Livereview: Crematory - Evolution - Gezeiten
10. Oktober 2004, Alte Kaseren Winterthur
By R.K.
Schwere Regenwolken hüllten den Himmel ein und ergossen ihre Last in der Dunkelheit dieses herbstlichen Abends. Die perfekte Grundstimmung für ein Gothic Metal Konzert an diesem trüben Sonntag. Crematory waren aus der Asche auferstanden und wollten den Kindern der Nacht beweisen, dass sie es noch immer können. Doch bevor es soweit war, kämpfte ich mich mit gedrosselter Geschwindigkeit durch den Sonntagsverkehr in Richtung des Geschehens. Meine Orts-Unkenntnis bescherte mir eine nächtliche Odyssee durch das verregnete Winterthur und führte dazu, dass ich erst zu vorgeschrittener Stunde in der alten Kaserne eintraf.

Ich war sehr erstaunt, als ich erfuhr, dass Gezeiten bereits ihr Bestes auf der Bühne gaben. "Seit wann beginnen den Konzerte pünktlich um 20 Uhr?" - Dies war mein erster Gedanke, als ich davon dank moderner Kommunikations-Technologie in Kenntnis gesetzt wurde. So stiess ich erst ganz am Schluss zur Gezeiten Show dazu und wurde Zeuge, wie das tanzende Folk dem Gezeigten ihre Freude kund tat. Es herrschte eine erfreuliche Stimmung und unter Beifall verabschiedeten Gezeiten sich von der Bühne. Laut Programm sollten nun Crematory bereits schon erscheinen, doch jetzt kam des Rätsels Lösung, wieso Gezeiten schon so früh gespielt hatten. Im Fahrwasser von Crematory bewegte sich die Band Evolution, welche kurzerhand ins Programm aufgenommen wurde. So gab es drei statt zwei Bands an diesem Abend und ich war gespannt, was die mir unbekannten Evolution zu bieten hatten.

Evolution
Mit "Dark dreams" eröffneten Evolution ihr Set. Während des Songs legten sich tiefe Runzeln auf meine Stirn. "Sollte dies nicht ein Gothic Metal Konzert sein? Was macht denn eine Band hier, welche so tönt wie Metallica zu ihren "Black Album" Zeiten? Meine erstaunten Gedanken vertieften sich, als Evolution ihren zweiten Song "Endless pain" zum Besten gaben. Kein Richtungswechsel, sondern konsequenter Nachschlag im Stile der lebenden Metal Legenden. Sänger "Maik" bewegte sich unüberhörbar auf den Pfaden von "Hetfield" und ich denke, die Jungs sind allesamt sehr angetan von den Amis. Die Soundqualität in der alten Kaserne war sehr gut und so quollen die Riffs und Breaks der fünf Deutschen unter das Volk, welches wohl nicht ganz dem Zielpublikum entsprach, welches die tolle Leistung von "Evolution" dennoch zu würdigen wusste. Obwohl "Maik" versuchte, das Eis zwischen der Band und dem Publikum zu brechen, schaffte er es nicht, das Vakuum zwischen der Bühne und den vordersten Publikums-Reihen zu schliessen. In schweizerischer Zurückhaltung stand das Publikum drei Meter weg von der Bühne und hielt sich nahezu bewegungslos auf den Füssen. Einzig zwei unerschrockene Headbanger neben mir wagten an der seitlichen Front ihre Freude am Sound aus zu leben. Mir taten Evolution schon etwas leid, da sie eine respektable Show zeigten und ihr sauber gespielter "Kick Ass" Metal etwas mehr Würdigung verdient hätte. Doch es war klar, diese Band war einfach am falschen Konzert und spielte vor dem falschen Publikum. Sie passte nicht in diese verregnete Herbstnacht. Trotzdem war der Gig sehr gut, Evolution gaben sich sichtlich Mühe, spielten auch neues Material einer kommenden Platte und legten nach einem tollen Gitarrensolo und "Just one thing" mit "Sad but true" ein Cover ihrer Vorbilder vor. Dieses "Sad but true" kam dem Original verdammt nahe und endlich wagten es auch mehr Leute, vor die Bühne zu treten und ihr Haupthaar durch die Lüfte zu wirbeln. Doch leider war dies der letzte Song und Evolution verabschiedeten sich von den Brettern. Vielleicht wäre es angebracht gewesen, diesen Song etwas früher zum Besten zu geben und die Anwesenden etwas mehr an zu locken. Jedoch, wie bereits erwähnt, es war nicht das Publikum, welches zu Evolution gepasst hätte.

Set-Liste Evolution: "Dark dreams", "Endless pain", "Deep inside", "Empire of time", "Despairing thoughts", "Welcome to war", "Begin to see", "Nyctophobia", "Just one thing", "Sad but true".

Crematory
Ein Weilchen und einige Kunstnebel-Schwaden später, eröffnete "Resurrection", das Intro der aktuellen Platte, den Gig von Crematory. Der Wiederauferstehung folgte "Wake up" und machte ganz schnell klar, dass Felix immer noch kein Mitglied der Weight Watchers ist und es Crematory auch nicht verlernt haben, vor Publikum zu spielen. Dieses war nun zur Bühne aufgerückt und kaum wieder zu erkennen. Eigentlich auch kein Wunder, denn mit "Fly" legten Crematory gleich einen ihrer besten Hits hin, welcher richtig aufgesogen und lauthals mitgejohlt wurde. Mit "Greed" wurde darauf kräftig nachgelegt und eine tolle Stimmung erzeugt. Doch nicht bloss das Publikum, auch die Band war in sehr guter Stimmung. Insbesondere Felix war immer für einen Scherz zu haben. "Wer hat's erfunden?" wollte er wissen und wir alle kennen die Antwort: "Riiiiicola"! Auch ein Wettkreischen zwischen Männlein und Weiblein wurde von Felix mit viel Humor inszeniert und so sorgte er immer wieder für Abwechslung und viel Geschmunzel. Durch ihre lange Liste an Hits konnten Crematory gar nichts falsch machen und spielten mal locker ihren Ohrwurm "Tears of time", welcher einigen Fans noch in bester Erinnerung war. Die Übermacht der Samples, welche mich an der aktuellen Platte "Revolution" so sehr störten, kamen live absolut nicht zum Tragen und wurden durch Matthias und seinen fetten Riffs richtig nieder gewalzt. Somit wurden auch die aktuellen Songs voll nach vorne gepowert, was man bei "Revolution" und "Tick tack" deutlich zu spüren bekam und Felix wie Matthias zur Höchstform auflaufen liess. Mit "Ist es wahr" war wieder Mitsingzeit angesagt und getanzt wurde zum "Temple of love" Cover. Man spürte, wie es den Leuten gefiel und somit war es nicht erstaunlich, dass alle lauthals "Zugabe" schrieen, als Crematory sich das erste Mal von der Bühne verabschiedeten. Das Flehen des Publikums honorierten Crematory mit dem "Act Seven" Opener "I never die" und Matthias brach dabei ein richtiges Riff-Gewitter vom Zaun. Zum Schluss kam der Song, welcher einfach kommen musste: "Shadwos of mine", der wohl erste Hit Crematory's aus den ganz alten Tagen. "The farewell letter" kam dann nur noch vom Band und wieder einmal verging die Zeit viel zu schnell. Es wäre wohl im Sinne aller Fans gewesen, wenn Crematory noch länger gespielt hätten. Songs wie "Unspoken" und "Moonlight" hätte ich nur allzu gerne gehört, jedoch haben die Rückkehrer auch so bewiesen, dass sie live noch immer eine tolle Leistung zeigen können, trotz längerer Abwesenheit. So kann ich nur empfehlen, einem Konzert dieser sympathischen Truppe bei zu wohnen! Wer nicht da war, der hatte wirklich was verpasst.

Set-Liste Crematory: "Resurrection", "Wake up", "Fly", "Greed", "Angel of fate", "Tears of time", "Revolution", "The fallen", "For love", "Tick ta