Hier präsentiere ich euch das erste Interview aus einer
Reihe von Interviews, in der ich euch verschiedene Metal-Bands
aus der Schweiz ein bisschen näher bringen möchte. Gestartet
habe ich natürlich in meiner Umgebung hier in Schwyz (ist
alles so schön in der Nähe!! *grins*). Also viel Spass beim
lesen und freue mich auch über eure Meinungen und Kritiken,
einfach schreiben.......
In einem unscheinbaren Stall in Schönenbuch (SZ) liegt der
Proberaum der Band Scalpel, so rustikal das Äussere des Stalles
anmuten mag, im inneren haben die vier Jungs (Richi/ Vocals,
Sanchez/Guitar, Moser/Bass und Reto/Drums) ganze Arbeit geleistet.
Ein Proberaum bei dem man neidisch werden könnte, alles mit
Schalldämmenden Schaumstoff ausgekleidet, Konzert fähige PA-Anlage
vorhanden, Digitale Aufnahmegeräte, Mikrowelle und einfach
alles was das Musiker-Herz begehrt wurde reingepackt. Also
eine Band die es Ernst meint und wohl fast keine Kosten und
Mühen scheut für die Musik.
Seit gut einem Jahrzehnt prügeln Scalpel nun durch den Schweizer
Underground. Nach einer gut zweijährigen Konzert-Pause, in
der es Line-Up Wechsel und Stil-Wechsel gab, stehen sie nun
wieder auf der Bühne, somit ein guter Grund für mich die Band
mal zu besuchen um mit ihr über die Zukunft und vergangenes
zu sprechen.
MF: Erzählt zuerst mal etwas von eurer Entstehung
und von der Zeit bis zum jetzigen Line-Up.
Richi: Im Vollsuff hatten Ich, Chubbi, Mänä und Basi die Idee
eine Band zu gründen. Die ersten Proben fanden mit mir an
der Gitarre, Mänä am Gesang, Basi am Bass und Marc am Schlagzeug,
in der Garage bei mir zu Hause statt. So knüppelten wir eine
Zeit lang, bis dann meine Mutter nicht mehr schlafen konnte
und wir einen Proberaum suchen mussten. Den fanden wir in
Schwyz und gleichzeitig kam Luki an der Gitarre dazu. Ich
wechselte von der Gitarre zu den Vocals und Mänä und Basi
verliessen die Band. Als nächstes kam dann Reto dazu (derselbe
wie heute, aber damals noch an der Gitarre, Anm. d. Verf.)
und so blieb es bis Luki die Band wieder verlassen hat.
Moser: Vorher kam aber ich noch dazu. Richi fragte mich in
einem Vollsuff ob ich Interesse hätte.
Reto: Mich habt ihr auch in einem Vollsuff gefragt.
Richi: Ja, Alkohohl ist eine wesentliche Treibkraft in unserer
Band gewesen, aber heute sind wir natürlich Top solid. Nicht
mehr rauchen und trinken alles schlecht für die Stimme und
die Musik. (Gelächter) Dann hat uns Luki verlassen und Sanchez
ist für Luki eingesprungen, später hat uns dann auch noch
Reto verlassen.
Sanchez: Dann waren wir eine Zeit lang zu viert, nachher kam
Sager an der zweiten Gitarre dazu.
Moser: Also waren wir wieder zu fünft und nach einer Zeit
hatte Marc aus schulischen Gründen keine Zeit mehr für die
Band. Wir hatten dann sicher ein ganzes Jahr keinen Schlagzeuger
mehr. Und so kam Guido als Drummer dazu.
Richi: Guido befand sich in einer Ausbildung und so verliess
er uns nach einer Zeit wieder und wir hatten wieder keinen
festen Schlagzeuger mehr. Reto kam dann mehr Session mässig
ein paar mal spielen. Als wir ihn dann mit genug Bier bestochen
hatten ist er bei uns als fester Drummer geblieben.
Sanchez: Und als letztes hat uns Sager verlassen, somit wären
wir beim heutigen Line-Up.
Reto: Gegründet wurde die Band im Jahre 1993 und im 94 hatten
wir unser erstes Konzert.
MF: Dann habt ihr ja bald Jubiläum.
Richi: Ja bald mal. Ähm... unser erster Text hat natürlich
übers Trinken gehandelt, Vodka hiess dieses Stück und ist
so eine Art Rausch-Philosophie gewesen. (Gelächter)
MF: Seid ihr mit dem jetzigen Line-Up zufrieden oder
sucht ihr noch Mitglieder?
Reto: Wir sind eigentlich zufrieden so wie wir jetzt sind.
Ein zweiter Gitarrist wäre vielleicht nicht schlecht, aber
es wäre auch schwierig ihn wieder einzubinden. Mit der heutigen
Technik kann man ja auch mit einem Gitarristen vieles machen,
indem man ja die Gitarre zweimal abnimmt und zwei Boxen benutzt.
Wir sind jetzt auch voll am Proben und es ist alles ein bisschen
besser als früher; schneller, genauer und härter.
Richi: Ja, das Set ist jetzt doch relativ fest.
MF: Wie seid ihr eigentlich auf den Namen Scalpel
gekommen? Ist der auch im Suff entstanden?
Richi: Ja, der ist auch im Rausch entstanden. (Gelächter)
Wir wollten etwas das sich irgendwie schnittig und giftig
anhört. Scalpel, Messerscharf und gnadenlos!
MF: Wie ist es eigentlich zu euerer Stiländerung gekommen?
Im Gegensatz zu früher seid ihr heute mehr Ami-Death als Schweden-Death
orientiert.
Reto: Das ist wahrscheinlich dadurch gekommen, dass Sanchez
zu uns gestossen ist und er seine Einflüsse mit Reingebrungen
hat. Es liegt aber auch daran das wir unsere Instrumente besser
beherrschen als früher und wir technischere und kompliziertere
Musik machen wollten.
MF: Wie bezeichnet ihr eure Musik?
Sanchez: Natur-Death-Core-Alpenrock. Nein, einfach Death Metal.
Richi: Mundartrock, denn wir haben jetzt auch einen Text auf
Schweizer-Deutsch der Dr Närchtlig heisst, ist
gerade fertig geworden.
Reto: Ich würde sagen technischen Death Metal.
MF: Ihr seid eigentlich früher die härteste Innerschweizer
Band gewesen. Wie ist das heute, da es ja neue Death-Metal
Bands hier in der Region gibt? Habt ihr irgendwie Konkurrenzgefühle?
Richi: Also, im Saufen kann uns niemand schlagen. (Lacht)
Reto: Konkurrenz gibt es keine, denn wir sind mit all diesen
Bands gut befreundet und es ist auch ein grosser Zusammenhalt
da.
Richi: Ja, wir sind alles Kollegen und es ist nicht so das
ein Neid entsteht. Die härte einer Band ist sowieso immer
Ansichtsache, für den einen ist die Geschwindigkeit hart und
für den anderen ist der Groove etwas hartes. Wir sind sicher
nicht Softie von dem her, ich denke mal wir sind wahrscheinlich
härter als 80% der Bands die wir sonst von hier kennen.
MF: Wie ist es eigentlich in euren Anfängen gewesen
als die härtere Sparte des Metals noch nicht so Anklang gefunden
hat in der Region? Seid ihr auf viel negative Reaktionen gestossen?
Richi: Manchmal sind die Leute etwas böse geworden wenn man
auf der Bühne Feuerspeien ausgeübt hat.
Reto: Sehr viele Leute sind überrascht darüber gewesen dass
wir so hart waren. Da wir früher wirklich die härteste Band
in der Region gewesen sind.
Moser: Es ist eigentlich mehr positiv als negativ von den
Leuten aufgefasst worden.
Richi: Es hat hier früher praktisch keinen Death-Metal gegeben.
Das gröbste was es damals hier gegeben hat sind Bands wie
Verwaint und Raps Death gewesen. Doch sind diese Bands
wieder in anderen Bereichen der Musik angesiedelt gewesen
und wir waren damals wirklich schon Death-Metal, einfach noch
etwas Nordisch angehaucht.
MF: Ihr habt nach längerer Pause am Undergrind Freak
Fest in Sursee das erste Konzert gehabt. Wie waren die Kritiken
über das Konzert?
Richi: Das Konzert war gut, es hätte schlimmer kommen können.
Ich bin eigentlich zufrieden gewesen.
Moser: Wir sind sicher ein bisschen untergegangen neben den
grossen Bands wie Deeds of Flesh oder Pyaemia. Es ist natürlich
sehr schwierig solche Bands zu topen. Und gleich beim ersten
Konzert mit solchen Bands zu spielen ist natürlich mit grosser
Nervosität verbunden.
Reto: Es war aber sicher ein super Erlebnis!
Sanchez: Die meiste Kritik bekamen wir von unseren Kollegen
und von den Leuten die wir gut kennen, sonst eigentlich weniger.
Die Kritik war eigentlich durchaus Positiv.
Richi: Ich denke mal wir haben uns sicher nicht schlecht geschlagen.
Wir haben schon miesere Konzerte erlebt.
Reto: Es ist sicher eines der besten gewesen die wir bis jetzt
hatten.
Richi: Es sind natürlich auch alle mehr motiviert gewesen,
da dieses Konzert wirklich mit Death-Metal Bands gewesen ist.
Früher haben wir zwischendurch auch Konzerte mit Rockbands
gehabt und dann ist es einfach so gewesen dass dich das Publikum
ein bisschen schräg angeschaut hat, wenn du als Death-Metal
Band aufgetreten bist; da sie diese Musik ja gar nicht gekannt
haben.
MF: Dann habt ihr ja sicher auch ein Paar dazu bewegen
können Death-Metal zu hören?
Richi: Ja ja,... Viele dachten aber auch das Mikro sei wohl
kaputt. (Lacht)
MF: Ihr investiert ja ziemlich viel Zeit und auch
Geld in die Musik. Was gefällt und fasziniert auch denn so
an der Metal-Musik?
Reto: Es ist einfach etwas spezielles, es ist ein Lebensstil.
Es ist nicht nur die Musik selber, sondern es sind auch die
Kollegen, das ganze Umfeld und die vielen netten Leute, die
das Ganze ausmachen. Es gibt einem auch einfach Kraft.
Moser: Es füllt mich aus, sinnvoll eigentlich. Man lehrt immer
dazu und man kann nur besser werden.
Richi: Death-Metal ist wie eine Droge, wenn du einmal anfängst
auf der Bühne zu spielen, möchtest du am liebsten nicht mehr
runter. Es gibt dir wirklich eine gewisse Kraft, einen Kick,
wie Reto gesagt hat.
Moser: Es ist irgendwie wie das Feeling Sex, Drugs
and RocknRoll: (wobei es wohl eher DeathnMetal
heissen müsste, Anm. d. Verf.) Musik machen, Trinken und Weiber!
(Gelächter)
Richi: Andere saufen sich voll und schlagen dann drein und
bei uns geht die ganze Aggression und Brutalität in der Musik
raus; von dem her ist es von mir aus gesehen auch ein Ventil
und somit sind alles relativ friedliche Menschen in der Szene.
Aber trotzdem wird uns ja auch vorgeworfen wir seien irgendwelche
Blutrünstige weiss nicht was. Die Leute müssen nun mal einfach
etwas dummes herumreden. Wenn natürlich irgendwo ein Kreuz
umgeworfen wird oder so, ist das für die Medien ein gefundenes
Fressen.
MF: Seid ihr eher eine Band die weit vorausschaut
und sich die Ziele hoch steckt oder nehmt ihr das Ganze nach
und nach?
Reto: Ähm... also vor allem im letzten Jahr als wir mit diesem
Line-Up einen Neuanfang gehabt haben, haben wir unsere Ziele
schon gesetzt und wollen recht weit kommen; sicher viele Konzerte
machen und eine CD ist sicher auch in Planung. Wir wollen
auch vermehrt nicht nur in der Schweiz spielen, sondern auch
im Ausland Konzerte geben und nehmen dafür auch gerne mal
12 Stunden Fahrzeit auf uns.
MF: Wenn ihr neue Stücke schreibt, seid ihr dabei
eher Perfektionisten oder gebt ihr euch schnell mit einem
Stück zufrieden?
Moser: Die Stücke schreibt ja hauptsächlich Sanchez und ich
glaube schon das er ein Perfektionist ist.
Sanchez: Ja, ich habe schon ziemlich lange an einem neuen
Stück, soll heissen so um die zwei Monate im Durchschnitt.
Reto: Dann wird es auch noch ausgefeilt mit der ganzen Band,
bis wirklich jeder Schlag sitzt.
MF: Geht ihr dabei auch viele Kompromisse ein oder
sagt einfach nur Sanchez wie das Stück sich anhören soll?
Richi: Es werden schon Kompromisse gemacht. Es ist nicht so
das strikte Diktatur herrscht und gesagt wird nur so und nicht
anders. Es kann jeder etwas in die Stücke reinbringen; klar
es gibt Sachen die gefallen jemanden und dem andern wieder
nicht, aber wir werden uns schlussendlich immer einig. Man
kennt mit der Zeit auch den Stil der Leute und weiss wie man
sich reinleben kann.
Reto: Wir harmonieren recht gut, so dass es nicht immer in
jedem Stück Änderungen geben muss oder jemand sagt das ihm
das Ganze nicht gefällt.
MF: Wie sieht für euch ein perfektes Konzert aus?
Reto: Dass wir sicher die Leute mitreissen können, dass es
ihnen gefällt und sie auch die Köpfe schütteln, dass wir selber
fast fehlerlos spielen können und der Sound stimmt; darum
muss man auch beim Soundcheck darauf achten dass es gut klingt
und nicht das Ganze einfach nur dem Mischer überlassen und
denken, ist uns doch egal wies klingt.
Richi: Super ist es auch wenn der Funken springt und man merkt
die Leute wollen mitmachen. Heute ist es ja aber oft so dass
der grössere Teil des Publikums nur herumsteht, da die Leute
auch ein bisschen verwöhnt sind heutzutage, es gibt ja immer
mehr sehr gute Bands.
MF: Wenn ihr Früher gleich ansprecht,
habt ihr denn das Gefühl dass es früher besser gewesen ist
von der Stimmung und allem Drumherum her?
Richi: Früher haben die Leute einfach viel mehr Freude an
der Musik gehabt und heute steht man allem viel kritischer
gegenüber. Zu der Zeit als ich zu Konzerten ging, sind wohl
so 10 Jahre oder mehr, ist wirklich bei fast jeder Band gemosht
und mitgemacht worden. Heute stehen einfach viele Leute nur
noch da.
Reto: Ich denke es liegt wohl daran, weil es früher hier nicht
viele Konzerte gegeben hat und heute machen Swiss M.I.N.D.
oder die Metal Die Hard Front sehr viele Konzerte und somit
ist man teilweise einfach übersättigt. Man besucht sie aber
trotzdem, da immer mehr sehr gute Bands spielen und dann aber
nicht mehr so aktiv teilnimmt.
Sanchez: Der grosse Vorteil als Band ist wiederum, dass man
sicher sein kann das es den Leuten auch wirklich gefällt wenn
sie mal mitgehen.
Moser: Es liegt wohl auch daran das man den Leuten nicht mehr
einfach einen Müll vorlegen kann und erwarten kann das sie
trotzdem mitmachen. Man ist heute einfach viel kritischer
der Musik gegenüber als früher. Es gibt schon so viele gute
Bands die es zu topen gilt oder man mitzuhalten muss, der
Vergleich ist heutzutage einfach viel grösser.
MF: Meine letzte Frage noch, wie seid ihr zum Metal
gekommen?
Reto: Bei mir hat sich der Stilwechsel ganz krass vollzogen.
Zuerst hörte ich Michael Jackson und so, kannte also noch
kein Death-Metal, irgendwann hat mal ein Kollege ein Decide
Tape abgesielt und es hat mich einfach gleich sehr fasziniert.
Danach hab ich die Musik eigentlich alleine gehört, ich bin
also ohne Kollegen gewesen die diese Musik auch gehört haben.
So hab ich selber nach CDs Ausschau gehalten und später habe
ich dann meine heutigen Kollegen kennen gelernt die diesen
Sound auch hören.
Moser: Ich habe mehr mit so mit achtziger Jahre Pop, Nena
und Münchner Freiheit, also mehr Deutschem Zeugs angefangen.
Dann gab es einen Kollegen der ne Disco hatte, und früher
ist in den Discos sogar noch Iron Maiden gespielt worden,
so fing ich an Iron Maiden zu hören. Später hat sich das dann
gesteigert über Metallica, Slayer und Halloween war auch noch
dazwischen, so wurde es stufenweise immer ein bisschen krasser
und ein bisschen härter.
Sanchez: Bei mir wars mehr so der klassische Weg. Auf
unserer Schule sind die meisten immer mit Jeans-Jacken rumgelaufen
und haben Slayer und Metallica Aufnäher gehabt. Es hörten
auch alle AC/DC und so hab ich auch angefangen AC/DC zu hören,
danach Metallica und immer ein bisschen mehr.
Richi: Angefangen hats bei mir mit Pop-Musik, mit Kassetten
die ich von einem Kollegen bekommen habe und auch gehört habe,
aber es hat mir nie etwas so richtig gefallen. Irgendwann
bekam ich dann mal eine Kassette in die Finger auf der die
erste Scheibe von Kreator drauf war und das hat mir dann super
gefallen. Dann hats bald mit Bands wie Hellhammer und
Possesed angefangen und hat sich dann auch immer mehr gesteigert
bis in den Death-Metal. Früher hat man auch immer nach schnellerem
und noch extremerem gesucht und heute gibt es so viele extreme
Sachen das es fast nicht mehr überblickbar ist, früher war
das eine absolute Rarität. Getreu dem Motto: Schneller,
Härter, Lauter!
MF: Das wars, danke euch für dieses Interview.
Alle: Danke dir!
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