Interview: Before The Dawn
By Toby S.   Pics by R.K.
Dass die Finnen um Sänger/Gitarrist und Arbeitstier Tuomas Saukkonen (TS) eines schönen Tages in der Schweiz aufspielen werden, war nur eine Frage der Zeit. Umso schöner war es, dass nicht nur Before The Dawn, sondern auch Black Sun Aeon im Zuge der Metal Mittelalter Gothic Night im Dynamo in Zürich spielen werden, beides Bands, in denen sich Tuomas austobt. Was der passionierte Landschaftsarchitekt und überaus sympathische, mehrfach gepiercte und tättowierte Growler in weiterer Zukunft verwirklichen möchte, könnt ihr hier nachlesen.

MF: Zuerst mal: Ganz herzlich willkommen in der Schweiz! Ich hoffe, alles läuft zu eurer Zufriedenheit ab. Zum wievielten bist du denn schon in der Schweiz?


TS: Danke schön, ja, bis jetzt verläuft alles ganz gut. Wir sind jetzt ungefähr das 20. Mal hier in der Schweiz. Früher war ich öfters hier in Zürich, vor knapp anderthalb Jahren, als ich hier noch eine Freundin hatte.

MF: Magst du Zürich in dem Fall?

TS: Ja doch, aber Bern gefällt mir besser, ich war dort, als ich mit meiner damaligen Freundin mich zu verabreden begonnen habe – die haben Bären dort, sogar einen finnischen, der eine, der dann geschossen wurde. Meine Fresse, Schweizer, die einen finnischen Bären töten… Das wäre echt ein Grund für internationale Konflikte (lacht).

MF: Es war eine internationale Tragödie, da gebe ich dir Recht.

TS: Vor allem bin ich von den finnischen Behörden enttäuscht, wie schlecht sie sich um den Fall gekümmert haben!

MF: Ehm… Ok du machst Witze, oder?

TS: Ganz im Ernst: Ja, mache ich, als ob ich einen Dreck um Bären geben würde! (lacht)

MF: Ok, das muss der berühmte finnische Humor sein, ähnlich dem der Briten.

TS: Ganz genau, schwer zu verstehen und irgendwie seltsam, trocken und schwarz.

MF: Gut, bevor das alles hier ausartet, lass uns doch über den heutigen Abend sprechen: Du spielst heute in zwei verschiedenen Bands, Before The Dawn und Black Sun Aeon. War das für dich nie ein Problem, in so kurzer Zeit hintereinander in zwei stilistisch verschiedenen Bands zu spielen?

TS: Nein, normalerweise nicht, aber heute könnte es noch problematisch werden da es echt warm ist, und wenn man dann noch gleichzeitig Schlagzeug spielen und growlen sollte, dann kann das doch anstrengend werden. Ich muss mich einfach daran erinnern, viel zu trinken. Ich habe ziemlich viele solcher Double Gigs, da ich ja in mehreren Bands spiele und nur 52 Wochen im Jahr zur Verfügung habe. Vor allem in Finnland spiele ich meistens zuerst in einer anderen Band, um Before The Dawn zu supporten. Eben, das wichtigste ist, viel zu trinken, denn wenn ich das mal vergesse, dann geht zwar der erste Gig gut, aber wenn ich dann mit Before The Dawn auf der Bühne stehe, dann kann es passieren, dass mein Hals enorm kratzt und sich meine Finger verkrampfen. Das ist irgendwie beschissen, wenn man Gitarre spielen will. Speziell die Daumen sind doch recht essentiell, wenn man eine Gitarre halten will (lacht). Aber zurück zur Frage: Nein, bisher hatte ich noch nie das Problem, dass ich zwei verschiedene Gigs am selben Abend spiele, ich meine, da sind immer unterschiedliche Stile, Drum-Parts, Lyrics etc. Also bisher ist nie was passiert.

MF: Der Wechsel geschieht also komplett in deinem Kopf?

TS: Das könnte man so ausdrücken, ja. Ich kann es mir echt nicht vorstellen, dass ich da was durcheinander bringen könnte. Bei Black Sun Aeon sind es ja die Drum-Parts, die in meinem Kopf sind plus die Texte, und bei Before The Dawn sind es eben die Gitarren-Riffs sowie die Lyrics. Kein Problem.

MF: Ok, lass uns doch ein wenig über Before The Dawn sprechen. Ihr habt ja jetzt eine neue Scheibe draussen, wie hiess die gleich nochmals… Ah ja, „Soundscape Of Silence“, sorry dass ich das beinahe vergessen hätte.

TS: (lacht) Mach dir nichts draus, wenn dir so etwas passiert, gib es einfach nicht zu sondern mach weiter. Ich hab heute beim Soundcheck den Namen meines Drummers vergessen. Die Hitze ist schuld!

MF: Genau, aber ich bin halt nun mal eine ehrliche Person, wenn ich einen Fehler gemacht habe, dann habe ich kein Problem damit, es zuzugeben. Das macht mich meiner Meinung nach menschlicher.

TS: Da stimme ich dir zu, das macht dich mehr zu… Wie lautete nochmals dieses Wort? Ach, egal, die Hitze ist schuld! (lacht)

MF: Genau. Also zurück zu Before The Dawn: „Soundscape Of Silence“ klingt meiner Meinung nach anders, als die restlichen Outputs vorher. Speziell Lars Eikind (Bassist und cleaner Gesang, Anm. d. Verf.) konnte sich viel mehr einbringen, sein Spielraum ist nun erheblich ausgeweitet. Wie kam es dazu, war das mehr ein Zufall oder hat er selber einiges beigesteuert und das klang gut?

TS: Es war eine absolut natürliche Entwicklung, das erste Album, auf dem Lars gesungen hat, war ja „The Ghost“, und dann war das halt einfach so, dass er seinen Teil beigetragen hat. Danach war er ja Teil der Band, und bei „Deadlight“ haben wir bereits enger zusammen gearbeitet, aber so richtig zum Tragen kam er dann bei „Soundscape Of Silence“, wo wir dann auch Zeit hatten, die Songs komplett durchzuarbeiten. Vorher kam er meistens ins Studio, sang etwas clean ein und ich dachte: „Wow, das klingt cool!“ Aber das war’s dann auch schon, das war so, weil die Timeline zwischen „The Ghost“ und „Deadlight“ ziemlich eng gewesen ist. Jetzt, da sich alles geändert hat, ist es halt auch für mich viel einfacher, die Lieder zu komponieren, wenn ich Lars’ Stimme im Hinterkopf habe. Und eben, als er Teil der Band wurde, da wurde er auch Teil des kompositorischen Prozesses in meinem Kopf.

MF: Before The Dawn, das war ja ursprünglich eigentlich dein eigenes Projekt, da waren deine Ideen, deine Strukturen, also ein Ein-Mann-Projekt. Wie fühlt es sich denn nun an, in einem fixen Line Up zu spielen respektive auch Songs zu entwickeln?

TS: Nun, hierbei wurden ziemlich viele Musiker verbraucht in den Jahren von den Anfängen im Jahre 1999 bis heute, mich kann wirklich nichts mehr überraschen. Am Anfang hatte ich auch ein fixes Line Up, während den ersten beiden Alben („My Darkness“ und „4:17 AM“, Anm. d. Verf.), und danach änderte sich das wieder. „The Ghost“ war mehrheitlich ein Solo-Album, mit Lars eben, der ein paar wenige Vocal-Harmonien einbrachte. Danach kristallisierten sich die beständigeren Members heraus, und das bestehende Line Up besteht nun seit knapp 5 Jahren Mit Ausnahme des Drummers. Zuvor hatten wir 4 verschiedene Schlagzeuger, sehr Spinal Tap-ähnlich, obwohl unsere Drummer weder explodierten noch einfach verschwanden. Unsere Drummer waren einfach beschissen. Und unser aktueller Drummer wird auch auf dem neuen Album spielen, wie er es auch schon auf der neuen EP gespielt hat, die diesen Oktober veröffentlicht werden wird (hierbei handelt es sich um die „Decades Of Darkness“-EP, Anm. d. Verf.). Es brauchte mehr als zweieinhalb Jahre, bis er vollständig in der Band war, deswegen ist er auch auf keinen Promo-Bildern zu sehen.

MF: Du hast vorhin erwähnt, dass ein neues Album ansteht. Kannst du uns da ein paar Infos schon dazu geben oder ist alles noch unter Verschluss?

TS: Also so richtig was kann ich dazu noch nicht sagen, ich habe bisher 7 neue Songs als Demos aufgenommen, und wenn wir zurück nach England gehen werden wir sie uns durchhören… Ja, ich könnte jetzt solch lahme Sachen von mir geben wie „das wird das beste Before The Dawn-Album aller Zeiten“ und bla bla bla.

MF: Du kannst das machen, wenn du willst, musst du aber nicht.

TS: (lacht) Ich mag es, verschiedenartige Alben zu machen, das ist mein Ziel, und es wird interessant sein, ein Album mit einem fixen Drummer in der Band aufzunehmen. Auf „The Ghost“ habe ich alles selber gemacht, auf „Deadlight“ musste ich die Drums auch wieder selber einspielen, und auch bei „Soundscape Of Silence“ gab es ständig Wechsel bei dieser Position, also wird es wirklich angenehm sein, mal einen verlässlichen Mann auf diesem Posten zu haben. Jeder Drummer hat ja seinen eigenen Stil, zu spielen, ich weiss das weil ich ja selber Drums in verschiedenen Bands spiele, also wird das ebenfalls einen Einfluss haben. Wenn ich Musik komponiere, dann sind da zuerst die Drums und die Rhythmus-Gitarren, und eigentlich spielen wir ja ziemlich simple Musik, wenn man es so betrachtet, ergo wird das mit den Drums einen wesentlichen Effekt haben.

MF: Du würdest also diese Band immer noch als dein ‚Projekt’ betrachten, auch wenn du jetzt ein stabiles Line Up hast?

TS: Ja, definitiv, ich meine, klar läuft alles über mich, ich produziere ja schliesslich die Alben auch. Aber wir sind dennoch ein sehr gutes Team, je länger je mehr. Guck dir nur mal unseren Lead-Gitarristen an, der ist wirklich super. Man wächst ja schliesslich auch mit der Zeit zusammen. Neben mir ist der Lead-Gitarrist die zweitwichtigste Person, jetzt mal rein musikalisch gesehen. Was Lars betrifft, so hätte ich auf seiner Position niemand besseres finden können, er war ein echter Glücksgriff.

MF: Du spielst ja in sehr unterschiedlichen Bands wie Before The Dawn, Dawn Of Solace, The Final Harvest und Black Sun Aeon. Das sind zumindest die Bands, die ich kenne…

TS: Da gibt es noch ein Projekt, das ich bald wieder reaktivieren werden, Bonegrinder. Ich bin da Drummer, und vor kurzem habe ich einen Label-Vertrag an Land gezogen. Auf der Scheibe wird dann auf Finnisch gesungen, was die Sache natürlich spezieller macht. Nach einer sehr langen Pause wird da endlich wieder was nachkommen. Das betrifft übrigens auch Dawn Of Solace.

MF: Du machst ja wirklich vieles für all deine Projekte, du produzierst die Alben, machst den Mix und alles, fühlst du dich da nie ausgelaugt?

TS: Also den Mix mache ich nie, dafür sind andere Leute verantwortlich. Das ist einfach nicht meine Welt, so hinter dem Mischpult zu sitzen und die ganze Zeit nur an Knöpfen zu drehen. Ich mach lieber was Aktives (lacht). Ich meine, wenn du das machst, um Brötchen zu verdienen, dann ist das wie mit jeder anderen Arbeit auch: Es gibt gute und schlechte Tage, und da muss man dann halt einfach durch.

MF: Ich habe irgendwo mal gelesen, dass du nebenbei als Gartenarchitekt arbeitest. Wenn du die Wahl hättest, würdest du dich voll und ganz darauf konzentrieren oder auf die Musik?

TS: Das wäre dann definitiv die Musik. Ich meine, mit dem anderen kann man nicht schlecht verdienen, aber es ist auch sehr anstrengend, vor allem, was die Firmen betrifft, mit denen man zusammenarbeiten muss. Aber das Geld kann ich natürlich gut gebrauchen, ich weiss ja nicht, ob du schon mal was von diesem illegalen Downloaden gehört hast. Ich als Musiker und Produzent eines eigenen Labels bekomme die Auswirkungen davon jedenfalls deutlich zu spüren. Und dann habe ich da noch diese grossartigen Ideen, was die Alben betrifft, wie zum Beispiel bei Black Sun Aeon, da dachte ich: „Hey, komm, machen wir doch ein Doppelalbum draus! Das wird cool!“ Naja, ein Doppelalbum bedeutet eben auch doppelte Kosten, was ich natürlich vorher nicht bedacht hatte, oder eben auch die Kosten für die Digipacks.

MF: Das war wirklich ein schönes Album, und es ist gut, zu wissen, dass es da draussen noch Musiker gibt, welche den Fans etwas zurückgeben wollen, eben beispielsweise in solcher Form.

TS: Finanziell gesehen nicht wirklich weise, aber es ist etwas Besonderes.

MF: Ok, das war’s dann auch schon wieder, letzte Frage: Möchtest du den Leuten da draussen, speziell allen MetalFactory-Lesern, etwas mit auf den Weg geben?

TS: Nun, nicht wirklich, denn alles, was ich sagen könnte, wäre irgendwie klischeemässig und schon mal dagewesen. Ich mag es, Musik zu machen, und wenn Leute zuhören wollen, umso besser (lacht).

MF: Dem kann ich mich nur anschliessen. Tuomas, danke dir vielmals, dass du dir Zeit für dieses Interview genommen hast, und weiterhin alles Gute.

TS: Danke dir ebenso.

Tuomas Saukkonen mit unserem Toby >>
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