„Sirens“, „Streets“, „Gutter Ballet“, „In The Power
Of The Night“, „Hall Of The Mountain King“ oder „Poets
And Madmen“ - die Liste der Metal-Klassiker, welche Jon
Oliva mit seiner Band Savatage seit Mitte der 80er
aufgenommen hat, ist ellenlang, und noch immer trauern
tausende Metalheads dieser Kultcombo des amerikanischen
Metals nach. Im neuen Jahrtausend angekommen
veröffentlichte der seit den 90ern ‚leicht’
übergewichtige Sänger/Pianist mit seiner neuen Truppe
Jon Oliva’s Pain das von Kritikern wie Fans eher
verhalten aufgenommene, melancholische „Tage Mahal“
(2004), bevor der Mountain King letztes Jahr sowohl
live-technisch, wie auch kompositorisch wieder seinen
Anspruch auf den Thron des progressiv angehauchten,
melodischen Power Metals klarstellte. Mit „Maniacal
Renderings“ schuf Oliva eine Scheibe, die den Geist
alter Savatage aufleben lässt, und im Zuge dieser
Veröffentlichung ging’s im April auf grosse Fahrt durch
Europa, wobei eine der Stationen natürlich auch den
Namen Z7 trug, in welchem MF den Bergkönig um eine
Audienz bat, welche dankbar gewährt wurde. Von einer
verdächtig nach Pot riechenden Duftwolke wurde der
Schreiberling dieser Zeilen also in ein Backstage-Gemach
geführt, wo seine Exzellenz Oliva (JO) auf einem durch
seine füllige, auf 160 Kilo geschätzte Gestalt
zerdrückten Sofa über den Namen Savatage, unfähige
Politiker und der schweren Entscheidung, ob man lieber
Sex oder einen Blow Job haben möchte, sinnierte.
MF: Hey Jon! Wie geht’s dir? Ihr seid jetzt seit ein
paar Tagen auf Tour, läuft alles rund?
JO: Mir geht es prima, Mann! Ich bin ziemlich relaxt und
voll bereit für heute Abend! Das ist unsere vierte Show,
bisher waren alle Konzerte beinahe ausverkauft und wir
alle freuen uns, auf Tour zu sein und wir verkaufen
verdammt viel Merchandise dieses Mal! We're happy
campers!
MF: Was gefällt dir auf Tour und was regt dich am
Meisten auf?
JO: Das Schlimmste überhaupt ist ganz klar das
Wäschewaschen! An jedem Ort versuchen, herauszufinden,
wie die verdammten Waschmaschinen funktionieren und alle
Klamotten zusammensuchen, nur um sie dann zu heiss zu
waschen, so dass sie nicht mehr passen, das nervt total!
Wäschewaschen und das stundenlange Fahren sind also die
grössten Minuspunkte am Touren. Das Beste ist dagegen
natürlich das Live-Spielen. Alles Störende und
Bedrückende ist jedes Mal wie weggeblasen, wenn du auf
die Bühne kommst. Ich erstaune darüber immer noch jeden
Abend.
MF: Auf deiner Homepage war zu lesen, dass ihr euch
für die Tour spezielle Aktionen mit Fans habt einfallen
lassen. So wird also im Z7 ein Fan auf der Bühne Gitarre
spielen?
JO: Nein, nein! Das ist in Deutschland! Jemand hinter
einem Schreibtisch hat das vermasselt und die Daten
verwechselt! Ich glaube das wird in Nürnberg sein, bin
mir aber nicht sicher. Das Konzept finde ich cool, das
wird sicher witzig.
MF: Ist touren immer noch das Gleiche für dich wie
vor 20 Jahren?
JO: Ich werde viel schneller müde! (lacht hysterisch)
Umso älter du eben wirst, umso anstrengender wird es
halt. Dein Körper verträgt nicht mehr so viel, was ja
auch normal ist, wobei ich meinen Körper ein paar Jahre
lang wohl etwas überstrapaziert habe. Ich liebe es aber
so sehr, zu spielen... Das ist das Einzige, was ich
machen möchte, live spielen, die Musik, die ich liebe
und damit Fans erfreue. Ich will einfach eine gute Zeit
verbringen, bevor ich aus dem Lebenshotel auschecke und
dort oben meinen Bruder besuchen gehen werde.
Möglicherweise müssen wir alle einmal gehen,
möglicherweise, hahaha.
MF: Deine aktuelle Band Jon Oliva’s Pain war zu
Beginn ja eher als Projekt gedacht, oder? Wie hat sich
das zu einer richtigen Kappelle gewandelt?
JO: Ja, es begann als Projekt, aber dann bemerkte ich,
dass Savatage nicht wirklich weitergehen, und so dachte
ich: „Warum soll ich einfach herumsitzen, graue Haare
bekommen und noch fetter werden als ich sonst schon
bin?" Ich wollte einfach weitermachen, Songs schreiben
und diese dann live präsentieren. Dafür wollte ich eine
Band zusammenstellen, die sehr persönlich und
freundschaftlich ist, bei welcher ich experimentieren
und einfach das tun könnte, was ich will. Und all das
funktioniert mit den Jungs von JOP einfach super, und so
wurden sie zu meiner Vollzeitbeschäftigung, eine
wirkliche Band. JOP ist eine wirkliche Combo, so wie es
Savatage einmal waren, nur mit anderem Namen.
MF: Anhand der ausführlichen Linernotes, welche im
Booklet deiner neuen Scheibe „Maniacal Renderings“
enthalten sind, zeigt sich, wie persönlich manche
Textinhalte sind. Ist Songwriting für dich eine Art
Therapie?
JO: Oh ja, ich packe viele Emotionen in mein Material!
Die Lieder, die ich mache, kommen heute direkt aus
meinem Herzen. In der Vergangenheit habe ich ja mehr als
genug solche Dinge wie „White Witch“ oder so gemacht,
diese Fantasy-Dinge... Aber die reale Welt ist heute
kaputter als damals, und das beschäftigt mich genauso
wie jeden anderen. Es betrifft alle von uns, und so
senden manche Songs eben auch politische Nachrichten. Es
geht um Dinge, die du, ich, jedermann jeden Tag
durchmacht.

MF: Bleiben wir bei dem politischen Aspekt: Wie
siehst du die Verbindung von Politik und Musik?
JO: Ich halte diese Leute einfach nicht aus! Ich hasse
alle diese Politiker! Ich denke, die bauen alle nur
Scheisse! Egal von welchem Land, ob aus den USA, aus
Europa oder dem Nahen Osten, sie gehen mir alle tierisch
auf den Sack! Meine Devise ist, dass man keine
Vorurteile haben sollte und dass jeder Mensch auf diesem
Planet das Recht hat, sein eigenes Leben zu leben, auf
seine eigene Weise. Es passiert einfach viel zu viel
Scheisse, und wir, die normalen Bürger, sind die Opfer
dieses ganzen Mists, wir leiden darunter. Diejenigen,
die keine Macht haben, während es sich die Mächtigen
dagegen gut gehen lassen.
MF: Wenn man das erste JOP-Album „Tage Mahal“ mit „Maniacal
Renderings“ vergleicht, dann erinnert „MR“ auffallend
stärker an klassisches Savatage-Material. Wie kommt das?
JO: In erster Linie rührt das wohl daher, dass ein
Grossteil des Materials auf „MR“ auf Ideen von Criss
(Oliva, verstorbener Bruder von Jon und
Originalgitarrist von Savatage, Anm. des Verf.) basiert,
was wohl den typischen Savatage-Sound ausmacht. Aber
überhaupt, es ist halt einfach so, dass alles, was ich
mache, zumindest entfernt an Savatage erinnert. Ich bin
einfach Savatage. Es verhält sich gleich wie mit dem
Solo-Zeug von Paul McCartney, das klingt auch nach den
Beatles und natürlich klingt das so, denn Paul war die
Beatles. Ich denke, es spielt auch keine Rolle, dass es
sich so verhält, denn schlussendlich mache ich damit
doch viele Savatage-Fans glücklich, oder? Es ist doch
egal, ob ich unter einem anderen Bandnamen Musik mache,
es ist einfach ein Name. Auch Savatage war nur ein Name.
Manche Leute taten so, als würde die Welt untergehen,
als ich nicht mit Savatage, sondern unter anderem Namen
Musik veröffentlichte, dabei ist das doch gar nicht
wichtig. Savatage waren einfach eine Band, nichts
weiter. Und Savatage bestanden die letzten 10 Jahre
sowieso aus etwa den gleichen Leuten wie JOP.
MF: Savatage sind eben Kult!
JO: Ja, es geht gar nicht um die Sache, es geht einfach
um den Namen! Als wäre es eine Tragödie oder so etwas...
Ich kann euch allen versichern, dass jeder, der Mal bei
Savatage war oder heute bei JOP ist, ein glückliches
Leben hat und zufrieden mit dem ist, was er momentan
macht, egal ob Zak (Stevens, ehemaliger Sänger von
Savatage, heute bei Circle II Circle, Anm. der Verf.),
Chris (Cafferey, Ex-Savatage Gitarrist, seit einigen
Jahren solo unterwegs, Anm. der Verf.)... Und vor allem
bin ich glücklich und das ist ja der Grund, warum ich
Musik mache. Und genau das sollte doch auch für die Fans
zählen, dann sind es wirkliche Fans. Ausser wenn die
Qualität scheisse ist, dann ist es was Anderes, hahaha.
MF: Wenn du dich zwischen Konzerte Geben und Songs
Schreiben bzw. Aufnehmen entscheiden müsstest: Was
würdest du wählen?
JO: Das ist eine verdammt harte Frage, Mann! Ich liebe
die Arbeit im Studio, da kann ich wochenlang sitzen und
meiner Kreativität freien Lauf lassen... Aber live
spielen ist auch super... Verdammt, das ist als ob du
dich entscheiden müsstest, ob du lieber Sex oder einen
Blow Job bekommen möchtest! Auf beides möchte ich nicht
verzichten, aber an sich bevorzuge ich als fauler Mensch
ja einen Blow Job, hahaha... Nein, live zu spielen
heisst, den Kontakt mit den Fans zu haben, ihnen
persönlich gegenüber zu stehen und eine Verbindung
einzugehen. Dagegen kann man im Studio etwas völlig
Neues aus dem Nichts erschaffen, wie wenn man Gott wäre
und eine Blume macht, an welcher sich Leute erfreuen
oder ein Kind zeugt, wobei wir wieder beim vorherigen
Thema wären, hahaha... Gerade wenn ich mir „Maniacal
Renderings“ anschaue: Da verbanden wir Criss' Musik mit
meinen Ideen und dann noch mit den Einflüssen von
unserem Gitarristen Matt LaPorte, und herausgekommen ist
meiner Meinung nach ein Meisterwerk. Ich kann mich nicht
entscheiden, Mann!
MF: Ok, erlösen wir dich von dieser Entscheidung und
kommen zur nächsten und schon bald letzten Frage: Was
verbindest du mit der Schweiz?
JO: Die Alpen! Durch die Alpen zu fahren ist krank,
Mann! Ich hatte niemals sonst so viel Schiss als dann,
als wir durch die Alpen fuhren. Es war mitten im Winter,
ich schlief und es begann gerade hell zu werden. Wir
fuhren in so einem Doppeldeckerbus, genau in einem der
Marke, in welchem Cliff Burton von Metallica ums Leben
kam. Wir fuhren also durch die Berge, ich wachte auf und
blickte durch das Fenster 30’000 Meilen in die Tiefe,
worauf ich mir sofort in die Hosen machte. Voller Panik
schrie ich durch den ganzen Bus: „Halt sofort die
verdammte Kiste an oder wir werden alle sterben!“ Darauf
machte der Busfahrer eine Vollbremse und alles, was
nicht irgendwie festgemacht war, flog durch den
verdammten Bus. Das war ein wahrer Schock-Moment!
MF: Welche Pläne hat Jon Oliva’s Pain noch für dieses
Jahr?
JO: Wir werden eine Menge trinken, schliesslich sind wir
auf Tour! Nein, in nächster Zeit touren wir, keine
Ahnung für wie lange, weil stetig neue Shows bestätigt
werden. Und sobald wir dann fertig sind mit Konzerte
Geben, werden wir gleich wieder ins Studio gehen um
neues Material aufzunehmen.
MF: Gleich wieder ins Studio?
JO: Jaja! Wir werden sofort mit den Aufnahmen zur neuen
Scheibe beginnen! Wir sind schon mitten in der
Vorproduktion! Jon richtet das Wort an Matt LaPorte, der
das Zimmer mit dem Abendessen im Gepäck betritt: Willst
du mir nicht Danke sagen, dass ich dir deine verdammten
Hosen zusammengelegt habe? Das nächste Mal bist du dran,
du Bastard! Wieder an MF: Ich habe mich heute dazu
aufgerafft, Wäsche zu waschen... Darauf bin ich ganz
stolz! Das sind die Waschregeln!
MF: Letzte Frage: Wo wird Jon Oliva in 10 Jahren
sein?
JO: (Platzt vor Lachen laut heraus) Ziemlich
wahrscheinlich in einer psychiatrischen Anstalt! Da
werde ich in meiner eigenen kleinen Gummizelle stecken
und Songs schreiben. Dabei werde ich alles nur noch in
Lila sehen, hahaha.
Während MF dann noch das obligate Foto schoss, was
Jon zuerst mit aller Macht verhindern wollte, gab der
Mountain King noch folgende Erklärung über das Getränk
ab, welches er in seiner Hand hielt:
JO: Das ist übrigens Tee, kein Whiskey, obwohl es genau
die gleiche Farbe hat! Vor zwei Jahren wäre da drin noch
Whiskey gewesen - purer Whiskey mit einem Schuss Coca
Cola! Damals hätte ich ein Dutzend davon getrunken und
würde jetzt hinter der Bühne am Boden liegen, nachdem
ich die Treppe hinuntergefallen wäre und würde wie ein
Käfer auf dem Rücken zwecklos versuchen, auf die Beine
zu kommen... Vorausgesetzt, ich wäre noch nicht völlig
weggetreten, hahaha. Hab einen schönen Abend und geniess
die Show, trink nicht zu viel, Alkohol macht dick!

Jon Oliva Backstage im Z7 Pratteln.
"Na dann hoch die Tassen!!" >>>>>
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