Interview: Redemption
By Liane P.
Redemption betraten erstmals Schweizer Boden und präsentierten in der Galery Pratteln ihr 5. Studio Album «This Mortal Coil». Der von schweren Schicksalsschlägen gebeutelte Nick van Dyk, Kämpfernatur und Mastermind der Band, zeigte sich höflich und redselig und scheute es nicht, mitten in der Nacht noch einen Plausch mit mir zu halten.

MF: Nick, danke für Deine Zeit! Ich habe gehört, du fühlst dich gesundheitlich angeschlagen, da ist es natürlich nicht selbstverständlich, dass du das Interview jetzt noch um diese Zeit durchziehst. (Anm. d. Red. 1 Uhr am Morgen!)


Nick: Ach, das ist in Ordnung. Ich habe recht schlecht geschlafen im Tourbus, aber das konnte ich vor der Show nachholen. Jetzt habe ich unglaublich viel Energie tanken können während dem Gig. Daher ist es mir eine Ehre für Metal Factory das Interview machen zu können.

MF: Das war also heute die erste Show in der Schweiz, ich hoffe ihr wart nicht enttäuscht?

Nick: Nein gar nicht, es war grossartig. Wir wussten gar nicht, was wir von dem Abend erwarten sollen, keine Ahnung wie viele Besucher überhaupt kommen würden. Wir waren extrem überrascht, all diese Leute zu sehen. Viele hatten unterschiedliche Redemption Shirts zu all den Platten, die wir bisher veröffentlicht hatten, an. Und viele haben die Texte mitgesungen. Das war beeindruckend.

MF: Lass uns ein wenig über das neue Album sprechen. Ihr habt eine Limited Edition mit sechs unterschiedlichen Cover Songs heraus gebracht. Man findet dort Elton John, Toto, Tori Amos und viele andere Künstler wieder. Die Auswahl ist untypisch, wer hat die Lieder ausgewählt und warum?

Nick: Nun, wir wollten einfach eine spezielle Auswahl, etwas Besonderes machen. Es ist nicht notwendig, nochmals irgendwelche Metal Songs zu covern, die bereits 100 Mal gecovert wurden. Es braucht keine weitere Version von «Hallowed By Thy Name» von Iron Maiden. Das kann eh keiner besser machen. Wir hatten sehr viel Spass damit unsere Auswahl einzuspielen. Wir nehmen das auch nicht zu ernst. Wenn du dir die Fotos in der CD anschaust, kommt das klar hervor. Ich wollte immer mal den Song «Funeral For A Friend» von Elton John covern. Leider kamen mir Dream Theater zuvor, daher musste ich fast 16 Jahre warten damit, sonst hätten die Leute sofort damit begonnen, die Versionen zu vergleichen. «Hold The Line» von Toto ist einfach fantastisch. Ray ist ein grosser Journey Fan, daher wollte er «Edge Of The Blade» unbedingt mit drauf haben. Wir fanden es alle recht spannend, den Starship Song neu aufzunehmen und ihn recht heavy zu gestalten. Die anderen beiden Songs hatten wir schon lange fertig, konnten sie aber bisher noch nicht veröffentlichen. («Love To Love»/UFO, «Precious Things»/Tori Amos)

MF: Der Titel «Blink Of An Eye» wurde für Ronnie James Dio geschrieben...

Nick: Das ist eigentlich eine lustige Geschichte, nun eigentlich ist es gar nicht lustig, eher sehr tragisch. Ein enger Freund von mir ist sehr gut mit Geezer Butler (Black Sabbath) und dessen Frau befreundet, die «Heaven And Hell» managed. Als Ronnie James Dio Krebs bekam, hat mir dieser Freund davon erzählt und mich mit Geezers Frau bekannt gemacht, da ich die Diagnose zum gleichen Zeitpunkt erhalten hatte. Wir hatten uns über diverse Arten der Therapie unterhalten und es wäre mein Wunsch gewesen, dass Ronnie beim Song «Stronger Than Death» ein paar Gesangslinien einsingt, nur leider ist es dazu nie gekommen, da er vorzeitig verstorben ist. Daher wollte ich ihn auf eine andere Art und Weise würdigen, da er für mich ganz grossen Einfluss hatte und musikalisch eine grosse Inspiration gewesen ist. Ich hatte Ronnie James Dio nicht unbedingt im Kopf, als ich den Song geschrieben hatte, aber ich wollte ihm am Ende den Song widmen und Respekt zollen.

MF: Du hast deine Gesundheit angesprochen, in wie weit wurde das neue Album davon beeinflusst?

Nick: Nun, das neue Album handelt nicht von meiner Diagnose. Aber der Einfluss ist natürlich schwer zu umgehen, wenn du dich mit solch einer Krankheit wie Krebs auseinander setzen musst. Man kann sagen, das Album wurde musikalisch dadurch geprägt, das in jedem Fall. Die Redemption Songs handeln fast alle von zwischenmenschlichen Beziehungen. Beziehungen mit Leuten im engen Umfeld, mit der Familie oder mit einem selbst. Und ich bin an einem Punkt gewesen wo mir bewusst wurde, dass man auf diesem Planeten nur eine limitierte Menge an Zeit zur Verfügung hat. Mit dieser Art von Diagnose durchläuft man viele emotionale Ebenen. Wenn du dich mit dieser Krankheit auseinandersetzen musst und Leute um dich herum sterben, dann beginnst du viele Dinge mit anderen Augen zu sehen. Das Album handelt von all diesen Emotionen, die da in einem ablaufen.

MF: Greg Hosharian (Keyboards) ist auf der Tour nicht mit dabei? Hat dies einen Grund?

Nick: Das ist wirklich eine ärgerliche Sache. Zwei Wochen vor Tourstart sagte er uns, dass er nicht mitkommen kann. Und zu dem Zeitpunkt hatte ich schon alles gebucht und sein Flugticket gekauft. Wir hatten sogar das ganze Programm zusammen einstudiert. Dann sagte er, er kommt einfach nicht mit. Er schaffe das zeitlich nicht. Das geht so nicht. Das war recht unvorhersehbar und es gab niemand, der die Keyboard-Parts in so einer kurzen Zeit hätte einspielen können. Die Musik ist hoch kompliziert. Da wir die Tour in keinem Fall absagen wollten, haben wir uns entschieden, das Keyboard vom Band spielen zu lassen. Ich glaube die Leute haben damit kein Problem. Es wäre schlimmer gewesen, wenn wir alles abgesagt hätten. Greg ist ein wunderbarer Musiker, aber er ist einfach nicht zuverlässig.

MF: Du spielst ja auch Keyboard, warum hast du den Part nicht übernommen und das Gitarrenspiel an jemand anderes abgegeben?

Nick: Ich habe einfach viel mehr Spass am Gitarre spielen. Ausserdem muss ich meine letzten grauen Gehirnzellen genug anstrengen, um das Gitarren-Spiel irgendwie hin zu bekommen. Zusätzlich dann noch die Keyboards, das wäre zu viel des Guten (lacht). Aber wir werden uns was einfallen lassen für die Zukunft. Mal schauen.

MF: Ray's Stimme hört sich im Vergleich zu den letzten zwei Alben rauer und anders an. Habt ihr etwas verändert? Es hört sich für mich so an, als wäre es live eingesungen. Die ganze Produktion empfinde ich rauer als zuvor.

Nick: Die Produktion an sich ist rauer, das stimmt. Es ist ganz anderes als das, was wir bisher gemacht haben. Neil Kernon, der das Album abgemischt und mit produziert hat, hat einen ganz eigenen und bestimmten Stil. Ebenso hat sich Ray's Stimme mit der Zeit verändert und er singt auch nicht mehr die hohen Töne. Aber das ist ok. Es gibt dem Album eine spezielle Note und hebt sich von dem ab, was wir bisher gemacht haben.

MF: Du bist hauptverantwortlich für das Songwriting, wie viel Einfluss haben die anderen Bandmitglieder?

Nick: Ja das stimmt, hauptsächlich bin ich dafür zuständig. Ich schreibe die Songs und schicke sie danach an die anderen und warte dann auf deren Feedback. Kleinigkeiten werden dann wieder angepasst. Also es ist nicht so, dass ich alles vorgebe. Alle können sich einbringen. Aber die Ideen kommen alle von mir. Ich bin ein armer Kerl, ich hab den grössten Teil an der Arbeit (lacht).

MF: Einige Songs berühren mich sehr was den Text betrifft, wie zum Beispiel «Black And White World». Welche Redemption Songs haben für dich eine besondere Bedeutung?

Nick: «Fall On You» zum Beispiel ist für mich von grosser Bedeutung. Ich habe den Titel für meine Tochter Parker geschrieben. Er reflektiert all die Gefühle und Ängste die man so als Vater hat, wenn man zuschaut, wie das eigene Kind gross wird. Es gibt so viele Einwirkungen von aussen auf die man selbst keinen Einfluss nehmen kann. Es ist eine wichtige Aufgabe, ein Kind gross zu ziehen und zu schauen, dass es ihm gut geht. In diesem Zusammenhang kommen in mir viele Ängste und Bedenken auf. Der Song handelt davon, was sich alles in meinem Kopf abspielt, wenn ich daran denke, was ihr widerfahren könnte.

MF: Danke für das Interview. Es hat mich gefreut dich zu treffen.

Nick: Ich danke dir für die Unterstützung. Es war mir eine Ehre.