Livereview: Candlemass - Powerwolf
15. September 2007, Pratteln Z7
By Kissi (Kis) & Rockslave (Rsl) - All Pics by Rockslave
Wie sagt man doch so schön: Aller guten Dinge sind drei! Und wenn da noch der Name Candlemass mit drin hängt, umso mehr! Das gedrängte Programm der letzten Zeit führt zunehmend dazu, dass man sich bald echt vierteilen muss, damit noch mehr laufende Konzerte besucht werden können. Metal Factory besteht aber zum Glück aus mittlerweile einer stattlichen Anzahl an Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, sodass dieser inzwischen teils prekäre Zustand mehr oder weniger abgefedert werden kann. Am heutigen Abend begleitete mich noch Master Kissi, der vorher, also am späten Nachmittag, Bassist Leif Edling als Interview Partner mit seinen Fragen löchern durfte. Vor zwei Jahren sah die Welt der schwedischen Doom-Könige freilich noch etwas anders aus, denn da war Messiah Marcolin, der grossmähnige Mönch vom Dienst, noch oder wieder Sänger. Aufgrund unüberbrückbarer, 'persönlicher Differenzen' wurde dieser nun kurzerhand an die frische Luft gesetzt und als Ersatz Solitude Aeturnus Frontrecke Robert Lowe verpflichtet. Das schmeckt natürlich längst nicht allen Fans, weil..., Candlemass ohne Messiah?!! Geht das überhaupt? Ja! Und dass es wirklich geht, zeigt das bärenstarke, neue Album "King of The Grey Islands" eindrücklich. Trotzdem wird es weiterhin Fans der ersten Stunde geben, die dem alten Line-Up nachtrauern, doch das ist scheinbar ein für alle Mal Geschichte! Seien wir an dieser Stelle froh, dass Candlemass überhaupt noch existieren, respektive Bock haben, weiter zu machen. Als Anheizer waren die transsylvanischen Power Wölfe mit von der Partie, die ich noch vom zweiten Tag des BYH!!!-Festivals von 2006 (Powerwolf mussten damals als erste Band des Tages ran!) bestens in Erinnerung hatte. Doch es kam gar noch besser, auch was Candlemass betrifft! (Rsl)

Powerwolf
Das Eine fiel mir sofort auf, als die deutsch-rumänische Power Metal Truppe die Bühne enterte, das Andere wiederum erst viel später. Erstens trugen sie keine weisse Farbe (wie noch in Balingen) im Gesicht und zweitens..., irgendwann..., beim Betrachten der gemachten Fotos, machte sich die Vakanz eines Bassisten bemerkbar! Wie das denn? Stand da etwa ein Ghost-Bassplayer hinter der Bühne? Wohl eher nicht und die benötigten, tiefen Frequenzen wurden sehrwahrscheinlich von Keyboarder Falk Maria Schlegel erzeugt. So wirbelten also die beiden Gitarristen Charles Greywolf (spielt auf den Alben sonst den Tieftöner) und Matthew Greywolf (coole Pseudonyme!) unentwegt von einer Seite zur anderen, während Sänger Attila Dorn sich sehr gestenreich (im Gegensatz zum Keyboarder) zeigte und mit seinen Jungs einen Hammer-Gig hinlegte! Die Keys von Herrn Schlegel verströmten dazu wohltuendes Hammond-Feeling, das zeitweilen etwas an Deep Purple erinnerte. Die Songs stammten von ihren zwei Alben "Return In Bloodred" (2005) und dem aktuellen Release "Lupus Dei". Nebst dem markigen Gesang von Herrn Dorn bestachen auch die Chöre der anderen Bandmitglieder, die etwas HammerFall Flair verströmten und wie die Faust auf's Auge passten. Zudem eigneten sich diese vorzüglich, um das Publikum zum Mitmachen zu bewegen, was ganz gut gelang. Auch der Wechsel der Bühnen-Garderobe von Attila Dorn (er trug am Schluss einen wallenden Mönchs-Mantel - aha! MF) setzte entsprechende, optische Akzente. Eine Double-Billing Tour zusammen mit Lordi wäre jetzt wohl die definitive Power Rock Keule! Wer zum Beispiel Astral Doors ebenso gut findet, sollte sich nächstens ernsthaft mal mit der Musik und den 'schaurigen' Texten von Powerwolf befassen! Nicht nur meine Wenigkeit musste nach einer Stunde (für einen Special-Guest als einzigen Support ist das angemessen - MF) beeindruckt zugeben, dass diese Mucke jetzt echt heftig abgegangen war! Lasst die Wölfe künftig nicht mehr aus den Augen, besucht eines ihrer nächsten Konzerte und Ihr werdet es nicht bereuen! Müssig noch zu erwähnen, dass zu diesem klasse Auftritt auch ein fetter Sound gemischt wurde und das Ganze dadurch noch mehr Pluspunkte verbuchen konnte! So und nicht anders muss eine Support-Band ihre Aufgabe als Anheizer des jeweiligen Abends wahrnehmen. (Rsl)

Setlist: "We Take It From The Living" - "Lucifer In Starlight" - "Prayer In The Dark" - "Saturday Satan" - "In Blood We Trust" - "Mr. Sinister" - "We Came To Take Your Souls" - "Lupus Dei".

Candlemass
Wenn man sich als Fan vor einem Konzert schon mulmig und aufgeregt fühlt, wie muss sich dann wohl erst die Band fühlen? Wie schwierig Messiah Marcolin als Mensch und Mitmusiker auch gewesen sein mag, als Frontmann war er wortwörtlich Weltmeister in der Schwergewichtsklasse. Dass Candlemass mit Robert Lowe (ansonsten bei den Texanern Solitude Aeternus zu Gange) zumindest in gesanglicher Hinsicht die optimale Wahl getroffen hatten, das zeigten die Schweden mit ihrem aktuellen Streich "King Of The Grey Island", dem wohl besten Candlemass-Album seit "Ancient Dreams". Doch wie würde die Truppe ohne den korpulenten und durchgeknallten Mönch Messiah auf der Bühne wirken? Die Antwort: überwältigend! Anders, aber überwältigend! Mit einem Glas Wein erscheint der Kopf des Fünfers, Leif Edling, vor dem riesigen Backdrop, das vom schlichten Cover-Totenschädel der neuen Scheibe geziert wird. Dazu ist die Bühne, wie schon auf der letzten Klubreise, wieder mit atmosphärisch leuchtenden Kreuzen ausgestattet. "Well Of Souls" eröffnet die diesjährige Doom-Messe mit einem druckvollen Glocken- bzw. Gitarrenschlag und auf einmal ist die ganze Band aufgetaucht und rockt agil drauflos. Während die Instrumentalisten voller Tatendrang und mit sichtlich Spass im Gesicht den neu erhaltenen Stage-Freiraum ausnützen, schwebte dann Rob Lowe sphärish hervor, natürlich mit wie immer schwarz bepinselten Fingernägeln. Noch furioser fällt "At The Gallows End" aus: Dieser Klassiker bläst gleich alles um und offenbart ein weiteres Mal die gesanglichen Tugenden des neuen Messdieners, der natürlich nie die Präsenz des Vorgängers ausfüllen kann. Dennoch vermisst man den Kuttenträger nicht im Geringsten, denn was nun die Bühne regiert, ist nicht die Drama-Queen Marcolin, sondern eine Band. So ist es vor allem Leif Edling, der jetzt vermehrt an den Bühnenrand tritt, sich in etliche Posen wirft und für Bewegung auf der Bühne sorgt. Von der erstmals komplett durch die Candlemass-Crew gesteuerten Light-Show untermalt, malmt so auch der Übersong "Solitude" alles nieder. Gleiches gilt auch für "Emperor Of The Void" und "Devil Seed", brandneue Songs, die zeigen, wie stark die aktuelle Scheibe "King Of The Grey Island" wirklich ist. Denn dieses Material kann es sogar mit dem Nackenbrecher "Mirror Mirror" aufnehmen. Dass Mr. Lowe nicht wirklich der kommunikative Typ ist, gibt er sogleich selbst auf der Bühne zu und lässt Zeitlupen-Granaten wie "Under The Oak", "Of Stars And Smoke" und "Sorceres Pledge" danach für sich selber sprechen, was bei solchen Kompositions-Perlen ja auch nicht ohne ist. Die Sprechchöre und Klatsch-Attacken der Kerzenjünger, nachdem ihre Lieblings-Priester die Bühne verlassen haben, sprechen Bände und so wird mit "Black Dwarf" (Bye bye Nackenwirbel) und "Samarithian" (Hallelujah!) das Ende einer Metal-Messe der besten Doom-Band überhaupt eingeläutet. Candlemass ohne Messiah, das heisst weniger Theatralik, weniger Schauspielerei, mehr Musik, mehr Homogenität, mehr Doom! Da kann man auch über die schmerzlich ausgelassenen Nummern, welche, um die Stimme Lowe's zu schonen, temporär aus dem Set gestrichen wurden, hinwegsehen. Amen! (Kis)

Setlist: "Well Of Souls" - "At The Gallows End" - "Solitude" - "Emperor Of The Void" - "Devil Seed" - "Mirror Mirror" - "Under The Oak" - "Clearsight/Of Stars And Smoke" - "Sorcerers Pledge" - - "Black Dwarf" - "Samarithian" - - - Gestrichen: "Bells Of Acheron" - "Embracing The Styx" - "Edgar Grey".