Livereview: Greenfield Festival 2019

13. – 15. Juni 2019, Flugplatz Interlaken
Text & Pics by Oliver H. (oli) & Mona M. (mon)


Das diesjährige Greenfield Festival hatte einige musikalische Überraschungen parat. Ein wenig weg vom allzu jugendlichen Metalcore, hin zu Death- und Black Metal. Während drei Tagen gaben sich Grössen aus der Rock-, Alternative- und Metalszene die Klinke in die Hand. Das Festival versprühte einmal mehr seinen jugendlichen Charme, was nicht nur am jüngeren Publikum, sondern auch an den Aktivitäten rund ums Gelände lag. Für die meisten Fans war der Auftritt der Toten Hosen das Highlight des Greenfield Festivals, den ich allerdings gezielt umschifft habe. Viele andere Auftritte haben das Metal Factory Team dafür umso mehr erfreut, wie ihr nachfolgend lesen könnt. 40 Bands in drei Tagen und eine komplette Festivalevakuation wegen Sturm boten den Rahmen des Festivals 2019.

BEHEMOTH
Das Festival startete traditionell mit Alphornklängen und mehr oder weniger namhaften Bands, um sich langsam auf das dreitägige Spektakel einzugrooven. Mein Einsatz startete erst am Abend, als Behemoth ihren Auftritt hatten. Zu düsteren Klängen lief die Truppe um Adam „Nergal“ Darsky in Interlaken ein. Ganz so fies und unheimlich wie in einem Klub am Abend wirkte die Szenerie allerdings im romantischen Sonnenun-tergang nicht. Trotzdem, der Sound liess erschaudern und auch die Feuerfontänen machten beim Publikum Eindruck. Die Kuttenträger sorgten für ordentlich Dampf und liessen sich von der Menge feiern. Darsky unternahm erste Ausflüge zu den Leinwänden, die seitlich der Hauptbühne hingen, um den Fotografen den im Graben den Stinkefinger zu zeigen. Mit viel Rauch und dezentem Licht arbeiteten sich die Polen in ihrem Set vorwärts. Stimmung kam nochmals so richtig auf, als der Frontmann mit der bereits bekannten Papstkrone die Bühne betrat. Rückwirkend muss ich zugeben, dass mir musikalisch nichts hängen geblieben ist von diesem Abend. Die Show des Vierers jedoch, war mal etwas anderes fürs klassische Greenfield-Publikum. (oli)

ESKIMO CALLBOY
Ohne zu viel zitieren zu wollen, Bands mit Scheissnamen sind meistens wirklich scheisse. Aber diese Meinung sollte man definitiv verwerfen, wenn man sich ansieht, was die Jungs aus Deutschland bühnen-technisch hinbringen. Sowohl musikalisch wie auch personaltechnisch darf man die Gruppierung zurecht beschmunzeln; Mitglie-der die bei Realityshows teilnehmen, die Mischung der Musik mit Trancecore, zurecht als speziell zu bezeichnen. Auch die Liedthemen dürften nicht bei allen typischen Metalheads Anklang finden. Was aber keinen Raum zur Diskussion lässt, ist die starke Bühnenpräsenz und Energie der Truppe. Das Publikum wurde von Anfang an zum Mitmachen animiert und die Atmosphäre war vom Anfang bis zum Schluss genial. (mon)

SALTATIO MORTIS
Eine Band, deren Charme oder Magie oder wie auch immer man dieses "Etwas" nennen will, ich nie zu verstehen vermochte, rockt die grosse Bühne. Mittelalterlicher Folk Rock, so könnte man es grob einstufen (auch wenn mich ein paar eingefleischte Fans hierfür am liebsten aufhängen würden). Das Publikum ist in Feierlaune und macht ordentlich mit. Trotz dass mich diese Gruppierung nie wirklich überzeugen konnte, so verstehe ich was die Menge darin sieht: eine Band, die förmlich gute Laune versprüht und die Musik mit dem ganzen Herzen fühlt. Der Sänger liess sich gar vom Publikum tragen. Das nennt man Partystimmung. Am Schluss der Show stand "Alea der Bescheidene" sogar neben der Bühne, um mit Fans Selfies zu machen und Autogramme zu verteilen. Sympathiepunkte dafür gibts auf jeden Fall! (mon)

FRANK TURNER AND THE SLEEPING SOULS
Dieser Name dürfte bei so manchen klingeln. Der hochsympathische Folk-Rock-Punk Künstler konnte sich mit über 2000 Liveauftritten in die Herzen der Fans spielen. Energie-geladene Auftritte und eine besonders starke Ausstrahlung lassen die verhältnismässig sanften Klänge richtig reinhauen und obschon die Musik im ganzen Programm der Jungfrau Stage etwas chillig rüberkam, so war das Publikum gefesselt. Bezüglich der Musik selber bin ich unsicher, bei der Mehrheit der Anwesenden dürfte es bloss die Sympathie gewesen sein, aber passt schon. Das Set liess die Menge feiern und die gute Laune war förmlich spürbar. (mon)

LAMB OF GOD
Unpopular Opinion vorneweg: Nicht mein Bier! Die Extreme Metaller aus Virginia haben sich völlig zurecht einen Namen in der Szene erarbeitet, verbinden Elemente aller krassen Genres und auch textlich verteilen sie Hiebe. Muss man aber mögen. Die gewaltige Energie des Frontmanns brachte das Publikum abermals zum Toben und die Party ging ab. Die Band selber schien dabei sehr motiviert zu sein und ich glaube, es wurde etwas heisser im Graben. Der Auftritt schien mir rasend schnell vorbei zu sein, aber die Energieladung in der Luft dürfte bis zum Ende des Abends angehalten haben. (mon)

Ach du meine Fresse! Randy Blythe und seine Mannen haben übermässig abgeliefert. Viel zu früh am Nachmittag aber mit unbändigender Spielfreude nahmen sie das Greenfield unter Beschuss. Krachende Riffs, dumpfe Bässe, groovende Drums und dann eben diese Growls. Blythe selbst schien an diesem Tag in bester Verfassung, denn er sprang, rannte und spuckte was das Zeug hält und nutzte die ganze Bühne für seine Kurzstreckenläufe. Eine durchwegs mehr als überzeugende Leistung der Amerikaner, die im Greenfield Line-Up stets einen Platz verdient haben. (oli)

PAPA ROACH
Wie manche behaupten, eine echte Nostalgieband. Ich weiss nicht ob es an meinen Sensoren liegt, aber ich spüre das Gemüt des Publikums. Dieses ist (wieder einmal) hin und weg. Ganz der Jüngste auf der Bühne ist Jacoby Shaddix zwar nicht mehr, aber das hält ihn nicht davon ab, sich mit teenagermässiger Energie auf der Bühne zu bewegen. Mit alten und neuen Hits findet jeder etwas für sich und die Atmosphäre steht am Rande einer Explosion. Dies könnte jedoch auch damit zu tun haben, dass die Fans bereits die Vorfreude auf Amon Amarth spüren. Papa Roach gelten jedoch auch als eine der Livebands überhaupt. Nun, dies hätten sie mit diesem Auftritt bewiesen. (mon)

Zumindest das jüngere Publikum hatte seine helle Freude an den, nun ja, doch nicht mehr ganz so jung gebliebenen Herren. Mir wurde an diesem Gig bewusst, dass ich unaufhaltsam älter werde und hier schon die zweite Generation an Fans in der ersten Reihe steht. Meinen Geschmack traf es nicht, aber zu Bratwurst und Bier kann es schlimmere Hintergrundmusik geben. (oli)

AMON AMARTH
Eine Ladung Vikingerpower gefällig? Aus dem hohen Norden angereist, präsentierten Amon Amarth ein Inferno für Auge und Ohr. Vor fantastischer Laune fast platzend, bewegte sich Sänger Johan Hegg selbstbewusst auf der Bühne und zeigte mühelos, dass er hier das Tier ist - und was für eins. Voller Power growlte er das Publikum in Extase. Was mir auffiel: das grosse Bühnenbild, das etwa am „Sweden Rock Festival“ zum Einsatz kam, wurde beim Greenfield durch das alte ersetzt. Wegen der Bühnengrösse, denke ich mal. Schade! Nichtsdestotrotz war dies zweifelsohne mein Tageshighlight. Die Growls empfand ich als wohltuend und die Atmosphäre explodierte diesmal wirklich. Mit viel Pyros boten die Schweden eine unglaubliche Show. Definitiv eine DER Livebands überhaupt. Das Spektakel könnte für meinen Geschmack endlos so weitergehen und für mich konnte nichts mehr den Tag toppen. (mon)

SLIPKNOT
Der Freitagabend stand wieder einmal im Zeichen der Maskenmänner aus Des Moines, Iowa! Gespannt sind Publikum und Presse, denn im Vorfeld wurde viel über Slipknot diskutiert. Neues Album oder der im Streit endende Line-Up-Wechsel. Man wusste nicht recht, was einen erwartet. Die Bedenken waren allerdings unbegründet, denn die Truppe lieferte ab – und zwar gewaltig. Bereits beim Intro ging unter den Maskierten auf der Bühne und im Publikum ordentlich die Post ab. Eine unbändige Energie ging von der Hauptbühne auf das Publikum über, und die Security in den ersten Reihen hatte alle Hände voll zu tun. Frontmann und Mastermind Corey Taylor übernahm die Führung und beeindruckte durch wildes Herumspringen und akrobatische Einlagen. Neue Masken, neue Power! So könnte man die Energie der „Neun“ beschreiben. Feuersäulen schossen in die Höhe, die bis in die hintersten Zuschauerränge spürbar waren. «Duality» sowie «Psychosocial» trafen den Nerv des Publikums, und es gab für die Menge kein Halten mehr. Die zwei Perkussionisten am linken und rechten Bühnenrand trommelten wie gewohnt auf ihren Ölfässern herum und verliehen dem wilden Treiben eine eigene Note. Taylor brüllte den Text von «People=Shit» ins Mikrofon, und die Menge dankte es ihm lautstark. Es war ein wirklich gelungener, um nicht zu sagen brillanter Auftritt, den ich persönlich so nicht erwartet habe. Die Amis haben eine unterhaltsame und energiegeladene Show der Extraklasse abgeliefert. (oli)

Dass der Samstag so abwechslungsreich wird, hätte ich mir beim besten Willen nicht vorgestellt. Für mich begann der Tag mit einer Pressekonferenz. Ich lauschte dem Organisatorischen und erfuhr auch Einiges über die Greenfield Foundation. Während der Pressekonferenz begann auch die erste Band des Tages, Cellar Darling zu spielen. Eine Band, die mitunter dank der Greenfield Foundation ihr neues Album finanzieren konnte. Zum Fotografieren der drei ehemaligen Eluveitie-Stars bin ich aber nicht gekommen. Wie ich später mitbekam, war die Band showtechnisch aber leider auch nicht der wahre Hingucker. Somit tat es auch nicht so weh, dass ich es verpasst hatte. (mon)

HELLVETICA
Die Hel(l)vetier aus Lenzburg waren mein erster eigentlicher Fotoeinsatz des Tages, und die Mischung aus Death und Thrash brachte die Fans recht schnell in Stimmung. Ob es daran lag, dass die Band auf der Eiger Stage spielte, kann ich so nicht sagen, doch mir persönlich schien die Atmosphäre etwas platt. Vielleicht verstehe ich die Show auch einfach nicht, da die Thrash-Schiene nun wirklich nicht ganz so die meine ist und erst recht nicht, wenn dazu noch Punkelemente dazukommen. Was von den brisanten Liveshows so erzählt wird liess mich natürlich auf viel hoffen. Nun, zumindest an diesem Tag legte die Band definitiv keinen Wert auf eine gute Show, bei ihnen stand die Musik im Vordergrund. Die Greenfield Bandcontest-Gewinner gaben aber richtig Gas, das muss ich ihnen lassen. Voller Power bewegte sich der Sänger Roman Wettstein auf der Bühne und riss das Publikum mit. Dies machte Freude, und das ist das Allerwichtigste. (mon)

THE PEACOCKS
Eine recht grosse Überraschung erhielt ich mit den Peacocks. Dieses Trio ist definitiv der Ausreisser am diesjährigen Greenfield. Hübsch in Hemden gekleidet, trugen die Winterthurer Jungs ihren Rockabilly Punk vor, und besonders Simon Langhart stach mir ins Auge. Der Typ weiss, wie man mit einem Kontrabass die Blicke auf sich zieht! Musikalisch kann ich mich leider nicht gross zur Band äussern, da mir die Rockabilly-Szene nicht wirklich bekannt ist und mit Punk habe ich auch nicht sehr viel am Hut. Was ich aber bestimmt sagen kann, ist dass die Stimmung super war und ich mir durchaus vorstellen könnte, diese Band auch wieder mal anschauen zu gehen. Manchmal ist weniger eben doch mehr, und diese Band ist ein tolles Beispiel dafür. Kein grosses Schnickschnack, einfach nur Musik und die Musiker selber. Es muss nicht immer die grösste Show sein (auch wenn ich es liebe). (mon)

AT THE GATES
Wenn der Metal aus Göteborg kommt, ist es eigentlich eine Art Referenz. Nun, der Göteborger Sound ist sehr markant, und viele der guten und grossen Bands stammen aus eben dieser schwedischen Stadt. At The Gates sind wichtige Mitgründer des Melodic Death Metal nach der so genannten Göteborger Art und somit kann man eigentlich nur einen bombastischen Auftritt erwarten. Die Band um Sänger Tomas Lindberg, welcher übrigens studierter Lehrer für unter anderem Politologie und Geschichte ist, gab von der ersten Sekunde an richtig Gas. Das Publikum war voll dabei und die Stimmung konnte durchaus als gehoben empfunden werden. Sänger Lindberg war definitiv mehr in Bewegung als der Rest der Band und somit das auffälligste Bandmitglied. (mon)

Auf At The Gates habe ich mich besonders gefreut, da sie live eine Premiere für mich darstellten. Ab Konserve kannte ich etliches von ihnen, konnte mich aber nicht wirklich überzeugen. Doch sie legten ordentlich los an diesem Samstag. Lindberg, immer wieder seine locker sitzende Hose hochziehend, kämpfte zu Beginn mit seinem Arbeitsgerät. Etwa drei Mal wechselte er das Mikro, bis es dann zu seiner Zufriedenheit klang. Das Publikum war zu meinem Erstaunen überschaubar, denn was da aus den Boxen dröhnte war echt der Hammer! At The Gates hatten Power und Spielfreude und es zog mich einfach in ihren Bann! Die Abwechslung an altem und neuem Material war äusserst gelungen. At The Gates werden sicher wieder einmal einen Platz in meiner musikalischen Agenda erhalten. Top! (oli)

HÄMATOM
Oh, diese Typen sind es! Nun, an Hämatom scheiden sich bekanntlich die Geister. Orientiert an der Neuen Deutschen Härte, jedoch mit viel Groove und noch ein paar anderen Elementen, bietet die Band aus Franken einen recht satten Sound. Dazu kommen Texte aus europäischen Märchen und sozialkritische Themen. Nun, ich bin ehrlich gesagt hin- und hergerissen. Diese Band vermochte es noch nie wirklich, mich ganz zu überzeugen, aber umso mehr erfreute ich mich an der Möglichkeit, die teils recht aufwändig gestalteten Masken zu fotografieren. Wie immer ist es am Wichtigsten, dass die Fans Spass haben, und dies war definitiv mehr als gegeben. Der Auftritt der Maskierten musste aber abgebrochen werden, da das Gelände wegen Sturmwarnung geräumt wurde. Glücklicherweise konnte mit einer relativ kleinen Verspätung weitergespielt werden. (mon)

Next on stage: Within Temptation. Die Auftritte von Me First And The Gimme Gimmies und Our Last Night mussten infolge des Sturms gecancelt werden.




WITHIN TEMPTATION
Die Symphonic Metal Giganten aus Holland erfreuen die Mehrheit der Metalgemeinde, egal aus welcher Sparte. Während es noch regnete, betraten die Musiker motiviert die Bühne, und es war schon ein Spektakel, sich diese fantastische Gruppe anzu-sehen, während es auf einen herunter tropft. Die talentierte und hübsche Sharon den Adel verzauberte das Publikum mühelos und die Stimmung stieg schnell wieder an. Ergebene Fans sangen in der ersten Reihe lauthals mit, und man merkte eigentlich gar nicht, dass das Festival zuvor unterbrochen worden war. Den Lead hatte ganz klar die Frontfrau, welche die höchste Bühnenaktivität aufwies und definitiv auch am meisten ins Auge (und Ohr) stach. Die Fans lieben sie, und das war deutlich spürbar. Sie war auch sehr dankbar, sprach zu den Fans und drückte ihre Bewunderung aus, für die Ausdauer und den Willen, weiterzumachen. Unmöglich, sie nicht zu lieben. (mon)

AMARANTHE
Die Pop-Band des Tages, Ladies und Gentlemen! Die grosse schwedische Gruppe zieht eine ganze Menge Publikum an, welches trotz Regen sichtlich Spass hatte. Die Mischung, die die Band darbietet, ist interessant, daran besteht kein Zweifel. Klarer Gesang wird durch die durchaus niedliche, aber meiner Meinung überhaupt nicht rockige Elize Ryd und den sympathischen Nils Molin geboten. Um das Ganze etwas metalmässiger zu gestalten, finden wir auch Henrik Englund auf der Bühne, welcher sich ziemlich gekonnt um die Growls kümmert. Musikalisch bekamen wir eine Mischung aus Power und Death Metal sowie Dance und Metalcore zu hören. Dies gestaltet sich zwar ganz nett, aber, wie ich es damals in der Albumreview schon sagte, klingt es einfach mehr-heitlich nach Pop, bestenfalls nach radiotauglichem Pop-Rock (wobei das Wort Rock in diesem Zusammenhang wohl wegen der Gitarren benutzt wird). Nur weil etwas ins Ohr geht, muss es nicht schlecht sein. Wohl verstanden! Aber der popsternchenmässige Auftritt und das Kostüm der Sängerin hinterliessen bei mir einfach nur einen faden Beigeschmack. Auch die Tatsache, dass die Band in Göteborg gegründet wurde, der Referenz in der schwedischen Metalszene schlechthin, macht diese Sache für mich besonders unfassbar. Kurz gesagt: mich überzeugte der Auftritt nicht (entgegen meiner bisherigen Vorstellung, dass die Band sich gut als Liveact eignen würde), und einzig die Freude der Musiker und der Fans sind für mich als positiv einzustufen. (mon)

ELUVEITIE
Es wird nun Zeit für den grössten musikalischen Export der Schweiz. Die grosse Band, die selbst in Indien eine ergebene Fangemeinde hat, ehrte das Greenfield schon zum fünften Mal, und die Luft fühlte sich bereits ein paar Minuten vor Showbeginn schon sehr prickelnd an. Die neunköpfige Gruppierung gilt zurecht als eine der grössten Folk Metal Bands überhaupt. Die Musiker um Multiinstrumentalist und Mastermind Chrigel Glanzmann strahlen alle sehr individuell mit ihrem Können und fügen sich in ein perfektes Gesamtbild zusammen. Für mich gibt es momentan drei Schlüsselpersonen im Line-up: Chrigel (na logisch), Fabienne Erni, eine bildhübsche und verdammt talentierte junge Frau, welche seit der Trennung von Anna Murphy die Female Vox übernimmt und auch mal die Harfe und Mandola spielt, und die super sympathische und auch sehr enthusiastische Michalina Malisz, welche die Drehleier (Hurdy Gurdy) spielt. Diese drei Personen stahlen den anderen die Show, und es fiel mir etwas schwer, mich auch auf die anderen zu konzentrieren. Fantastisch gelaunt (Eluveitie habe ich noch nie schlecht gelaunt erlebt) verführten die Winterthurer das Publikum mühelos. Die Atmosphäre schien kaum zu toppen zu sein. Wer in der Schweiz lebt und von sich behauptet Metal zu mögen, der sollte diese Band mindestens einmal gesehen haben. Ein Set aus älteren und neueren Songs verschmolz zu einem grandiosen Auftritt, welchen man am liebsten gleich wiederholt hätte. Gibt es Fernbedienungen für Konzerte, um diese zurück zu spulen? Wäre verdammt geil! (mon)

SABATON
Endlich! In grösster Vorfreude auf das neue Album und das neue Showkonzept betrat ich den Fotograben. Ein schwarzer Vorhang und sanfte, anregende und mysteriöse Musik stimmten das hibbelige Publikum ein. Es war ein sehr starkes Kribbeln zu vernehmen. Als dann endlich der Vorhang verschwand, herrschte aber die pure Verwirrung. Auf der sonst schon etwas zu hohen Bühne war ein Schützengraben aus Sandsäcken und Stacheldraht errichtet worden. Was optisch natürlich perfekt zu Sabaton passt und normalerweise eine sexy Bühnendeko geben würde, erwies sich als eine leider sehr mühsame Challenge für uns Fotografen. Die Lösung: Auf die Barrieren! Zum Unmut der Fans in der ersten Reihe stand ich auf den Treppchen der Barriere und sah endlich etwas. Die Musiker standen etwas weit hinten. Ich fragte mich, ob man in der ersten Reihe überhaupt etwas von der Show mitbekommen wird. Mein zusätzlicher Nachteil war wieder einmal meine Körpergrösse. Da hilft auch das beste Teleobjektiv nichts. Zu meinem Glück kamen Joakim, Pär, Chris und Tommy immer mal wieder nach vorn und ich schaffte es dann doch, ein paar gute Bilder meiner Lieblingsschweden zu schiessen. Die Laune der Band war fantastisch und das Publikum wurde, sofern nicht vorher schon gut gelaunt, davon angesteckt. Vor «Ghost Division», wie auch schon, das Cover des legendären «In The Army Now». Von den neusten Veröffentlichungen bekamen wir nur «Bismarck» und die erste Single des neuen Albums, «Fields Of Verdun» zu hören. Trotz der Veröffentlichung der zweiten Single, «The Red Baron&» vor dem Auftritt, wurde dieser Song leider nicht gespielt. Im Gegensatz zu den früheren Shows, die ich bereits miterleben durfte, wurden etwas weniger Witzchen gemacht und zu meinem Erstaunen hat auch der Running Gag mit Swedish Pagans etwas abgenommen. Joakim selber musste das Publikum dezent darauf hinweisen, dass etwas nicht stimmt. Selbstnatürlich wurden auch Bierchen getrunken auf der Bühne. Die Band war in Bestform und sichtlich geboosted vom kommenden Album-Release. Neu auf der Bühne war übrigens auch der Panzer des Drummers Hannes Van Dahl, den ich jedoch erst später vom VIP-Deck zu sehen bekam. Bassist Pär Sundström kam mir extrem entspannt und fantastisch gelaunt vor. Bisher empfand ich ihn immer als etwas gestresst. Diese Entspanntheit wirkte sich natürlich auf die Bühnenpräsenz aus und er glänzte förmlich. Ebenso gut drauf war mein persönlicher Liebling Chris Rörland. Lustiger-weise sehe ich ihn im Graben dann mit einer Ibanez in der Hand, doch ansonsten grinste er frech und versprühte gute Laune wie gewohnt und strahlte eine sanfte, natürliche Autorität aus. Einzig das neuste Bandmitglied schien dezent abwesend zu sein, was mich für mich eine Art Leck in der Gruppendynamik darstellte. Wer Sabaton schon mal live erleben durfte, dem braucht man natürlich nicht zu erklären, wie das läuft. Witzige Typen mit Humor und Partylaune bringen das Publikum zum Toben und Mitsingen, die militärhistorischen Texte sind aber bitterernst. Mein Herz geht jeweils auf, wenn ich mein geliebtes «Price Of A Mile» und «40-1» höre. Und natürlich den Heroes-Knaller «Night Witches», welcher live immer dieses gänse-hauterregende, chorale Intro vorspielt. War die Show geil? Ja, verdammt! (mon)