Livereview: Z7 Summer Nights Open Air
 Dream Theater - Queensrÿche - Mother's Cake - Influence X

26. Juli 2015, Pratteln – Z7 (Open-Air)
By Rockslave
Nachdem zuerst die Sabaton-Army das Z7 heimsuchte und am Tag darauf die Gothic- und Symphonic Metal-Fans mit Within Temptation verwöhnt wurden, gab es am dritten Tag die Götterdämmerung mit Queensrÿche und Dream Theater. Also gerade drei Tage hintereinander fand ein prall gefülltes Openair-Programm statt, das immerhin einen Teil des legendären Flairs der „Metal-Days“ verströmte. Dass es bei Sabaton entsprechend abgehen würde, war zu erwarten. Der zweite Tag wurde dann jedoch deutlich spärlicher besucht, während die Prog-Metal Gemeinde wieder erfreulich mehr Leute anzog. Dazu gehörte auch meine Wenigkeit, für die nur das Finale relevant war. Das Wetter spielte an diesem Sonntag allerdings nicht mit, aber insgesamt konnte der Anlass dennoch in vollen Zügen genossen werden. Den Anfang machten Influence X, die stilistisch gut zum Headliner passten, gefolgt von der österreichischen Überraschungsband Mother’s Cake. Doch bevor sich Dream Theater nicht als zwingend ideale Openair-Band präsentierten, liessen Queensrÿche keine Wünsche offen und bestachen mit einer unglaublichen Setliste.

Influence X

Am dritten Tag des "Summer Night Openair" kam das Nass von oben leider bereits bei der ersten Band. Darum verbrachte ich eigentlich nicht so viel Zeit im Fotograben und verzog mich bald wieder in die Halle an unseren Stand zurück. Dadurch entging mir natürlich ein guter Teil des Auftrittes der Schweizer Ausgabe von Evergrey meets Dream Theater. Das, was aber in der Kürze an meine Lauscher drang, klang auf jeden Fall hochstehend. Wenn man die hünenhafte Erscheinung von Frontmann Ramin Dänzer sieht, würde man ihn ohne Kenntnis der Sachlage eher in der Ecke der Metalcore-Shouter vermuten. Doch dem ist seit gut fünf Jahren nicht so, und Influence X haben mit dem vor zwei Jahren erschienenen full lenght Debüt «Existence» eine Hammerscheibe abgeliefert, die sich locker auf Augenhöhe mit internationalen Genre-Releases befindet. Nebst der ausgebildeten Stimme von Ramin bewegt sich auch die Instrumentierung mit Rodger Iqbal (g), Vito Städler (keyb), Ralph Zollinger (b) und Roger Heim (d) auf spürbar hohem Niveau. Zu Beginn waren die Reaktionen vor der Bühne eher spärlich, aber ich denke, dass sich die zweifellos sehr talentierte Schweizer Band bis am Schluss über einen redlich verdienten Applaus freuen konnte. Ich für meinen Teil werde mich im Mindesten mal um eine CD von «Existence» als Tonträger bemühen, was offensichtlich gar nicht so einfach zu sein scheint!


Mother's Cake
Als nächster Bühnen-Gast erschien danach ein mir bis dato völlig unbekanntes Trio aus Österreich, genauer aus Innsbruck. Die drei Jungs sahen in ihrem eher schlabbrigen Look nicht wirklich "proggy" aus, besonders Gitarrist und Leadsänger Yves Krismer. Die agile Band stach echt heraus, da sie mehr auf der Retro-Rock Schiene wandelte. Das Ganze hatte jedoch nichts mit drogenvernebeltem Stoner Rock zu tun. Vielmehr kamen verschiedene Elemente des Rocks zum Tragen, wobei die progressive Komponente durchaus immer wieder durchschimmerte. Wie gesagt war es recht schwierig, die Jungs in eine klare Schublade zu stecken. Einmal klang es wie Led Zeppelin, was vor allem am Gesang von Yves lag und dann funkte (vom Funk und nicht etwas anderem her...) es vom Feinsten wie bei Living Color. Wie üblich in einer Band mit den drei Hauptinstrumenten Gitarre, Bass und Schlagzeug gab es eigentlich bis auf ein paar ab Band eingespielte Hammond Orgelklänge keinerlei zusätzlichen Firlefanz und so kam jedes einzelne Instrument entsprechend dominant zur Geltung. Dazu gehörte mitunter das sehr energetische Bassspiel von Benedikt Trenkwalder und das schweisstreibende Powerdrumming von Jan Haussels. Zusammen liessen es Mother's Cake mächtig krachen und hinterliessen eine ungeheure Bühnenpräsenz, die jedoch immer wieder durch ruhige Parts während den Songs aufgelockert wurde. Diese Momente trugen durchaus gewisse jazzige Züge und selbst die alten Pink Floyd wurden zwischendurch bedacht. Das Pratteler Publikum reagierte zu Beginn kaum und wurde so zu sagen regelrecht überfahren. Nach zwei, drei Liedern wurde die Anteilnahme jedoch mit immer lautstärkerem Applaus belohnt. Ich für meinen Teil wurde hier voll geflasht und so erstaunte es nach dem Konzert nicht, dass ich umgehend den Merchandise-Stand aufsuchte und mich gleich mit dem vorhandenen Vinyl-Angebot eindeckte. Anders ging das gar nicht und sollte die Truppe, die nebst Newcomer-Auszeichnungen in der Heimat gar schon in Australien gespielt hat, wieder mal in unseren Gefilden auftauchen, wird der Besuch des Konzertes an dieser Stelle wärmstens empfohlen.


Queensrÿche
Eigentlich war ich ja vor allem wegen "Seattle Finest Band" gekommen und dies obwohl der Ur-Shouter Geoff Tate schon eine Weile auf eigenen und ziemlich schrägen Pfaden wandelt. Seit dem Einstieg seines vollwertigen Ersatzes Todd La Torre (Ex-Crimson Glory) vor drei Jahren und dem letztjährigen, auf gerichtlichen Weg beigelegten Streit um die künftige Verwendung des Bandnamens, geht es wieder aufwärts. Ein erstes Zeugnis dieser von vielen Fans begrüssten Neuausrichtung oder besser gesagt Rückbesinnung auf alte Tugenden waren vor allem die ersten Konzerte, die ganz im Zeichen der zahlreichen älteren Kultsongs standen, die schon länger nicht mehr gespielt wurden. Zudem galt es nun, das in den 90ern verlorene Terrain wieder gut zu machen. Das probate Mittel, um aus der selbst verursachten kompositorischen Sackgasse wieder heraus zu finden, wurde 2013 mit dem schlicht «Queensrÿche» betitelten ersten Album der Ära La Torre eingeläutet. Als Opener am heutigen Abend wurde mit «Anarchy-X» der erste von insgesamt fünf Songs ab dem wohl auf ewige Zeiten prägendsten Album von Queensrÿche gespielt: «Operation Mindcrime»! Dabei sprechen wir hier ausnahmslos von Klassikern, die bald einmal drei Dekaden alt sein werden. Doch die Perlen, nach denen die Fans wirklich lechzen und nach Jahren der livehaftigen Abstinenz die grössten Glückgefühle erzeugen, haben dieses Alter schon hinter sich! Die Rede ist natürlich von unkaputtbaren Kult-Schoten wie «Nightrider», «Warning» oder «Queen Of The Reich». Gerade hier bewies Todd einmal mehr, dass er den damalig jungen Geoff Tate zwar nicht ganz knacken, ihm aber sehr wohl paroli bieten kann, und wie! Darüber hinaus merkt man einfach, dass die drei Ur-Mitglieder Michael Wilton (g), Scott Rockenfield (d) und Eddie Jackson (b) wieder richtig Spass haben. Letzterer durfte zum Glück mit in die Schweiz (aus-) reisen, nachdem das kurz zuvor beim BYH!!!-Festival in Balingen (D) ja aus nicht näher formulierten Gründen in die Hose ging. So konnte der eigentliche Headliner voll aufspielen und begeisterte auf der ganzen Linie. Auch der zweite Gitarrist Parker Lundgren, der seit 2009 mit von der Partie ist, hat seinen Stammplatz im aktuellen Line-Up definitiv gefunden und harmonierte bestens mit Master Wilton zusammen. Mit «Arrow Of Time» gab es dann schon mal ein Müsterchen des kommenden neuen Albums «Condition Hüman», und den bestmöglichen Schlusspunkt setzte «Take Hold Of The Flame» vom 84er Longplay-Debüt «The Warning». Ein Vierteljahrhundert nach dem grandiosen Konzert im Zürcher Volkshaus anlässlich der «Empire»-Tour sind Queensrÿche wieder fest im Sattel und das hoffentlich noch länger.

Setliste: «Anarchy-X» - «Nightrider» - «Breaking The Silence» - «I Don't Believe In Love» - «Walk In The Shadows» - «En Force» - «Warning» - «Silent Lucidity» - «The Needle Lies» - «NM 156» - «Arrow Of Time» - «Eyes Of A Stranger» - «Empire» - «Queen Of The Reich» - «Jet City Woman» - «Take Hold Of The Flame».


Dream Theater
Man muss den Tatsachen ins Auge blicken, auch wenn keineswegs eine "Massenflucht" eintrat. Will heissen, dass nach Queensrÿche mit Sicherheit ein paar Leute weniger auf dem Platz standen, um sich die letzte Band des dreitägigen Anlasses anzuschauen. Fakt ist auch, dass James LaBrie & Co. längst nicht mehr der hellste Stern am Prog-Himmel sind. Die Genre-Konkurrenz hat in den letzten Jahren kräftig aufgeholt und die Szene mit neueren Acts wie Riverside, Haken oder Leprous beglückt. Nebst dem, dass Dream Theater auch kompositorisch ein paar Federn lassen mussten, war die von einigen Nebengeräuschen begleitete Trennung von Ur-Trommler Mike Portnoy nicht wirklich karrierefördernd. Auch wenn hier über diese an sich üble Geschichte schon etwas Gras darüber gewachsen ist und der valable Nachfolger Mike Mangini zweifellos einen guten Job macht, geriet das einstige Szene-Monument zwischenzeitlich zumindest etwas ins Wanken. Das Ganze brauchte einfach seine Zeit und mittlerweile sind ja seither auch schon wieder vier Jahre vergangen. In der Zeit sind zwei neue Studio-Alben mit Mangini entstanden, die sich technisch nach wie vor keine Blösse gaben und chartmässig recht ordentlich abschnitten. Dennoch wird man das Gefühl nicht los, dass die ganz guten Zeiten wohl vorbei sind. Nichtsdestotrotz gibt es in der Schweiz und anderswo noch genügend Fans der Amis, und so wurden diese gebührend empfangen. Schliesslich gab es ja auch was feiern, denn Dream Theater befinden sich heuer auf der "30th Anniversary-Tour". Dafür hatte man sich etwas ganz Spezielles vorgenommen, was profunde Kenner der Gruppe vielleicht schon während des Konzertes feststellten, respektive aufgrund der laufenden Tour schon wussten. Die Amerikaner haben bisher nämlich dreizehn Studioalben veröffentlicht, und das letzte selbstbetitelte Werk stammt von 2013. Was liegt also näher, sich aus jedem Album einen Vertreter für die aktuelle Setliste heraus zu picken?! Gesagt getan, und ich möchte jetzt auch gar nicht wissen, wie lange dieser Entscheidungsprozess gedauert hat. Ein Blick auf die untenstehende Setliste lüftet nun das Geheimnis und die Prüfung ergibt, dass dem tatsächlich so ist. Dennoch bleibt es jedem individuellen Geschmack vorbehalten, ob die getroffene Wahl damit die Erwartungen jedes einzelnen Fans erfüllt. Auf jeden Fall wurde so das gesamte Repertoire, respektive alle Schaffens-Phasen abgedeckt. Das schloss somit die melodischere Phase der frühen Jahre bis hin zu echt hartem Tobak mit ein. Wer genau hinsieht, wird bemerken, dass sogar die Reihenfolge der Jahre ab 1989 bis und mit 2013 genau eingehalten wurde. Sowas fällt mir bis zu diesem Zeitpunkt von keiner anderen Band ein. Wie so oft und bei Open-Airs im Speziellen, finde ich allerdings, dass Dream Theater bei Hallenkonzerten einfach besser zur Geltung kommen. Wirkliche Stimmung kam da auf dem Platz nicht wirklich auf, vor allem zu Beginn nicht und der immer wieder mal einsetzende Regen trug nicht die Hauptlast dafür. Alle Musiker agierten technisch wiederum traumwandlerisch präzise wie einwandfrei und auf schwindelerregendem Niveau, während Mr. LaBrie bei einigen hohen Passagen jedoch mehrfach angestrengt wirkte. Dazu tigerte er unentwegt auf der Bühne hin und her, damit es auch ja schwierig ist, von ihm verwertbare Fotos zu schiessen. Unter dem Strich war es dennoch toll, aber nicht unwiderstehlich.

Setliste: «False Awakening Suite (Intro)» - «Afterlife» - «Metropolis Pt. 1: The Miracle And The Sleeper» - «Caught In A Web» - «A Change Of Seasons: II Innocence» - «Burning My Soul» - «The Spirit Carries On» - «About To Crash» - «As I Am» - «Panic Attack» - «Constant Motion» - «Wither» - «Bridges In The Sky» -- «Behind The Veil».