Livereview: 30 Seconds To Mars - Carpark North
07. Dezember 2010, Basel - St. Jakobshalle
By Rockslave - Pics by Daniel Strub
Genau eine Woche früher sah es an gleicher Stelle bei Airbourne in der Halle drin ziemlich leer aus! Nun bemerkte man aber schon bei der Vorbeifahrt, dass heute Abend wesentlich mehr Leute nach Basel gepilgert waren. Der Grund dafür hiess 30 Seconds To Mars und deshalb war der Überschuss an junger wie holder Weiblichkeit eklatant. Die Band um den amerikanischen Schauspieler Jared Leto (v/g) und seinen Bruder, Schlagzeuger Shannon Leto, wurde 1998 aus der Taufe gehoben und das selbstbetitelte Debüt von 2002 verkaufte sich immerhin schon über 100'000 Mal. Drei Jahre später wurde das zweite Album «A Beautiful Lie» bereits in der zehnfachen Menge abgesetzt und damit war der Kessel geflickt. In der ungefähren Schittmenge von U2, Coldplay, Muse und Puddle Of Mudd als einer Vertreter der Alternativ Rock-Ecke setzten sich Ohrwürmer wie «Attack» und «The Kill» bald in den Teenie-Gehörgängen fest. Der aktuelle Release «This Is War» (2009) ist ebenso auf Platin-Kurs. Im Vorprogramm spielten wieder die sackstarken Carpark North aus Dänemark.

Carpark North

Der Hinweis von wegen "wieder" bezieht sich auf den letzten Besuch in der Schweiz, wo man im letzten Frühling zusammen mit dem heutigen Headliner das total ausverkaufte Volkshaus in Grund und Boden rockte. Deshalb war ich gespannt, wie sich das heute in einer deutlich grösseren Location anhören würde. Die Synth Rock-/Elektropop-Band aus Dänemark war bislang vor allem in der Heimat sehr erfolgreich und meine Wenigkeit war damals in Zürich wirklich hin und weg! Sänger und Gitarrist Lau Højen ist dabei mit seiner markanten Gesangsstimme Dreh- sowie Angelpunkt und die Band hat echt ein feines Händchen, das Flair der 80er mit der Essenz von Kraftwerk (den deutschen Elektro-Urvätern) und eigenen Ideen aus der Pop-/Rockecke zu einer interessanten Mischung zu verschmelzen. 50'000 allein in Dänemark verkaufte Debüt-Alben bedeuteten dort Platin und auch die beiden nachfolgenden Scheiben «All Things To All People» (2005), «Grateful» 2008 und «Lost» von letztem Jahr (eine Art Re-Release mit einer Neueinspielung) führten die angefangenen Traditionen fort. Zudem sind Carpark North eine ausgeprochen gute Live-Band und darum erwachte die St. Jakobshalle nach den zu Beginn etwas verhaltenen Reaktionen doch zunehmend. Das beflügelte die Dänen spürbar und liess den tanzbaren Sound regelrecht fliessen. Richtig laut wurde es jedoch plötzlich, als Jared Leto unvermittelt auf der Bühne auftauchte und ein paar Takte mitsang. Er trug eine Art Pelzmütze auf de Kopf, um wohl nicht sofort erkannt zu werden. Die spontane Einlage, die Jared noch für ein paar Fotos nutzte, heizte die Stimmung weiter an und selbst die in meinen Augen unnötige Cover-Triplette mit Pink Floyd, Eurythmics und Coldplay-Tunes wurde wohlwollend aufgenommen. Das fand ich allerdings schade, denn man hätte noch genügend geiles, eigenes Material im Köcher gehabt. Wie dem auch sei, das gut 45-minütige Konzert überzeugte auch in Basel, obwohl es in Zürich insgesamt besser rüber kam. Wer bislang noch nie etwas von den Dänen gehört hat und sich poprockige, mitunter spacige wie melodiöse Klänge mit einem Schuss Electronica vorstellen kann, sollte sich mal um die erhältlichen Tonträger bemühen.

30 Seconds To Mars
Auch wenn die audiovisuellen Dimensionen nicht an Muse oder Coldplay heran reichen, so war es zumindest in Zürich dennoch ziemlich fett, was da aufgefahren wurde. Hier in Basel war alles mal prinzipiell grösser, aber auf den ersten Blick sah man der Bühne noch nicht so viel an. Als die Jungs auf die Bühne kamen, war auf jeden Fall mal ziemlich der Teufel los in der St. Jakobshalle. Zumeist laut kreischende Girls beherrschten die Szenerie der ersten Minuten und dass die linke wie rechte Bühnenseite ebenfalls mit Fans bevölkert war, sieht man nicht alle Tage. Bevor es aber losging, lief noch Van Halens «Running With The Devil» über die PA (so geil!) und diesen Kultsong dürfte kaum jemand in der Halle ge-, respektive erkannt haben. Für den Opener «Escape» hatten sich die Amis aber noch was Spezielles für das Schweizer Konzert einfallen lassen, denn nicht weniger als drei Alphorn-Bläser sorgten quasi für das Intro! Weiter ging es dann mit «Nighthunter», wo man bereits einen ersten Geschmack der Lightshow geniessen konnte. Spätestens bei «A Beautiful Lie» war es dann offensichtlich, dass Frontmann Leto wohl erkältet und deshalb nicht so gut bei Stimme war. Die Ekstase unter den Girls verflog parallel dazu kontinuierlich und es brauchte den Smasher «Attack», um das Volk wieder zu mobilisieren. Hätten U2 «Search And Destroy» performt, wäre wohl auch viel mehr los gewesen. Da die Reaktionen zu «Vox Populi» recht ernüchternd ausfielen, merkte man Jared Leto zunehmend an, dass er darüber irgendwie recht angespisst war und mit einigen Aufmunterungsversuchen konterte. Auf einmal hatte einen grossen, tragbaren Scheinwerfer in der Hand und zündete damit in der Halle rum. Als er eine seitlich sitzende Besucherin verbal..., na sagen wir mal etwas provozierte, zeigte sie ihm zunächst mal den gestreckten Mittelfinger! Das kam überraschend und sorgte kaum für Begeistungsstürme.

Danach war der Faden irgendwie gerissen und trotz ein paar aktiven Jump-Einlagen kam nicht wirklich eine anhaltende Stimmung auf. Derweil gaben 30 Seconds To Mars ihrer Lichtanlage die Sporen und da erinnerte dann Einiges an Muse. Mit der ausgedehnten Akustik-Einlage schonte der musizierende Schauspieler anschliessend seine Stimme etwas und trug nicht weniger als fast fünf Songs in dieser Art und Weise vor. Ok, «The Kill (Bury Me)» war halbakustisch. Hierzu wurde natürlich andächtig gelauscht und auf einmal war die Band von der Bühnte runter gegangen. Als erste Zugabe kam «Hurricane», wo Letos Stimmbänder voll am Limit waren, doch das störte niemanden gross und mit dem finalen «Kings And Queens», wo traditionsgemäss ein paar Dutzend auserwählte Fans auf die Bühne geholt wurden, sollte das typische Coldplay-Feeling erzeugt werden, was aber nur bedingt gelang. Klar war etwas los und es wurde auch noch einmal ordentlich mitgesungen, aber in Zürich brannte die Hütte lichterloh. Davon war in Basel bis auf ein paar Ausnahmen nur wenig zu spüren und ich konnte es mir eigentlich auch nicht so recht erklären, warum die ausverkaufte St. Jakobshalle nicht Kopf stand. Mit total rund zweieinhalb Stunden Spielzeit bekam man aber was fürs Geld und es bleibt abzuwarten, ob 30 Seconds To Mars den Anschluss zu U2, Muse und Coldplay noch schaffen werden. Es macht schon noch einen Unterschied, ob man 9'000 Fans oder eben stadionfüllende 40'000 und mehr mobilisieren kann. Die Aura ist auf jeden Fall vorhanden und der Hype wie das Interesse sind nicht nur auf das beeindruckende Sixpack von Herrn Letos Frontpartie zurück zu führen. Tags zuvor sollen in Oberhausen (D) dem Vernehmen nach übrigens satte 12'000 Fans (!) ziemlich aus dem Häuschen gewesen sein.

Setliste: «Intro (mit 3 Alphörnern!)» - «Escape» - «Night of The Hunter» - «A Beautiful Lie» - «Attack» - «Search And Destroy» - «Vox Populi» - «This Is War» - «100 Suns» - «Closer To The Edge» - «L490» - «Alibi (acoustic)» - «From Yesterday (acoustic)» - «Was It A Dream (acoustic)» - «Bad Romance (acoustic)» - «The Kill (Bury Me)» -- «Hurricane» - «Kings And Queens».