Livereview: Grave Digger - Alestorm - Taletellers
27. Januar 2009, Pratteln Z7
By Rockslave
Erst auf Nachdruck eines werten Kollegen (you know who you are man...) hatte ich mich vor erst ein paar Jahren überhaupt mal mit Grave Digger grundsätzlich auseinander gesetzt. Und siehe da, es erschloss sich mir tatsächlich eine weitere deutsche Metal Band neben Kreator, Destruction oder den übermächtigen Scorpions, die auch einiges zu bieten hatte, was ich lange Zeit despektierlich als simplen True Metal abtat. Spätestens ab «The Grave Digger» (2001) war der Zapfen ab und sämtliche Zweifel ausgeräumt. Auch die folgenden Alben, als da wären «Rheingold» (2003), «The Last Supper» (2005), «Liberty Of Death» (2006) und das brandneue Werk «Ballads Of A Hangman» bieten hymnischen Heavy Metal in Reinkultur. Sänger Chris Boltendahl ist überdies ein sehr bodenständiger und sympathischer Musiker, der seine Haut immer ehrlich verkauft hat. Da hat nix einen doppelten Boden und alles kommt stets aus der Überzeugung heraus, den treuen Fans nichts vorzumachen. Deshalb sind die Grabschaufler auch anno 2009 immer noch voll auf der Höhe und wer die Truppe schon mal live gesehen hat, weiss, welche positiven Energien da freigesetzt werden. Im Z7 gehört man durch die regelmässigen Tour-Besuche schon längst zu den Stammgästen. Dieses Jahr präsentierte man ein neues Line-Up mit dem zusätzlichen Gitarristen Thilo Herrmann, das kurioserweise bereits wieder Geschichte ist! Mit im Schlepptau waren die schottischen Piraten-Metaller Alestorm, die als Stimmungsmacher bestens bekannt sind und Taletellers, die überraschend frischen Thrash Metal am Start hatten.

Taletellers
Es waren beileibe keine Märchen, die die Saarbrückener Band da vortrug. Kräftig vorgetragenen Thrash Metal mit mächtiger Rock'n'Roll Attitüde bekamen die etwa 100 Nasen vor den Latz geknallt. Sänger/Gitarrist Alan Costa klang dabei immer wieder mal nach Ricky Warwick, respektive der Sound nach den guten, alten The Almighty. Hach, waren das noch Zeiten! Durch den Einsatz von zwei Gitarren, an der zweiten Klampfe war Stefan Kuhn, entstand eine ordentlich fette Riffwand, die auch von den doppelten, respektive zweifachen Soli profitieren konnte. Die Chose ging stets geradlinig nach vorne los und das Posing genügte vollends den Ansprüchen, die an solche Mucke gestellt werden. Stimmlich war es allerdings nicht wirklich hochklassig, aber die Performance passte gut zum Gesamtbild. Beim Stück «Bad Motherfucker» schlugen ein paar W.A.S.P.-Vibes durch und «Kings Of Death» offenbarte die ohnehin eher rockige denn metallische Attitüde. Die fortwährend aktiv gehaltene Darbietung wurde mit zunehmendem Applaus bedacht und es fanden sich dann in den vorderen Reihen doch ein paar langhaarige Banger, die ihre Matten stilgerecht kreisen liessen. Den Vogel schossen Taletellers mit ihrem Auftritt nicht wirklich ab, doch man merkte bereits nach diesen meist zu kurzen 30 Minuten als erster Support des Abends, dass entsprechendes Potenzial da wäre. Wie so oft, kann man hier die klassische Message weiter geben: Die Grundausstattung stimmt, jetzt braucht es nur noch die (wirklich) guten Songs dazu! Wer sich die auf der MySpace-Site abspielbaren Tracks anhört, wird allerdings feststellen, dass die Jungs ab Tonträger durchaus in der Lage sind, Qualität abzuliefern.

Alestorm
Ich hatte die schottischen Pirate-Metaller wohl schon irgendwo mal gesehen (oder auch nicht), aber viel an Erinnerung ist auf jeden Fall nicht mehr vorhanden. Das war auch nicht nötig, denn kaum waren Christopher Bowes (v/keys), Dani Evans (g), Ian Wilson (d) und Gareth Murdock (b) auf der Bühne, wurde das Freibeuter-Gelage mit ordentlich Getöse gezündet! Meine persönliche Stil-Ecke ist das nicht wirklich, also die ganzen Folk Metal Geschichten, wie sie ja auch zum Beispiel Korpiklaani, Turisas oder "unsere" Eluveitie, Excelsis und so weiter spielen. Meine dazu selbst geschaffene Stil-Schublade «Flöten-Metal» hat schon für manchen internen Kommentar gesorgt. Wie dem auch sei, etwas haben all diese Bands jedoch eindeutig gemeinsam, denn sie vermögen innert kurzer Zeit für mächtig Stimmung zu sorgen und verbreiten immer gute Laune. Das war bei Alestorm nicht anders, wo vor allem Sänger und Keyboarder Christopher laufend für Action sorgte. Sobald ein Quetschbalken elektronisch oder einfach verstärkt den Sound anreichert, ist die Party angezettelt. Für dass Alestorm nur zu viert auf der Bühne stehen, ist das klingende Ergebnis opulent und raumausfüllend. Müssig zu erwähnen, dass zu solcher Musik die Resonanz auf Mitsing-Aufrufe stets sehr hoch und kaum zu überbieten ist. Das Problem, das sich allerdings mit der Zeit ergibt, ist die zwangsläufige Gleichförmigkeit der zumeist recht schnell gespielten Songs. Es wird zuweilen schwer, da noch grosse Unterschiede feststellen zu können. Die Performance als Solche war aber stets antreibend und mit viel Druck nach vorne. Bei dem Gebretter war jedoch trotzdem Platz für einprägende Melody-Lines, die vorab vom Keyboard-Spiel her kamen. Gitarrist Dani Evans, mit einer Art Schottenrock gekleidet, steuerte derweil einige gekonnte Soli bei. Selbst die Sing-Spielchen während der Vorstellung der Musiker liessen keinen peinlichen Moment zu. Kapitän Bowes hatte die Meute stets an der Leine und dirigierte diese nach Belieben. Umrahmt von der hauseigenen Z7-Lightshow stimmte letztlich das 45-minütige Paket und wenn es den Fans offensichtlich gefallen hat, dann haben Alestorm alles richtig gemacht.

Grave Digger
Kurz vor 22.00 Uhr war der Headliner an der Reihe. Hinten prangte eine geiler Schädel mit Engelsflügeln auf dem grossen Backdrop und verlieh so dem Ganzen eine etwas bedrohliche Note. Nach dem langen Intro folgte gleich der Titeltrack «Ballad Of A Hangman», wobei der Album-Titel alle Songs einschliesst und deshalb «Ballads Of A Hangman» heisst. Diese Ouvertüre war ein Einstieg nach Mass mit hymnischer Einleitung à la Accept, bevor das erste Riff-Gewitter zu donnerndem Drumming losbrach. Ein Hammer-Sound wehte da von der Bühne runter, dass es eine wahre Freude war. Nach der Kurzvisite bei «Tunes Of War» (1996) mit «The Dark Of The Sun» folgte mit «Hell Of Disillusion» bereits einer meiner Favoriten vom neuen Album, ein gnadenlos nach vorne abgehender Rocker mit einem vorzüglichen Mitsing-Refrain und spritzigen Guitar-Soli. Vor dem Konzert wurde mir noch von berufener Quelle mitgeteilt, dass die Setliste noch einige Überraschungen bereit halte. Dazu gehörten unter anderem der Oldie «Witch Hunter» von 1985 und «Headbanging Man» vom 84er-Debüt «Heavy Metal Breakdown». Ob die Fans (ausser der Abteilung Die-Hard) das wirklich realisierten, sei mal dahin gestellt. Die Stimmung war auf jeden Fall gut und Grave Digger zelebrierten zusammen mit vollgeilem Licht, viel Nebel und ein paar Pyros die ultimative Metal-Party. Wie erwartet entpuppten sich weitere persönliche Präferenzen der gemässigten Tempi wie «Silent Revolution», «The Last Supper» und «The House» als Höhepunkte der ohnehin oberklassigen Show. Besonders hier kam die eigentümliche Stimme von Chris Boltendahl voll zum Tragen. Der Mann singt ja bekanntlich nicht wie Ronnie James Dio, sondern eher wie Lemmy! Doch genau das ist unter anderem das untrügliche Markenzeichen des deutschen Metal Urgesteins, das 1980 gegründet wurde. Des Weiteren ist es der geniale Mix zwischen schnellen Songs und zentnerschweren Riff-Monstern, veredelt durch einzelne Balladen, den Grave Digger perfekt beherrschen. Mit auf der Bühne stand heute Abend auch der zweite Gitarrist Thilo Herrmann, der auch Credits auf dem neuen Album hat. Durch ihn war die Gitarrenwand noch mächtiger als dies sonst Manni Schmidt bewerkstelligt. Knapp einen Monat nach dieser Show trennte man sich überraschend wie einvernehmlich wieder von ihm, weil sich der sechste Mann nicht in der Art integrieren liess, wie sich das die restlichen Bandmitglieder vorgestellt hatten. So gesehen erlebte das heutige Publikum also eine so oder so spezielle Show, die es in dieser Konstellation nie mehr geben wird. Nach «Excalibur» unterbrach Chris kurz das Konzert und ein ziemlich verduzter wie gerührter Martin Fust (Fanclub-Leiter) musste kurzerhand auf die Bühne, um dort vor allen Leuten die Gratulationen zu seinem heutigen Geburtstag entgegen nehmen zu dürfen. Dem schloss sich auch der Dank der ganzen Band für die geleistete Arbeit der letzten Jahre an. Das war aber noch nicht alles, denn extra für "El Tino" wurde «Yesterday» gespielt. Dieser Track befindet sich auf der Debüt-Scheibe, wurde aber 2006 neu aufgenommen und als EP veröffentlicht. Den Schlusspunkt einer hammergeilen Show, die mit satten 110 Minuten zu Buche schlug, setzte wie gewohnt der unzerstörbare Klassiker «Heavy Metal Breakdown», der somit die 25-jährige Brücke zum Opener würdevoll schloss.

Setlist: «Intro» - «Ballad Of A Hangman» - «The Dark Of The Sun» - «Hell Of Disillusion» - «Wedding Day» - «Witch Hunter» - «Lionheart» - «Silent Revolution» - «Stormrider» - «The Last Supper» - «Headbanging Man» - «The House» - «Knights Of The Cross» - «My Blood Will Live Forever» - «Valhalla» - «Excalibur» - (Ehrung Martin Fust) - «Yesterday» - «Rebellion» -- «The Reaper» -- «Pray» -- «Heavy Metal Breakdown».