In
diesem Frühling begab sich die Technical/Death Metal-Band
Decapitated unter dem Namen ‚Blood Mantra Across Europe 2016‘ auf
Tournee. Es ist nicht so schlimm, dass es schon zwei Jahre her ist,
seit sie ein neues Album heraus gebracht haben. Decapitated sind für
ihre Materialqualität berühmt. Deswegen, auch wenn ihre Setliste nur
aus alten Liedern bestehen würde, sollte man sich ihren Auftritt
ansehen. Ausserdem spielen seit 2014 ein neuer Schlagzeuger und Bassist in der
Band mit. Deswegen fand ich es interessant, die Truppe in
der neuen Besetzung zu erleben. Das Konzert fand im kleinen Dynamo Werk 21
in Zürich statt. Als Vorgruppe der berühmten
Polen spielte die britische Metalcore-Band Heart Of A Coward.
Heart Of A Coward Um 20.15 Uhr kamen Heart
Of A Coward auf die Bühne. Die Band bemerkte wohl die Unterstützung
im Zuschauerraum, fühlte sich gleich mit Energie aufgeladen und
bombardierte die Halle mit mächtigen Breakdowns. Die Band existiert
noch nicht lange, aber sie ist wegen hoher Memberfluktuation
gezwungen, sich im Eiltempo
zu entwickeln. Seit 2011 hat die Band eine neue Besetzung, und ihre
Musik wurde noch technischer, indem man Djent- und Mathcore-Musik zu
spielen versuchte. Real spürte man diese Stilmischung
auch am Konzert. Erstens schaltete der Sänger ab und zu auf reines
Vokalsingen um und vergass dabei beinahe, dass es extrem klingen sollte.
In solchen Momenten konnte man seine Aufmerksamkeit dem
Gitarrenspiel schenken und sich ziemlich progressive Solo-Parts
anhören. Sänger Jamie sang früher in einer Melodic/Death
Metal-Band, deswegen beherrscht er das Growling ziemlich gut.
Solches Material wurde meiner Meinung nach schon immer besser vom
Publikum angenommen. Aber ehrlich gesagt fiel mir nichts
Eigenartiges am Schaffen dieser Band auf. Mag sein, dass Heart Of A Coward
immer noch auf der Suche nach ihrer persönlichen Note sind. Fast am
Ende des Auftrittes kündigte der Sänger das letzte Album der Band
an. Er fügte hinzu, dass die Band zum ersten Mal in Zürich auftrat
und auch sehr froh darüber war. Das Publikum unterstützte die Musiker
mit Beifall. Der Auftritt dauerte circa 45 Minuten.
Decapitated
Gegen 21.30 Uhr war alles bereit für den Auftritt von Decapitated.
Zu diesem Zeitpunkt war die kleine Raum voll, aber ich fand
versuchsweise heraus, dass der Sound beim Ausgang besser als vor der
Bühne war. Deswegen war auch etwas Angenehmes dabei für diejenigen,
die weiter weg von der Bühne standen. Ausserdem nutzte Sänger Rafal ‚Rasta‘ Piotrowski die kleine Bühne aus, so dass er von allen Ecken her gut zu
sehen war. Aber um die Arbeit des
Bandgründers Waclaw ‚Vogg‘ Kieltyka – dem Gitarristen mit dem
finstersten Gesicht der Welt - zu betrachten, sollte man sich nach
vorne drängeln. Ich muss beifügen, dass die Band die Bühne nicht gleich
betrat. Circa fünf Minuten lang hörte man ein ziemlich schönes
Sinfonie-Intro mit weiblicher Opernstimme, erst danach erklang ein
Geräusch-Intro vom letzten Album. Eine Stunde lang spielte die Band
das Material der letzten Jahre, das durch Prog, Polyrhythmik und
Groove-Soundbeimischung gekennzeichnet war. Es schien mir, dass die
Band die kompliziertesten Kompositionen ausgewählt hatte. Als
Apotheose der progressiven Musik kann man wahrscheinlich «The
Blasphemous Psalm To The Dummy God Creation» bezeichnen. Meiner
Meinung nach sollte man während des Auftrittes progressive und
technische Songs mit klassischem Material dieses Genres abwechseln.
Die Klassik erlaubt dem Publikum nämlich etwas Erholung, denn zu
Polyrhythmen ist es sehr schwer, Headbanging zu betreiben. Nur nach
einer halben Stunde des Auftrittes teilte der Sänger erfreut mit,
dass man nun das alte Material, das vor fünfzehn Jahren komponiert wurde,
zu spielen vorhabe. Wahrscheinlich war «Spheres Of Madness» gemeint.
Und ich würde meinen, dass das Publikum dadurch eine zweite Verschnaufpause
bekam. Natürlich braucht man unbedingt Old School-Musik auf der
Setliste, wenigstens in solchen Mengen! Zum Schluss ist anzumerken,
dass Vogg Kieltyka eine sehr starke Besetzung zu verdanken ist. Der
Schlagzeuger Michal Lysejko erfreute mich besonders, aber der
Bassist Pawel Pasek sah im Vergleich zu den anderen Musikern irgendwie
unsicher aus. Ich glaube, dass die Zeit langsam reif ist, um über eine
Veröffentlichung des neuen Albums nachzudenken.
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