Interview: Radwaste
By Mirko B.
Investigativer Journalismus in Verbindung mit CD Reviews ist so eine Sache. So wurden die Newcomer Radwaste aus dem Grossraum Brugg/Baden jüngst vom Schreiberling eines deutschen Metal – Webzines prompt als österreichische Band vorgestellt, was angesichts der geographischen Distanz ein telefonisches Interview zur Folge gehabt hätte. Glücklicherweise kann man sich aber heutzutage im Vorfeld etwas gründlicher informieren, sofern man will, und so trafen wir Gitarrist/Sänger Daniel Jerosch (DJ) und Gitarrist Beat Bugmann (BB) zu einem sehr herzlichen Gespräch im gemütlichen Fumoir - Ambiente des Zofingers Szenelokals Zum Goldenen Ochsen, um etwas über die Entstehungsgeschichte ihres selbstbetitelten Debüt-Albums zu plaudern.

MF: Ich bin ja nicht gerade der ausgesprochene Thrash Metal Fan, habe aber eure CD zum Rezensieren bekommen und muss sagen, dass ich positiv überrascht war, einerseits wegen Remo Häberli's sehr sauberen und druckvollen Produktion, andererseits wegen der sehr melodiösen Fahrtrichtung des Albums. Wenn ihr euch in irgendeine Stilschublade einordnen müsstet, wie würde dann diese Schublade heissen?


DJ: Ich glaube, das wäre die Schublade, die zwischen Thrash – und Heavy Metal steckt, vor allem der Heavy Metal Einfluss ist gross. Reiner Thrash ist es ja nicht, man hört es ja auch unserem Drummer Manu an, unsere Gitarrenarbeit ist ebenfalls sehr von Iron Maiden und Megadeth beeinflusst. Vielleicht am ehesten melodischer Thrash Metal oder Speed Metal, wobei ich anmerken muss, dass ich bei all den Subgenres nicht so sattelfest bin. Wir machen einfach, was uns gefällt, es hat ja auf der CD auch Sachen, die eher rockig klingen als nach Metal, und möglicherweise werden wir auf dem nächsten Album Material haben, das etwas moderner klingt.
BB: Vielleicht experimentieren wir einfach ein bisschen.

DJ: Genau, wir wollen uns nicht auf einen einzigen Stil beschränken.

MF: Ihr seid ja relativ jung, Anfang bis Mitte zwanzig. Wie seid ihr zum Metal gekommen?

BB: Ich habe eigentlich mit AC/DC angefangen, dann kamen Iron Maiden, und je mehr ich mich in die Materie vertieft habe, desto mehr wollte ich, und so habe ich selbst angefangen Gitarre zu spielen.

MF: Und welche Rolle spielten dabei Verwandte, Bekannte, Kollegen… ?

BB: Das ist eigentlich noch eine lustige Angelegenheit. Durch den Jugendverband Jungwacht Blauring hatte ich Kontakt zu vielen Erwachsenen, die AC/DC und Iron Maiden hörten, und so bin ich irgendwie reingekommen.

DJ: Bei mir war es eher so, dass mich schon als kleiner Bub die Stromgitarren faszinierten. Ich glaube, ich habe mit neun Jahren meine erste Billy Idol CD geschenkt bekommen, also so richtiges achtziger Jahre Poprock Zeugs. Aber das brachte mich auf die richtige Spur, und hinzu kamen dann die Platten meines Vaters, Pink Floyd und all jene Sachen, die man einfach kennen muss. Danach kam ich als Teenager in eine Phase, in der mich Musik nicht mehr wirklich interessierte, bis ich dann plötzlich die Musik wieder aufgegriffen – und ziemlich lange Saxophon gespielt habe. Ich hatte aber sehr bald genug vom Jazz und entschied mich in der Folge direkt für die E-Gitarre, ohne den Umweg über die Klassische Gitarre zu nehmen, auch wenn ich zugeben muss, dass es anfangs eher eine Modeangelegenheit war, es war einfach cool, E-Gitarre zu spielen. Ich hörte damals Sachen wie System Of A Down, kam dadurch auf die Metal Schiene, bis ich dann schlussendlich auf Iron Maiden traf. Damit hat‘s so richtig angefangen, ungefähr mit sechzehn Jahren, was ja noch nicht so wahnsinnig lange her ist. Ich bin musikalisch betrachtet immer noch sehr offen, höre auch gerne elektronisches Zeug, aber Metal ist das Einzige, das ich gerne spiele, und das ich überhaupt spielen kann!

MF: Du hast das Saxophon erwähnt. Profitierst du heute von der Atemtechnik, die du für dieses Instrument einsetzen musstest?

DJ: Also klar, damals musste ich diese Zwerchfell Sachen üben, aber heute profitiere ich vielleicht eher unterbewusst davon. Ich bin ja nicht ein was weiss ich wie grossartiger Mordssänger, das ist alles eher homebrew und selfmade, anfangs habe ich einfach mitgesungen, unter der Dusche und so. Ursprünglich suchten wir noch einen Sänger, ich wollte eigentlich nur Gitarre spielen, aber es ist einfach ein Elend, einen passenden Sänger zu finden.

BB: Da gab es auch ein paar Leute…

DJ: Ja, da haben wir ein paar lustige Erfahrungen gemacht (lacht). Irgendwann hatten wir dann die Nase voll, und ich hab’s einfach mal probiert, und jetzt ist es einfach so. Ich hoffe, die Band ist zufrieden mit meiner Röhre.

BB: Also ich denke, andernfalls hätten wir es dir eh gesagt.

DJ: Hoffentlich traut ihr euch auch (lacht)! Nein, am Anfang war es einfach eine Notlösung, weil wir verdammt nochmal niemanden fanden, und mittlerweile mache ich es richtig gerne. Ich hatte allerdings noch nie Gesangsunterricht, und das spürt man auch, wenn die Stimme zum Beispiel zu wenig variabel ist. Das müsste man vielleicht fürs nächste Album anschauen, damit etwas mehr Gesangstechnik rein kommt, denn wenn schon cleane Vocals, dann auch etwas sauberer umgesetzt. Da bin ich meistens noch sehr unsicher. Bei den Aufnahmen hat mir der Produzent Remo Häberli mit seinen Tipps sehr geholfen. Eigentlich habe ich während der Recordings die meisten Gesangsübungen absolviert, seither fühle ich mich so fit wie noch nie beim Singen. Es wäre cool gewesen, wenn das schon vor dem Songwriting Prozess passiert wäre, dann wären jetzt die Songs vom Gesang her vielleicht etwas abwechslungsreicher. Aber das ist eine Erfahrung, die wir jetzt für das nächste Album mitnehmen werden, das kann man halt als Momentaufnahme unserer ersten Aufnahmesession betrachten.

MF: Gibt es abgesehen von Iron Maiden sonst noch Bands, die euren Sound nennenswert beeinflusst haben?

BB: Also bei mir sicher Van Halen, finde ich super, und einfach so alte achtziger Jahre Sachen, die höre ich wahnsinnig gerne.

DJ: Beeinflussen ist schwierig zu sagen, man hört sich einfach Sachen an und kopiert dann unweigerlich ein bisschen, man kann das Rad nicht immer wieder neu erfinden… auch wenn das Rad bei uns im Namen ist. Alles was du dir anhörst, spielt ein bisschen mit rein, es gab beispielsweise eine Phase, während der ich extrem viel Nevermore gehört habe, man hört es glaube ich im Song «War» etwas heraus. Vielleicht spielt auch neueres Zeug wie Trivium mit hinein, wobei man sagen muss, dass sie auch nur eine Exodus Kopie sind. Von daher kann man sagen, dass wir indirekt von Exodus beeinflusst sind. Aber wirklich genau zu sagen, was uns beeinflusst hat, ist noch schwierig. Wir haben einfach gefunden, wir haben zwei Gitarren, also machen wir, wenn schon, zweistimmige Sachen.

BB: Genau, dann leben wir das Ganze ein bisschen aus!

DJ: Und die andern zwei Bandmitglieder leiden darunter! Bis wir unsere zweistimmigen Läufe koordiniert haben, vergehen ein paar Stunden, und sie gehen inzwischen nebenan ein paar Bierchen trinken! Aber eben, wirkliche Einflüsse zu nennen, ist schwierig, eigentlich schon Iron Maiden, Megadeth, Nevermore, (überlegt kurz) und ja, Trivium ist für mich persönlich ein Einfluss gewesen. Aber es ist nicht so, dass ich etwas gehört habe, und ich mir sagen musste „wow, genau das will ich auch so spielen“!

MF: Teilt ihr euch die Gitarrensoli auf?

DJ: Eigentlich schon, wobei jeder von uns seinen eigenen Stil hat. Ich weiss jetzt nicht, ob man das auf dem Album gut hört.

BB: Das ist schwierig zu sagen, aber eigentlich schon. Du bist eher der Melodiösere, ich bin eher der Shredder.

DJ: So ist es, er ist eher so der Flitzer, und ich bin mehr der Schnulzi irgendwie (grosses Gelächter)! Ja, es liegt einfach daran, dass er viel schneller ist als ich, spielt auch schon länger als ich, aber irgendwann hole ich ihn schon noch ein, keine Angst! Ich bin halt eben eher der Rhythmusfritz, er mehr der Solofritz, aber ich lasse es mir doch nicht nehmen, hin und wieder ein Solo zu reissen. Ich mach‘s halt schon gerne, aber mehr die gemässigteren, melodiöseren Sachen.

MF: Und wie sieht es mit der Doppelbelastung Gitarre und Gesang aus?

DJ: Das ist natürlich immer ein grosses Thema, ich glaube, das schränkt uns auch immer noch beim Songwriting etwas ein. Es ist nicht ganz einfach für mich, weil es nicht geplant war, dass ich überhaupt singe. Viele Songs standen instrumental schon, da brauchten wir noch die Texte dazu und der ganze Lernprozess… es ist eigentlich immer noch ein laufender Prozess, wie ich das koordiniere, und wir stimmen die Songs schon so ab, dass sie für mich zusätzlich zum Gesang spielbar sind. Aber das ist natürlich auch ein Punkt, in dem wir uns verbessern wollen, ich meine, wenn es die anderen schaffen, dann müssen wir es auch können.

BB: Und vor allem auch der zweistimmige Gesang ist eine Herausforderung…

DJ: …die wir bis jetzt noch nicht gross in Angriff genommen haben, aber für künftige Projekte ist es schon ein Gedanken wert. (Zu Beat Bugmann gewandt) Ich schaue etwas mehr bei ihm an der Gitarre ab, und er bei mir am Gesang. Wir sind auf jeden Fall sehr ambitioniert.

MF: Radwaste gibt es ja noch nicht so lange, circa drei Jahre, aber dennoch klingt die Band sehr kompakt.

DJ: Das ist eigentlich noch lustig. Wie lange spielst du jetzt schon Gitarre?

BB: Sechs Jahre.

DJ: Bei mir sind es vier oder fünf Jahre.

BB: Also ich war am Anfang richtig besessen davon. Da stand ich morgens um sechs Uhr auf, um erst mal eine Stunde Gitarre zu spielen, bevor ich dann zur Arbeit ging.

DJ: Wir haben über unseren Gitarrenlehrer zusammengefunden, und es hat einfach funktioniert. Am Anfang versuchten wir uns an Covers, was nicht immer wirklich klappte.

BB: Wir wollten damals auch einfach zu viel, wir wollten gleich mit «Master Of Puppets» beginnen…

DJ… Hahaha, und das war einfach zu viel verlangt!

MF: Vielleicht hättet ihr es erst mit TNT versuchen sollen.

Beide: Ja, genau!

DJ: An AC/DC haben wir uns noch nie versucht, da hättest du wohl Freude dran.

BB: Ja klar!

DJ: Unser Drummer Manu ist auch praktisch Autodidakt. Er hatte irgendwie einen Monat Schlagzeugunterricht.

BB: Dann hatte sein Schlagzeuglehrer einen Unfall, der ihn vergesslich machte. Er vergass Termine mit Manu, bis dieser die Schnauze voll hatte, und so brachte er sich den Rest selber bei.

DJ: Wir pushen uns auch gegenseitig. Wir beide spielen zwar miteinander, aber irgendwie auch gegeneinander, so im Sinn von „schau mal, ich kann das geiler spielen als du“. Ich glaube, das bringt schon was, wenn man sich gegenseitig ans Limit bringt.

MF: Euer Debüt ist ja bereits im Oktober letzten Jahres erschienen.

DJ: Also die offizielle Veröffentlichung ist eigentlich erst in drei Tagen (16. März). Seit der Plattentaufe ist das Album einfach über unsere Myspace Seite erhältlich.

BB: Wir haben das auch etwas verpasst, wir hätten das Marketing parallel zum ganzen Rest laufen lassen sollen.

DJ: Es läuft halt noch sehr viel Kram nebenbei, es gibt nicht nur die Band.

BB: Leider!

DJ: Wir sind alle berufstätig, ich bin noch in Ausbildung, und durch Beruf, Berufsschule, Matur etc. leidet halt die Band ein bisschen.

BB: Bei mir ist es so, dass ich in einem Familienbetrieb arbeite, wo die Arbeitszeiten eh länger sind als in einem herkömmlichen Angestelltenverhältnis, dazu kommt noch eine Ausbildung in der höheren Fachschule, und das alles fordert schon seinen Tribut.

DJ: Das war das Problem, es lief vieles parallel, und dadurch rutschte das Marketing etwas in den Hintergrund. Aber auch das ist etwas, das wir beim nächsten Album besser koordinieren werden. Dazu kam ein regelrechter Produktionsstress, selbst die Presserei wollte uns ein Bein stellen, als uns mitgeteilt wurde, sie könnten die Deadline nicht einhalten. Dadurch mussten wir viel Energie dafür einsetzen, dass die CD doch noch pünktlich zur Plattentaufe erscheint, und alles andere musste dann etwas darunter leiden.

MF: Läuft das Ganze über ein Label oder bleibt es beim Eigenvertrieb?

DJ: Ich bin da nicht so bewandert, muss ich sagen. Dafür haben wir Pädu (Patrick Häberli, der Bruder des Produzenten Remo Häberli), der das für uns erledigt. Ich glaube, es geht erst mal als Download raus über die verschiedenen Internet Plattformen wie iTunes, Amazon und was es sonst noch alles gibt, dann müssen wir schauen, wie wir das machen mit dem Vertrieb. Ich kenn mich da gar nicht aus.

BB: Zum Glück haben wir Pädu für solche Angelegenheiten.

DJ: Ja, er ist wirklich Gold wert!

MF: Managt er euch auch?

Beide: Ja, kann man so sagen.

DJ: Aber ein Label in dem Sinn haben wir nicht. Es ist halt nicht mehr so wie früher, wo du ein selbst aufgenommenes Tape verschicken konntest, und schon hattest du einen Plattenvertrag. Heute musst du High End Kram abliefern, damit man dich überhaupt hört.

MF: Wie sehen die Zukunftspläne der Band aus?

BB: Schwieriges Thema, ganz klar!

DJ: Wir ziehen einfach unser Ding durch. Da gibt es nichts zu träumen, wir machen uns keine Hoffnungen darüber, dass wir irgendwie entdeckt werden.

BB: Ich denke, bleib am Boden, mach was du kannst, hol das Beste raus und liefere Qualität ab.

DJ: Und schau, dass du immer besser wirst. Wir sind heute schon nicht mehr ganz zufrieden mit unserem Album.

BB: Das ist auch gut so, sonst kommst du nicht weiter.

DJ: Genau, wir haben gelernt fürs nächste Mal, das Songwriting fürs Folgealbum hat bereits begonnen. Es läuft zwar noch sehr schleppend, aber wir bleiben am Ball. Es wäre natürlich schon toll, wenn alles etwas professioneller ablaufen würde, die ganze Marketing Angelegenheit und so. Das nächste Mal lassen wir uns etwas mehr Zeit, das erste Album war eigentlich ein Schnellschuss, muss man schon sagen. Bei den Aufnahmen haben wir uns schon Zeit gelassen, aber als das Ding im Kasten war, ging alles sehr schnell. Aufgenommen haben wir fast ein halbes Jahr lang. Das nächste Mal sollten wir vielleicht Urlaub nehmen und das Ding in einem Zug aufnehmen. Dieses Mal fanden die Recordingsessions nach der Arbeit in unserem Bandraum statt, wo wir in Eigenregie aufgenommen haben, und Remo hat danach die Aufnahmen aufbereitet. Das nächste Mal müssen wir die Sache professioneller angehen und uns das ganze Programm schon im Vorfeld draufpacken, denn auf dem Debüt ist vieles improvisiert, die Soli beispielsweise zu 90%.

BB: Bei mir war die Sache mit den Soli relativ krass. Ich jammte vorher an Konzerten immer, nachher ging es plötzlich darum, dass ich Soli auf eine CD bringe. Dann sitzt du da und solltest aufnehmen und weisst nicht so recht, was läuft!

JD: Dann kommt noch dieser da und sagt „Ich finde das Scheisse, nochmal!“, und schon benötigt man 200 Takes pro Solo. Da müssen wir beim nächsten Mal schon schauen, dass vorher alles richtig sitzt.

MF: Stand euch für die Aufnahmen digitales Equipment zur Verfügung?

DJ: Ja, sonst müsste man fast in ein Studio gehen, was entsprechend teuer wäre.

BB: Bei uns war es so, dass wir ein Angebot hatten, die Hälfte des normalen Preises, also 400 Franken pro Tag, und selbst dann hätten wir uns dumm und dämlich in Unkosten gestürzt.

MF: In dem Fall gibt es eurerseits momentan wohl kaum Ambitionen, ins Profilager überzuwechseln und mal von der Musik leben zu können.

BB: Das wäre natürlich das Nonplusultra.

DJ: Aber es wäre einfach nicht realistisch. Natürlich träumen wir alle davon, aber wir sind bodenständig genug um zu wissen, dass es eben nicht realistisch ist, wenigstens momentan nicht. Falls es dann doch klappen könnte, würden wir natürlich auf dieses Ziel hinarbeiten. Aber beim aktuell überfüllten Markt ist es extrem schwierig, überhaupt erhört zu werden.

MF: Zum Namen Radwaste. Wohnt ihr in der Nähe eines Kernkraftwerkes?

Beide: Natürlich, natürlich!

DJ: Aber eigentlich war das nicht mal der zündende Funke, es kommt aus dem Text des ersten Songs, in dem es um Umweltverschmutzung geht. Der Song beruht auf dem Buch „Der Schwarm“ von Frank Schätzing, das von der Beziehung Mensch/Natur handelt. Ich habe gefunden, Radwaste sei ein schönes Kunstwort, zwar eine Abkürzung aber auch ein geläufiger Begriff im Kernkrafttechnologie – Fachjargon. Auf Google ist der Name leider auch eine Tücke, denn da landet man meistens auch auf den Websites irgendwelcher Firmen für Atommüll – Endlager (lacht). Daher wäre ein bedeutungsloses Kunstwort wirklich besser gewesen, aber wir haben gefunden, es passt irgendwie zu den beiden Kernkraftwerken nebenan…

BB: …und dem Endlager!

DJ: Oder Zwischenlager?

BB: Ach ja, Zwischenlager.

MF: Ich fand den Namen irgendwie selbstironisch.

DJ: Ja klar, wir sind der strahlende Abfall!

MF: Wovon handeln eure Songs? Geht es um persönliche Erfahrungen, sind es Fantasy Geschichten oder beides?

DJ: Ja also, am liebsten haben wir schon Geschichten, in denen es um Schwerter, Drachen und Blut geht (grosses Gelächter). Nein, ich bin eigentlich schon Fan von sozialkritischen Texten, und auch Umweltthemen finden ihren Platz. Sonst können wir es schnell von A – Z durchgehen: Der erste und der letzte Song («The Swarm Pt I: Sedna» und «The Swarm Pt II: Contact») behandeln Umweltprobleme, in «Fade With Light» geht es um die Hiroshima Tragödie und darum, dass der Mensch Kriege anzettelt, seitdem er entdeckt hat, dass er mit Knochen und Steinen Schädel einschlagen kann. In «Retribution» geht es um Vergeltung und unterdrückte Gefühle. Aber es ist nicht so, dass hinter jedem Song eine persönliche Geschichte steckt. Das ist eigentlich nur bei «Rotten Roots» der Fall, wo es um meinen verstorbenen Vater geht. Die anderen Songs sind eher klischeehaft, gerade «Live Fast» behandelt den Metal Lifestyle mit einem Augenzwinkern, solch klischeehafte Texte darf man einfach nicht zu ernst nehmen. Wir machen Musik auch zum Spass, und so böse Kerle sind wir ja nicht.

BB: Die Entstehungsgeschichte von «Live Fast» ist dabei ganz lustig. Wir hatten uns am Vorabend alle ordentlich die Kante gegeben, gingen am nächsten Tag alle völlig verkatert in den Bandraum und fanden, dass wir einen Song schreiben mussten, der dieses Gefühl beschreibt.

DJ: Erst im Nachhinein haben wir herausgefunden, dass „Life fast, die young“ quasi das Lebensmotto der Hippie-Bewegung gewesen war, das hatten wir gar nicht gewusst.

MF: Der Opener «The Swarm Pt. I: Sedna&» und das letzte Stück «The Swarm Pt. II: Contact» hängen offensichtlich zusammen. Wovon handeln diese beiden Songs?

DJ: Da habe ich mich wie bereits gesagt von Frank Schätzings Buch „Der Schwarm“ inspirieren lassen. In Sedna geht es um die gleichnamige Inuit Göttin, welche mit einem anderen Gott eine Affäre hat. Zur Strafe verbannt sie ihr Vater ins Meer, und als sie sich am Boot festklammert, schlägt er ihr mit dem Paddel die Finger ab. Nun sitzt sie auf dem Meeresgrund und ärgert sich masslos darüber, dass ihre sehr langen Haare durch unsere Umweltverschmutzung verkleben und sie sie ohne Finger nicht reinigen kann. Und es gibt für den Menschen, der stetig die Umwelt zerstört, keinen Weg sie zu besänftigen. Die Natur wird zurück schlagen.

BB: Und wir müssen die Konsequenzen tragen.

DJ: Genau. In «Contact» geht es dann um den Angriff der Natur gegen den Menschen. Das ist auch die Thematik des Buches, dass sich die Natur rächt, und dass es nicht die gottgegebene Bestimmung des Menschen ist, die Erde egoistisch zu beherrschen, sondern dass wir sie mit allen anderen Kreaturen und der Natur teilen müssen, und dass das uns mal jemand beibringen muss, sei es auch mit brutalen Mitteln. Selbst Karl Marx hat gesagt, dass die Revolution nur gewaltsam funktioniert, und erst veränderte Umstände bringen die Menschen dazu, sich auch zu ändern. Hat zwar bei ihm nicht funktioniert, aber vielleicht ist doch was dran. Ich fand es einfach ein schönes Thema, und deshalb ist «Contact» auch etwas aggressiver als «Sedna».

MF: Wer trägt die Hauptlast beim Songwriting?

DJ: Ich würde sagen, wir beide zusammen.

BB: Wobei jeder seinen Einfluss mit einbringt.

DJ: Ist natürlich nicht immer einfach, zu viert gleichzeitig an einem Song rum zu schrauben, und so teilen wir es uns auf. Aber es ist immer so, dass die Ideen von allen einfliessen, und ich bin dann meistens derjenige, der die Puzzleteile zusammenfügt.

MF: Und die Texte?

DJ: Die schreibe meistens ich, schon einfach wegen meinen Englischkenntnissen. Aber es ist für mich kein Muss, ich mach‘s wirklich gerne.

MF: Gibt es irgendwelche Tourneepläne?

DJ: Ja hoffentlich! Aber wie gesagt, beruflich und ausbildungstechnisch sind wir momentan sehr eingebunden. Sobald diese Phase durch ist, können wir das Thema Tournee auch in Angriff nehmen, und auch da sind wir glücklich darüber, dass uns Pädu fleissig unterstützt.

BB: Es ist schon unser Ziel, auch mal aus der Schweiz rauszukommen.

DJ: Ja, unbedingt, und dabei wird es nicht darum gehen, Geld zu verdienen. Hauptsache, wir können spielen.

MF: Eventuell mal als Supportact für…?

Beide: Megadeth wäre natürlich super geil!

DJ: Das wäre das absolut Grösste!

BB: Das wäre es in der Tat! Nur nicht zu viel über Dave schwatzen, sonst bekommst du noch eins auf die Nuss, haha!

MF: Wobei er sich ja scheinbar zum Positiven geändert hat, seit er zum gläubigen Christen geworden ist. Jedenfalls scheint er sein Diva – Gehabe abgelegt zu haben und offenbar geht er jetzt auch auf die Menschen ein, die ihn umgeben.

DJ: Genau, macht ja auch nichts, oder?

MF: Noch ein paar Abschiedsworte an die Metal Factory Leser?

DJ: Hört euch das Album an und kauft es, (flehend) wir sind eine arme Band, wir sind auf jeden Rappen angewiesen (lacht)! Nein, macht was euch gefällt, und lasst euch nicht von irgendwelchen Mode-trends beeinflussen, vor allem was Musik anbelangt.


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