Interview: Death Angel

By Tinu
 
Gitarre mit Gefühl spielen.



Mit dem Album «The Evil Divide» veröffentlichten die Bay Area-Thrasher Death Angel einen weiteren Höhepunkt ihrer glanzvollen Karriere. Vor dem Killer-Gig in der aarburgischen Musigburg sass mir ein völlig relaxter Ted Aguilar (Gitarre) gegenüber, der sich meinen Fragen stellte. Eigentlich hätte ich erwartet, dass der Gitarrist ziemlich nervös wäre, traf die Band doch erst gegen halb Fünf in Aarburg ein und weder der Bühnenaufbau war fertig, noch hatte die Truppe ihren Soundcheck beendet. Aber mit einer Seelenruhe sass mir Ted mit einem Salami-Sandwich gegenüber und gab mir auskunftsfreudig Antwort.

MF: Ist «The Evil Divide» das beste Album von euch?

T
ed: Oh, danke für dein Kompliment! Ich denke, wir versuchen immer einen Schritt weiter zu gehen und ein noch besseres Werk als sein Vorgänger abzuliefern. Ich bin mir sicher, dass «The Evil Divide» ein sehr gutes Album geworden ist. Ob es das Beste bleibt (grinst)? Ich mag alle Death Angel-Scheiben. «The Evil Divide» ist einfach das neuste, und somit bist du noch am meisten damit verwurzelt. Wir sind sehr stolz darauf, aber hoffen natürlich, dass wir mit dem nächsten nochmals eine Steigerung vornehmen können. Einfach den nächsten Schritt machen. Für mich ist es sicher eines der besten Werke, aber da hat jeder Musiker in der Band seine eigene Meinung dazu (grinst). Alle Vorgänger sind zu 100% Death Angel. Das Neue unterscheidet sich durch die Themen der Texte. Dann hat jedes Album eine eigene Art der Produktion, und ich denke, wir sind mit «The Evil Divide» mehr auf den Punkt gekommen. Wahrscheinlich auch eine Spur thrashiger und direkter als die Vorgänger (grinst). Es beinhaltet viele technische Riffs und Arrangements. Brutaler Thrash (lacht). Nimm nur «Lost», das sehr thrashig ist, während «Father Of Lies» mit einem leichten psychedelischen Mittelteil eher groovt. Trotzdem ist alles "straight forward Metal". Klar haben uns all die alten Death Angel-Scheiben beeinflusst. Man kann dies die Death Angel Foundation nennen (lacht). Von «The Ultra-Violence», über «Act III» bis zu «The Dream Calls For Blood». Es ist wie wenn du ein Haus bauen würdest. Alles ist vorhanden, aber vielleicht streichst du ein Zimmer mit einer anderen Farbe oder nimmst hellere Fliesen. Klar nehmen wir auch Einflüsse anderer Bands oder unserer alten Helden auf. Es gibt auch viele Momente auf Tour, welche das Songschreiben beeinflussen. Diese Inspirationen und Einflüsse sind ein ganz wichtiger Teil beim Songwriting. Das kann eine Stadt, ein Land oder ein Festival sein, bei dem die Meute total durchdreht und du darüber einen Song schreibst. Alles was in deinem Leben passiert, beeinflusst dich auf irgendeine Weise. Vergehen zwei Jahre zwischen den Scheiben, hast du eine Menge Dinge, über die du schreiben kannst (lacht).

MF: Rob (Cavestany, Gitarre) hat alle Lieder auf dem neuem Werk geschrieben. Möchtest du nicht auch mal deine Ideen auf einem Death Angel-Album finden?

Ted: Rob ist der Hauptsongwriter und weiss genau, was ein guter Death Angel-Track braucht. Ich schicke ihm immer wieder meine Ideen zu, und wenn etwas passt, dann verwendet er diese auch. Aber Rob kennt die Band seit sie besteht, hat all die Veränderungen mitgemacht und fokussiert sich heute bewusst auf den Death Angel-Sound. Ebenso wie Mark (Osegueda, Gesang), der mit seinen Texten und den Melodien der ergänzende Part ist. Es ist immer wieder erstaunlich, wie er zu einer Idee von Rob sofort eine Melodie und einen Text komponiert, als gäbe es nichts Leichteres. Die Zwei verstehen sich fast blind und ich denke, man sollte dies nicht unterbinden. Solange es funktioniert, passt doch alles.

MF: Spielst du noch in anderen Bands, in denen du deine Ideen einbringen kannst?

Ted: Ich bin der Einzige bei Death Angel, der nicht noch eine andere Truppe am Laufen hat (lacht). Death Angel, das genügt. Ich arbeite "behind the scene" für die Truppe. Mich interessieren die Geschäftsangelegenheiten. Im Moment bin ich sehr glücklich wie alles läuft und sehe keinen Grund, daran etwas zu ändern. Es macht Spass, auch wenn wir auf Tour sind.

MF: Wann hast du begonnen Gitarre zu spielen?

Ted: Uh, da war ich sehr jung (lacht). Das muss mit elf oder zwölf Jahren gewesen sein. Mein älterer Bruder hat mich angefixt (grinst). Ich wechselte immer von der Gitarre zum Skateboard und wieder zurück (lacht). In der High-School trat ich der ersten Band bei und dann ging's weiter mit lokalen Truppen. Das waren aber alles nur Spassangelegenheiten. Erst als ich bei Death Angel einstieg, wurde es zu einer professionellen Angelegenheit. Da begann ich mehr zu üben, wir gingen auf Tour und nahmen neue Scheiben auf. Viele Dinge lernte ich durch Freunde, die mir einen neuen Akkord oder ein Riff zeigten. Ich lernte sehr viel beim Zusehen und hatte nie einen Lehrer. Noch heute, wenn ich zu Hause bin, bekomme ich viel mit, wenn ich mit anderen Musikern "jamme". Es ist nie zu spät, um Neues zu lernen (grinst).

MF: Erinnerst du dich an das erste Treffen mit Death Angel?

Ted: Ich kannte die Jungs und sah sie oft in den 80er-Jahren. Auf der «Ultra-Violence»-, der «Frolic Through The Park»- und der «Act III»-Tour. Dann fiel die Truppe auseinander und gründete unter anderem The Organization. Mark, Rob und Andy (Galeon, Schlagzeug) starteten zu Beginn 2000 die Truppe The Swarm. Sie traten oft in der Gegend auf, und ich hatte zu der Zeit meine Truppe am Start. Ab und zu spielten wir auch zusammen. So lernte ich die Jungs kennen. Als das «Thrash Of The Titans»-Benefizkonzert für Chuck Billy organisiert wurde, rief mich Rob an und sagte: «Hast du gehört, dass wir Death Angel für dieses Konzert reformieren?» Meine Antwort war: «Hey dude, that's so exciting! That's great. I haven't see you since the «Act III» tour!» Er fragte mich, weil Gus (Pepa, Gitarre) nicht mitspielen konnte, ob ich mitmachen könnte. Klar, wollte ich und knapp 17 Jahre später sitzen wir Beide nun zusammen und reden über Death Angel (grinst). Aber hey, es lag ein verdammter Druck auf mir. Wir probten gerade zweimal vor diesem Benefiz-Konzert. Death Angel waren an diesem Event die Band, welche am längsten von der Bildfläche verschwunden war. Die Erwartungen der Fans waren unglaublich hoch. Exodus, Violence und Forbidden waren länger in der Szene dabei als wir. In der Bay Area war es ein Riesending, dass Death Angel wieder zusammen auftraten. Mit «Act III» wurde alles gestoppt, auf dem Höhepunkt. Während andere Combos weitermachten und sich teils selber den Ruf ruinierten. Ich erinnere mich, wie nervös ich bei dieser Show war. Diese zwei Proben fanden zwei Tage vor dem Event statt, der Druck war unglaublich hoch. Klar kannst du die Stücke üben, wenn du alleine bist und dir die CD anhörst. Aber dann zusammen mit den anderen vier Jungs im Proberaum zu stehen, das war eine sehr spezielle Situation.

MF: Was ist für dich wichtiger? Gefühle oder Technik beim Gitarrenspielen?

Ted: Alles ist sehr wichtig. Ich bevorzuge aber Emotionen und Gefühle beim Spielen. Du kannst dir eine Technik aneignen, aber niemand kann dir zeigen, wie man mit Gefühl und Emotionen umgeht und sie wiedergibt. Viele Gitarristen sind extreme Techniker und spielen dich schwindlig. Da ist auch nichts Schlechtes dabei. Aber ohne Gefühl wirkt das Ganze doch seelenlos. Ich habe immer versucht mich mit der Musik zu verbinden, oder zu verschmelzen. Judas Priest, Iron Maiden, Kiss oder wer auch immer, sie hatten tolle Techniker und schrieben extrem gute Lieder. Aber wenn sie auf der Bühne standen, haben sie beim Spielen ihr Herz und ihre Seele preisgegeben.

MF: Gibt es Death Angel-Songs, welche dich an den Wahnsinn treiben?

Ted (lachend): Oh ja, auf dem neuen Album hat es da ein paar Momente, die mich verrückt machen. «Cause For Alarm» und «The Electric Cell» besitzen viele "crazy riffs". Manchmal ist es wirklich spannend zu sehen, wie sich Lieder im Studio entwickeln, die dann aber auf der Bühne nicht funktionieren. Diese Herausforderung finde ich sehr interessant. Ja, die beiden Tracks sind wirklich schwer zu spielen, sei es wegen den Riffs oder wegen den Arrangements. Gerade in dieser Epoche von Death Angel gibt es einige Songs, welche wirklich unglaublich sind.

MF: Heute Abend spielt ihr auf einer kleinen Bühne. Ihr seid bekannt als wild umherrennende Truppe. Bevorzugt ihr da lieber grosse Festival-Stages?

Ted: Beides besitzt seinen Reiz und seine Schwierigkeit. Bei Festivals hast du eine grosse Bühne und erreichst viel mehr Leute. Aber die Club-Shows beinhalten etwas ganz Cooles. Weil alles so klein ist, die Bühne direkt vor dem Publikum liegt, es keine Absperrungen gibt und alles sehr intensiv ist. Ab und zu spürst du die Energie und die Hitze, so dass du die ganze Zeit nur schwitzt. Bei den Openairs hast du entweder kalt, heiss oder es windet und regnet (lacht). Am Ende des Tages mag ich Beides. Müsste ich mich entscheiden, dann gewinnen die Club-Shows um einen Millimeter im Ranking.

MF: Wie wichtig ist für dich die Balance zwischen Musik und Privatleben?

Ted: Sehr, sehr wichtig! Zu viel einer guten Sache wird irgendwann schlecht. Da kann die Tour noch dermassen erfolgreich gewesen sein, aber nur wenn ich zu Hause bin, kann ich runterfahren, mich völlig erholen und meine Batterien wieder aufladen. Da kann ich wieder die Person sein, die ich war, bevor ich auf Tour ging (grinst). Einfach nur mit meinen Hunden spazieren gehen und wieder mal einen Film anschauen. Normale Dinge im Leben geniessen. Bist du zu oft "on the road", kannst du völlig durchdrehen, weil dir der Ausgleich fehlt. Halte Beides getrennt, und du fühlst dich gut. Schaffst du dies nicht, können gewisse Dinge in Schieflage geraten, was absolut nicht gut ist.

MF: Was war für dich früher wichtig, und was ist es heute?

Ted: Ich respektiere die Vergangenheit, aber ich lebe nicht in der Vergangenheit! Du brauchst das Vergangene, um wieder vorwärts zu gehen. Was wir früher getan haben, hat uns zu dem gemacht, was wir heute sind. Es ist genial, was alles passierte. Aber um weiter glücklich zu sein, müssen wir nach vorne schauen und uns mit den nächsten Schritten befassen.

MF: Ihr kommt bald zurück zusammen mit Testament und Annihilator…

Ted: …ja, eines der ultimativen Thrash Line-Ups (lacht). Letztes Jahr spielten wir zusammen mit Slayer und Anthrax in Nordamerika. Aber hey, mit Testament und Annihilator zusammen zu touren, wow, was willst du mehr?! Für die Fans ist es wunderbar, drei Headliner an einem Abend zu sehen. Ich denke, das ist eine Win-Win-Situation für alle.

MF: Dann freuen wir uns auf diese Konzerte. Ich danke dir fürs Interview und wünsche dir alles Gute für die Zukunft!

Ted: Ich danke dir herzlich für das Gespräch und bis bald.