Für einen Interviewer wird es nach ein paar Treffen
mit Musikergrössen eher schon zur Routine, sich mit
berühmten Personen auf eine Frage und Antwort-Session zu
treffen. wenn man allerdings auf einen der grössten
Helden aus seiner Kindheit trifft, dann kann so ein
Interview extreme Formen annehmen. So passiert am 11.
März in Zürich, als ich Bobby "Blitz" Ellsworth, den
Lord Of Thrash Metal, zu einem Gespräch traf. Mit seiner
Band Overkill hat er knapp 20 Alben in 24 Jahren
veröffentlicht und hat eine sehr treue Fangemeinde.
Nicht einmal die Diagnose "Krebserkrankung der
Nasenschleimhaut" und ein leichter Schlaganfall konnten
diesen Mann davon abhalten, der Welt Thrash Metal erster
Güte um die Ohren zu hauen. Mittlerweile hat er sich von
aller Krankheit erholt, nur noch die stark vernarbte
Nase erinnert daran, dass er zwischen Leben und Tod
schwebte. Dieser Mann ist überlebensgross, und es war
mir eine unbeschreiblich grosse Ehre, ihn zu einem
Interview zu treffen, in welchem wir (beide
zwischendurch von Lachanfällen geschüttelt) über Musik,
Geheimgesell-schaften und Mädchenklos gesprochen haben.
MF: Hi Bobby, wie geht es dir? Und vor allem: wie
geht es dir gesundheitlich?
BE: Also, ich habe gerade erst mit Trinken und Rauchen
aufgehört (lacht lautstark, während er in der Rechten
ein Bier und in der Linken eine Zigarette hält.) Nein,
jetzt mal ernsthaft: in meiner Lage hat man keine andere
Wahl, als sich gut zu fühlen. Irgendwie scheinen die
Dinge sich gut für mich zu entwickeln, auch betreffend
meiner Gesundheit. Das mit der Krankheit hat mich nicht
daran gehindert, mit allem weiter zu machen. Auch mit
dem neuen Album bin ich zufrieden, weil es etwas tighter
und besser geworden ist, was vor allem an Ron Lipnicki
liegt. Um es kurz zu fassen: es geht mir gesundheitlich
und persönlich gut!
MF: Das hört man gerne! Hast du bereits in Erfahrung
bringen können wie das aktuelle Album "Immortalis" bei
den Fans ankommt? Es klingt nun doch etwas anders als
seine Vorgänger, melodiöser vor allem mit recht vielen
Gitarrensolo-Parts.
BE: Das Echo war bisher sehr positiv! Ja, das mit der
Veränderung ist schon wahr. Irgendwie wollten wir sowas
schon immer machen, ob nun bewusst oder unterbewusst.
Ich denke es hört sich echt gut an, wie ein richtiges
Album eben, und nicht nur wie eine kleine Ansammlung an
Songs. Allerdings bin ich der Meinung, dass wir es mit
zehn Songs echt gut getroffen haben, nicht zu viel und
nicht zu wenig. Wir sind nicht Trend und auch keine sehr
populäre Band irgend eines hippen Genres, wir machen
eher Musik für die Leute, die uns schon lange kennen und
die uns mögen. Wir sind einfach Overkill, und ich denke
die Fans schätzen das. Wir hatten nie eine
Identitätskrise, und ich bin sicher, dass "Immortalis"
genau das repräsentiert.
MF: Das tut es! Ich bin eh schon lange der Meinung,
dass euer Bandname eine Art Markenname ist. Wenn
"Overkill" drauf steht, dann ist auch Overkill drin.
BE: Sicher! Es ist wirklich eine Art Markenname.
Musikalisch gibt es von Release zu Release gewisse
Unterschiede, und manche Alben sind besser oder
schlechter als andere. Mal ist der Groove anders, mal
die Produktion... Trotzdem weiss man bei uns immer
ziemlich genau, was man kriegt. Die Veränderung wird
aber auch erstaunlich gut aufgenommen, man gesteht es
uns gewissermassen zu, auch mal ein bisschen was anderes
zu machen. Dennoch lässt sich das Hauptmotiv immer als
Overkill identifizieren.
MF: Ich würde gerne erfahren, wie du persönlich die
Weiterentwicklung der Musikszene zu Beginn der Neunziger
erlebt hast.
BE: Hmmm yeah... du sprichst die grosse Veränderung von
damals an. Fangen wir mal bei 1987 an, okay? Wir beide
haben uns ja vor dem Interview über unser erstes Video
zu "In Union We Stand" unterhalten, darum fange ich
jetzt dort an. Die Musik-Kassetten verschwanden
plötzlich, CDs tauchten auf, dann hatten LPs bei den
Sammlern ein Comeback... Downloads waren die nächste
Erscheinungsform und haben der Musikindustrie schwer
geschadet. Maaann... In den Neunzigern war es wirklich
nicht leicht, als Musiker zu überleben. So viele Sachen
sind passiert! Uns als Band ging es damals vor allem
darum, uns um unsere eigene Musik zu kümmern, und das
Geschehen um uns herum ausser Acht zu lassen. Es mag
vielleicht egoistisch klingen, aber diese Haltung ist
dafür verantwortlich, dass es uns nach all den Jahren
immer noch gibt. Downloads hier, beliebtere
Musikrichtungen da, aber wir blieben uns selbst immer
treu. Wenn man das nicht tut, dann hat man kein
Metalheart! Ernsthaft! Ich war immer ein grosser
Unterstützer von Veränderungen und bin der Meinung, dass
die Dinge sich ändern sollten. Aber die Treue zu sich
selbst sollte man sich immer bewahren. Eine Menge
anderer Bands sollten ebenfalls die Flagge der Echtheit
hissen. Wir bei Overkill waren stets betrebt, keine
Identitätskrise zu bekommen und einfach nur wir selbst
zu sein. Genau zu wissen wofür wir stehen und ehrlich zu
bleiben.
MF: Jon Schaffer hat letzten Oktober etwas ähnliches
beim Interview gesagt.
BE: Das hat er von mir geklaut! Hahahah!
MF: Yeah, wer weiss! (Wir lachen beide los.) Sprechen
wir mal über Kunst. Wie definierst du Kunst und siehst
du euch als Künstler?
BE: Nein, ich betrachte uns nicht als Künstler. Ein
Künstler ist oft eine Person, welche missrepräsentiert
und missverstanden wird. Für Overkill gilt keiner dieser
beiden Punkte, da wir unser Publikum kennen und von den
Fans richtig interpretiert werden. Wir sind ganz normale
Typen mit einem überschaubaren Publikum. Kunst ist
wertvoll für Menschen, die sie auch zu schätzen wissen.
Das mit uns scheint mir eine ganz andere Art der
Betrachtung von Kunst zu sein. Ich denke ein Künstler
wird gerade deshalb verehrt, weil er oft nicht
akzeptiert wird.
MF: Mich interessieren bei neuen Alben besonders die
Songlyrics, und bei euch bin ich gleich über den Song
"Skull & Bones" gestolpert. Lass und über
Geheimgesellschaften sprechen.
BE: Yeah, Skull & Bones sind eine Geheimgesellschaft der
Yale Universität, zu der die Bushes und andere
Präsidenten gehören. Sie haben ein rundes Gebäude, in
welchem sie echt ungewöhnliche Rituale abhalten...
MF: Yeah, die Gruft.
BE: Exakt! In den Lyrics wird auch Toby erwähnt. Toby
ist der Zeremonienmeister und führt die Neulinge durch
die bizarrsten sexuellen Handlungen, nachdem diese sich
in einen Sarg gelegt haben. Die Mitglieder der Skull &
Bones unterstützen einander während der Universität und
in der Zeit danach. Geheimgesellschaften wurde schon
immer nachgesagt, dass sie die Welt regieren. Die
Bilderbergers, die Trilateral Commission, die Freimaurer
oder wer auch immer. So gesehen ist es völlig egal, wer
nach aussen hin die Welt regiert, weil wohl eher diese
Gesellschaften alles in den Hand haben.
MF: Und solange Ben Bernanke der Chef der FED bleibt,
ist es eh egal, wie die Marionette im Weissen Haus
heisst, oder? (Federal Reserve System = US
Zentralbank-System, Anm. d. Interviewerin)
BE: Ooooh ja! Das ist auch so eine besondere Sache,
sogar eine sehr besondere Sache... Es gibt Gerüchte
darüber, dass die Trilateral Commission Krieg in Israel
angefangen hat wegen der Ölpreise. Sie brauchten mehr
Käufer für ihre Produkte, also gab es Krieg, dann
Frieden, und mit dem Frieden zusammen mehr Stabilität
und natürlich Kontrolle über die Ölpreise. Ach, es ist
ein abstraktes Thema, nach allem was man darüber lesen
kann... Auch das Thema Zwangsimpfungen und so... Aber
eigentlich geht es doch darum, dass in diesem Kreis der
Societies jeder für jeden arbeitet. Man sollte sich
dagegen wehren, sich informieren und vor diesen Themen
nicht die Augen verschliessen.
MF: Es wird gerne als "Verschwörungstheorie" abgetan.
BE: Ich denke die Ursache dafür ist, dass es ein sehr
grosses Thema ist. Ausserdem hat es weniger mit Gott zu
tun, als man vielleicht annehmen möchte. Man kann mit
Christen nicht über ein solches Thema diskutieren, weil
ein Christ einem immer wieder von irgend einem Gott
erzählen wird. Ich habe nicht den klassischen
Gott-Glauben, dieses Ding mit Gottes Vergebung, dass er
mir meine Sünden vergibt und so Zeug. Ich bin nämlich
auch nicht sicher, ob ich schon bereit bin IHM zu
vergeben... (an dieser Stelle hat Bobby einen
Lachanfall) ...für all die Dinge, die ER getan hat. Ich
meine, er hat doch die Verantwortung für uns, also warum
geht es immer nur um Geld und solche Dinge? Er sollte
endlich mal etwas tun! Du hörst den sozialen Unterton in
meiner Message, oder? (zwinkert mir zu)
MF: Hahah, und ob! Schliessen wir dieses Thema erst
mal ab und unterhalten uns nach dem Interview noch
darüber, falls du Zeit hast.
BE: Yeah, gerne!
MF: Sonst wird es hier noch zu politisch. Also, wie
war die Zusammenarbeit mit Jonny und Marsha?
(Produzenten)
BE: Wir sind wieder zu Hause, würde ich sagen, da wir ja
schon in den Achtzigern mit ihnen zusammen gearbeitet
haben. Es ist ein sehr angenehmes Gefühl. Und nun, über
20 Jahre später... Ich habe da ein besonderes Gefühl
dabei, das ich gerne umschreiben möchte. Wenn man
erwachsen wird, dann verlässt man sein Zuhause und geht
auf eigene Faust in die Welt hinaus, baut sich sein
eigenes Leben auf und so. Man kann seine Mutter und
seinen Vater zwar jederzeit besuchen, aber man wird dort
nie mehr so sehr zu Hause sein, wie früher. In unserem
Fall aber würde ich sagen, dass wir es irgendwie doch
noch zurück nach Hause geschafft haben. Es ist ein sehr
gutes Gefühl, mit Menschen zu arbeiten, denen man
vertraut.
MF: Wie schaut es denn mit einem Video für einen der
neuen Songs aus?
BE: "Skull & Bones". Wir haben Filmaufnahmen vom Wacken
Festival dafür verwendet und das Video bereits fertig
gestellt.
MF: Sehr gut, die Fans wird es freuen!
BE: Yeah, es ist recht abgefuckt geworden, hahah!
MF: Ich wollte mir die folgende Frage eigentlich
verkneifen, aber ich bin nun mal neugierig. Bei eurem
vorletzten Konzert in Zürich ist etwas lustiges
passiert. Nach der Show ging ich zur Toilette runter,
und ihr habt da so im Flur herum gestanden. Du bist mir
auf die Toilette gefolgt, und dann...

BE: Ich bin dir zum Mädchenklo gefolgt???
MF: Ja!
BE: Hab ich dich rumgekriegt? (lacht lautstark)
MF: Hahah, neeein! Das war nicht der Grund dafür,
dass du mich zum Klo begleitet hast. Du standest einfach
nur da und hast total begeistert mit mir darüber
diskutiert, wie sauber die sanitären Einrichtungen in
der Schweiz seien. Erinnerst du dich daran?
BE: Ich benütze grundsätzlich nur das Mädchenklo zum
Pinkeln, hahah! Ja, ich erinnere mich an diese Szene!
Das war eine kleine Show in einem kleinen Laden, oder?
(Es war das Abart in Zürich. Anm.d.Red.)
MF: Yeah!
BE: Oh, lass mich das bitte erklären! Mir ist das jetzt
nämlich irgendwie peinlich... (wird rot im Gesicht). Auf
Tour trinkt man viel Bier, dementsprechend muss man oft
pinkeln und es ist so schwer, eine saubere Toilette zu
finden. Jemand sagte mal zu mir "Geh aufs Mädchenklo,
dort ist es viel sauberer!". Der Kerl hat absolut recht,
hahah!
MF: Ahaa, so war das also! Du sorgst dich um Hygiene!
(Bobby grinst mich an) Gut, dann haben wir das ja
geklärt. Erzähl mir etwas über euren Erfolg in Japan.
BE: Wir waren in den Jahren 1988 und 2000 dort drüben,
sowie vor etwa vier Jahren. Ich glaube wir haben dort
15'000 Einheiten verkauft. Wir spielen sehr gerne in
Japan, denn das einzig schwierige ist der Flug rüber auf
diese riesige Insel, der Rest dagegen ist leicht.
MF: Hast du Flugangst?
BE: Nein, nicht einmal nach 9/11...
MF: Gut! Sag mal, gibt es Schweizer Bands, die du
magst?
BE: Ja, ich mag Celtic Frost. Leider habe ich ihre Show
auf der letzten US-Tour verpasst.
MF: Erzähl mir etwas über dein Nebenprojekt. Mit The
Cursed hast du im Frühsommer das Album "Room Full Of
Sinners" veröffentlicht.
BE: Oh, das ist eine spassige Sache. Ich kenne Dan
Lorenzo schon seit ewigen Zeiten. Wir haben 1993
zusammen mit Savatage und Non-Fiction getourt. Seine Art
zu Spielen hat mir schon immer sehr zugesagt, und er hat
mich immer wieder damit genervt, dass wir zusammen ein
Projekt starten sollten. Vor einiger Zeit hatte ich ein
Motorrad und fuhr gerne damit herum. Irgendwann befand
es sich dann mehr in der Garage als auf der Strasse, und
meine Frau sagte zu mir, dass ich mir endlich mal ein
Hobby zulegen soll. Naja, also haben wir eben The Cursed
gegründet, eine echte Garagen-Band. Wir hingen in meiner
Garage herum, vier Jungs und zwei Sixpack Bier, und an
der Wand ein Kalender mit nackten Frauen drauf - Miss
Januar oder sowas, hahah! Für uns war das so, als wären
wir wieder achtzehn Jahre alt. Das liegt daran, dass es
nichts mit Business zu tun hatte, darum hat es auch so
viel Spass gemacht. Irgendwann hat dann jemand davon
Wind gekriegt, weil unser Bassplayer bei DIT Records
gearbeitet hat. Plötzlich waren wir im Studio und haben
das Album aufgenommen. Es machte aber immer noch Spass,
weil wir diesen Spass einfach auf ein neues Level
befördert haben. Vielleicht machen wir das wieder, weil
Dan sehr gerne schreibt und das eine grosse
Zufriedenheit für ihn darstellt. Er ist ein grossartiger
Songschreiber, da er jeden gedachten Ton auch gleich
spielen kann. Er denkt einen Ton, der dann sofort von
den Fingern in die Saiten fliesst. Für ihn ist das ein
sehr einfacher Vorgang und ich liebe die Art, wie er
Songs schreibt.
MF: Dann werden wir das Projekt mal im Auge behalten!
Da wir gerade über grossartiges Songwriting sprechen:
Werdet ihr nachher "Deny The Cross" spielen?
BE: Deny? Nein.
MF: Du machst wohl Scherze! Das ist einer der
Lieblingssong der Fans! Warum denn nicht?
BE: Weil du gefragt hast, hahahahah! Nein, ersnthaft: Du
magst den Song?
MF: Ja, und so gut wie jeder andere Fan sicher auch!
BE: Hmm... Der Song war zuletzt vor vier oder fünf
Jahren auf der Setliste.
MF: Aber ihr spielt doch wohl "In Union We Stand"??
BE: Nein, den auch nicht. Aber glaub mir, die Setliste
ist auch so sehr gut. "Taking Over" ist dein liebstes
Album von uns, was?
MF: Allerdings!
BE: Du warst acht Jahre alt, als wir das Album
veröffentlicht haben, oder? Mag deine Mutter das Album
auch?
MF: Nein!
BE: Nicht?? Aber dir hat es mit zarten acht Jahren
gefallen? Das ist ja unglaublich! (Bobby wirkt sehr
erstaunt)
MF: Ich habe einen grossen Bruder, der sieben Jahre
älter ist.
BE: Ahaaa! Das erklärt natürlich eine Menge!
MF: Ausserdem haben wir einen Rocker-Onkel, der
während unserer Kindheit eine zeitlang bei uns wohnte,
daher der gute musikalische Einfluss. Meinen Bruder hast
du übrigens vorhin in der Lobby gesehn. Du hast sein
Overkill-Shirt gesehn und ihm erfreut zugewinkt.
BE: Yeah, ich erinnere mich. Grüss ihn von mir, wenn du
nachher raus gehst.
MF: Das werde ich machen! Kommen wir zur letzten
Frage. Hast du eine Message für eure Fans in der
Schweiz?
BE: Es ist immer wieder schön hier zu spielen, da wir
viele gute Erinnerungen an die Schweiz haben. Ich liebe
das Land und die Leute hier wirklich sehr!
MF: Alles klar! Vielen Dank fürs Interview und ich
wünsche euch noch eine gute Show!
BE: Hey, es war mir wirklich ein grosses Vergnügen!
Danke für das tolle Gespräch! Wir sehn uns später auf
dem Mädchenklo, hahaha!

Unsere Maiya (links) mit Bobby "Blitz" Ellsworth>>>
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