Interview: Pure Inc.
By Roger W.
Pure Inc. die Dritte! Mit "Parasites & Worms" haben die Basler ein eindrückliches Hard Rock-Heavy Metal Werk abgeliefert, welches den erarbeiteten Status wohl noch ausbauen wird. An einem sonnigen Samstag Nachmittag verschanzte sich Gianni Pontillo (Gesang) und Höfi (Bass) mit mir im dunklen Radio Kanal K Studio um ein Interview aufzunehmen. Dank dem ausdrücklichen Wunsch von Cheffe Roxx, gibt es die Worte nun in schriftlicher Form. Aus praktischen Gründen habe ich aber darauf verzichtet, auch die Lieder, die zwischen den vier Interview-Teilen liefen, niederzuschreiben. Wenn ihr trotzdem Musik wollt, dann kauft euch das Album, oder hört auf myspace.com rein. Noch ein paar Worte an die Personen die alles Todernst nehmen. Die Musik von Pure Inc. ist extrem dynamisch. Dies widerspiegelt sich auch in diesem Interview, das mehrere Wendungen hat, und Blödeleien rasend schnell in ernste Themen übergehen. Gianni=GP, Höffi=Höffi ;)

MF: Pure Inc haben ja unter dem Namen Pure Yeast angefangen, was so viel wie „pure Hefe“ bedeutet.

GP: Ja, genau. Die Übersetzung geht aber mehr noch in Richtung „reine Hefe“.

MF: Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem alten Bandname und Basel? Weil Basel liegt ja in der Nähe von Rheinfelden und Rheinfelden hat eine grosse Brauerei.

GP: Nein, überhaupt nicht. Das hat nichts miteinander zu tun. Ich weiss auch gar nicht, wie die zu dem Namen gekommen sind. Ich war noch gar nicht in der Band, als der Name entstanden ist. Ich bin erst dazu gestossen, als der Name schon bestanden hat. Ich bin zwar schon der erste Sänger dieser Band, aber ich habe da nichts zum Namen beigetragen. Ich glaube, die waren damals einfach besoffen. Und Hefe ist ja im Bier.

MF: Gianni. Du bist ja das älteste Mitglied bei Pure Inc., obwohl du nicht mal Gründungsmitglied bist.

GP: Also Pure Inc. sind ja eigentlich eine neue Band. Wenn man es nüchtern betrachtet. Also rein theoretisch war auch schon Sandro (Gitarrist) bei Pure Yeast. Wobei wir da extrem viele Wechsel hatten. Und unser Schlagzeuger Dave war da auch bereits dabei. Kurz vor den Aufnahmen zur ersten CD hiessen wir noch Pure Yeast und dann bei der anschliessenden Labelsuche haben wir uns umgetauft.

MF: Mit Pure Inc. hattet ihr bisher sehr wenige Wechsel. Ihr habt aber jetzt einen neuen Bassisten dabei, den Höfi. Wie habt ihr ihn ausgewählt?

GP: Also Höfi ist schlicht ein cooler Typ!

Höffi: Das ist sicher einer der Gründe. Aber vor allem lag es daran, dass sie einen neuen Bassisten brauchten. Der erste Teil der Geschichte ist, dass der alte Bassist gegangen ist. Darauf habe ich auf music.ch gesehen, dass Pure Inc. einen neuen Bassisten suchen und mir gedacht, dass mir das noch passen würde. Darauf habe ich mit den Jungs Kontakt aufgenommen. Sandro schickte mir ein paar Songs. Die musikalische Radikalität dieser Band hat mich dann sofort begeistert. Und danach ging alles relativ schnell, bis ich bei Pure Inc. eingestiegen bin.

MF: Wie lange bist du jetzt schon bei Pure Inc dabei?

Höffi: Das ist jetzt knapp 1½ Jahre. Ich bin gerade rechtzeitig gekommen, um das neue Album aufzunehmen.

MF: Heisst das, dass du zwar noch nicht an den neuen Songs mitschreiben konntest, diese dafür aufgenommen hast?

Höffi: Also ein Teil der Songs stand bereits. Von den 12-13 Lieder waren so 6-7 bereits fertig. Und die restlichen haben wir dann zusammen fertig ausgearbeitet. Einen Teil der Basslinien habe ich auch übernommen. Bei anderen habe ich aber meinen Groove und meinen Vibe in die Aufnahmen eingebracht.

GP: Das wollten wir auch unbedingt. Weil es für uns keinen Sinn macht, wenn ein Bassist kommt, der dann die Sachen nachspielt, welche der vorige Bassist aufgenommen hat. Und deshalb fanden wir, dass es gut ist, wenn er das Zeugs auch aufnimmt. Dann gibt es auch einen neuen Vibe, ein Bisschen Frische in die Band. Und wir sind extrem froh, dass wir den Höfi haben. Er weiss das noch gar nicht.

MF: Also jetzt weis er es!

Höffi: Okay, na gut. Ich gebe dir die 20 Fr. jetzt. (lacht)

GP: (lacht) Was, nur 20 Fr.? Du musst mir mehr geben!

MF: Ich habe vor einiger Zeit mal eine CD gehört und dabei gemerkt, dass da Gianni sang. Die Band hiess nicht Destruction, sondern Headhunter, wo ebenfalls Schmier singt. Schmier ist ja eine Person, welche man oft im Z7 sieht, also schon beinahe ein Basel-Ländler.

GP: Ja, Schmier ist ein cooler Typ. Schmier hat ja irgendwie einen Kultstatus. Er gehört zu den Typen, die einfach ihr Ding durchziehen. Er geht über Leichen und das finde ich irgendwie cool. Er hat mich einfach angefragt, ob ich bei Headhunter mitwirken möchte. Und dann habe ich das gemacht. Also bei ein paar Songs wie z.B. „Silverskull“ oder „18 And Life“ habe ich die Backgroundparts gesungen. Und „18 And Life“ gehört sowieso zu meinen Lieblingssongs von Skid Row. Und so haben wir das zusammen eingesungen.

MF: Euer neues Album Parasites And Worms ist sehr aggressiv. Einen Song wie z.B. „Serenade of Aggression“ hätte man von Pure Inc. nicht erwartet. Was hat euch so wütend gemacht?

GP: Es ist ganz natürlich, dass Aggressionen entstehen, wenn dich dein Label sozusagen raus schmeisst, wenn dich deine Booking-Agentur raus schmeisst, wenn du keinen Manager mehr hast und dann der Bassist noch geht. Wobei es bei „Serenade Of Aggression“ eigentlich gar nicht um dies geht, sondern darum, dass heutzutage einfach oft zu schnell Aggressionen aufkommen, ob jetzt bei Fussballturnieren oder wo auch immer. Die Leute werden einfach viel zu schnell aggressiv und schlagen viel schneller einfach rein. Es geht primär um die gesellschaftliche Problematik und ist nicht wirklich auf Pure Inc. bezogen. Beim aktuellen Album ist es so, dass wir viel stärker probiert haben, verschiedenes zu machen. Und nicht einfach nur in eine Richtung zu komponieren, sondern mehrere Sachen auszuprobieren. Und es ist gut geworden.

MF: Ihr habt ja selbst in diesem Song einen ruhigen Teil. Habt ihr selbst da versucht mit den verschiedenen Stimmungen zu experimentieren?

GP: Genau. Also mit Stimmungen, aber auch mit den Sounds, Gesängen, verzerrten Bässen und so. Dadurch dass wir diese Platte bei uns im Bandraum aufgenommen haben, hatten wir viel mehr Zeit. Diese haben wir genutzt um verschiedene Sache auszuprobieren. Das macht das ganze Interessant und ist für uns spassig.

MF: Zeichnet sich diese Spannung auch im Cover von „Parasites and Worms“ ab? Das ist ja ziemlich abschreckend.

Höffi: Also die Thematik der einzelnen Songs sind Momentaufnahmen von der Weltgesellschaft. „Parasites And Worms“ ist dazu kein schlechter Überbegriff. Zumindest passt er zu einem gewissen Teil dieser Gesellschaft, welche andere nicht so gut behandelt.

MF: Ihr hattet auf dem ersten Album ja bereits „T.O.T.“, welcher ebenfalls diese Missstände angeklagt hat. Kann man daher von einer Weiterführung des Songs auf eine ganze Album-Länge sprechen? Oder würde das zu weit gehen, wenn man „Parasites And Worms“ als T.O:T.-Konzeptalbum sehen würde?

GP: Das wäre sicher zu weit gedacht. Ich würde eher sagen, dass diese Thematik ein wichtiger Teil von Pure Inc. ist. Also wenn ich Songtexte schreibe, überlege ich mir, was auf der Welt gerade passiert. Es bringt ja nichts, wenn ich die ganze Zeit nur von „Sex, Drugs & Rock’n’Roll“ singe. Weil das Leben halt schlicht nicht unbedingt so ist. Das Leben ist viel radikaler. Die heutige Gesellschaft ist einfach nicht so cool. Z.B. wie man mit Leuten umgeht, oder wie man gewisse Sachen sagt, oder wie auch immer. Und mit den ganzen Kriegen, der Armut und… Ich meine es ist wirklich nicht so toll. Und deshalb finde ich es gut, wenn ich darüber schreibe, was auch mich befreit von dem. Statt dass ich einfach nur vor mich herjammere, schreibe ich auch darüber. Das ist ein guter Punkt.

MF: „Raise Hell“ ist zum Beispiel auch ein sehr böser Titel.

GP: Okay, bei dem geht es aber eher darum, dass wir hier sind, und noch nicht aufgegeben haben. Und wir immer noch schwer am Kämpfen sind.

Höffi: Also für eine gute Zukunft.

MF: Ihr habt bis jetzt nicht so viele Videoclips. Auf eurer Homepage ist dafür jetzt zu lesen, dass ihr gleich zwei Aufgenommen habt. Deckt ihr damit ein Nachholbedürfnis?

Höffi: Das hat sich jetzt mehr einfach so ergeben. Unser französischer Vertrieb hatte die Idee, dass wir einen Video-Clip doch machen sollten. Und dann sind die beiden Jungs am Morgen früh angereist und wir haben an einem Tag in 18 Stunden Material für zwei Videos aufgenommen. Die hatten das vorgängig bereits mit Skripten vorbereitet, und das hat sich dann einfach gut ergeben. Wir haben das ganze im Z7 in Pratteln aufgenommen und eine wirklich gute Zeit gehabt, haben gute stimmungsvolle Aufnahmen gemacht. Und wir sind sehr gespannt wie das ganze raus kommen wird.

MF: Zu welchen Songs war das genau?

Höffi: Das war zu „Serenade Of Aggression“, der auch ein aggressiver Song ist. Der andere war die Ballade „Dead Calling“.

MF: Wir haben bereits angesprochen, dass mit dem zweiten Album viel Scheisse passiert ist. Ihr seit jetzt bei einem neuen Laben, nämlich bei Dockjard1. Dort sind ja auch bereits The Order, wo Gianni ebenfalls singt und Gurd von V.O. und Franky, wo ihr ja auch aufgenommen habt. Kam das durch gute Empfehlungen zustande?

GP: Also bei V.O. haben wir die Platte nicht aufgenommen, sondern nur mischen lassen. Aufgenommen haben wir es bei uns im Bandraum.

MF: Sorry.

GP: Easy, einfach damit da nichts durcheinander kommt. Durch das, dass The Order ebenfalls bei Dockyard1 ist, kannte ich Dirk natürlich schon. Und ich hatte früher schon mal mit ihm über Pure Inc. gesprochen, ob er uns auch zu sich nehmen möchte. Er fand damals, dass die Band eher ein grösseres Label als seines bräuchte. Das Problem ist nur, dass grössere Labels viel mehr CD-Verkäufe sehen wollen, sonst wird es schwierig. Zum Schluss sind wir vor allem zu Dockyard1, weil wir den Vibe gut fanden. Dirk ist ein cooler Typ. Er glaubt auch an die Band. So sind wir nach Hamburg gefahren, haben ihn und das ganze Dockyard1-Team getroffen. Es ist gut und kommt gut. Davon sind wir überzeugt.

MF: Von wegen grösseren Bands. Ihr seid z.B. im Rockhard ziemlich weit vorne bei den CD-Kritiken. Was habt ihr dort für einen Platz?

GP: 13!

MF: Das ist ziemlich beachtlich.

GP: Schon. Nur waren wir mit der letzten Platte „A New Days Dawn“ bereits auf Platz 12. Jetzt sind wir einen Platz zurück gefallen. Aber das liegt auch daran, dass so viele wichtige und auch grosse Bands Platten raus gebracht haben. Aber für uns ist das super. Wir haben sogar ein Interview erhalten. Und das mit Platz 13, was beim Rock Hard nicht selbstverständlich ist. Und das kriegt man auch nur, wenn sie merken, dass eine Band etwas macht und sich sehr Mühe gibt, und auch ein gutes Produkt liefert.

MF: Siehst du das als Zeichen, also dass das Rock Hard in euch auch Potential sieht?

GP: Ja, das denke ich schon. Also die Szene läuft ja sowieso so. Also wenn sie sehen, dass du etwas machst, dass du daran glaubst, daran arbeitest und gut Sachen aufnimmst, dann ist das nur positiv und nicht negativ. Deswegen kriegst du auch gewisse Sachen, welche andere nicht erhalten.

MF: Pure Inc. haben ja bereits vor Motörhead gespielt. Da war aber Höffi noch nicht dabei!

GP: Nein, leider nicht. Das hätte mit ihm aber doppelt so geil abgerockt!

Höffi: Danke, danke, danke!

MF: Das war damals zusammen mit Sideburn.

GP: Das ist auch eine sehr geile Band, diese Sideburn. Die finde ich cool.

MF: Das war ein ganz geiler Abend mit allen drei Bands.

GP: Ja, definitiv. Aber es ist halt schwierig an Lemmy ranzukommen. Das ging gleich gar nicht.

MF: Ihr seid ihm also damals nicht begegnet?

GP: Wir sind an ihm vorbeigelaufen. Aber ansonsten: No Chance!

MF: Da müsste man schon fast ein Interview haben… hm! Kommen wir zu einem ähnlichen Thema. Ihr habt im November eine Deutschland-Tour geplant. Gibt es da bereits genauere Informationen, oder ist das noch in Organisation?

Höffi: Also geplant ist eine Tour im Oktober und November, welche ein Bisschen über Deutschland hinausgeht. Aber im Moment ist es noch nicht Spruchreif. Aber es ist auf gutem Weg.

GP: Also wir dürfen da noch nichts sagen, weil es sein kann, dass es dann doch nicht zu standen kommt. Oder was auch immer. Oder jemand liest es dann mit. Oder was auch immer. Das wäre dann nicht so gut. Es wird aber auf der Homepage stehen, wenn wir mehr wissen.

MF: Unsere Leser interessiert es ja an sich auch mehr, was ihr für Schweizer Daten habt. Wo kann man euch Live sehen?

Höffi: Unsere CD-Taufe war bereits in Basel. Am 4. Oktober spielen wir im Oxx in Zofingen. Wäre cool, wenn ihr dahin kommt. Am 11. Oktober spielen wir in Thun und im Dezember in Luzern. Weitere Daten findet ihr aber auch auf www.pureinc.net.

GP: Und wenn es ganz fett kommt, dann spielen wir noch in Brasilien.

Höffi: Richtig.

MF: Wie das? Habt ihr ein Open-Air oder so?

GP: Also unser…

Höffi: Also Gianni hat ja mal in Allschwil Fussball gespielt und dadurch den… (lacht)

GP: (lacht) Ich kenne eben den Ronald Ligno… Der war mal mein Nachbar. Nein, seich. Nein, also unser aktueller Manager Marc kennt jemand in Brasilien, der ein Festival in Brasilien organisiert. Das heisst Goiania Noise Festival. Und wir fanden, dass wenn wir schon nach Brasilien fliegen, dann schauen wir, ob wir noch ein, zwei Shows mehr spielen können. Wir müssen aber noch sehen, wie es mit der Tour aussieht. Wenn wir auf Tour gehen und dafür viel Geld ausgeben müssen, dann wird Brasilien ein bisschen schwierig, weil wir das auch alles selber zahlen müssen. Wir würden es aber gerne machen.

MF: Ihr könntet ja dafür ein Spendenkonto einrichten.

GP: Das wäre was. Aber im Ernst. Wenn uns jemand supporten will, dann soll er sich doch die CD kaufen. Damit kommen wir in die Charts und der Rest geschieht dann von alleine.

Höffi: Und dann haben natürlich alle etwas davon.

MF: Bald wird es wahrscheinlich auch neue T-Shirts geben?

GP: Definitiv.

MF: Merchandise wird ja für die Bands immer wichtiger. Für euch ebenfalls?

GP: Ja, sehr wichtig.

MF: Also rein von den Einnahmen her.

Höffi: Also Livespielen und Merchandise-Verkauf haben einen direkten Zusammenhang. Wenn man spielen kann und dann an die Leute rankommt. Es ist sicher wichtig, dass man die eigenen Fans und Supporter gut kennt. Und das baut dann auch eine Bindung auf.

MF: Mit „Dead Calling“ habt ihr ja so etwas wie ein Radio-Songs auf dem neuen Album.

GP: Ja, es wäre cool, wenn der auch von den Radio gespielt werden würde. Das bringt eine Band sicher vorwärts. Aber wir sind halt eine harte Band. Und das ist eben… naja… Aber mit dem Song haben wir schon das Gefühl, dass da etwas passieren könnte. Mal schauen.

MF: Dann wünsche ich euch viel Glück dabei und gute Konzerte, wo auch immer die stattfinden werden.


Unser Roger (mitte) mit Pure Inc.  >>>>