Interview: The Poodles
By Tinu
Musik als Ventil für die Emotionen.



Die schwedischen The Poodles sind ein Garant für gute Unterhaltungsmusik. Weit weg von neuen Geschwindigkeits- oder Härterekorden konzentrieren sich Sänger Jacob Samuel, Gitarrist Henrik Bergqvist, Bassist Pontus Egberg und Schlagzeuger Christian Lundqvist auf tolle Melodien und eine mitreissende Performance. Das haben sie auf den letzten fünf Studioscheiben eindrücklich bewiesen und konnten selbst den Abgang von Gitarrist, Produzent und Songschreiber Pontus Norgren schadlos überstehen. Mit dem letzten Streich „Tour De Force“ gingen die Jungs einen etwas anderen Weg, blieben aber trotzdem sich selber treu. Selbst der Band fiel dies auf und so fragte mich nach Christian dem Interview, wie denn das nächste Album klingen soll. Auf meine Antwort, dass The Poodles einfach immer sich selber sein sollen, meinte die komplette Band, das sei die beste Antwort, die sie jemals erhalten hätte. Das Gespräch mit Jacob und Pontus war geprägt von viel Spass, viel Lachen und auch ernsthaften Momenten. Die Jungs sind bodenständig geblieben und gehören zu den nettesten und freundlichsten Musikern, die es im Hardrock-Bereich gibt.

MF: «Performocracy» war in den schwedischen Charts auf Platz 1. Hat euch das überrascht?

Jacob: Nein, eigentlich nicht. Seit 2006 sind wir auf Tour und hatten schon vorher unsere Single-Chart-Erfolge. Das war unser viertes Album. Wir haben sehr hart dafür gearbeitet und «Performocracy» war ein fantastisches Werk...

Pontus: ...wenn du eine neue Scheibe veröffentlichst, kannst du nicht darauf zählen, dass die neuen Songs den Fans auch gefallen werden. Über das Resultat, oder besser gesagt das Feedback zu diesem Album, waren wir sehr glücklich.

Jacob: Auch mit dem neusten Streich «Tour De Force» sind wir mehr als nur zufrieden...

Pontus: ...und nur Madonna hat verhindert, dass wir wieder auf den ersten Platz der Charts kamen (beiden lachen).

MF: Das ist aber auch nicht fair!

Jacob: Nein, das ist es wirklich nicht (lautes Lachen)!

Jacob: Die Chart-Einstiege sind wichtig für eine Band. Speziell für die geschäftliche Seite. Alle, die das Gegenteil behaupten, sind nur frustriert, dass sie den Sprung in die Charts nicht schaffen. Schreiben wir neues Material, schielen wir dabei aber nicht auf die Charts, sondern versuchen uns selber treu zu bleiben und das Beste aus uns heraus zu holen. Das Material das wir mögen, findet auch den Weg auf die CD.

MF: Wie gross seid ihr in Schweden?

Jacob: Wow..., für eine Hardrock-Band sind wir in einer komfortablen Position. Das Mainstream-Publikum kennt uns...

Pontus: ...für eine Rock-Band ist es erstaunlich, wie viele Menschen uns kennen. Wenn uns selbst Grossmütter kennen, dann hat das schon was zu bedeuten. Diesen Umstand verdanken wir auch unserer Präsenz in den Medien.

Jacob: Du darfst nicht vergessen, dass wir schon einige Zeit im Business sind. Da waren wir immer sehr aktiv, es gab einiges zu lesen, so dass uns die Menschen nicht vergessen haben. Trittst du dann noch in den grossen und wichtigen TV-Shows auf, wird dein Bekanntheitsgrad um einiges grösser.

Pontus: Diese Medien bilden eine Meinung, die von der Mehrheit übernommen wird. Hast du diese Präsenz nicht, die wir glücklicherweise bekamen, wirst du länger im Untergrund musizieren. Der Name unserer Band, The Poodles, ist aber nicht nur in Schweden sehr bekannt. Auch wenn wir im restlichen Europa nicht den gleichen Status haben, geniessen wir in den anderen Ländern einen sehr guten Ruf. Wir waren immer auf den Bühnen zu sehen und es scheint, dass wir dort einen guten Job abliefern und es den Fans gefällt, wie wir unsere Songs performen. Klar, die Lieder kommen auch gut an (lachend). Wir wollen uns aber nicht auf unseren Erfolgen ausruhen, sondern werden und müssen immer weiter gehen, sonst ist man schneller weg vom Fenster, als dies einem lieb sein kann.

MF: Seid ihr bei euch zu Hause grösser als Joey Tempest und Europe?

J
acob: Nein! Den Status, welche Europe mit «The Final Countdown» erreichten, ist in der heutigen Zeit nicht mehr zu wiederholen. Dazu haben sich die Zeiten zu sehr verändert. Zudem sind die Jungs eine Inspiration und ein Alltime-Favourite für uns.

Pontus: Ja, absolut! Europe, das ist eine Band von einem ganz anderen Level. Das zu erreichen, davon können wir nur träumen.

MF: Nimmt man die Erfolge der letzten Scheiben: Wie gross war der Druck, das neue Material für «Tour De Force» zu schreiben?

Jacob: Nicht grösser als früher. Es bestand kein grosser Druck. Wir wollen gute neue Alben veröffentlichen und das ist der einzige Druck, dem wir uns aussetzen. Dabei versuchen wir, nicht den Boden unter den Füssen zu verlieren. Neues Material soll auch in unterschiedlicher Art getestet werden. Dabei sollen die Tracks typisch The Poodles sein, aber auch neue Grenzen überschreiten und niemals an Qualität einbüssen. Da kann es gut sein, dass wir aus 30 Songs auswählen und versuchen, die besten zehn bis dreizehn auf das Album zu pressen. Lieder, die auch einen roten Faden haben und den nicht verlieren sollen. Alle vier Musiker in der Band können Songs schreiben. Das stärkste Material soll jeweils aufs Album kommen und von den unterschiedlichen Charakteren, wie wir die Tracks schreiben, leben. Der Druck bei «Tour De Force»» - In meinen Augen ist es das spielerischste Werk geworden. Bevor wir die Vorproduktion starteten, haben wir sehr viel zusammen geprobt. Das ist einer der wichtigsten Unterschiede zu den anderen Scheiben. Früher wurde die Vorproduktion nur zwischen dem Produzenten und mir abgehalten.

Pontus: Dieses Mal schlossen wir einen sehr langen Songwriter-Prozess mit sehr vielem Material ab. Die richtigen Tracks für die Scheibe auszuwählen, war schlussendlich die härteste Arbeit und artete fast zu einem Wettbewerb aus (lachend). Die Songs widerspiegeln mehr die Band The Poodles, als dies jemals der Fall war. Wir waren spielerisch und musikalisch auf einem ganz anderen Level. Darum bin ich über «Tour De Force» so glücklich, wie es schlussendlich geworden ist.

Jacob: Es war nicht unser erstes Werk. Da ist es sehr wichtig, den kompletten Prozess zusammen mit der Band als Einheit zu gestalten. Das sind oftmals Kleinigkeiten die entscheiden, für welchen Song oder welchen Part man sich entscheidet. Früher standen wir vier bis fünf Monate im Studio. Beim letzten Werk haben wir einen Monat intensiv zusammen geprobt und waren am Schluss sechs Wochen im Studio.

MF: Das klingt nach einer sehr lockeren Angelegenheit...

Jacob und Pontus zusammen: ...ja, absolut!!!

Pontus: Die Zeit im Studio war um einiges leichter, als bei den letzten Scheiben. Auch weil wir zu Hause unsere Aufgaben sehr pflichtbewusst erledigten und äusserst gut vorbereitet ins Studio gingen.

MF: Gibt es einen Song, der euch besonders am Herzen liegt?

Pontus: Zu viele (lautes Gelächter)

Jacob (überlegt lange): Das ist eine schwierige Frage...

Pontus: «Viva Democracy» ist einer meiner absoluten Favoriten. Da sind wirklich ein paar sehr gute Lieder drauf. «Misery Loves Company», «Shut Up!»...

Jacob: ...sag nicht alle auf, lass mir auch noch ein paar (lachend)...

Pontus: ...okay (lachend)...br>
Jacob: «Viva Democracy» liegt mir sehr am Herzen. Das ist ein politisches Statement, aber... «Kings & Fools» und «Viva Democracy» eröffnen ein neues Kapital in der Band. Ich mag den Eröffnungstrack «Misery Loves Company» sehr, der eher in die klassische Phase von The Poodles eintaucht. Wir sind auf das komplette Werk sehr stolz und freuen uns jeden Abend, die Lieder auf der Bühne spielen zu können.

MF: Mein Lieblingssong ist «En För Alla För En»...

Jacob: ...das ist so eine verrückte Geschichte für uns. Das ist ein Song mit einem schwedischen Text. Den haben wir ohne grosse Erwartungen auf die Scheibe gestellt, da die Wenigsten der schwedischen Sprache mächtig sind. Aber jeder den wir fragten, sagte, dass dieser Song auf die Setliste müsse. Ich liebe diesen Song total, er ist grossartig. Das ist wirklich ein gutes Stück, das wir abgeliefert haben...

Pontus: ...we did a fucking great job (lachend)!

MF: «Shut Up!» klingt nach den alten Van Halen. Standen die Amis da ein bisschen Pate?

Jacob: Oh ja, Van Halen ist eine unserer grössten Einflüsse und Lieblingsbands. Das ist es schwierig... - So etwas geschieht nicht mit Absicht, und du schielst nicht bewusst auf etwas. Aber dieses Riff ist sehr stark von Eddie Van Halen beeinflusst.

MF: Ist der Text von (Jacob und Pontus lachen schon) von «Shut Up!» jemandem Bestimmten gewidmet?

Jacob: Der ist dem Rest der Truppe gewidmet (schallendes Gelächter)

Pontus: Schreib das bloss nicht (erneut schallendes Gelächter)!

Jacob: Hei Jungs, das tut uns sehr leid, war nicht so gemeint (Gelächter)! Es gibt Leute, von Zeit zu Zeit, die haben einen solchen Track verdient. Da muss man gar nicht mehr viel dazu sagen, ausser: „Hör dir diesen Song an!!!“

MF: Wenn wir schon bei den Texten sind, was beschreibt ihr bei «Leaving The Past To Pass»?

Jacob: Oh ja, das ist ein Text von Hendrik und er hat lange mit mir darüber gesprochen. Das Lied stammt von Hendrik und dir.

Pontus: Ja..., tja, wenn eine Beziehung den Bach runter geht... - Wenn die Zeit kommt, dass man etwas beenden und weiter gehen sollte.

Jacob: Vom ersten Moment an, als ich diesen Track hörte, habe ich mich in ihn verliebt. Für mich hat der Text eine tiefere Bedeutung. Du kannst diese Lyrics auf so viele Situationen in deinem Leben ummünzen. Dabei können sie auf einen Freund, eine Beziehung oder den Weg des Lebens bezogen sein..., zumindest in meinen Augen...

Pontus: ...ja, wenn die Zeit da ist, einfach weiter zu gehen. Dabei hast du keine Ahnung, was zukünftig passieren wird, aber den Weg zurück ist nicht mehr möglich.

Jacob: Es ist immer schwer an einer Grenze zu stehen, Mut zu fassen den Schritt zu wagen und Dinge zu verändern. Es ist so wichtig, diese Schritte zu gehen. Musik und Texte können ein Ventil für einen emotionalen Zustand sein. Das ist schrecklich, wenn man diese Emotionen nicht zulässt und versucht, sie zu unterdrücken. Dabei gibt es Momente, die muss man mit all seinen Höhen und Tiefen durchleben.

Pontus: Solche Lieder können dir helfen, Situationen zu überleben.

Jacob: Die Zeit geht vorbei und heilt irgendwann alle Wunden. Kannst du beim Songschreiben deine Emotionen zulassen, komponierst du solche Stücke wie «Leaving The Past To Pass». Das ist ein Zufluchtsort und beschreibt sehr trefflich wer ich bin, woher ich komme und wohin ich gehe.

MF: Wie seid ihr von «7 Days & 7 Nights» («Clash Of The Elements») zu «40 Days And 40 Nights» («Tour De Force») gekommen?

Jacob (lachend): Durch 33 Tage und Nächte mehr (schallendes Gelächter von Beiden). Der einfache Grund ist, wir haben «7 Days & 7 Nights» gar nicht geschrieben. Die Frage ist...

Pontus: ...wohl eher die Antwort (Gelächter)...

Jacob: ...«40 Days And 40 Nights» handelt von einer ähnlichen Situation, wie vorher beschrieben. Du hast Zeit etwas zu ändern, weisst aber nicht, wohin dich deine Reise führen wird.

MF: Besten Dank für das sehr lustige Interview.

Jacob: Es war eine Freude, dich wieder zu sehen und danke für deine Unterstützung!

Pontus: Ich kenne dich aber schon länger!

MF: Ja, du hast hier zusammen mit Lions Share gespielt...

Pontus: ...stimmt, ach wie die Zeit vergeht...

Jacob: ...auch du wirst nicht jünger (lachend). Es hat Spass gemacht mit dir Martin, danke für alles!