Interview: Love.Might.Kill
By Tinu


Michael Ehré gehört zu den aktivsten Trommlern im Hard- und Heavy-Sektor. Sein Engagement bei Metalium, Uli Jon Roth, Saeko, Weinhold, Matt Roehr, Firewind, Kee Marcello (ehemals Europe), Vinnie Moore (UFO) oder Love.Might.Kill hat ihm einen sehr guten Namen eingebracht. Dies nicht nur als Drummer, sondern auch als Songschreiber, Produzent oder als Hauptakteur in seinen eigenen Drum-Lern-DVDs. Mit Love.Might.Kill hat der Deutsche eine Truppe am Start, die von seinen Ideen lebt und zugleich mit erfahrenen Musikern ergänzt wird. Bei dieser Truppe wir Qualität gross geschrieben und dies hört man den Songs des neusten Streichs «2 Big 2 Fail» an. Als wäre dies aber nicht schon genug, steht seit Kurzem fest, dass Michael bei Gamma Ray Daniel Zimmermann als Schlagzeuger ersetzen wird. Mister Ehré, ein umtriebiger Musiker, der im Interview damit konfrontiert wird, wie gut «2 Big 2 Fail» bei Metal Factory abgeschnitten hat.

MF: Michael, gratuliere, ihr seid mit eurem zweiten Album der zweite CD-Tipp des Monats November bei Metal Factory...

Michael: ...wow, das ist ja geil! Danke schön, das freut mich!

MF: Was bedeutet dir so was?

Michael: Wenn ich sagen würde, mir wäre so etwas unwichtig, würde ich lügen! Zu allererst muss ein Album, auf dem ich mitwirke oder das ich produziert habe, mir gefallen. Ist dies nicht der Fall, können ich oder wir das auch nicht nach aussen transportieren. Ich kann nicht ein Produkt verkaufen, ohne dass ich oder wir nicht selber dahinterstehen. Logisch ist es auch wichtig, dass eine neue CD von den Fans angenommen wird. Dies wiederum kann man als Künstler schlecht voraussagen. Logischerweise freuen wir uns immer, wenn wir tolle Kritiken von den Medien bekommen. Das muss ich ganz offen sagen. Nach dem ersten und dem zweiten Album sind wir recht verwöhnt, was gute Reviews angeht (lacht). Beide CDs sind überraschend gut angenommen worden. Damit haben wir nicht gerechnet. Die Musik, die wir komponieren, ist alles andere als hip. Aus diesem Grund freut uns das tierisch, dass es weltweit noch immer so viele Leute gibt, welche die gleiche musikalische Ansicht teilen wie wir.

MF: Wo würdest du euch stilistisch einordnen?

Michael: Irgendwo in der Schnitt-menge von Hardrock und Heavy Metal. Wobei..., Metal ist wahr-scheinlich schon eine Spur zu weit von dem weg, was wir verbrechen. Aber, lass es mal so stehen, dass wir irgendwo zwischen Hardrock und melodischem Metal liegen.

MF: Wer hat die Songs des zweiten Werkes «2 Big 2 Fail» geschrieben?

Michael: Rund die Hälfte des neuen Materials stammt von mir, während der Rest von den anderen Jungs eingebracht wurde. Speziell die beiden Gitarristen (Stefan Ellerhorst, Christian Stöver) waren sehr fleissig. Während für die ganzen Melodien Jan Manenti verantwortlich ist. Im Vergleich zum Debütwerk «Brace For Impact», welches mehr oder weniger von mir alleine komponiert wurde, ist der Zweitling mehr im Team entstanden. Im Dezember 2011 spielten wir unsere letzten Shows und starteten dann mit dem Sammeln und Komponieren von neuen Ideen. Das ging alles relativ fix. Sicherlich auch dadurch, dass ich nicht für alles alleine verantwortlich war, hatten wir schnell Material für zwei Alben zusammen.

MF: Was hat sich für dich seit dem Debütalbum alles verändert?

Michael: Einen wesentlichen Punkt habe ich schon erwähnt. Das Songwriting wurde auf mehrere Schultern verteilt. Damals, als die Songs zum Erstling entstanden sind, stand nicht im Vordergrund eine neue Truppe aus der Taufe zu heben. Die Beweggründe waren damals anders. Nachdem «Brace For Impact» fertig war, stellten wir erst die Band zusammen. Das war dieses Mal eine ganz andere Herangehensweise. Somit war vieles logischerweise einfacher, weil wir auf Ideen von vielen Kreativköpfen zurück greifen konnten. Das wiederum machte den ganzen Prozess auch schwieriger, weil eben mehr als nur ein Kopf sich einbringen wollte. Meine Bandkollegen haben sehr viele Ideen eingebracht und es lag nun an mir, diese zu filtern und zu sortieren. Man kann schlecht ein Album mit 40 Songs oder vier CDs auf einmal veröffentlichen. Zudem konnte nicht jede Idee verwendet werden, weil nicht alles zum Konzept des Albums gepasst hat. Das war der grösste Unterschied zwischen den beiden Scheiben. Auf der einen Seite eine Entlastung, auf der anderen Seite eine grössere Verantwortung und somit auch eine gehörige Mehrarbeit für mich (lachend).

MF: Wie haben sich Love.Might.Kill formiert?

Michael: Ich hab noch andere Bands am Start. Als ich Love.Might.Kill ins Leben gerufen habe, trommelte ich noch bei Metalium. Damals schrieb ich für diese Truppe Songs. Nicht alles, was ich damals an Ideen einbrachte, konnte für Metalium verwendet werden. Das bedeutete nicht, dass diese Songs schlechter waren, sie passten aber nicht zum Konzept des jeweiligen Albums, stilistisch zu weit weg. Irgendwann interessierte ich mich mehr für die Produzentenschiene. Angefangen bei den Recordings, übers Konzept erstellen und alles was dazu gehört. Dazu benutzte ich Lieder, die bei anderen Bands durchs Raster gefallen sind. Das Endresultat war zuerst nicht gedacht als neue Band zu starten, sondern eher für mich als Fortbildungskurs (lacht). Nachdem alles im Kasten war, stellte sich schnell heraus, dass viele Freunde und Bekannte der Meinung waren, dass man aus diesem Material was machen muss. Das hätte schon ganz schön Potenzial. So habe ich mich auf die Suche nach geeigneten Mistreitern gemacht. Zuerst benötigte ich einen Sänger und dann Mitmusiker, die das Material auf der Bühne umsetzen konnten. Es geht schlecht, dass ich mich mit einer Gitarre um den Hals, einer Bassdrum auf dem Rücken und eine Snare auf dem Fuss auf die Bühne stelle (lacht). Meine Fähigkeiten reichen gerade mal für die Rhythmusgitarre, bin aber weit davon entfernt, ein passabler Sologitarrist zu sein.

Darum brauchte ich Leute, die mir unter die Arme greifen. Jan, und das ist das Kuriose, kommt aus Italien. Den lernte ich kennen, als ich mit dem ehemaligen Europe-Gitarristen Kee Marcello tourte. Kee und Jan kannten sich. Jan sang an einem Abend in Italien einen Song mit. Das war «Rock The Night» von Europe. Normalerweis sang Kee diesen Track. An diesem Abend stand Jan hinter dem Mikrofon. Ich hörte ihn zum ersten Mal singen und dachte nur: «WOW! Da kann aber jemand verdammt gut shouten». Direkt nach dem Konzert habe ich ihm von meinen Plänen erzählt und ihm anschliessend die Instrumentalaufnahmen zugeschickt. Jan hat die Gesangslinien dazu geschrieben. So wurde er Mitglied bei Love.Might.Kill. Die beiden Gitarristen Stefan und Christian kenne ich seit 20 Jahren, als sie damals noch bei Crossroads spielten. Wahrscheinlich bin ich der grösste Crossroads-Fan auf Erden. Die beiden Jungs waren damals 1989/1990/1991 massgeblich dafür verantwortlich, dass ich meine musikalische Laufbahn so straight eingehalten habe. Darum war es schon immer ein Traum von mir, mit den beiden zusammen zu spielen. Zwei Jahrzehnte später hat sich dies mit Love.Might.Kill erfüllt. Da freue ich mich sehr darüber. Christian hat nach Crossroads weiter Musik gemacht, aber in Coverbands. Stefan hat weiterhin eigene Musik gespielt, aber deutschsprachig. Mittlerweile ist er mehr in der Fernsehbranche als Redakteur und Autor tätig und das sehr, sehr erfolgreich.

MF: Ist denn Love.Might.Kill ein Studioprojekt mit vereinzelten Auftritten oder eine richtige Truppe?

Michael: Eher letzteres! Man muss kucken was möglich ist, speziell heute! Als Newcomer kann ein Produkt noch so gut sein, aber als neue Truppe ist es einfach bedeutend schwerer Fuss zu fassen. Es sei denn, du heisst Steve Harris und veröffentlichst eine Solo-CD. Dann ist es einfacher, als wenn du der Schlagzeuger von Metalium bist (lacht). Meine musikalische Vergangenheit war gut und hat mir einige Türen geöffnet. Aber was die Plattenverkäufe angeht..., da erzähle ich dir nichts Neues, man verkauft heute kaum mehr Tonträger. Trotzdem! Schon für die erste Scheibe konnten wir Konzerte spielen und für die zweite Platte haben wir jetzt zehn Tage getourt. Mittlerweile flattern Angebote für Festivals bei uns rein. Das läuft alles gut an. Wir möchten die Band etablieren und soviel machen wie möglich ist, aber nicht auf Biegen und Brechen. Mit 41 Jahren habe ich auch eine Verantwortung meiner Familie gegenüber. Zudem spiele ich noch bei anderen Bands und da verdiene ich auch Geld damit. Da muss sich alles die Waage halten. Wären wir alle bei Love.Might.Kill 20 Jahre jünger, wäre vieles anders.

MF: Du bist der neue Trommler von Gamma Ray. Wie kams dazu?

Michael: Mit Uli Jon Roth spielten wir auf einem Benefizkonzert und als Gäste waren Kai Hansen und Tobias Sammet dabei. So lernte ich Kai kennen. Letztes Jahr im September ergab es sich, dass Gamma Ray ganz kurzfristig eine Show spielten, die fürs Fernsehen (ZDF) aufgenommen wurde. Dummerweise war der Gig so kurzfristig, dass Daniel Zimmermann nicht mitspielen konnte, weil er schon andere Verpflichtungen hatte. So mussten Gamma Ray mit einem Ersatzmann spielen, und das war ich (lacht). Kay hat sich in irgendeiner Form an mich erinnert und kontaktierte mich, nachdem Daniel Anfangs 2012 bei Gamma Ray ausstieg. Die Jungs fragten mich, ob ich die Festival-Saison mitspielen möchte. Das hat super funktioniert und so war der nächste folgende Schritt, dass wir in dieser Konstellation weiter machen.

Der grosse Vorteil ist, dass ich in der Nähe von Hamburg wohne. Daniel reiste immer aus Nürnberg an, was fast ein ganzer Tagestrip ist. Hätte sich Kai, Henjo und Dirk nochmals einen Trommler gesucht, der so weit weg wohnt, wäre dies ein grosser Kosten- und Zeitfaktor gewesen. Wir vier haben uns super verstanden, und alles hat sehr gut funktioniert. So hat nichts gegen eine weitere Zusammenarbeit gesprochen. Selbstverständlich werden Gamma Ray dann mein Hauptbetätigungsfeld. So eine Möglichkeit bekommt man nicht alle Tage, gerade wenn man wie ich, jahrelang hart gearbeitet hat. Gamma Ray ist eine der etabliertesten Truppen im Metal-Sektor. So viel Bands, die da drüber stehen, gibt es nicht mehr. Für mich ist dieses Engagement schon geil! Von vornherein kam die Ansage, dass ich auch Songs für Gamma Ray schreiben soll. Das hat Daniel schon gemacht und ist für mich dann doppelt geil!

MF: Kannst du von der Musik leben und deine Familie ernähren?

Michael: Bedingt durch die Vielzahl an Bands (Matthias Röhr, Vinnie Moore, etc.) und meine Arbeit als Musiktherapeut und Aushilfslehrer an der Grundschule hier in meiner Stadt... Das ist eine ganz tolle Erfahrung, wenn man nach einer sechs Wochen dauernden US-Tour zurück kommt und zwei, drei Tage später sitzen Drittklässler vor dir... Das ist unglaublich geil und bringt dich als Musiker sehr schnell auf den Punkt der Tatsachen zurück.

MF: Dann freuen wir uns mit dir auf alles was du noch in der Musik erreichen wirst. Besten Dank für das Interview!

Michael: Ich danke dir und freue mich, dich wieder zu sehen.