Interview: Red Circuit
By Liane P.
Mit zwei wunderbaren Alben und funkelnagelneuem Material in der Tasche betreten die Prog Metaler Red Circuit aus Deutschland zum ersten Mal Schweizer Boden. Am Samstag den 16. Juni 2012 sprengend Sie im Doppelpack mit Apperance Of Nothing die Bühne der Galery in Pratteln. Was die Schweiz zu erwarten hat und wie sie in den USA beim ProgPower Festival abräumen konnten, erzählen uns hier Markus Teske (Keyboards) und Tommy Schmitt (Bass)...

MF: Danke, dass ihr euch die Zeit nehmt ein paar Fragen für Metal Factory zu beantworten. Wie geht`s? Noch im ProgPower XII Fieber?


Markus: Ja, nicht zuletzt dadurch, dass Stück für Stück unsere Videoaufnahmen vom Festival aufbereitet werden. Dadurch gibt's immer wieder so eine Art Flashback.

MF: Letztes Jahr hattet ihr dort euren ersten Auftritt in den USA und seid nach Atlanta geflogen. Es ist eines der wichtigsten Festivals für diese Art von Musik. Wie war die Resonanz? Welche Erfahrungen konntet ihr machen?

Markus: Die Resonanz war unglaublich, so wie der Amerikaner sagt "a lifetime experience". Fast 2000 Leute die nicht nur diese Art von Musik hören wollen, sondern sie wollen genau Dich. Es ist zuviel um alles bis ins Details zu beschreiben, aber eine Anekdote muss sein: Es war für uns nach der Show eine Autogrammstunde angesetzt. Ich dachte, na ja das wird wahrscheinlich eine einsame Angelegenheit, aber ganz im Gegenteil. Erstmal musste noch ein Security Mann geholt werden, der den Ansturm regeln musste, dann hatte die ganze Autogrammstunde über 60 Minuten gedauert. Die haben wirklich die ganze Zeit in der Schlange gestanden, um sich zu bedanken und ihre mitgebrachten CD-Booklets rauszuholen, damit wir sie signieren. Ey, das war echt unfassbar....

Tommy: Es ist eine tolle Erfahrung mal über den Teich zu fliegen und dann noch exklusiv auf Einladung auf so einem renommierten Festival aufspielen zu dürfen. Das wirkt schon noch einige Zeit nach und auch die Aftershowpartys... Nein, ernsthaft: Es war schon eine Erfahrung der anderen Art. Wir wussten nicht wirklich was uns als Band mit gerade mal zwei Veröffentlichungen dort drüben erwartet. Das Auswahlverfahren für das Billing setzt eher auf Bands, die schon länger am Markt unterwegs sind. Das alleine war für uns schon sehr überraschend. Am Samstag dann, sind wir – für unsere Verhältnisse latent nervös – und mit einer guten Portion Adrenalin im Blut auf die Bühne und was dann kam war einfach der Hammer. Da fliegt man tausende von Kilometern und vor dir steht eine Crowd die fast jeden Song und Refrain mitsingt und ehrlich begeistert ist von deiner Performance. Das war schon ein kleiner, aber natürlich positiver Schock für uns. Und SEHR GEIL!!!

MF: Tommy – ich habe gehört es war nicht so ganz einfach deinen Bass dort rüber zu „schmuggeln“?

Tommy: Oh ja, die wunderbare Welt der Bürokratie, die uns allesamt mehr als beschäftigt hat! Alles was du mit in die USA ein- oder ausführst, gerade auch Instrumente und technisches Gerät, muss natürlich alles zolltechnisch erfasst und geregelt werden. Also: Formulare ausfüllen, von A über B nach C düsen, abstempeln lassen, um dann zu erfahren, dass das alles falsch ist, weil irgend ein Beamtenschädel dir natürlich ‘ne falsche Info gegeben hat. Und dann wieder alles von vorne! Ein bisschen kritisch ist dann noch die sichere Verfrachterei im Flieger, aber mit ein paar guten Cases und ein paar fetten Spanngurten war das dann auch OK.

MF: War dies für euch das grösste Festival an dem ihr bisher gespielt hattet? Wie waren die Erfahrungen mit den anderen Bands? Welche haben euch persönlich beeindruckt oder überrascht?

Markus: Für uns war es dass grösste Festival in dieser Art bisher. Man kommt natürlich nicht mit allen Bands in Kontakt, dafür sind es einfach zu viele, aber grundsätzlich lief das alles sehr cool ab. Überrascht war ich eigentlich davon, dass durch die Bank alle Bands sehr stark waren, stellenweise natürlich nicht immer mein Geschmack, aber auf jeden Fall mit Recht auf diesem Festival.

Tommy: Wir waren ja mit einigen anderen Bands (Therion, Ihshan, Forbidden, Sanctuary etc.) im gleichen Hotel untergebracht und da kam es dann immer wieder im Lift oder im Foyer zu netten Get-Togethers und dem ein oder anderen gemeinsamen Getränk. Alles extrem entspannt und freundschaftlich. Musikalisch war für mich persönlich Ihshan der Top-Act, mit Leprous als Back Up-Band. Und natürlich Gene Hoglan, der das Forbidden-Set getrommelt hat! Ihm direkt hinter dem Schlagzeug auf die Füsse zu schauen, das war unfassbar, der Typ ist eine Maschine!

MF: Ist es richtig, dass du, Markus, dort auch als Sound Engineer im Einsatz gewesen bist? Wie waren hier die Erfahrungen?

Markus: Positiv und aufgeschlossen, eigentlich wie immer. Luke, der Hausmischer, war froh dass er mal Pause machen konnte, und fand es auch sehr geil, was ich da zustande gebracht habe. Alles in allem ein professionelles Umfeld.

Tommy: Markus hatte ordentlich zu tun. Am Kick-Off-Abend hat er unsere Buddys von Vanden Plas gemischt und Freitags dann Mob Rules. PP-USA XII war für Markus ohnehin ein Ritterschlag: Vanden Plas und Mob Rules werden von Markus seit Jahren produziert und mit Red Circuit spielt er dann noch Live. Er war also mit drei “seiner Bands” am Start – Respekt.

MF: Zu Vanden Plas habt ihr ja einen besonders guten Draht. Zufall, dass ihr dort zusammen spielen konntet?

Markus: Nein, das war eher Zufall bzw. Duplizität der Ereignisse. Ich hatte den Chefpromoter des PP-USA Festivals kontaktiert und Promomaterial geschickt. Das Homeland-Album hat ihn dermaßen umgehauen, dass er die Band unbedingt haben wollte. Vanden Plas hingegen spielten da ja schon zum dritten Mal.

MF: Beide Alben, „Trance State“ sowie das letzte Album „Homeland“ sind bestimmten Themen zugeordnet. Das erste Album „Trance State“ wurde durch ein Gedicht von Klaus Kinski inspiriert. „Homeland“ behandelt dramatische Themen in der Weltpolitik – um den Wahnsinn der Welt wie Markus mal so schön gesagt hatte. Bitte erzählt ein bisschen mehr davon. Um welches Gedicht handelt es sich dabei? Was bedeutet für dich/euch der Wahnsinn der Welt?

Markus: Wer die täglichen Nachrichten verfolgt, weiss schon was der Wahnsinn der Welt bedeuten kann. Und auch in unser aller Alltag finden sich immer wieder Dinge die schier unglaublich sind und einer Erwähnung wert sind. Der Kreis schliesst sich mit Kinskis Gedichtband "Fieber - Tagebuch eines Aussätzigen", der mich zur Entstehungszeit von "Trance State" beeindruckt hat. Auch da geht es im Wesentlichen um den Irrsinn der Welt. Und das stammt aus den Fünfzigern des vergangenen Jahrhunderts...

MF: Wie ist nun der aktuelle Stand zur 3. Scheibe? Ihr seid ja aktuell daran das neue Album fertig zu stellen. Gibt es dazu schon mehr Details wie Inhalt der Texte, Richtung, Albumtitel, Coverwork, Gastmusiker etc.?

Markus: Stilistisch gibt es natürlich eine Weiterentwicklung, generell wird der Speedbarometer ein bisschen angezogen. Alle bisherigen Trademarks sind aber (ist ja wohl klar, sonst macht's doch nur den halben Spass....) genauso vertreten wie bisher. Wenn Red Circuit draufsteht, ist auch Red Circuit drin. Vom textlichen Aspekt her wird sich vieles wieder um den Weltwahnsinn drehen, ein schier unerschöpfliches Thema. Diesmal aber aus einer persönlicheren, subjektiven Sichtweise heraus. Zum Thema Gastmusiker kann man jetzt noch nichts sagen, diese Dinge hatten sich in der Vergangenheit quasi von selbst angeboten, zum Teil auch sehr spontan, wir werden sehen.

MF: Wann können wir mit der Veröffentlichung rechnen?

Markus: Hoffentlich noch in diesem Jahr. Die Aufnahmen laufen gut und sollten im Spätsommer durch sein. Dann lässt man es erst mal ein paar Tage liegen um etwas Abstand zu gewinnen, dann wird wieder gegengehört, vielleicht noch mal was geändert. Der Plan ist aber VÖ noch in 2012.

MF: Wie würdet ihr den Unterschied zu den anderen Alben beschreiben?

Markus: Ein grosser Unterschied ist, das Chris (Gitarre) sich bei diesem Album kreativ mit einbringen kann. Als er zum Homeland-Album in die Band kam, war das Material ja schon komplett fertig, er hat es quasi nur komplett eingebolzt. Dieses Mal wird seine persönliche Kreativstilistik deutlich zum Tragen kommen. Insofern coloriert das gesamte Riffing.

Tommy: Das stimmt. Mit Chris (Moser - Gitarre) und Micheal (Stein - Drums) haben wir zwei
hervorragende Instrumentalisten im Line-up, deren Spielweise sich natürlich auf das Songwriting für das neue Album auswirkt. Da gibt es ordentlich was auf die Mütze und es wird auch einige überraschende Momente geben, die man so nicht von RC erwarten würde. Man kann also gespannt sein.

MF: Gibt es Besonderheiten die zu erwähnen sind?

Markus: Was bei allen Alben gleich war ist die Tatsache, dass sich auf jedem Album ein anderer Trommler verewigt hat. Mit Michael Stein haben wir jetzt einen Mann in der Truppe, der über jeden Zweifel erhaben ist, geiler Trommler, geiler Typ...

MF: Steht Andy Kunz von Vanden Plas erneut zur Seite für Inputs?

Markus: Momentan ist Andy noch sehr in die Theaterprojekte eingebunden, außerdem bereiten sich Vanden Plas auch auf eine neue Platte vor. Aber sicherlich wird es wieder eine Art magischer Moment geben, bei dem er sich mit ein paar unfassbaren Ideen einbringen wird.

MF: Am 16. Juni ist es ja soweit. Red Circuit kommen in die Schweiz. Leider musste ja letztes Jahr das Konzert ausfallen. Was war passiert?

Markus: Nun, ich hasse es kurzfristig Konzerte absagen zu müssen, aber in diesem Fall ging es einfach nicht anders. Chity war krank. Ich hatte noch probiert Andy Kuntz als Ersatz an den Start zu bringen (kein aussenstehender Musiker kennt das RC-Material so gut wie er), aber er hatte mit Vanden Plas am Theater auch eine Show zu spielen.

MF: Ist das nun das erste Konzert hier bei uns? Werdet ihr die Zeit nutzen um die Schweiz zu „inspizieren“ oder geht es in der Nacht gleich wieder zurück Richtung Frankfurt?

Markus: Ja, die erste Red Circuit Show in der Schweiz, wir werden eine entsprechende Duftmarke setzen. Alles andere werden wir sehen...

MF: Wie wird das Set aussehen? Gibt es vielleicht sogar schon neue Songs zu hören?

Markus: Ja, wir werden ein paar neue Songs zum Besten geben, um die Resonanz zu testen und um ein Feeling dafür zu bekommen, wie sich die Songs aus allen drei Alben Live ineinanderfügen.

MF: Wie kam es dazu, dass ihr im Doppelpack mit Appearance of Nothing spielen werdet? Das wird grossartig und passt perfekt.

Markus: Ja, das ist ein stimmiges Paket und wird hoffentlich ein perfektes Live-Erlebnis ergeben! Appearance of Nothing lag nahe, sogar sprichwörtlich. Ich kenne die Jungs ja nun schon seit einigen Jahren und habe mit Ihnen 2 Alben produziert.

MF: Habt ihr noch eine Message für die Schweizer Fans zum Abschluss?

Markus: Be prepared...

Tommy: Bitte zahlreich erscheinen! :-) Das wäre schon alles…