Interview: Him
By Saskia B.
Die finnischen Superstars um Sexsymbol Ville Valo gaben sich ein Stelldichein in Zürich und waren bereit, einige Fragen zu beantworten. Nun sind die Finnen ja durchaus für einen sehr seltsamen Humor bekannt und Gerüchte belegen, dass diese recht redefaul sind. Gespannt konnten wir den Nordmännern also gegenüber treten. (VV= Ville Valo, MA= Migé Amour)

MF: Hallo! Ihr wart ja schon eine ganze Weile nicht mehr hier, alles klar bei euch?

VV: Ja, oh keine Ahnung, ich kann mich da gar nicht
mehr genau dran erinnern, wo ich wann war. Ich glaube, wir haben in der Schweiz letztes Jahr ein Festival
gespielt.

MA: Ja, das kann sein, keine Ahnung!

VV: Aber das ist schon eine Weile her, denn wir hätten ja eigentlich für Ozzy den Support machen und die "Love metal"-CD letztes Jahr schon im Herbst mit einer Tour promoten sollen, aber da sind unsere ganzen Pläne den Bach runter gegangen, als das mit Ozzy passiert ist. Wir haben dann gewartet und gewartet und es wurde immer wieder gecancelt. Im Prinzip haben wir dadurch mit unserem letzten Album gar nicht getourt, deshalb waren wir so lange nicht mehr hier.

MF: War es denn sehr nervtötend daheim zu sitzen und auf Neuigkeiten zu warten, wegen dieser geplanten Ozzy Tour? Hattet ihr von Ozzy's Unfall im Fernsehen gehört?

VV: Nein, nein wir wussten das schon vorher, haben es nicht erst in den Nachrichten gehört. Es war nicht nervtötend, eigentlich eher enttäuschend, das passt besser. Wir wären gerne mit Ozzy auf Tour gewesen.

MF: War das ein Traum für euch?

VV: Ja, einer unserer Träume. Wir hatten uns sehr darauf gefreut, mit Ozzy zu spielen. Aber wir hoffen, das irgendwann noch tun zu können und dass es ihm bald besser geht!

MA: Nein, nein! The dream is dead!

MF: Wie bitte? Warum ist der Traum tot?

MA: Nein, nein, das ist ein Song von Type O Negative, den ich vorhin gehört habe!

MF: Um dich Ville, wird ein riesen Hype gemacht. Wie fühlt es sich an, wenn es wichtiger ist, wie du dich kleidest, ob du einen Bart trägst und so weiter, als wie du als Musiker bist? Fühlst du dich als Musiker noch ernst genommen?

VV: Ach, das glaube ich gar nicht. Ich glaube nicht, dass das wichtiger ist. Ich glaube nicht, dass die Menschen wirklich mehr an den Personen, als an der Musik interessiert sind. Ich glaube nicht, dass Millionen von Menschen Michael Jacksons "Thriller" gekauft haben, nur weil er einen weissen Anzug getragen hat oder weil er sein Gesicht durch Schönheits-Chirurgie verändert hat. Ich denke, die Leute interessieren sich immer noch mehr für die Musik, als das Umfeld. Natürlich ist es für eine Rockband gut, wenn es viele Gerüchte über dich gibt! Es muss eben immer etwas geben, über das die Leute diskutieren können! Nimm doch mal Marilyn Manson als Beispiel. Was das angeht, ist er klasse. Er kann stundenlang darüber reden, was er getan hat und was er macht, aber er ist natürlich immer noch ein Musiker und seine Musik ist immer noch das, was an erster Stelle zählt. Ich glaube nicht, dass das ein Problem ist, es sind einfach zwei verschiedene Welten.

MF: Und wie ist es für den Rest der Band, dass Ville doch sehr im Mittelpunkt steht?

MA: Hm, ich kann da nur über mich selbst sprechen. Wenn ich mir das alles anschaue, dann beneide ich ihn nicht gerade darum, falls du das meinst. Ich möchte nicht an seiner Stelle sein. Für uns ist das echt kein Problem, wenn es für jemanden ein Problem ist, dann höchstens für ihn.

MF: Also ist es für dich viel entspannter, nicht so sehr im Vordergrund zu stehen?

MA: Keine Ahnung, ob es mehr entspannt ist, aber ich glaube nicht, dass es viel Spass macht, wenn alle Leute über deine Tattoos reden und über alles was du machst. Es ist kein zwar auch kein Unglück, aber auch nichts, an das man beim Masturbieren denkt (lacht) oder vielleicht doch? Das ist ein Geheimnis!

MF: Das Projekt eures Gitarristen Daniel Lioneye..., ist es wahr, dass du Ville, dort auch Schlagzeug gespielt hast?

VV: Äh..., na ja..., ein kleines bisschen. Sehr viel habe ich auf dem Album nicht gemacht. Das Projekt ist eigentlich nur von unserem Gitarristen. Aber das ist schon zwei Jahre her und ich hatte mit dem Projekt echt nicht viel zu tun.

MF: Aber wie bist du denn dazu gekommen? Hast du früher mal Schlagzeug gespielt?

VV: Nein, nie! Ich war nie ein Schlagzeuger, aber gib mir einfach eine Kiste Bier und ich bin was immer du willst!

MF: (lachend) Und welches ist dein Lieblingsbier?

VV: (nach einer langen Denkpause) Eigentlich egal, Hauptsache es ist kalt!

MF: Liegt es an eurer finnischen Mentalität, dass ihr auf dem Boden geblieben und nicht als grosse Rockstars völlig abgehoben seid?

VV: Ein Rockstar zu sein hm..., das ist fast so, wie sich auf das eigene Bein zu pissen. Ich habe Rockstars getroffen und das Einzige, was mir dazu einfällt, ist, dass Berühmtheit nie lange anhält. Deshalb gibt es keinen Grund zum Abheben. Es gibt keinen Grund, mit 75 in einem Schaukelstuhl zu sitzen und in einem Kreis von Enkelkinder alte Geschichten zu erzählen. Es ist besser, immer sich selbst treu zu bleiben.

MF: In einigen Interviews habe ich schon gelesen, dass du es nicht für sonderlich sinnvoll hältst, immer melancholisch zu sein, sondern meinst, dass es besser sei, das Leben zu geniessen. Wie funktioniert das mit euren melancholischen Liedern zusammen?

VV: Oh..., unsere Musik ist sehr emotionell, aber damit haben ja schon viele Songwriter Karriere gemacht. Cat Stevens, Neil Young. Viele haben das schon gemacht und wir haben sicher diese Art von Musik nicht neu erfunden. Wir haben vielleicht etwas mehr rockigere Gitarren in die Musik gebracht, aber das ist alles.

MF: Wieso habt ihr denn jetzt ein "Best Of"-Album rausgebracht? Das wird ja immer gerne gemacht, um einen Vertrag zu erfüllen, respektive neu verhandeln zu können.

VV: Es hat sich einfach so entwickelt, also ganz ehrlich ist damit unser Vertrag erfüllt. Es hat sich einfach so entwickelt, und man macht das heutzutage einfach so.

MF: Also wolltet ihr wirklich einfach den Vertrag erfüllen?

MA: Ja, irgendwie schon.

VV: Ja, aber es war jetzt auch ein guter Zeitpunkt dafür. Wir hatten bisher vierzehn Singles, es gibt auch zwei neue Tracks, also sechzehn sind auf der CD. Das sind mehr als siebzig Minuten Musik. Wir hätten im Moment sonst nur eine neue Single machen können, wollten aber den Vertrag erfüllen, klar. Ich glaube aber, dass die "Best Of"-CDs besser sind, wenn die Karriere eine Künstlers vorbei ist und er zwanzig Alben hatte. So wie bei den Rolling Stones vielleicht. Da kannst du so eine riesige, faszinierende Auswahl treffen. Es liegt so viel Zeit zwischen den einzelnen Songs, es waren viele verschiedene Producer, die Zeiten waren ganz anders, das macht es spannend.

MF: Mit welchen Bands würdest du gerne einmal touren?

VV: Ich bin von der Band Monster Magnet fasziniert. Aber ich glaube, das wäre nicht die richtige Band für eine gemeinsame Tour. Das könnten wir wohl nicht, aber es ist eine sehr faszinierende Band! Aber keine Ahnung eigentlich. Du weisst nie, wie es beim Touren läuft, bis du die anderen Leute triffst und siehst wie es ist. du weisst ja nie, wie die sind, vielleicht sind es ja Serienmörder..

MF: Oh, du hast also eine richtig positive Lebenseinstellung!

VV: (lacht) Oh ja, ganz arg!

MF: Und mit welcher Band würdest du gerne touren?

MA: Hm..., mir ist das eigentlich total egal. Ville hat das schon gesagt, das Wichtigste ist, dass die anderen Leute auf der Tour nett sind. Das weiss man eben nie, bis man sie getroffen hat. Du könntest auch mit einer Reggae Band spielen, solange die Leute ok sind, hat man viel Spass miteinander. Es ist sehr selten, dass die Bands auf Tour sich wirklich gut vertragen. Ich habe da also keinen Favoriten.

MF: Hört ihr selbst eigentlich diese typisch finnische Musik, die bei uns zur Zeit sehr in ist?

VV: Nein, nein das konnte ich nie leiden, das ist alles Scheisse. Sentenced vielleicht noch, die gibt es ja schon so lange. Sie haben in Finnland die ganze Metal Szene stark beeinflusst. Vielleicht Impaled Nazarene, Sentenced oder eine Band namens Xysma. Ich mag eigentlich eher alte Sachen, denn bei den neueren kommt es mir immer ein wenig so vor, als würden sie die alten Sachen wie Stratovarius oder Sentenced kopieren. Es gibt einige interessante Bands, aber wenige. Weisst du, diese Sachen wie Nightwish zum Beispiel..., dieser Operngesang..., da könnte ich kotzen.