Interview: Iced Earth
By Maiya
Sind gerne in der Schweiz. Besonders am Dreiländereck um Basel.



Im Rahmen der "Plagues Of Babylon"-Tournee beehrten Iced Earth auch das Z7 in Pratteln. Ein gut gelaunter Jon Schaffer empfing mich backstage in einem Dropkick Murphys-Shirt, um sich einigen Interviewfragen zu stellen.

MF: Hallo Jon!

Jon: Hallo Maiya! Es ist schön, dich wieder mal zu sehen! Wie lange ist es her seit dem letzten Interview?

MF: Ungefähr drei Jahre. Und es ist auch schön, dich wieder zu sehen! Wie steht es um deine Gesundheit? Bereitet dein Rücken dir immer noch Schwierigkeiten?

Jon: Leider ja, doch es ist besser geworden. Diesmal konnte ich meinen Physiotherapeuten zu Hause lassen. Er wird erst zu einem späteren Zeitpunkt wieder zu uns stossen, wenn die Tour mich so richtig fertig gemacht hat. Es ist wirklich nett von dir, dass du immer um meine Gesundheit besorgt bist (grinst geschmeichelt).

MF: Na ich hoffe doch, dass du uns noch lange erhalten bleiben wirst! Letztes Mal haben wir viel über deine politischen Ansichten gesprochen, da du mit deinem Nebenprojekt Sons Of Liberty und dem Album "Brush-Fires Of The Mind" in erster Linie politische Themen aufgreifst. Wie haben die vergangenen drei Jahre sich auf deine Ansichten ausgewirkt?

Jon: Nun ja, was Amerika betrifft, so wird bei uns alles nur noch schlimmer. Aber auch die ganze Globalisierung ist eine Katastrophe. All das hat seine Wurzeln in den USA und in Grossbritannien, aber das ist ja ein altes System. Das weiss man, wenn man sich ausreichend mit Hintergrundpolitik befasst hat, aber das muss ich dir ja nicht erzählen, da unsere Ansichten diesbezüglich sehr ähnlich sind. Jedenfalls bin ich der Meinung, dass alles nur noch schlimmer wird, deshalb informiere ich mich regelmässig über das politische Geschehen und ich habe meine Ansichten nicht geändert, auch wenn sie manchen Leuten als zu krass erscheinen mögen. Wie sieht es denn bei dir aus?

MF: Immer noch gleich. Ich kann dir mit keinem Wort widersprechen.

Jon: Komm doch nachher nochmal backstage auf ein Bier, dann unterhalten wir uns.

MF: Gerne! Sag mal, wie kommt es, dass ihr ausgerechnet mit "Dystopia" so lange auf Tour wart? Liegt dir besonders viel an dem Album, oder hatte das andere Gründe?

Jon: Es lag primär daran, dass ich das richtige Team hatte, um mit einem bestimmten Album so lange auf Tour zu sein. Es sind alles Männer, die richtig Spass daran hatten und ihren Job verdammt gut gemacht haben. Dadurch konnten wir die Band auf ein Level hieven, auf welchem wir noch nie zuvor waren. Dazu kommt noch das richtige Management, es sind also nicht nur meine Bandkollegen, die ihre Arbeit richtig machen. Mit dem aktuellen Album werden wir es auch wieder so machen, pushen bis zum Äussersten.

Wir werden dieses Jahr auch an einigen Sommerfestivals spielen, allerdings wurde noch nicht alles bestätigt. Es wird sich in den kommenden Wochen noch ergeben, was genau wir dieses Jahr noch tun werden. Ich meine, ob wir noch mehr touren und wie unsere nächsten Schritte aussehen werden. Vor allem möchten wir mehr in den USA und in Grossbritannien touren, da wir in letzter Zeit wirklich sehr oft in Europa waren. Natürlich werden wir wieder auf das europäische Festland zurückkehren, doch wir fokussieren und nun eher wieder auf unser Heimatland und das dortige Publikum. Vermutlich werden wir in mehreren Etappen touren, da Amerika nun mal ein riesengrosses Land ist und die Strecken zwischen zwei Auftrittsorten oftmals weit auseinander liegen. Ich freue mich jedenfalls darauf, in den USA mit Sabaton zu touren und in ungefähr einem Jahr wieder zurück in Europa zu sein.

MF: Wie sehr freust du dich auf Wacken?

Jon: Sehr! Da freue ich mich wirklich darauf! Auch auf das Hellfest und all die anderen Festivals.

MF: Nun ist Stu Block schon eine Weile bei Iced Earth und hat sich auch schon durch bemerkenswert gutes Songwriting in die Band einbringen können. Wie war es für dich, diese Aufgabe mit ihm zu teilen?

Jon: Oh, das war eine sehr gute Erfarhung! Stu und ich sind mittlerweile sehr gute Freunde, was den Schreibprozess ziemlich vereinfacht. Zu Beginn mussten wir noch ein wenig zusammenwachsen, doch mittlerweile stimmt die Chemie auch beim Songwriting total zwischen uns. Ich meine, zwischenmenschliche Beziehungen können entweder auseinanderfallen oder intensiver werden, und bei uns als Band ist Letzteres der Fall.

MF: Obwohl Brent die Band verlassen hat?

Jon: Hmm..., Brent kam und ging mittlerweile zum dritten Mal. Natürlich tut es uns leid, dass er uns verlassen hat, doch der Rest der Band ist wirklich gut zusammengewachsen.

MF: Freut mich zu hören! Kann man also vermuten, dass Brents Gründe privater Natur waren?

Jon: Ja, er hatte familiäre Gründe, die es für ihn unmöglich gemacht haben, mit auf Tour zu gehen. Aber Raphael Saini hat ihn auf der Tour mit Volbeat sehr gut vertreten und war uns eine grosse Unterstüzung. Er wird auch den Rest der aktuellen Welttournee übernehmen. Wir kommen alle sehr gut miteinander klar, haben viel Spass und machen unseren Job sehr gerne.

MF: Sehr gut! Was das neue Album betrifft, so hat bei mir als Fan von H.P. Lovecraft besonders der Song "Cthulhu" grosse Aufmerksamkeit erregt.

Jon: Oh? Gefällt dir der Song?

MF: Ja, er ist grossartig!

Jon: Stu hat die Lyrics dafür geschrieben, und ich die Musik. Wir waren gerade in Uruguay, wo ich ein Haus gemietet habe. Wir waren eines Tages dort am Strand, an einem seiner ersten Tage bei mir, und das Wetter war faszinierend. Es stürmte, donnerte und blitzte, als ob das Unwetter die Götter anschreit, und Stu meinte, dass er gerne Lyrics über den Ozean schreiben würde. Also schrieb er Lyrics darüber, wie Cthulhu dem Ozean entsteigt. Ich meine, der Song ist echt düster, so wie das Wetter es an jenem Tag war. Für uns passte es so einfach.

MF: Ihr spielt auf der aktuellen Tour viele neue Songs. Kamen sie bisher gut an beim Publikum?

Jon: Ich denke schon. Sicherlich gibt es viele Fans, die gerne anderen und vor allem ältere Songs live hören würden, doch nach elf Studioalben wird es immer schwieriger, zumindest einen Grossteil der Fans zufrieden zu stellen. Die aktuelle Setlist hat übrigens Michael Poulsen erstellt.

MF: Michael? Erzähl mir mehr!

Jon: Na ja, auf der Tour mit Volbeat habe ich mich in der Garderobe bei Michael beschwert, wie schwierig es ist, eine möglichst zufriedenstellende Setlist zu erstellen, also übernahm er kurzerhand diese Aufgabe. Michael ist ein Iced Earth-Fan seit unserem ersten Album, deshalb habe ich ihm diese Aufgabe mit sehr gutem Gewissen anvertraut. Und mal abgesehen davon ist Michael Poulsen einer meiner besten Freunde, somit war ein Griff ins Klo von Beginn an ausgeschlossen.

MF: Da du gerade die letzte Tour ansprichst, wann hattet ihr überhaupt die Zeit, dermassen viele grossartige Songs für "Plagues Of Babylon" zu schreiben?

Jon: Die Zeit war knapp, doch der Enthusiasmus nicht. Ich halte das für den Hauptgrund. Mir kamen regelmässig tolle Ideen für Songs in den Sinn, deshalb war es wirklich einfach, aber auch Stu hat diesbezüglich wunderbare Arbeit hingelegt. Zudem denke ich, dass manche Leute gerade unter Zeitdruck die grossartigsten Dinge erschaffen können. Der Schuss kann auch nach Hinten losgehen, doch ich persönlich arbeite unter Druck am besten. Das Zeitfenster war winzig, und gerade das gab mir einen Kick. Gerade die Tour mit Volbeat hat uns viel Zeit gekostet, doch das war schon länger so geplant, also haben wir es umgesetzt. Michael Poulsen hat mich mal zum Abendessen in Kopenhagen eingeladen, das war 2011, und damals haben wir das mit der gemeinsamen Tour miteinander vereinbart. Aber du siehst, alles hat trotz, oder gerade wegen des Zeitdrucks, hervorragend funktioniert.

MF: Und deshalb gibt es vermutlich nichts Neues von deinen Nebenprojekten Demons & Wizards sowie Sons Of Liberty?

Jon: Deine Vermutung kann ich bestätigen. Ich werde Hansi bei einigen Shows in Deutschland sehen und er ist auf unserem aktuellen Album zu hören.

MF: Die Lead Vocals auf "Among The Living Dead", oder?

Jon: Yeah, zudem noch ein paar Backing Vocals. Er wird bei einigen Shows in der Umgebung von Krefeld mit uns auf der Bühne stehen und singen, das wird lustig! Doch konkrete Pläne gibt es derzeit nicht betreffend meiner Nebenprojekte, da ich zu sehr mit Iced Earth beschäftigt bin und mich auf nichts anderes konzentrieren kann. Alledings gibt es viele Pläne und Wünsche, die ich noch umsetzen möchte und einige Leute, mit denen ich gerne Musik machen würde. Aber eben, die Zeit ist knapp und Iced Earth ist für mich oberste Priorität.

MF: Was kannst du mir über die Show in Ancient Kourion berichten? Wie war dieses Erlebnis für dich persönlich?

Jon: Poooh, das war grossartig! Ich meine, der innere Kern des Amphitheaters ist ungefähr 2000 Jahre alt, und der Rest wird sogar auf 6000 Jahre geschätzt, das macht schon Einruck! Allerdings war es auch ziemlich gefährlich, dort eine Show zu spielen, da das Theater ziemlich steil angelegt wurde und die Stufen sehr schmal sind. Wir spazierten vor der Show ein bisschen dort herum und nahmen das alles mit einer Mischung aus Ehrfurcht und purer Angst in uns auf. Das griechische Publikum kommt auf der DVD ein wenig zurückhaltend rüber, doch in Wirklichkeit ging es an dem Abend ziemlich wild zu und her. Es gab keine Barrikaden dort, was es im Grunde gefährlich machte, dort zu spielen. Ich meine, da ist dieses Amphitheater und direkt dahinter das weite Meer, es gibt überhaupt nichts, das die Besucher vom plötzlichen Herunterfallen hätte beschützen können. Doch ich bin glücklich darüber, dass wir diese Chance hatten, denn wir sind die einzige Band, die je dort gespielt hat und je dort spielen wird, da die Regierung ein besonders wachsames Auge auf Ancient Kourion hat. Wir hatten das grosse Glück, eine Sondergenehmigung für eine Show zu erhalten. Allerdings finde ich es verständlich, dass sie nicht dauernd Bands dort spielen lassen möchten, da die Vibration des P.A.-Systems das Gemäuer mit der Zeit wahrscheinlich zum Einstürzen bringen, oder zumindest beschädigen würde.

MF: Und wer will schon verantwortlich sein für die Zerstörung eines Stücks Geschichte?

Jon: (hält sich den Bauch vor Lachen) Ha ha ha, so ist es!

MF: Nun gut, kommen wir zur letzten Frage. Hast du eine Message für eure Fans in der Schweiz?

Jon: Es ist immer wieder grossartig, hier im Z7 zu spielen, eine meiner liebsten Konzerthallen in Europa. Ich finde es toll, dass wir hier nahe den Grenzen zu Deutschland und Frankreich sind und das Publikum dadurch gemischt ist. Die Schweiz ist ein wirklich schönes Land und ich komme immer wieder gerne zu euch!

MF: Jon, vielen Dank für das Interview!

Jon: Und ich danke dir! Wir sehen uns später!