Livereview: "25 Jahre Outsider-Shop"
GurD - Killer - Contorsion - The Order - Blutmond
27. August 2011, Olten - Restaurant Coq d'Or
By Rockslave

Obwohl die Freude über dieses schöne und beileibe nicht selbstverständliche Jubiläum überwiegt, wird man gleichermassen daran erinnert, wie die Zeit vergeht, respektive vergangen ist. Und wenn man (wie ich) das Glück hat, in der Gegend zu wohnen, wo sich der Outsider-Shop schon immer befunden hat, weiss man das umso mehr zu schätzen.


Holy hell..., wieviel Kohle habe ich dem Tyrant alias René "Fribi" Freiburghaus in all den Jahren schon in die Kasse befördert? Ich will es gar nicht wissen, obwohl es natürlich noch ein paar Freaks mehr gibt, die dem kahlköpfigen Metalhead und glühenden Jag Panzer Verehrer bereits die halbe Rente vermacht haben. Doch wir wollen hier jetzt nicht herum jammern, sondern gemeinsam auf dieses bemer-kenswerte Ereignis anstossen und die Fäuste in den Himmel recken. Nach der 20%-Rabatt Aktion im Laden mit spendiertem Freibier vom Chef, stieg dann am Abend die offizielle Party im Restaurant Coq d'Or in Olten, gleich hinter dem Bahnhof. Nebst viel Live-Sound im Keller, legten oben Dj Suri und Dj Mumme eine Lärmscheibe nach der andern auf.

The Order
Eigentlich standen Gianni Pontillo und seine Jungs ursprünglich gar nicht im Lineup! Weil die Black Angels (ja, genau die Rockband aus Schaffhausen!) jedoch kurzfristig absagten, musste das OK rasch für einen adäquaten Ersatz sorgen. Dass schliesslich The Order in die Kränze kamen, respektive sich bereit erklärten kurzfristig einzuspringen, kann eigentlich getrost als glückliche Fügung des Schicksals bezeichnet werden. Im Wissen um die unbestreitbaren Live-Qualitäten dieser geilen Combo war abzusehen, dass der Start für die offizielle "Outsider-Shop"-Party nicht besser hätte ausfallen können. Im Kellergewölbe des Coq, wo mittlerweile eine brauchbare, eigene Haus-PA rein gestellt wurde, ging es vor einer bereits ordentlichen Schar an Fans gleich zur Sache, als The Order die Bühne enterten und mit «Madman With Loaded Guns» von ihrem ersten Longplayer «Son Of Armageddon», gefolgt von «As One Tonight» das Untergeschoss rockten. Die Band spielte von Anfang an tight auf und Shouter Gianni war bestens bei Stimme. «Sex, Drugs & Rock'n'Roll» schlug dann als Opener des Albums «Rockwolf» die Brücke zum aktuellen Release. Doch im Grunde spielte es keine Rolle, welcher Song gerade dran war, denn eigentlich gehen alle ziemlich flott ab. Sei es als Hardrock-Perle wie «In The Heat Of The Lonely Night» oder der groovige Rocker «Burning Bridges», dessen catchy Refrain noch lange in den Gehirnwindungen haften bleibt. Nach gut 50 Minuten hatten The Order ihren Job als erste Anheizer des Abends mit Bravour hinter sich bringen können.

Setliste: «Madmen With Loaded Guns» - «As One Tonight» - «Sex Drugs & Rock'n'Roll» - «On The Radio» - «Love Ain't A Game To Play» - «Mama, I Love Rock'n'Roll» - «Satisfaction» - «In The Heat Of The Lonely Night» - «Let The Good Times Roll» - «Burning Bridges» - «Son Of Armageddon».

Contorsion
Da die Umbaupausen generell mit etwa 15 Minuten veranschlagt wurden, ging es schon bald wieder weiter auf der kleinen, aber feinen Bühne des Coq d'Or. Stilistisch gab es nun eine Kehrtwende in Richtung härteres Gebräu, denn die Band um Frontmann Marc Torretti (Ex-Lunatica, dort aber als Gitarrist tätig) schlug andere Töne an. Thrash Metal im Fahrwasser von Exodus, Heathen, Testament und Konsorten stand jetzt auf dem Menü-Plan. Letztes Jahr kam das gelungene Debüt «Solace Through Lies» auf den Markt und davon wurden nach dem Intro gleich die ersten drei Songs des Albums energiereich runter geholzt. «In Shadows They Hide» schloss nahtlos an und lieferte mit den zwei Gitarristen Luca Rossi und Sime Freiburghaus das volle Brett. Dazu konnte man vor der Bühne natürlich nicht einfach untätig davor stehen und so kreisten bald einige lange Matten um die Wette. Was sich schon bei The Order ansatzweise zeigte, wurde bei den Aargauer Thrashern weiter gefördert, nämlich das kontinuierliche Ansteigen der Temperatur im Konzertstollen unten. Marc war bald schweiss-gebadet und der Sauerstoff fehlte zunehmend nicht nur dem Publikum. Allerdings kam der geforderte Mosh-Pit nicht zu Stande, was aber die Freude am Gezeigten nicht minderte, im Gegenteil! Contorsion machten keine Gefangenen, liessen nicht locker und hängten hinten, wie zu Beginn ihrer Show, wiederum drei neue Songs an. Zusammen mit dem bereits gespielten Brecher «Audit Terror» (mit geilen Slayer- und Metallica Zitaten) wurden dem Publikum nicht weniger als sieben der total elf Songs von «Solace Through Lies» live vorgestellt. Thrash 'til death!!

Setliste: «Intro» - «Insane» - «Highway To The Doom» - «The Contract» - «In Shadows They Hide» - «Audit Terror» - «Betrayal» - «Kick That Dirt» - «Cold-Blooded» - «Thrash Metal Domination».

Killer
Wenn man Fribi das vor 25 Jahren gesagt hätte, dass die neben Krokus wohl bekannteste Rockband aus dem Kanton Solothurn zum Jubiläum, zu seinem Jubiläum aufspielen würde, hätte er jedem einsamen Rufer in der Wüste in seiner unnachahmlichen Art glatt ins Gesicht gelacht. Tja, wer hätte im Ernst wohl daran gedacht, dass Mastermind Crown Kocher nochmals der Gruft des Vergessens entsteigt und mit frischem Blut alte Klassiker wie neues Material einem zahlenden Publikum darbieten würde?!! Mittlerweile wissen wir es besser und nach den ersten Gigs im Frühling und Frühsommer stiegen neben dem Oberindianer aus Luterbach noch Andy Lickford (v), Urs "Noisy" Müller (b), Rob Strangler (g) und Andy Schumacher (d) auf die Bühne in Olten. Nachdem der letzte Auftritt Ende Mai in Balsthal, respektive dem ich beiwohnte, aus mehreren Gründen zum Vergessen war, musste heute Abend zwingend eine Steigerung her. Das gut gelaunte und ziemlich aufgewärmte Publikum bekam zu meiner persönlichen Freude nicht nur dies vorgesetzt, sondern kam auch in den Genuss von insgesamt vier neuen Songs ab dem kommenden Longplayer, der nächstens mal in die Läden kommen sollte! Den Anfang machte mit «Get Up Get Down» zuerst aber ein standes-gemässer, alter Kracher aus vergan-genen Zeiten, respektive es war gleichzeitig der Opener des berühmten Debüts «Ladykiller», das heuer satte 30 Jahre auf dem Buckel hat! Nach «Come Along», einem weiteren Track aus dieser Zeit, folgte mit «Rock The Nation» der erste Happen Frischfleisch ohne Ablaufdatum. Andy Lickford liess stimmlich nichts anbrennen heute Abend und überhaupt war dies klar der beste Auftritt, den ich bisher von Killer gesehen hatte. «Man With A Gun», «Rock The Fire» und «Girls In Leather» hiessen die drei weiteren Appetizer zum bevorstehenden Langeisen mit dem Jahrgang 2011. Crown und seine Jungs hielten mit ihrer agilen Rock-Show die abnormale Bruthitze weiterhin oben, so dass der Chef vor den Zugaben backstage kurz vor dem Umkippen stand und nach eigener Aussage bereits "Sternchen" leuchten sah. Wer selber dort unten zugegen war, kann das sicher nachvollziehen, denn das Atmen fiel auch mir immer schwerer, doch es sollte noch "schlimmer" kommen!

Setliste: «Get Up Get Down» - «Come Along» - «Rock The Nation» - «Man With A Gun» - «Never Touch A Tiger» - «Rock The Fire» - «Take Me Break Me» - «Girls In Leather» - «Break My Chains» - «Pure Dynamite» - «Crazy Daisy» -- «Ladykiller (ausgelassen!)» - «Sell Your Soul (ausgelassen!)».

GurD
Was nun folgte, und dies mit einer mittlerweile ordentlichen Verspätung auf die offizielle Running Order, hätte ich so nicht gedacht und noch weniger auf dem Plan gehabt. Mir ist wirklich schleierhaft, wie ich dieses längst etablierte Schweizer Aushängeschild metallener Groove-Klänge so lange kaum wirklich beachtet habe, Schande über mein Haupt! Doch ich bekam schon bald die Gelegenheit, diese Scharte gebührend auszuwetzen! V.O. Pulver (lead v/g), Pat (g/v), Franky (b/v) und Steve (d) hatten rund zwanzig Minuten vor der Geisterstunde kaum angefangen zu spielen, als das finale Inferno des «25 Jahre Outsider-Shop» Jubiläums seinen Anfang nahm. Wenn man diesen, um es gleich vorab zu erwähnen, absolut kultigen Auftritt kürzest möglich zusam-men fassen müsste, dann bleibt nur ein Wort übrig: Wahnsinn!! Der thrashig gehaltene Groove-Metal mit Metalcore Zitaten (mir kommen hierzu vor allem die alten Merauder in den Sinn) war sowas von oberfett und auf den Punkt gespielt, dass der Pogo mit Circle-Pit nicht lange auf sich warten liess. Was Contorsion zuvor leider nicht gelang, wurde von GurD innert Minutenfrist entfacht. Mit «Never Fail» und «Terminate» fanden darüber hinaus noch zwei brandneue Tracks des im Oktober erscheinenden Silberlings «Never Fail» Einzug in die Setliste. Daneben gab es einen guten Querschnitt des bisherigen Backkataloges zu geniessen. Spätestens beim mörderischen Groove-Monster «What Do You Live For» brachen beim Rezen-senten die letzten Dämme und ich ging über in wüstestes Headbangen wie schon lange nicht mehr. Obwohl ich genau wusste, was mir danach blühte, gab ich alles, was ich (in meinem Alter) noch geben konnte. Selbst der Jubilar liess es sich nicht nehmen, kam auch dazu und liess seinen kahlen Schädel im Takt kreisen. Die Hitze und Feuchtigkeit spitzte sich derweil weiter zu und ich denke jetzt mal, dass es mindestens 35 Grad wenn nicht noch mehr waren. Das Resultat dieses beherzten Körpereinsatzes nebst den zu Brei gewordenen Nackenwirbeln waren natürlich klitschnasse Kleider. Die Glücksgefühle gab es aber kostenlos und sowas ist einfach unbezahlbar. Davon hatten die Fans offensichtlich noch nicht genug und so wurden die lauten Zugaberufe mit zwei zusätzlichen Songs belohnt, wovon das abschliessende Kiss-Cover «War Machine» nochmals alles in Grund und Boden walzte. Diese insgesamt 60 Minuten hatten es definitiv in sich und nebst der wieder entdeckten 97er CD «Infect», die jetzt jahrelang in meinem Regal stand und Staub angesetzt hatte, sind über eBay bereits drei ältere Scherben in Best-Qualität aufgespürt und an Land gezogen worden.

Setliste: «Learn» - «Your Drug Of Choice» - «Never Fail» - «What Do You Live For» - «Bang!» - «I.O.U. Nothing» - «Rule The Pit» - «Seducer» - «Get Up» - «Terminate» - «Skin Up» -- «We Will Resist» - «War Machine».

Blutmond
Nach dem ultrabrachialen Auftritt von GurD lichteten sich die Reihen merklich, da alle zuerst mal einen kräftigen Happen frische Luft holen mussten und anschliessend überwiegend oben blieben oder von dannen zogen. Nichtsdestotrotz bauten die Musiker von Blutmond ihr Set in aller Ruhe auf, respektive um. Um etwa 1.20 Uhr war die fünfte und letzte Band bereit, ihren schwarzmetallischen Sound auf das verbliebene Häufchen los zu lassen. Was gleich auffiel, da so vorher noch nie gesehen, war Marc mit seinem Saxophon!! Black Metal mit einem Big-Band Instrument!? Ob sowas funktionieren kann?? Ich glaubte es zuvor auch nicht, aber ich musste mich dann bald eines Besseren belehren lassen. Nach ersten Karriere-Schritten im Jahr 2004 (und anderem Lineup) kam dann zwei Jahre später das Debüt «Endzeit» heraus. Es folgten viele Auftritte und die Fanbase wuchs stetig. Im Herbst 2010 wurde «Thirteen Urban Ways 4 Groovy B» als Nachfolger auf die Menschheit losgelassen. Der typischen Genre-Attribute überdrüssig beschlossen Blutmond fortan einen anderen Weg zu gehen. Dass dem wirklich so ist, hörte man bald, denn der Sound war sehr vielschichtig, mitunter fast progressiv aufgebaut und wechselte oft zwischen laut und leise hin und her. Den Gesang teilten sich Gitarrist John und Bassist Jerry, wobei Letzterer sich voll ins Zeug reinlegte und seine sehr lange Haarpracht entsprechend zur Geltung brachte. Vom Optischen her wurde mit blau und weiss gehaltenem Licht plus Trockeneis eine teilweise wahrlich apokalyptische Stimmung erzeugt. Dazu eben immer wieder auch Saxophon-Töne, die schon ziemlich gewöhnungsbedürftig waren. Zusammen ergab das jedoch wirklich was Einzigartiges, obwohl diese Chose gar nicht mein Ding war. Blutmond sind wahrlich nicht leichte Kost und sprechen daher ein spezielles Publikum an. Diejenigen, die noch da waren und bis zum Schluss ausharrten, fanden es mehrheitlich gut bis genial. Unter dem Strich war an diesem denkwürdigen Jubiläum zumindest für jeden Fan von harter Musik was Passendes dabei, und wer dann immer noch nicht genug hatte, konnte sich im Restaurant oben noch bis etwa 3.30 Uhr von Suri und Mumme den Rest geben lassen. Mein edles Haupt fiel schliesslich erst um 4.30 Uhr völlig geplättet ins Kissen und ein paar Stunden später stellte ich dann (in meinem Kopf) fest, wie wild dieser Abend war. Danke "Outsider-Shop", danke Fribi und mögen uns noch viele Jahre mit viel guter Musik und Freunden gegönnt sein! Metal is forever..., forever!

Setliste: «Friday» - «Good Morning» - «Workin' Poor» - «De Neui» - «Crysys» - «You» - «De Krass Neui» - «Suburbs».