Interview: Edguy
By Roger W.
Die deutschen Heavy Metaller Edguy Leuten das „Zeitalter des Jokers“ ein. So jedenfalls heisst ihr neuntes Werk, welches rund elf brandheisse Eisen warm hält. Vor dem Konzert im Z7 traf ich Gitarrist Jens Ludwig, um über das Album, die Bandhierarchie und über Konzertabsagen zu sprechen.

MF: Herzliche Gratulation zum Platz 13 in den Schweizer-Charts.


Jens: Ja, das war super. Damit hätte ich nicht gerechnet. Dass wir in die Deutsche-Charts reinkommen, damit konnte man rechnen, aber nicht, dass es so gut wird. Aber das mit der Schweiz hat mich echt gefreut.

MF: Als Vorband habt ihr auf dieser Tour Kottak dabei. Ist das ein Nebeneffekt der Scorpions-Konzerte?

Jens: Ja, definitiv. Die Idee ist entstanden als Felix und James zusammen in Frankreich an einem Schlagzeug-Workshop mitgemacht haben. Und da kamen sie darüber ins Gespräch und die Idee wurde geboren. Das ist eine coole Sache. James ist ein super Typ; Auch gerade als Sänger in seiner Band. Musikalisch passt es vielleicht nicht so ganz, weil es eher so in die Punk-Rock-Ecke geht. Aber der Typ hat einfach einen solch hohen Unterhaltungswert, dass… Also wir haben bisher null negative Stimmen gehört, was die Vorband angeht. Also der macht schon irgendwie gut Stimmung und hat einfach Spass bei der Sache.

MF: Und es gibt Abwechslung.

Jens: Ja, und das ausserdem.

MF: Auf den meisten Touren davor hattet ihr zwei bis drei Vorbands dabei, diesmal nur eine. Waren euch zwei bis drei zu viel?

MF: Nein. Im Prinzip war das auch eine Entscheidung aus logistischen Gründen. Weil wir so in der aktuellen Konstellation alle in einen Night-Liner hinein kriegen. Und das ist dann viel einfacher zu handhaben, als wenn du dann noch eine Vorband dabei hast. Dann brauchst du noch einen Bus und ev. noch einen Trailer und was weis ich. Und so war das aus logistischen Gründen einfach gut. Wobei wir auch die Erfahrung gemacht haben, dass drei Bands für ein Konzert schon viel sind. Für ein Festival ist das sicher in Ordnung. Aber für ein Konzert ist es auch für die Crew einen Haufen Arbeit. Also hat das erstens logistische Gründe, und zweitens hat sich auch nicht dauerhaft eine dritte Band angeboten, welche die komplette Tour hätte mitfahren können. Wir hatten zum Beispiel in Schweden Fullforce noch dabei. In Langen hatten wir noch Kissin‘ Dynamite eingeladen, weil dort Kottak nicht spielen konnten. Also hier und da ist immer noch eine weitere Kappelle dabei.

MF: Kommt dazu, dass aus einer ähnlichen musikalischen Sparte Sabaton zusammen mit Grave Digger und Powerwolf erst gerade auf Tour waren.

Jens: Ja, genau.

MF: Von daher war das wohl auch keine Option.

Jens: Sabaton? Ich weiss nicht, ob die bei uns noch im Vorprogram spielen würden. Weil die sind mittlerweile auch richtig gut am Start. Das ist übrigens eine der wenigen Bands, die bei uns im Vorprogramm waren und danach richtig durchgestartet sind. Viele andere Bands sind dann immer so ein Bisschen versickert. Aber Sabaton haben das gut durchgezogen. Da ziehe ich den Hut davor.

MF: Versteht ihr euch bisher mit Kottak gut im gemeinsamen Bus? Ich meine das sind vier oder fünf weitere Leute, inklusive seiner Frau oder Freundin und die Tourbusse sind ja auch ziemlich eng.

Jens: Ja schon. Und es ist ja auch nur für einen begrenzten Zeitraum von vier Wochen. Und da kann man sich schon mal echt zusammenreissen (lacht). Nein, bis jetzt ist wirklich die Stimmung echt super auf der Tour. Auch zwischen den beiden Bands und der Crew. Das ist irgendwie alles eine Familie und so fühlt es sich an.

MF: Ihr musstet wegen Stimmband-Problemen von Toby (Sammet, Sänger) Konzerte absagen. Wie geht es ihm heute?

Jens: Gut. Also viel Besser. Das war so ein Ding, wo man leider nichts machen konnte. Er hatte eine Virus-Infektion. Dadurch hatten wir dann fast eine Woche Pause, wo er sich erholen konnte und seit Filderstadt gibt er wieder Vollgas. Seine Stimme hält, seine Gesundheit auch, es ist alles gut. Das ist halt immer das Problem bei Sängern. Ich als Gitarrist kann auch mit einer Grippe spielen. Aber sobald sich dann ein Husten auf die Stimme legt, dann ist es natürlich nicht so gut zu singen. Toby ist zwar einer, der alles Mögliche versucht zu machen, dass es geht. Aber ab einem bestimmten Punkt hat es keinen Wert mehr. Nämlich dann, wenn du einfach merkst, das es dir selber und vor allem den Fans, die an dein Konzert kommen nichts bringt, wenn der Sänger da am rumkrächzen ist, und sich gerade so auf denen Beinen halten kann. Das ist dann für keinen der beiden Seiten gut. Insofern ist es manchmal besser, solche Sachen einfach abzusagen, bevor man sie dann so notdürftig noch durchzieht.

MF: Ich weiss noch, dass Toby auf der Tinnitus Sanctus-Tour in der Schweiz fast absagen musste.

Jens: Ja, aber da ging es dann noch. Da war es noch möglich, irgendwie. Man muss dann immer abwägen. Es ist dann natürlich auch für uns immer am meisten enttäuschend, wenn wir ein Konzert absagen müssen. Weil wie in Essen: Wir standen da und dann hiess es: „Ja, heute ist kein Konzert. Es geht nicht.“ Und dann ist man auch als Musiker total enttäuscht.

MF: Ihr hattet da also bereits alles aufgestellt.

Jens: Ja, genau. Aber wenn es nicht geht, dann geht es nicht. Natürlich sind wir Menschen und keine Maschinen.

MF: Was habt ihr dann in diesen Tagen gemacht? Geübt und geprobt?

Jens: Nein, wir waren zuhause und haben uns erholt.

MF: Das hat also gereicht, um zurückzufahren?

Jens: Ja klar. Wir waren ja in Essen. Und wir hätten am Tag darauf sowieso in Fulda gespielt, also in unserer Heimatstadt. Insofern haben wir die drei Tage Pause dann einfach auf Fulda verlegt, dass jeder der Band nach Hause konnte und relaxte. Und für Toby hiess es hauptsächlich erholen und im Bett liegen bleiben. Das ist dann immer das Beste.

MF: Kommen wir zum neuen Album „Age Of The Joker“. Den Joker hattet ihr ja bereits früher auf den Covers klein und versteckt drauf. Wobei der Joker bereits auf der Mandrake prominent in Erscheinung getreten ist.

Jens: Ja, das hat mit der Mandrake angefangen.

MF: War es jetzt einfach der Zeit, den Joker wieder auszupacken?

Jens: Wir hatten das Gefühl, gerade als wir die Songs gemacht hatten, dass das irgendwie nach dem Joker klang. Gut die Tinnitus Sanctus hatte insgesamt eine düstere Atmosphäre. Aber als wir dabei waren, die Songs für das neue Album zu machen, war uns eigentlich klar, dass auf das Cover irgendwas mit dem Joker drauf muss. Weil es irgendwie alles zusammen gepasst hat. Das Feeling im Proberaum mit der Musik. Also haben wir gefunden, dass jetzt wieder mal was Positives auf das Cover muss, nach dem er jetzt auf einem Cover nicht da war. Also wegen dieser positiven Grundstimmung. Und deswegen haben wir uns entschieden, den Joker wieder rauf zu packen. Zumal es auch gut zum Image der Band passt. Uns sitzt halt auch manchmal der Schalk im Nacken und das verstecken wir auch nicht.

MF: Der Album-Titel kann aber auch als Zeitkritik angeschaut werden.

Jens: Das kann man mit Sicherheit auch ein Bisschen so interpretieren, man kann da sehr viele Sachen hineininterpretieren. Aber für uns war das einfach gut so. Gerade weil die letzte Platte fast drei Jahre her war. Der Albumtitel sollte von uns so ein Statement sein: „Hallo, wir sind wieder da und jetzt kommt unsere Zeit!“.

MF: Ihr habt 13 Songs aufgenommen, oder waren das mehr?

Jens: (überlegt) Nein, stimmt.

MF: Die habt ihr sozusagen alle verwertet.

Jens: Ja.

MF: Wie habt ihr entschieden, welche Songs auf die Bonus-CD und welche auf reguläre Album landen?

Jens: Also das eine waren ja die Single-Versionen von Robin Hood und Two Out Of Seven, die auf der Bonus-CD gelandet sind, das war klar. Bei Standing In The Rain war auch von vornherein klar, dass der eher Bonusmaterial sein wird. Der ist ja noch von 2005, wo wir ihn zur Rocked Ride-Session gemacht hatten. Den hatten wir also noch übrig.

MF: Der war noch nie auf einer CD?

Jens: Nö, der war noch nirgends drauf. Gut bei den anderen zwei Titeln war es uns eigentlich auch von vornherein klar, dass die nicht gerade so zur Platte passen. Gerade der Aleister Crowley Memorial Boogie. Und beim letzten Song war es so, dass der schlichtweg einfach noch nicht fertig war, als wir das Mastertape abgeben mussten. Insofern wurde uns da die Entscheidung auch abgenommen.

MF: Bei einem der Bonustracks hast du selber mitgeschrieben. Du hattest wahrscheinlich mehr Ideen. War das eine gewisse Genugtuung für dich, dass du es da trotzdem noch irgendwie drauf geschafft hast?

Jens: Natürlich. Es ist immer schön, wenn man Ideen umsetzen und diese auch einbringen kann, das ist ganz klar.

MF: Was machst du mit den vielen Ideen, die du nicht umsetzen kannst?

Jens: Sammeln, sammeln, die stapeln sich auf Festplatten (lacht). Nein, ich weiss nicht. Keine Ahnung, was sich damit irgendwann mal geschehen wird. Da wir sich mit Sicherheit irgendwann mal eine Gelegenheit finden, aber im Moment gibt es dafür noch keine Verwendung.

MF: Das neue Album ist ausschliesslich von Toby geschrieben. Waren eure Ideen zu schräg dafür?

Jens: Sie haben Toby einfach nicht gut genug gefallen. Das hat irgendwie nicht so wirklich gepasst. Für Toby ist es immer ganz wichtig, dass er sehr schnell einen Draht zu einer Idee haben muss. Und das geht bei ihm natürlich am Leichtesten, wenn er seine eigenen Ideen im Kopf und dazu die Melodieführungen und alles bereit hat. Wenn man ihm andere Ideen präsentiert, dann fällt es ihm manchmal schwer, sich da gleich reinzuversetzen. Und dann… Wenn der Funke aber nicht sofort bei ihm rüber springt, dann hat er da überhaupt keinen Bock mehr, irgendwie weiter zu arbeiten (lacht). Insofern ist er manchmal… Für die Band funktioniert es ganz gut so. Weil er ist halt Frontmann und Sänger und muss die ganzen Sachen auch rüber bringen, und das auch möglichst so gut es geht. Und das geht ihm am Besten mit seinen eigenen Ideen.

MF: Er hat sich kürzlich mal in einem Interview im positiven Sinne als Diktator oder Leitwolf bezeichnet. Welche Rolle übernimmt der Rest der Band?

Jens: Ja, also einer alleine kann halt auch nicht viel bewirken. Wir sind die Zuspieler. Wir halten ihm den Rücken frei, wo es geht. Und tja, welche Rolle spielen wir? Nach wie vor muss man sagen, dass wir trotz allen Dingen eine gewachsene Band sind. Es ist ja nicht so, dass wir ein wild zusammen gecasteter Haufen sind, sondern wir als Band so entstanden sind. Und es hat sich einfach in diese Richtung entwickelt, wie es ist. Man muss da ganz ehrlich sein, dass das ja auch alles ganz gut für uns funktioniert. Also warum sollte man da jetzt gross eine Rebellion anzetteln oder so? Ich denke, jeder ist glücklich mit dem was er in der Band macht. Es funktioniert. Es funktioniert sehr gut. Die andern sterben auch nicht an Langeweile. Es gibt immer irgendwas zu tun. Aber Tobias ist schon der Entscheidungsträger.

MF: In dieser Konstellation fühlt ihr euch wohl?

Jens: Ja. Auf jeden Fall.

MF: Auch mit den Egos und alles? Ihr seht das Ganze?

Jens: Ja, zum einen das. Und zum anderen, und da kann ich jetzt für mich sprechen, weiss ich, dass ich nicht so ein guter Frontmann wäre. Ich bin irgendwie mehr so der Teamplayer. Mich stört es auch nicht, wenn ich mal im Dunkeln Gitarre spielen muss. Das passt zum Glück ganz gut von den Charakteren der Band, dass der mit dem, ich sage mal, grösstem Ego, auch das meiste Licht abbekommt. (lacht)

MF: Also die Diva.

Jens: Das kann man auch so nennen. Nein, nein. Ich meine, eine Rampensau musst du sein, sonst bist du kein guter Frontmann. Und Toby ist ein sehr, sehr geiler Frontmann, das kann man wirklich sagen. Wie er die Leute im Griff hat, die Kommunikation mit dem Publikum, das könnte ich auch nicht. Geschweige davon, dass ich auch gar nicht singen kann.

MF: Du hast es angesprochen, dass bei euch keine Langeweile aufkommt, wenn Tobias wieder einmal mit anderen Projekten beschäftigt ist. Was macht ihr in dieser Zeit?

Jens: Man muss dazu sagen, dass das bis jetzt immer weitestgehend parallel lief. Also wenn Toby an einer Platte für Avantasia arbeitet, dann ist er ja nicht für ein halbes Jahr weg. Sondern er geht dann mal für einen Tag ins Studio und singt ein Bisschen was, und arbeitet mit Sascha im Rest der Zeit. Wir haben ja auch in der Zeit, als er die Avantasia-CDs rausgebracht hat, mit den Scorpions getourt. Also das läuft weitestgehend parallel. Und wenn Toby dann mal vier Wochen mit Avantasia auf Tour ist, dann gönnen wir uns halt mal Ferien (lacht).

MF: Schön.

Jens: Wir machen dann die Steuererklärungen zu Hause.

MF: Für die Band.

Jens: Ja.

MF: Also habt ihr die Band zu einer Art Firma gemacht.

Jens: Ja.

MF: Also zu einer GmbH?

Jens: Nein, das ist eine GBR. Eine GmbH würde ja glaube ich Geld kosten.

MF: Und eine GBR steht in Deutschland für…?

Jens: Das ist eine Gesellschaft Bürgerlichen Rechts. Da muss man keine Einlagen leisten. Aber jeder haftet auch persönlich. Das heisst…

MF:..ihr habt grosses Interesse daran, die Band nicht an die Wand zu fahren.

Jens: Ja. Richtig. (lacht)

MF: Ihr habt dieses Mal ein „leises Album“ aufgenommen. Das bedeutet, dass ihr im Endmix die Lautstärke nicht wie heute üblich nach oben gedreht habt. War das auch eine bewusste Entscheidung?

Jens: Ja, definitiv. Das war uns von Anfang an klar. Man kriegt das ja auch mit. Man ist ja auch selber Musikfan. Ich kaufe mir auch neue CDs. Und da ist uns in den letzten Jahren halt auch diese Entwicklung aufgefallen, dass es immer nur noch lauter, lauter, lauter und nochmals lauter und noch mehr im roten Bereich und noch mehr Distorsion geht. Wir stehen halt alle mehr auf Musik, die auch ein Bisschen Dynamik hat. Und das kann man auf der CD hören. Ich meine, es gibt einen Grund warum bei einer Stereo-Anlage der Lautstärkenregler erfunden wurde. Das muss nicht immer alles auf 10 oder 11 sein. Zum Glück fährt unser Produzent Sascha genau die gleiche Schiene. Er ist auch irgendwie überdrüssig von übersteuerten Produktionen. Insofern war das von Anfang an eine bewusste Entscheidung, irgendwie mehr Raum zu schaffen, dafür allerdings den Sound viel dynamischer und ehrlicher zu machen.

MF: Das heisst, ihr seid auch eine Band, die keine Probleme mit der Schweizer Lautstärken-Beschränkung bei den Konzerten hat?

Jens: Nein, grundsätzlich nicht. Natürlich gibt es Grenzen. Wir haben zum Beispiel vor Kurzem in Augsburg an einem Festival von einem Radiosender gespielt. Und da war in einer 10‘000er Halle eine Lautstärkenbegrenzung von 100 DB. Und das war wirklich… Ich habe die anderen Bands gesehen und gedacht „Nein, das ist einfach kein Rock’n’Roll!“ Ein Bisschen Pfund muss es schon haben. Aber gerade hier im Z7 sind 105 DB ist erlaubt, oder?

MF: 95 DB, aber auf den ganzen Abend ab Türöffnung verteilt. Also kannst du zwischendurch überschreiten.

Jens: Ach so. Also das Limit von unserem Soundmann hier ist immer bei 105 DB. Und da versucht er einzupegeln. Das ist schon eine gesunde und gute Lautstärke.

MF: Das Schlagzeug habt ihr dieses Mal nicht bei Sascha aufgenommen.

Jens: Nein, das haben wir in Hannover aufgenommen. Allerdings mit Sascha. Er war da. Das hatte auch mit dem Sound zu tun. Dadurch, dass wir einen sehr ehrlichen und natürlichen Sound wollten, haben wir auch auf jegliche Sampels beim Schlagzeug verzichtet. Denn wenn man beim Schlagzeug alles Sampelt ist es scheissegal wie es aufgenommen wurde. Aber wenn man wirklich ein Schlagzeug haben möchte, welches wie ein Schlagzeug klingt, dann ist auch der Raumklang sehr wichtig. Und das Pepermint-Park-Studio in Hannover, das kennen wir schon von vorherigen Produktionen. Das hat einen wahnsinnigen Aufnahmeraum. Der ist 10 Meter hoch, riesen gross und es klingt einfach geiler da drin. Wenn Felix Schlagzeug spielt klang das einfach druckvoll und echt. Das hatte alles, was man braucht um den Sound natürlich zu machen. Und wenn man danach alles zu triggert ist es im Prinzip egal wie das Schlagzeug vorher klang. Dann kannst du auf Töpfen rumschlagen und machst dann den schönsten Snare-Sound draus. Das funktioniert heute ja auch alles mit der Technik, aber wir wollten es wie gesagt ehrlich haben und da braucht man halt gerade beim Schlagzeug einen vernünftigen Raum. Bei den Gitarren ist das anders. Da ist das Mikrofon so dicht vor dem Lautsprecher, dass es Wurst ist, wie toll der Raum klingt oder nicht. Aber beim Schlagzeug ist es wichtig. Und deswegen diese Entscheidung.

MF: Die Gitarren und der Bass habt ihr wiederum zusammen aufgenommen?

Jens: Wir haben die Rhythmus-Gitarren zusammen aufgenommen. Den Bass nicht. Den haben wir lieber separat gelassen.

MF: Und die Soli habt ihr in diesem Falle auch nicht an einem Stück aufgenommen?

Jens: Nein. Die Soli nicht. Aber gerade das mit den Rhythmus-Gitarren wollten wir einmal ausprobieren und das hat uns dann auch ganz gut gefallen, weil das auch wieder zum Gesamtkonzept passte. Es ist meistens so, dass wenn man nacheinander spielt, dann versucht, das sehr akkurat zu machen. Wenn du aber zusammen nebeneinander im Raum sitzt und einfach vor dich hin zockst, bleibt da immer ein Bisschen Raum für Spontanität und geringe Abweichungen zwischen dem was Dirk und dem was ich spiele. Und das macht das Ganze nochmals eine Ecke lebendiger. Es klingt halt mehr wie im Proberaum, als wie direkt nacheinander aufeinander passend gespielt.

MF: Das ist auch der Grund, wieso ich oft Live-Alben Studio-Alben bevorzuge. Weil dort alles zusammen gespielt wird. Und das hört man irgendwie auch.

Jens: Ja, eben. Selbst wenn man es nur unterbewusst wahrnimmt. Es macht einen grossen Unterschied.

MF: Wie schafft ihr es denn die Euphorie, die ihr beim Livespielen habt, auch auf Platte zu bannen?

Jens: Gute Fragen, denn logischerweise spielt man live ein Bisschen anders als im Studio. Weil man im Studio wesentlich konzentrierter ist auf das was man jetzt spielt. Man konzentriert sich nur aufs Spielen. Während man in der Live-Situation immer kuckt, was der andere macht und natürlich will man auch schön posen (lacht). Das ist klar eine andere herangehensweise. Aber für uns war das nie wirklich eine Frage. Und die Energie von einem Live-Konzert mit auf eine Platte zu nehmen, wenn es jetzt nicht eine Live-Platte war. Wenn wir im Studio sind, dann wollen wir erstmal eine gute Platte machen. Und das ist unsere Motivation, dass es eben so energiegeladen wie nur möglich hinzukriegen.

MF: Wann gibt es die nächste Chance, euch wieder in der Schweiz Live zu sehen?

Jens: Das ist eine berechtigte und gute Frage, und ich habe keine Ahnung (lacht).

MF: Auf einem Festival im nächsten Jahr vielleicht?

Jens: Da haben wir noch keine konkreten Anfragen. Also jetzt nicht aus der Schweiz. Aber im nächsten Jahr werden wir sicher in Europa auf diversen Festivals spielen. Aber was jetzt in der Schweiz ist, da kann ich leider noch gar nichts dazu sagen, weil ich selber noch nicht weis.

MF: Den Rest lasst ihr auf euch zukommen?

Jens: Ja, sicher.

MF: Und wenn es da nochmals eine Avantasia-Album gibt…

Jens: Das würden wir rechtzeitig erfahren. Jetzt ist der Fokus erstmals auf der Tour, dass wir das über die Runden kriegen und dann… Ich glaube, in diesem Jahr wird nicht mehr viel passieren. Und nächstes Jahr haben wir schon ein paar Festivals- und weitere Tournee-Anfragen und das wird sich wohl noch wenig hinziehen.

MF: Das heisst, ihr habt nach der Tour wieder Zeit, um an der Band zu arbeiten und die ganzen Hintergrundgeschäft.

Jens: Ja, genau. Hintergrundgeschäfte klingt gut. Ein wenig wie Mafia. (lacht).

MF: Evergrey haben mir mal gesagt, dass bei ihnen das eigentliche Musikmachen noch fünf Prozent des Gesamten ausmacht. Wie sieht es bei euch aus?

Jens: Das kommt immer darauf an, was man jetzt unter Musikmachen versteht.

MF: Er meinte, dass das eigentliche Spielen; Live und im Studio.

Jens: Ja, gut. Das nimmt vom Tag ja auch nur keine 10 Prozent ein, wenn du jetzt 24 Stunden nimmst und dann zwei Stunden spielst. Aber man ist dann doch den ganzen Tag damit beschäftigt mit den Gedanken. Man konzentriert sich auch da drauf. Man arbeitet mit dem Soundcheck und so auf diese zwei Stunden hin, wo es darauf ankommt. Und das empfinde ich als genau so wichtig. Wenn ich jetzt nur sagen würde, dass das Spielen schön und alles andere lästig ist… Ich glaube, dass wir das auch eher so als Ganzes sehen. Das eine gehört halt zu dem andern. Wenn man Live spielen und dabei auch gut sein möchte, dann muss man vorher halt auch für sich selbst üben, und sich dann auch im Proberaum treffen und die Sachen zocken. Und wenn man eine gute Show und eine schöne Bühne haben möchte, dann muss man sich vorher zusammensetzen und Ideen sammeln und das Ganze ausarbeiten. Natürlich ist alles was man tut, auf diese zwei Stunden abgestimmt. Und diese zwei Stunden nehmen auch wirklich sehr wenig Zeit in Anspruch, wenn man jetzt den ganzen Tag nimmt. Aber das Drumherum ist trotzdem nicht weniger wichtig.

MF: Wir sind am Ende. Gibt es noch was, was du noch euren Fans sagen möchtest?

Jens: Also natürlich, vielen, vielen Dank für den Riesenerfolg hier in der Schweiz. Ich freue mich auf heute Abend. Das Z7 ist immer ein sehr, sehr schöner Ort um Konzerte zu spielen. Wir sind hier sehr gerne und freuen uns. Und hoffen, dass wir hoffentlich bald wieder kommen können.