich mir gar kein Urteil darüber erlauben. Ich kann mir aber schwer vorstellen, dass ich das gut finde. Ich hab' das "We will rock you"-Musical gesehen in Köln, das fand ich geil, obwohl ich die Sänger nicht alle so klasse fand. Die Band, die war aber wirklich gut und die ganze Aufmachung. Davon war ich schon beeindruckt.

MF: Hast du noch Kontakt zu eurem Ex-Gitarristen Walter P.?

H.O.: Ja, der ist ja fast unser Nachbar. Er wohnt ja nur einen Ort weiter als ich und wir treffen uns privat immer noch. Vor einiger Zeit war Guido auf Hochzeitsreise und da ist Walter dann für zwei Gigs eingesprungen und hat mit uns gespielt. Das war schon geil, und unser alter Basser Werner Kleinhans, der hat sich total von der Musik zurückgezogen und der Kontakt ist mittlerweile auch abgebrochen.

MF: Andere Frage: Wie hältst du dich eigentlich fit?

B.W.: Ja, da gibt's ein paar Tricks: Ich rauche viel (Gelächter). Nein! Das Einzige, was ich eigentlich mache, ist: Ich steig' regelmässig auf meinen Cross -Trainer, da geb' ich immer ein bisschen Gas. Wobei ich zugeben muss: Die letzten Wochen hab' ich recht wenig gemacht, guck mal hier (Bernhard tätschelt sein kleines Bäuchlein) - ha ha ha - auf einmal ist das gewachsen, aber keine Sorge, das geht schon wieder weg!

MF: Geh ich recht in der Annahme, dass Texte wie die bei "Only God knows" persönliche Erlebnisse sind?

H.O.: Ja, das ist 'ne persönliche Sache.

B.W.: Ja, in letzter Zeit machen wir schon mehr Geschichten, die aus dem Leben gegriffen sind. Ich hasse diese Arthur-Sagen und so. Was hat ein Deutscher mit Pferd und Drachen zu tun, ausser Siegfried? Viele unser Geschichten sind auch über Erfahrungen im Umgang mit Todeserlebnissen und da macht man sich schon auch Gedanken, was kommt danach. Und da gibt's auch politische Fragen wie zu den Palästinensern und Israel. Davon handelt ja "Dont leave me" oder "Wind in the night". Dadurch haben wir auch ein Angebot bekommen, im Juni in Israel zu spielen.

MF: Lebt ihr von Axxis?

B.W.: Ja..., seit 1989.

MF: Du und Harry, ihr seid ja der Kern von Axxis. Inwieweit sind die anderen darin eingebunden?

B.W.: Offiziell sind wir beide die Band, tragen auch das finanzielle Risiko, investieren. Das machen die anderen nicht. Also Fakt ist aber schon, dass wir 'ne Band sind, wir arbeiten zusammen im Bandraum und in Studio, nur dass die anderen alle noch Jobs haben. Das würden wir halt schon verlangen, das sie für Axxis ihre Jobs aufgeben würden. Wer das Risiko eingeht, der darf davon profitieren und wer Angst vor diesem Schritt hat, der muss halt ganz normal bezahlt werden.

H.O.: Wieso gibt's noch keine DVD von Axxis? Ich denke, da müsste doch genug Material vorhanden sein, oder?!!

B.W.: Wir haben schon super viel Material am Start, aber Vieles noch auf VHS und das braucht 'ne Menge Zeit und ist sauteuer umzuspielen.

H.O.: Wir haben ja viele Shows mitgeschnitten und das auszusortieren ist sicher interessant, braucht aber eben viel Zeit. Also ein Plan besteht, wir sind ja auch auf dieser Tour wieder am Filmen, und wir wollen dann schon irgendwann so einen Silberling machen.

MF: Ihr geht ja im Mai mit Krokus auf Tour.

B.W.: Ja genau, mit 'ner Schweizer Band auf Tour!

MF: Ihr wart ja auch schon mit Gotthard unterwegs.

B.W.: Ja, die Schweizer lassen uns nicht los...

H.O.: ...nur wegen der Schokolade... (Gelächter)

B.W.: Wir hatten ja eigentlich geplant, komplett mit Helloween auf Tour zu gehen, da kriegten wir noch das Angebot, mit Doro zu touren, das wir natürlich gern angenommen haben. Aber dann hat Doro oder ihr Manager in letzter Minute noch 'ne Kehrtwendung gemacht und plötzlich standen wir mit nix da. Darauf kamen Krokus auf uns zu. Nur gab's dann noch das Missverständnis, dass Krokus Headliner wären und das wäre sicherlich schwer, weil wir ja in den Top-100 gleich auf Platz 45 eingestiegen sind. Obwohl es ja eigentlich nix Besseres gibt, als vorher zu spielen.

H.O.: Genau, wenn du als Letzter spielst und dann von der Bühne kommst, sind alle schon weg und das ganze Bier ist auch schon weg gesoffen..., ha ha...

Mit diesen abschliessenden Lachern entschwanden die beiden überaus sympathischen Musiker in Richtung Bühne zum Soundcheck und es bleibt mir nur noch zu sagen, dass es ein grosses Vergnügen war, mit Bernhard und Harry dieses angeregte und eigentlich viel kürzer geplante Gespräch führen zu dürfen.





Harry Oellers (l), unser Crazy Beat (mitte) und Bernhard Weiss (r) >>>>>