Livereview: Jeff Beck

21. Juni 2018, Pratteln – Z7
By Rockslave
Jüngere Rockfans zwischen zwanzig und dreissig Jahren kennen eher noch Eric Clapton, Jimmy Page, Keith Richards oder Jimi Hendrix von „irgendwo“ her. Ältere Semester dürften hingegen bald Jeff Beck nennen, der nämlich in der vom amerikanischen Rolling Stone erstellten Liste „The 100 Greatest Guitarists Of All Time“ (2015 aktualisiert), nach den eben vier genannten Saiten-Virtuosen auf Platz fünf geführt wird. Früher (zusammen mit Jimmy Page) kurz bei den Yardbirds, beinahe als Ersatz für Syd Barrett (Pink Floyd) gehandelt und letztlich noch vor 1970 als Gründer der Jeff Beck Group (mit Rod Stewart und Ron Wood) zeigte der junge Musiker bereits früh, was in ihm steckte. Obwohl kommerziell nie so erfolgreich wie die erwähnten Kollegen, erarbeitete sich der mittlerweile 74-jährige Brite ein Lebenswerk als Solo-Künstler, das weit über die mehrfach erhaltenen Grammy’s hinaus geht. Meist nur instrumental und mehrheitlich jazzig unterwegs, scharte Jeff Beck in all den Jahren verschiedene Profis um sich, die ihn jeweils auch live begleiteten. Da ich diesen Ausnahmemusiker bisher noch nie gesehen und gehört hatte, war es heute Abend absolute Pflicht ins Z7 zu gehen!

Jeff Beck

Vor diesem Schweizer Konzert von heute Abend im Z7 stand Jeff Beck bei uns am 22.10.2016 auf der AVO-Session Bühne in Basel. Damals hatte er mitunter die junge Sängerin Rosie Oddie und Jimmy James Hall als männliche Vertretung an den Vocals mit dabei. Letzterer bestritt beim Auftritt heuer alleine einzelne Gesangsparts, was sich über das ganze Konzert als klar bessere Konstellation gegenüber der AVO-Session heraus stellen sollte. Am Bass hätte ich natürlich liebend gerne die talentierte Tal Wilkenfeld gesehen und gehört, aber Rhonda Smith stand ihr technisch in nichts nach. Immerhin sass schliesslich mit Schlagzeuger Vinnie Colaiuta ein mir bekannter wie begnadeter Musiker an seinem Arbeitsgerät. Nebst dessen unzähligen Credits für zig andere Musiker und Bands ist dieser um die Jahrtausendwende herum auch mal bei einer Jazz Rock Truppe namens Karizma gewesen. Das zweite Mal begegnete er mir in Zusammenhang mit Jeff Beck natürlich, und dies in Zusammenhang mit der legendären Live-Veröffentlichung „Live At Ronnie Scott’s“, wo Master Beck 2007 fünf Tage hintereinander (!) aufgetreten ist. Das Line-Up bestand aus Jason Rebello (Keyboards), Tal Wilkenfeld (Bass) und eben Vinnie Colaiuta (Schlagzeug), plus ein paar Guests wie Joss Stone (Vocals), Imogen Heap und Eric Clapton. Meine grosse Hoffnung war nun, dass möglichst viele Songs dieser genialen Session auch im aktuellen Set figurieren, und als dann «Stratus» bereits als zweiter Song folgte, konnte nichts mehr schief gehen. Am Schluss sollten es dann gar deren sieben werden!

Zuvor lechzte ich unentwegt nach jedem weiteren Song, den ich mit der erwähnten Live-Scheibe (inzwischen auch als 3LP-Monster in der Sammlung stehend) abgleichen konnte. Und was passierte?! Meine Gebete wurden erhört, denn nach «Nadia» folgte später gleich ein Vierer-Bündel nacheinander, sprich «Brush With The Blues» war der letzte Songs davon. Obwohl Jeff Beck ja eher oder lieber im Jazz zu Hause ist, kann er natürlich auch anders und bleibt dabei aber immer sich selber. Seinen Stil, ausgehend von der unvergleichlich eigentümlichen Technik, die praktisch ohne Plektrum auskommt, erkennt man innert Kürze, auch vom Tremolo-Einsatz her, wie das Spiel von Dire Straits Chef Mark Knopfler. Ein paar Anschläge und Melody-Lines reichen aus, und man weiss sofort, um wen es sich handelt. Dass Jeff sich jedoch vor allem durch eigene Interpretationen von bestehenden Songs einen Namen gemacht hat, ohne dabei anbiedernd zu wirken, ist eine ganz grosse Stärke dieses aussergewöhnlichen Gitarristen. Ich bekam mehrmals eine fette Gänsehaut und genoss jede Minute dieses Events. Dies ging dem begeisterten wie zahlreich aufmarschierten Publikum ebenso. Ich denke mal, dass das Z7 knapp nicht ausverkauft war. Insgesamt lebte das Konzert von allen Akteuren, und vor allem die Rhythm Section mit Bassistin Rhonda und Drummer Vinnie war schon fast alleine das Eintrittsgeld wert. Zwingend zu erwähnen gilt es auch die Cellistin Vanessa Freebairn-Smith, die vorerst eine untergeordnete Rolle einnahm, dann aber zunehmend immer wieder passende Parts beisteuerte. «Morning Dew», gut gesungen von Jimmy James, gefiel mir in der Interpretation von Nazareth jeweils besser. Nach knapp zwei Stunden war leider alles vorbei und ich total happy.

Fazit: Als Rockmusik-Fan (den Metaller lassen wir in dieser Betrachtung ausnahmsweise mal aussen vor) kommt man an Jeff Beck nicht vorbei! Klar…, Hendrix (wie auch?!), Page (wo war ich bloss 1980, als Led Zeppelin in Zürich spielten, verdammt?!) und Clapton (ist mir einfach zu seicht) fehlen mir noch, aber die Akte Jeff Beck wurde hiermit nicht geschlossen, sondern erst recht zum Leben erweckt. Sollte der angejahrte Saitenzauberer nochmals auf Tour gehen, werde ich erneut keine Sekunde zögern und mir ein Ticket krallen. Das sollten mir übrigens interessierte junge Fans auf jeden Fall gleich tun, denn es kann sehr schnell zu spät sein! Dass ich ausserdem noch zu einer Original-Setliste gekommen bin, die während des Gigs am Bühnenboden angeklebt war, rundete das Ganze bestmöglich ab. Notiz am Rande: Akkreditiert war ich, darum gibt es auch diesen Bericht, aber Fotos durften an diesem Konzert von Jeff Beck & Band keine, respektive von niemandem gemacht werden! Dennoch liessen sich natürlich auch ausserhalb des Fotopits und mit normalem Equipment im Taschenformat gute Bilder machen.

Setliste: «Pull It» - «Stratus (Billy Cobham Cover)» - «Nadia (Nitin Sawhney Cover)» - «You Know You Know (Mahavishnu Orchestra Cover)» - «Morning Dew (Bonnie Dobsen Cover)» - «I Have To Laugh (Otis Rush Cover)» - «Star Cycle» - «Lonnie On The Move (Lonnie Mack Cover)» - «Mná na h-Éireann (The Chieftains Cover)» - «Just For Fun» - «Little Wing (The Jimi Hendrix Experience Cover)» - «A Change Is Gonna Come (Sam Cooke Cover)» - «Big Block» - «Cause We've Ended As Lovers (Syreeta Cover)» - «You Never Know» - «Brush With The Blues» - «Blue Wind» - «Superstition (Stevie Wonder Cover)» - «A Day In The Life (The Beatles Cover)» -- «You Shook Me (Willie Dixon Cover)» - «Going Down (The Alabama State Troupers Cover)».