Livereview: Helloween - Gamma Ray - Shadowside

04. März 2013, Pratteln – Z7
By Rockslave (rsl) & Tinu (tin) - All Pics by Rockslave
Obwohl sich mein musikalischer Geschmack in den letzten zwanzig Jahren stets in eine tolerantere Richtung entwickelt hat, kann man nicht davon sprechen, dass ich nun so zu sagen posthum doch noch zu einem Helloween-Fan geworden bin. Dennoch gefielen mir die letzten Studio-Werke deutlich besser, was ja in meinem Fall einen Quantensprung bedeutet. Dieser fand mit Grave Digger schon vor einer ganzen Weile statt und wird künftig aber weder mit Blind Guardian noch mit Running Wild in Sachen Teutonen-Metal eine weitere Fortsetzung finden. Die letzte Bemerkung traf leider auch für die brasilianische Vorband Shadowside zu, die unter dem Strich keinen wirklich guten Eindruck hinterliess. Ganz anders erging es erwartungsgemäss Gamma Ray, die immer noch locker fähig sind, ein Mörderbrett aufzufahren. Im Mittelpunkt stand natürlich primär Boss Kai Hansen, der gesangstechnisch einen erfreulich guten Abend einzog. Darüber hinaus war man auf der „Hellish Rock Part II“ Tour als “Very Special Guest” klassifiziert, was einen stündigen Set ermöglichte. Kein Wunder, konnten Helloween danach locker aus dem Vollen schöpfen und lieferten ihrem Publikum eine satte Headliner-Show ab, die sich gewaschen hatte. (rsl)

Shadowside

Was bei der ersten Band des Abends hingegen gleich mal negativ auffiel, da (für eine Support-Band) wirklich beinahe erdrückend, war zunächst das riesige Backdrop mit dem Schriftzug. Das schürte natürlich gewisse Erwartungen, die mit Dani Nolden als überaus ansehnliche Frontfrau, das sei vorweg genommen, trotzdem nicht erfüllt werden konnten. Musikalisch wusste ich zwar eigentlich schon, was weitgehend auf mich zukam, denn auf meinem iTunes tummeln sich immerhin deren erste zwei Alben «Theatre Of Shadows» (2005, 2007 re-released) und «Dare To Dream» (2009, 2010 re-released). Das bisher neueste Werk trägt den Titel «Inner Monster Out», hat schon fast zwei Jahre auf dem Buckel und ist mir bislang nicht wirklich zu Ohren gekommen. Nichtsdestotrotz stürmte der Südamerika-Vierer zunächst behende die Bühne des Z7, um wie die Feuerwehr los zu legen. Spätestens ab dem dritten Song nahm die Gleichförmigkeit der Songs jedoch sprunghaft zu und die Qualität des Gesangs insgesamt laufend ab, respektive verharrte auf gleichem Niveau. Obwohl die Ausstrahlung der Brasilianer grundsätzlich positiv war, kam eigentlich, bis auf etwas Höflichkeitsapplaus rein gar nichts beim Publikum davon an. Das sprach letztlich Bände und auch wenn Shadowside noch drei Stunden gespielt hätten, wäre nach dem letzten Ton kaum bis gar nichts hängen geblieben. Handwerklich wars absolut in Ordnung, der Sound jedoch viel zu breiig und die gute Dani klang in den oberen Regionen ziemlich angestrengt bis mitunter leicht überfordert. Mir kamen dazu Kobra & The Lotus in den Sinn, die im vergangenen Herbst in Zürich (Support von Steel Panther) weitgehend mit den gleichen Problemen zu kämpfen hatten. So blieb unter dem Strich nicht viel Erwähnenswertes übrig, obwohl die Chose ab Tonträger besser abschneidet! (rsl)


Gamma Ray
Ich weiss, dass ich in gewissen Dingen ein Ewiggestriger und sturer wie festgefahrener Metalhead bin, aber mit Gamma Ray verbinde ich vor allem die guten alten Zeiten, wo noch ein gewisser Ralf Scheepers (Primal Fear) in Diensten von Chef Kai Hansen stand. Das entsprechende Debüt-Album hiess «Heading For Tomorrow», kam ganz zum Ende der 80er heraus und lief bei mir in Dauerrotation. Fast zehn Jahre später erschien mit «Powerplant» nochmals ein währschaftes Brett, das ebenso geschätzt wurde und mir mitunter wenigstens etwas die melodisch-speedige Ecke schmackhafter machte. Trotz dem meist flotten Gebolze gibt es in der Musik von Gamma Ray auch immer wieder tonnenschwere Breaks und die stilistische Nähe zu Judas Priest in den 90ern. Irgendwann verlor ich aber das Interesse, da es auch immer wieder mal Lineup-Wechsel gab. Bis 2001 eschienen die neuen Alben jeweils immer nach zwei Jahren, bis es dann bis 2005 dauern sollte, als «Majestic» den Faden wieder aufnahm. Wirklich Neues war es ja nicht, aber stets eigen und geprägt von Kais Gesang und Spiel. Was den Gesang angeht, der ja stets mit ordentlich Schmackes daher kommt, lässt einem bei jedem Konzert fragen, ob Herr Hansen jeweils erkältet oder, wie heute Abend, ziemlich fit ist! So war es denn nach dem langweiligen Support höchste Eisenbahn, dass Qualität Einzug hielt. Die aktuelle Tour stand quasi unter dem Patronat der neuen Live-Rille «Live-Skeletons & Majesties» und der brandneuen EP «Master Of Confusion». Den Auftakt machte zu meiner Freude das etwas angejahrte «Anywhere In The Galaxy», das aber gleich voll rein knallte. Auch das nachfolgende «Men, Martians And Machines» machte keine Gefangenen und zeigte die Hamburger gleich im besten Licht. Während sich Schlagzeuger Michael Ehré ja erst seit letztem Jahr die Ehre gibt, sind die restlichen drei Musiker schon über fünfzehn Jahre zusammen. Das merkte man der tighten Performance von Beginn weg an und das übertrug sich sogleich in die bestens gelaunte Meute vor den Bühne, die ordentlich abging. «The Spirit» verlangte Kai dann alles ab und das ja gleich zu Beginn. Neuere Songs wie «Empathy» und «To The Metal», als Accept lastiger Titeltrack des bislang letzten Studio-Albums von 2010, liessen die Matten der Headbangers nochmals heftig kreisen. Gerade zuvor wurde die alte Helloween-Schote «Future World» regelrecht abgefeiert. Leider verging die Zeit, immerhin eine ganze Stunde, dennoch viel zu schnell. Gerne würde ich Gamma Ray deshalb wieder einmal über die volle Distanz sehen. (rsl)

Setliste: «Anywhere In The Galaxy» - «Men, Martians And Machines» - «The Spirit» - «Gamma Ray (Birth Control cover) » - «Master Of Confusion» - «Empire Of The Undead» - «Empathy» - «Rise» - «Future World (Helloween Cover)» - «To The Metal» -- «Send Me A Sign».


Helloween
Die Kürbisse stiegen mächtig mutig in den Set ein. Beinhalteten doch die ersten zehn Songs nicht weniger als gleich sechs neue Tracks (von «Straight Out Of Hell»), zwei vom Vorgänger-Werk «7 Sinners» und nur zwei Klassiker. Das zeugt davon, dass das Quintett sehr auf ihr neues Material vertraut. Anhand der Zuschauerreaktionen war dieser Schritt der richtige. Ernteten die Jungs um Sänger Andi Deris doch durchwegs viel Applaus. Der Shouter bewies einmal mehr seine Entertainerqualitäten, mit denen er das Publikum sofort in seinen Bann zog. So ganz nebenbei bemerkt, habe ich Andi noch nie dermassen gut singen gehört. Das sass jede Note und war es in noch so schwindel-erregenden Höhen. Seine Spässe, die der Blonde mit Bassist Markus Grosskopf trieb, gehören mittlerweile ebenso zum guten Ruf eines Helloween-Konzertes, wie auch seine Ansagen, mit denen er immer wieder den Lacher auf seiner Seite hatte. Die Gitarrenfront könnte optischer kaum unterschiedlicher sein. Auf der linken Seite der nicht mehr so Neue (seit über zehn Jahren in Lohn und Brot bei Helloween) Sascha Gerstner, der vom Outfit her auch gut zu einer Sleazerock-Truppe wie Hardcore Superstar passen würde. Auf der rechten Seite, der seit einem gefühlten Jahrhundert mit der gleichen Frisur auf der Bühne stehende Michael «Weiki» Weikath, mit Jacket, der Kippe im Mundwinkel und komischen Grimassen im Gesicht. Die Arbeit an den sechs Saiten ist aber nach wie vor hervorragend und speziell wenn sich die beiden duellieren («I’m Alive»), machte es verdammt Spass, da zuzusehen.

Markus an den dicken vier Saiten bleibt der Dauergrinser der Truppe. Mit einer unglaublichen Spiel- und Posefreude verlieht er der Vorreitertruppe des melodischen Speed-Metals einen zusätzlichen Glanz, der von der souveränen und arschtretenden Schlag-zeugarbeit von Dani perfekt ergänzt wurde. Allerdings hat sein Solo mittlerweile an Spannung verloren. Die Geschichte damals mit dem Kinderschlagzeug von Markus, der sich ein kleines Battle mit Dani lieferte, gehört noch heute zu den lustigsten Momenten einer Helloween-Show. Mister Loeble ist sicherlich kein schlechter Trommler, aber seine solistische Darbietung hätte auch kürzer ausfallen können. Somit sind wir aber beim einzigen Kritikpunkt der aktuellen Helloween-Tour! Der Mitsingpart bei «Live Now!» bei dem in bester 80er-Jahre Tradition das Publikum in zwei Hälften geteilt und getestet wurde, welche Seite wohl lauter singen kann, hat nichts von seiner packenden Art verloren! Ebenso wie die ollen Hits der Sorte «Eagle Fly Free», «Hell Was Made In Heaven», «Power», «Dr. Stein», «I’m Alive», «I Want Out», bei der ¾ von Gamma Ray auf der Bühne standen und die Uraltkamellen in Form eines Medleys «Halloween», «How Many Tears» und «Heavy Metal (Is The Law)», das von Kai Hansen gesungen wurde. – Tja, damals war Mister Hansen noch Sänger und Gitarrist von Helloween! – Die «Hellish Rock»-Tour Part II hatte somit ihren Höhepunkt erreicht, der von den tollen neuen Tracks «Nabataea», «Waiting For The Thunder», «Live Now!», dem neuen Titeltrack und «Where The Sinners Go» bestens eingeleitet wurde. In dieser Form sind Helloween kaum zu schlagen und es sollte nun endlich auch den ewig Engstirnigen und Kiske-Fanatikern klar werden, dass die Kürbisse ihren Weg konsequent und äusserst erfolgreich gehen. Nicht nur in den Charts, sondern auch auf der Bühne und da war das Quintett schon immer am stärksten! (tin)

Setliste: «Wanna Be God» - «Nabataea» - «Eagle Fly Free» - «Straight Out Of Hell» - «Where The Sinners Go» - «Waiting For The Thunder» - «Steel Tormentor» - «Drum Solo Dani Loeble» - «I’m Alive» - «Live Now! » - «Hold Me In Your Arms» - «Falling Higher» - «Hell Was Made In Heaven» - «Power» -- «Are You Metal?» - «Dr. Stein» --- «Halloween/How Many Tears/Heavy Metal Is The Law (with Kai Hansen) » - «I Want Out (with Gamma Ray)».