Nach dem bärenstarken Album "Lipservice" von 2005
fragte sich wohl viele Fans, wie denn wohl die nächste
Scheibe der Eidgenossen ausfallen wird. Geht es auf
diesem wieder rockigeren Weg weiter oder würde man, wie
schon einmal in der Vergangenheit, versuchen, wiederum
gezielt die breite Masse anzusprechen? In der Tat kein
leichtes Unterfangen, wenn man sich als Songschreiber
darüber Gedanken macht. Gross nachgedacht hat man nun
bei "Domino Effect" für einmal nicht, das heisst von den
total 18 Songs, die zur Verfügung standen, fanden
schliesslich deren 14 den Weg auf's Album. Songs, die
allesamt in direkter und gelöster Weise enstanden sind
und nach verhältnismässig sehr kurzer Dauer fertig
ausgearbeitet waren! Wie es dazu kam und was mir Steve
Lee (v) und Freddy Scherer (g) an diesem schönen
Donnerstag Nachmittag im Vorfeld der tagsdarauf
erscheinenden neuen Langrille outdoor (!), mitten in
Zürich, zu sagen hatten, könnt ihr nun in Ruhe
nachlesen. Nicht unerwartet und optimal von Platz 1 der
CH-Album Charts grüssend, spielten Gotthard vor der
ausgedehnten Germany-Tour in Bern (16.5), Winterthur
(18.5.) und Luzern (19.5.) drei Konzerte in der Heimat
zum Anwärmen. (SL = Steve Lee, FS = Freddy Scherer)
MF: Wie habt ihr nach den Aktivitäten der letzten
zwei Jahre den Kopf so freimachen können, dass alle
Songs in nur sechs Wochen (!) reif für "Domino Effect"
waren?
SL: Jaa..., das ist auf der einen Seite sicher unsere
Genialität..., (lacht) - nein..., ich würde sagen:
Workoholics! Die Schweizer sind ja bekannt für das. Ich
glaube, wir haben nicht den Fehler machen wollen, uns
zurück zu lehnen nach der Tour. Wir sind ja noch bis
Ende Oktober, anfangs November unterwegs gewesen.
Südamerika, Mexiko, Brasilien, Griechenland..., wir
haben das Feuer dieser Live-Konzerte noch auf's Band
bringen wollen. Das ist beim Songwriting auch ganz
wichtig, mit diesem Elan und dieser Frische an die Sache
ranzugehen. Wir hatten bemerkt, dass es genau der
richtige Zeitpunkt ist, um gerade zu beginnen, nicht
nach hinten zu liegen. Die Songs sind relativ..., ich
sage nicht schnell (enstanden), sondern es war gut
eingeteilt und sie gingen uns leicht von der Hand. Ich
glaube, dass es uns geholfen hat, dass es wie
verschiedene Camps gegeben hat. Ich habe mit Leo
geschrieben..., mit Freddy. Dann kam Leo mit Ideen...,
und Freddy. Dann die zwei Schweden, die schon bei "Lipservice"
involviert waren..., Fredrik Thomander und Anders
Wikström. Letzterer ist ja noch der Gitarrist von Treat
übrigens, der vielen ja auch noch bekannt ist. Ja...,
die Beiden haben sich wieder eingeschaltet und sie zu
uns ins Tessin gekommen. Wir haben etwas gejammt und
probiert im Studio..., es war relativ schnell
passiert..., weil viele Ideen und Camps vorhanden waren.
Du siehst..., wir wollten mit Freude ans neunte Album
ran, dass wir endlich auch mal das Zehnte in Angriff
nehmen können! (lacht)
MF: "Sie fanden zur alten Härte zurück" konnte man in
einer Schweizer Tageszeitung lesen. Das liess Marc
(Lynn, b - MF) beim letzten Interview vor zwei Jahren
schon nicht gelten! Was meint ihr dazu?
SL: "Errare humanum est"! (lat.: "Irren ist menschlich"
- MF) Nein..., ich würde sagen, es ist ja kein
Fehler..., es ist einfach..., es entspricht einfach dem,
was die Band im Moment gerne spielt. Ich glaube...,
nicht zuletzt durch Freddy, der einen frischen Wind
gebracht hat..., der Leo hat vielleicht seine Härte...,
wenn überhaupt jemand eine Metal..., Heavy Rock Ader
hat, dann ist es bei uns auch der Leo, würde ich sagen.
Freddy hört sich zwar einiges Härteres an, als ich es
tue.
FS: Ja! Nicht immer, aber es kommt vor..., ja...
SL: Die Gitarristen sind schon massgebend in dieser
Band...
FS: Die Gitarren bewegen sich schon im eher härteren
Segment, als im soften. Aber ich denke, wenn du...,
eines darf man nie vergessen, dass (Punkt 1) seit "Lipservice"
Leo Leoni das erste Mal die Rolle des Produzenten
übernommen hat, dass heisst, dass das Ganze intern in
der Band geblieben ist. Man hat keinen Produzenten
gehabt, der vielleicht versucht hätte, uns einen Stempel
aufzudrücken oder nur schon im Mix die Gitarren zurück
zu nehmen, damit nicht weniger verkauft würde. Auf
dieser Seite hat man überhaupt keine Rücksicht genommen.
Ronald Prent ist mehr von den Sounds her der Master
gewesen. Wir haben ihn geholt, damit er wirklich einen
2007..., oder damals "Lipservice" 2005 Sound mit dem
erreicht, was wir machen. Nicht, dass es nach einer
Platte klingt, wo man das Gefühl hat, sie hätte vor zehn
Jahren auch rauskommen können. Schon den alten Einfluss
der 70er oder auch 80er..., aber mit einem Sound von
heute. Weil Ronald hat mit Leuten wie Rammstein, Depeche
Mode..., die letzte Grönemeyer hat er gemacht..., also
mehr "up to date" als das, kannste nicht sein. Das war
für uns sehr wichtig..., vieles hat sich ergeben..., man
hat..., würde ich sagen..., wiegesagt nicht auf die
Verkäufe tendiert oder wir müssen einen Hit haben...,
wir müssen mehr Balladen, wir müssen mehr rocken,
sondern mehr aus dem Bauch heraus. Man hat weniger
diskutiert, was man machen will, sondern wie man das,
was man kreiiert, letztendlich aufnehmen will und es ist
alles aus dem Bauch heraus entstanden. Im Studio
entstanden selten Diskussionen darüber, ob wir jetzt zu
wenig harte Songs oder zu wenig Balladen..., was machen
wir..., wir müssen jetzt unbedingt noch "so einen Song"
schreiben. Die besten vierzehn Songs in sich sind auf
das Album gelangt. Weniger wegen dem Stil, sondern weil
das halt die besten Songs gewesen sind...
SL: ...ziemlich ehrlich in diesem Sinne...
FS: ...ziemlich ehrlich..., oder?!!
MF: Seit "Lipservice" ist der Anteil der flotteren
Songs grösser, aber grockt wurde auch auf "Homerun", zum
Beispiel bei "Eagle" oder "End Of Time"!
SL: Genau! Es war damals vor allem die Phase, wo nach "Defrosted",
meiner Meinung nach, zu poppig produziert wurde. Es war
nicht die Band, die nicht mehr hart spielen wollte,
sondern..., wir hatten auch für das "Open"-Album einige
harte Gitarren eingespielt, die dann aber am Schluss
nicht mit auf's Band gekommen sind. Es war einfach eine
gewisse Angst da..., muss heute ich zugeben..., dass man
gesagt hat, man verliere viele Leute und viele Fans, die
neu dazu gekommen sind, wenn man jetzt auf einmal härter
spielt. Heute sind wir so weit, dass wir in der
glücklichen Phase sind, oder Situation besser gesagt,
das spielen zu können, was wir wollen! Nicht, dass wir
auf zu viele Leute links und rechts hören, die sagen,
das sei antikommerziell oder diese Single zu lange, weil
sie 3:42 Min. anstatt 3:20 Min. lang ist. Am besten
müsste man 2-Minuten Songs machen..., dass du
kommerziell sein kannst und am Radio gespielt wirst und
schon gar keine Gitarren mehr drauf sind..., leider.
Aber irgendwo muss man sagen, dass... "gimme a break"...,
ich mache einfach das, was ich gerne mache.
FS: Letztendlich ist es wichtiger, dass du die Songs
zuerst schreibst, aufnimmst und im Nachhinein
schaust..., ok, das wird die Single..., man könnte immer
noch einen Remix machen oder eine kürzere Version. In
der kreativen Phase der Songs soll nicht darüber
nachgedacht werden, ob "Single" oder nicht, denn dann
verheddert man sich.
MF: Ihr bringt jetzt mit "The Call" zuerst eine eher
ruhige Nummer als erste Single. Warum und wie schnell
wart ihr euch darüber einig, dass es dieser Song ist?
SL: Das geht aus einer einfachen Überlegung hervor. Es
ist ein melodischer Song, es ist ein gewisser Hook
da..., in der Melodie..., beim Mitsingen. Ein Song
sehr..., für ein breites Publikum...
FS: ...am Radio spielbar...
SL: ...und überhaupt am Radio spielbar, weil du musst
schon sehen, jeder der Band hätte gerne noch einen
anderen Song gehabt, aber die meisten davon würden nie
gespielt werden. Man hat es ja gesehen bei "Lipservice",
wo sogar ein "Lift U Up" an gewissen Radios nicht
spielen durften. Es ist halt "ein bisschen heavy" hat es
geheissen. Sogar bei dieser Ballade ("The Call" - MF)
musste ich mit Erstaunen festellen, dass es Leute gibt,
die dazu sagen: "Hoppla, da geht es ja richtig zur
Sache!
FS: Schon am Limit...
SL: Also manchmal frage ich mich, ob Britney Spears zum
Teil nicht die härteren Gitarren als wir hat und warum
es dann gespielt wird. Es ist manchmal schon brutal...,
du wirst leider kastriert, aber wir hatten das Gefühl,
das ist einfach der Song, der sich am besten für eine
Single bei einem breitem Publikum bewähren kann.
FS: Ich meine, was nützt dir eine Single, die am Radio
nicht gespielt wird? Eine Single nimmst du..., es gibt
eigentlich zwei Elemente: Zum einen um das Album bekannt
zu machen und zum andern zur Ankündigung, dass ein neues
Album heraus kommt. Nur..., wenn du einen Song nimmst,
der eigentlich das Album repräsentieren soll und
nirgends gespielt wird, dann wird auch niemand erfahren,
dass in dem Sinne ein neues Album erscheint. Von dem
her...
SL: ...genau!
MF: Also "The Call" ist ja nicht nur eine Ballade...,
"Tomorrow Just Beguns" ist dann wieder was anderes...
SL: ...wäre auch schön gewesen..., ja...
MF: ...ist schön!
SL: Aber..., danke! Aber ich glaube, wie ich schon
vorher gesagt habe, man probiert immer ein Album zu
machen, das als Ganzes funktioniert und interessant ist.
Ich sehe uns auch weniger als Single-Band, obwohl wir
mit "Heaven" eine Goldene haben machen können, was heute
eher selten ist. Uns war immer wichtig, ein Album zu
kreieren..., wie ein Film..., wie soll ich sagen..., der
die ganze Farbenpalette braucht. Wo eben..., ein Song
nach dem andern los ist..., wie ein Domino-Effekt, wo
einer den andern nachzieht.
MF: Der Gitarren-Sound war früher heller, also mehr
AC/DC like. Jetzt klingt er etwas moderner, mit einem
Hauch von Düsterheit. War das eure Absicht oder wurde
von Aussenstehenden gesagt, dass es so zu klingen hat?
FS: Nein..., das Einzige, worauf wir geschaut haben,
ist, dass mein Sound nicht zu ähnlich klingt wie der von
Leo, damit wir wirklich einen Unterschied haben. Alles
andere..., was Leo gespielt hat, ist sein Stil und was
der Freddy gespielt hat, eben Freddy Style. Oder man hat
sich vielleicht gegenseitig ein wenig motiviert oder...
SL: ...ergänzt ganz sicher...
FS: ...ergänzt in dem Sinne, aber nicht, dass der Leo
das Gefühl gehabt hätte, ich sollte es so oder so
spielen. Dann würde es auch keinen Sinn ergeben, sonst
spielt er es am besten gleich selber. Darum..., das wäre
dann die gute Chemie, die harmoniert.
MF: Die Zeiten für Rock stehen zur Zeit wieder ganz
gut. Bleiben Gotthard jetzt dabei oder könnte es wieder
einmal eine Kehrtwende in Richtung "Open" geben?
SL: (lacht gleich laut heraus) - Eine gute Frage! Sag
niemals nie, weil..., ich glaube, das ist auch das
Schöne..., die Entwicklung, die man durchläuft. Heute
steht man für etwas..., vielleicht morgen hat man mal
Lust auf neue Klänge, aber im Moment kann ich sagen:
Unsere Windfahne steht in Richtung Hardrock..., Classic
Rock. Es gibt ja mittlerweile mehr Definitionen als
Musikstile, aber ich glaube, dass diese Sorte Sound und
Songs, wie sie auf "Domino Effect" zu finden sind, das
ist, was uns im Moment Spass bereitet und könnte mir gut
vorstellen, dass wir vielleicht einmal eine Abschweifung
macht..., in eine Richtung Probieren...,
Experimentieren. Das macht es auch interessant, aber du
kannst nicht erwarten, dass der Steve jetzt auf einmal
auf Hip Hop macht..., also wenn es das ist, was du
meinst.
FS: Ja..., und vor allem, ich denke, was wichtig ist:
Wenn experimentiert wird, dann wird es wahrscheinlich
überhaupt nicht wie "Open". Also wenn du "Open"
ansprichst..., das hat es einmal gegeben, wie es "Lipeservice"
einmal gegeben hat. Das ist wahrscheinlich einmalig in
der Geschichte von Gotthard. Das kann sich ändern, aber
es wird sicher nie eine Kopie von "Open" geben. Das
glaube ich nicht wirklich..., nein.
SL: Was wir vielleicht eines Tages..., wir haben mal
davon gesprochen..., gerne machen würden, weil es eine
tolle Zeit war..., ein "Defrosted 2"..., mit Gästen und
so. Das haben auch Heavy Rock Fans sehr genossen, aber
dort ist in meinen Augen heute ein wenig der Fehler
passiert..., eben dass man die Produktionen etwas gar
stark zurück geschraubt und Angst gehabt hat, mit
härterem Sound die Leute vor den Kopf zu stossen. Aber
das sicher eine schöne Zeit..., gerade für mich als
Sänger..., die Sachen mal anders zu interpretieren, auch
mit anderen Musikern zusammen zu arbeiten. Das ist auch
etwas, was die Welt sehr interessant macht..., mal mit
anderen Leuten...
FS: ...künstlerische Freiheit.
SL: Wir haben jetzt mittlerweile mit neun Studio-Alben
auch so viele Songs zur Verfügung, um neu zu arrangieren
oder zu probieren, dass es sicher eine interessante
Aktion wäre. Das kommt aber sehr darauf an wann, weil
der Zeitpunkt muss stimmen natürlich..., ganz klar!

MF: Du hast es erwähnt: Andere Leute, andere Bands
andere Songs. Habe ich das richtig gesehen, dass (wie
auf "Lipservice" - MF) auch auf "Domino Effect" keine
Cover-Version zu Ehren gekommen ist...
SL: ... das stimmt ja...
MF: ...und welcher Song wäre allfällig ein Favorit?
SL: Ich denke, das Problem liegt eigentlich mehr daran,
dass wenn du selber Songs schreibst..., du hast
eigentlich mehr Mühe, die zu streichen, damit du auf
eine Zahl wie vierzehn kommst. Dann lässt du eine
Cover-Version lieber aussen vor, nimmst einen eigenen
Song und lässt deiner eigenen Kreativität ihren freien
Lauf. Ein Cover verwendest du bei dem Gedanken, wenn du
nicht genug eigene hast oder du kommst spontan auf die
Idee "doch..., das wäre jetzt wirklich geil!" Und wenn
diese Idee da wäre, hätten wir es wahrscheinlich schon
gemacht, dann wäre es etwas Spontanes gewesen. Jedoch
studieren, dass wir ein Cover haben müssen, um ein Cover
zu haben, kommt selten gut.
MF: Ich sage das nur, weil ihr mit Covers auf gutem
Fusse steht. Ihr verdankt ihnen einen Teil eures
Erfolges und ihr habt zum Teil Interpretationen gebracht
wie die von "Hush" (Deep Purple - MF), die nicht
schlechter als das Original ist oder "Mighty Quinn" (MMEB
- MF) einen neuen Spirit verpasst. Ein Zeitlang waren
sie Begleiter von Gotthard, haben euch weiter gebracht
und jetzt merkt man, dass es auch ohne sie geht.
SL: Ja..., zu dieser Sache kann ich sagen, dass die
ersten zwei..., sogar bis zum dritten Album hat es mehr
Spass gemacht, mit Covers zu arbeiten. Irgendwann hatten
wir bemerkt, dass auch gewisse Radios oder gewisse
Journalisten vor allem, immer mehr nur von diesen Covers
sprechen wollten. Am Radio lief immer das Cover oder
vielleicht auch mal das Original, weil man gesagt hat,
den gibt's ja auch noch. Irgendwo hatten wir das Gefühl,
es lenkt die Leute mehr ab von dem, was wir machen.
Zudem muss ich sagen..., es ist halt nicht so einfach
aus dem Ärmel geschossen..., irgend einen alten guten
Song..., einen vergessenen sogar manchmal noch
besser..., zu holen und neu zu gestalten. Es braucht
fast noch mehr..., wie soll ich sagen..., Fantasie und
Einsatz, als einen eigenen, neuen Song zu kreieren. Und
für mich macht es auch nur Sinn, wirklich einen eigenen
Spirit in den Song..., wie du sagst, rein zu bringen. Es
nützt mir nicht viel, wenn wir jetzt irgend einen
originalen Beatles Song genau gleich aufnehmen wie das
Original, dann höre ich auch lieber das Original. Aber
es ist nicht auszuschliessen..., wir haben einfach so
viel Kreativität in der letzten Zeit an den Tag
gelegt..., mit diesen achtzehn Songs, die wir für
"Domino..." gemacht haben..., vierzehn genommen, wo wir
dazu gesagt haben, dass sie gut für das Album sind. Da
hatte es einfach keinen Platz und keine Zeit für ein
Cover.
FS: Oder man hat mal Lust, wie zum Beispiel auf der
letzten Tournee..., für uns..., ein Cover ins Set rein
zu nehmen, der nicht unbedingt auf eine Platte muss und
geil ist, live zu spielen. "Immigrant Song" (Led
Zeppelin - MF), oder...
MF: Freddy..., du bist ja der "Neue" in der Band,
wenn man so sagen darf. Wie stark hast du dich auf dem
neuen Album nun eingebracht von wegen Songwriting und
Soli?
FS: Ähmm..., also ich habe, wenn ich es richtig im Kopf
habe, bei fünf oder sechs Nummern mitgeschrieben und
Soli werden es auch um die fünf, sechs bis sieben sein.
Das ist auch eine Sache, die sich ergeben hat. Ich bin
überhaupt nicht der Ellbogen-Typ, ich sehe mich gerne
als Teamplayer an..., ich arbeite gerne zusammen und mag
Harmonie. Zum Glück verstehe ich mich sehr gut mit Leo,
Steve..., überhaupt mit der ganzen Band. Ich bin mit
meiner Funktion in der Band voll happy. Ich bin nicht
der Typ, der an die Front muss. Ich denke, jeder hat
seine Rolle in der Band..., Leo ist sicher der lustige
Gigolo..., ja ja..., ein bisschen der Joke in der Band,
Steve mehr der Frontmann und ich bin damit voll happy.
Noch mehr (happy) bin ich, dass ich überhaupt darf und
kann..., Songs mitschreiben, weil es ist eigentlich
nicht selbstverständlich in einer Band, die schon seit
sechzehn Jahren zusammen spielt. Und von da her..., mehr
muss ich nicht haben und ich hoffe, es bleibt auch in
Zukunft so.
SL: Äh wa..., Konfuzius... (Freddy bricht in schallendes
Gelächter aus) - Konfuzius..., hätte es nicht besser
sagen können! (lacht)
MF: Bisher hattet ihr (insgesamt - MF) zehn Alben,
die alle auf dem Chart-Thron gelandet sind. Ich denke,
Nummer elf wird nicht lange auf sich warten lassen,
oder? (Natürlich ist es inzwischen so gekommen! MF)
SL: Puh..., wer weiss du? Es ist natürlich immer schön
und eine Ehre..., ähh..., ein Grund, eine Champagner
Flasche zu köpfen. Wobei wir den auch trinken würden,
wenn wir auf die zweite Stelle kämen. Es ist natürlich
schön, aber man darf nicht damit rechnen. Jetzt kann
natürlich der eine oder andere sagen "ja komm jetzt,
brauchst nicht zu heucheln"..., man weiss ja, es läuft
gut und wir sind irgendwie die Nummer 1 Rockband in der
Schweiz. Auch im Export läuft es sehr gut, aber es ist
eine schwierige Welt. Es braucht immer wieder neue
Motivation und Energie. Wir haben wirklich Einiges
reingesteckt in das Album..., und wenn das so belohnt
wird..., mit einer Chart-Position, die in der obersten
Reihe ist..., ist das natürlich toll. Aber ich glaube,
man macht es nicht unbedingt, weil man will, dass das
Album Nummer 1 ist, sondern man weiss, man hat ein gutes
Produkt, man ist das ganze Jahr unterwegs..., auch viel
im Ausland und klar ist es eine schöne Belohnung. Einen
gewissen Druck hat man schon, weil es ist schon fast...,
wenn es jetzt zweiter, dritter oder vierter in den
Charts sein würde..., das Album, dann wäre das fast
schon etwas, wo die Leute sagen könnten, oh..., es läuft
halt nicht mehr so gut. Dabei ist..., heute musst du
heutzutage zufrieden sein, überhaupt in den Charts sein
zu können.
MF: Wenn ich jetzt hier hinschaue, dann... (ich
zeigte den Ausdruck mit allen bisherigen Singles
drauf..., und das sind eine ganze Menge!)
SL: (lacht) - Mein Gott! Haben wir schon soviel
gemacht?!
MF: Das sind jetzt alles nur Singles! Jetzt glaube
ich doch sagen zu können, dass das auch ein Faktor eures
Erfolges ist..., also nicht nur die Alben..., das ist
schön, dass diese auch noch nachziehen...
SL: ...ja, sind auch viele gell...
MF: ...dank den Singles habt ihr eigentlich den Boden
gelegt, um danach auch mit dem Album erfolgreich zu
sein!
SL: Ja..., wobei ich Gotthard eher als Album-Band, denn
als Single-Band sehe. Klar ist..., ein "Heaven" oder
"One Life One Soul" oder dann mit Montserrat Cabaillé
das Duett und so Sachen..., sind natürlich
Single-Stories, die sehr geholfen haben. Ich sehe mich
lieber mit der Band, als Ganzes.
FS: Wenn du eine Album-Band bist, hilft dir das sicher
länger zu überleben in dem immer kurzlebiger werdenden
Musikgeschäft. Ein Album zeigt ja die ganze Bandbreite
einer Band..., das ist eigentlich wichtig. Wenn du die
Leute so holen kannst und nicht nur mit
Mitsing-Refrains, dann hast du einen riesigen Vorteil.
Wenn du Beides hat, ist es noch besser.
MF: Die internationale Karriere steht soweit in den
Startlöchern. Sind Gotthard jetzt bereit, den Turbo zu
zünden oder lässt ihr es jetzt einfach mal auf euch
zukommen?
SL: Eindeutig das Erste was du sagst! Also wir haben
durch den Wechsel, der vor fünf Jahren geschehen ist...,
mit der Plattenfirma, mit dem Management, mit Freddy,
der zu uns gestossen ist..., es hat einige Umbrüche in
dieser Band gegeben..., zum Positiven hin. Ich glaube,
wir haben jetzt nachholen können, was wir viele Jahre
nicht gemacht haben. Wir hatten zu Teil keine Hilfe...,
klar hat man immer gedacht, wenn man bei einem Major
unterkommt, also unterschrieben hat, die Sache sei
gelaufen. Das sicher der Fall für die Schweiz..., die
haben tolle Arbeit geleistet und gewisse zum Teil auch
im Ausland. Aber an vielen Plätzen war wir einfach eine
Nummer und schubladisiert. Durch den Wechsel haben wir
jetzt die Fäden selber in der Hand. Wir haben mit
Nuclear Blast zwar eine Firma, die bekannt ist für viel
härtere Sachen als wir, aber sie haben uns tatsächlich
viele Tore öffnen können und siehe da, man hatte
eigentlich in England einen Riesenerfolg, in Spanien
haben wir drei oder vier Mal gespielt und konnte die
Anzahl der Leute immer verdoppeln, bis fast
verdreifachen. Wir hatten in Madrid eines der besten
Konzerte mit etwas über 2000 Fans und einige mussten
draussen bleiben, weil es restlos voll und ausverkauft
war. Das ist natürlich Erfolg, der uns zeigt "aha...,
wow..., wir haben uns vierzehn Jahre aufgewärmt und
jetzt sind wir bereit, weiter zu machen!"
FS: Die Startphase..., man steckt eigentlich schon in
der zweiten Startphase. Vieles ist mit "Lipservice" oder
auch "Made in Switzerland" bereits passiert. Die ganzen
Auslandgeschichten, die..., wie er gesagt hat, durch die
(alte - MF) Plattenfirma verbarrikadiert worden sind...,
das ist bereits geöffnet geworden. Spanien, aber auch
Schweden..., England und so weiter..., Russland,
Brasilien..., also jetzt kommt eigentlich schon Runde
zwei. Als man ist nicht ganz am Start..., sondern man
ist im Lauf über 2000 Meter schon bei den zweiten 400
Metern angelangt.
SL: Und ohne Hürden!
FS: Und ohne Hürden dieses Mal...(lacht)
MF: Ein bisheriges Karriere-Highlight fand
bekanntlich am 8.12.05 statt. Zehrt ihr heute noch davon
und was geht durch den Kopf, wenn man sich die Bilder
dazu nochmals anschaut?
SL: Das Erste, was mir durch den Kopf geht..., wir waren
sehr frech, zu fünf oder sechs anderen Konzerten in der
Schweiz "noch schnell" das Hallenstadion zu machen. Und
dass es praktisch voll war, ist für mich eine ganz
grosse Genugtuung gewesen..., ganz klar. Sicher ein
Traum, den man schon als Kind hatte..., als man als
zwölf- oder dreizhenjähriger das erste Mal Status Quo
anschauen ging. Das war für uns ein Highlight, aber es
ist nicht so, dass man jetzt nur von dem träumt und
jetzt ist quasi alles gelaufen und wir haben erreicht,
was wir wollten. Es ist ein ganz wichtiger Moment...,
einfach einer der schönen Momente..., ganz klar.
FS: Und was auch..., was wir..., klar..., Hallenstadion
als Aufhänger und alles..., ein Bubentraum..., ein
Jugendtraum! Jede Schülerband möchte dort einmal
spielen..., das ist die eine Geschichte, aber wenn du so
viele Konzerte spielst, wie wir in diesem Jahr oder
immer noch..., letztes Jahr gemacht haben, merkst du
schnell einmal, dass auch ein Konzert mit 800 Leuten
auch so intensiv sein kann, wie ein Konzert vor 12'000
Leuten..., 10'000 Leuten wie im Hallenstadion. Es kommt
nicht immer auf die Hallengrösse an..., klar, das ist
ein Ziel, das erreicht worden ist, worauf man auch gerne
zurück blickt. Aber ich habe noch viel mehr Konzerte von
der letzten Tournee als das vom Hallenstadion im Kopf,
die gewaltig waren. Da hatte ich genau so Freude daran
und die ich gleichfalls mit ins Grab nehmen werde...,
hoffentlich nicht so bald! (lacht laut)
SL: ...solltest du jemals sterben...
FS: (lacht weiter) - sollte ich jemals..., vielleicht
gibt es bis dann ein Medikament...
SL: ...Highlander des Rock'n'Rolls!
MF: Wie wichtig ist das Netzwerk von MySpace.com für
Gotthard? Metallica haben da zum Beispiel über 580'000
Friends!
FS: Also bei uns ist das..., also wie gesagt..., für
jede Band, für jede Rockband auf dieser Welt ein Thema.
Wir sind von dem her ein bisschen am Hinterherhinken...,
am Aufholen, weil..., wir hatten relativ wenig Leute in
unserem Umfeld, die sich mit dem befasst haben. Was wir
gerade heute Mittag mit unserer Promo-Firma diskutiert
haben und wo wir in nächster Zukunft wirklich forcieren
müssen..., weil es ein Medium ist, das immer wichtiger
ist..., wovon wir wissen, dass es wichtig ist für uns.
Wenn ich daran denke, dass wir noch etwas hinterher
hinken, hoffe ich, dass wir in ein, zwei Jahren "on the
level" sind. Wir waren natürlich immer auf Tour, im
Studio und zwischendurch kam mal die Frage auf: "Sind
wir auf MySpace oder nicht, oder?" Es ist wirklich so
abgelaufen, und da haben wir bemerkt, dass wir
eigentlich (bis auf Fan-Sites - MF) gar nicht drauf
sind, beziehungsweise nicht offiziell. Das ist jetzt in
Vorbereitung..., wird gemacht..., da kommen wir nicht
daran vorbei.
SL: Man darf die Augen vor der Entwicklung nicht
verschliessen..., dieser ganzen Industrie, und wenn du
das machst, ist die Gefahr ziemlich gross, dass man noch
weiter hinten an hinkt..., wie du (Freddy - MF) sagst,
aber ich glaube, unser Glück ist am Schluss immer
noch..., wenn du Plattenfirmen und -verkäufe ansprichst,
dass wir eine Live-Band sind..., dass wir wirklich live
auf die Bühne spielen gehen.., das Handwerk kennt und
ausüben kann. Das ist natürlich unsere Zukunft...,
klar..., jemand, der Platten kaufen will, das Original
in den Händen halten will, wird es wahrscheinlich immer
geben, aber man darf nicht nur auf das abstützen.
MF: Frage an Freddy: Was macht der Freddy Scherer am
2. Juni 2007? (Da wäre die Reunion von China beim "Spirit
Of Rock"..., der früheren Band von Freddy und auch Marc
Lynn übrigens! - MF)
FS: Am 2. Juni...?
SL: Spielen wir nicht? (lacht)
FS: Jetzt muss ich ehrlich sein..., jetzt überfragst du
mich..., das muss irgend eine Fangfrage sein..., mein
Vater hat ein paar Tage später Geburtstag..., ähh...
MF: ...es hat was mit deiner musikalischen
Vergangenheit zu tun...
FS: Ahh! Ok..., also wenn wir nichts zu tun haben, werde
ich schon am 1. Juni dort sein, weil mich interessieren
Mötley Crüe live und...
SL: (lacht) - China...
FS: ...wenn ich schon Mötley Crüe schon anschauen gehe,
dann gehe ich am nächsten Tag sicher auch China
anschauen! (lacht..., und Bernadette von gadget auch
gleich) - Ich habe wirklich vor drei Tagen mit John
Dommen (Ex-Schlagzeuger von China) gefragt, ob er auch
nach Winterthur geht, da wären wir zusammen hin
gegangen. Es ist mittlerweile mein Gitarrenverstärker
Sponsor in diesem Sinne, weil er vertritt "..." in der
Schweiz. Da hat er gesagt, wenn ich auch ginge, das
heisst wenn Mötley Crüe spielen, geht er sicher auch. Da
habe ich gesagt, wenn er gehe, gehen wir doch zusammen
und verbringen ein, zwei Nächte in Winterthur. Aber sie
(China - MF) auf jeden Fall einmal anschauen gehen. Ob
es am 2. Juni sein wird, weiss ich jetzt noch nicht.
MF: Aber du stehst in dem Sinne nicht auf der Bühne?
FS: Nein! Ich will es in meinem Leben wenigstens einmal
von vorne gesehen haben! (lacht)
SL: É voila!
MF: Was möchtet ihr noch den Schweizer Fans und
speziell den Lesern der Metal Factory mitteilen?
SL: Ein riesengrosses Dankeschön für die Unterstützung,
die man immer hat und wenn sie in das neue Album rein
hören und es kaufen, wären wir auch nicht verärgert...,
aber auf jeden Fall ein Dankeschön! Weil ich glaube, es
ist eine Kunst heutzutage, sechzehn Jahre den Erfolg
halten zu können, und viel mehr kann man mit dieser
Musik in der Schweiz gar nicht erreichen. Und es gäbe
Gotthard auch nicht ohne so treue Fans..., das ist ganz
sicher - Bleibt, wie ihr seid!
MF: Danke vielmals...
SL: ...ewigen Dank! Ich hoffe, wir haben alles richtig
beantwortet.

Rockslave (mitte) mit Gotthard >>>
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