Livereview: Jorn - Pure Inc. - Triosphere
19. November 2008, Pratteln Z7
By Kissi (kis) & Rockslave (rsl) - All Pics by Rockslave
The Snakes, Ark, Beyond Twilight, Masterplan oder Allen/Lande..., die Liste von ehemaligen Bands, in welchen Jorn Lande sein unverwechselbares Stimmorgan zu Klange brachte, ist umfangreich, genauso wie seine Gastbeiträge, sei es für Tobias Sammet's Metalopern Avantasia oder Arjen Lucassen's Ayreon. Der warme Gesang von Lande ist gern gehört. Neben all jenen Engagements widmete sich der Mann mit der blonden Mähne aber immer auch seiner Soloband Jorn, angefangen im Jahre 2000 mit dem Debüt «Starfire», über hochgelobte Silberlinge wie «Out To Every Nation» oder «The Duke» bis zur aktuellen, wiederum gelungenen Scheibe «Lonely Are The Brave». Ein halbes Jahr nach dessen Veröffentlichung kamen nun auch die Schweizer Fans des Skandinaviers in den Genuss, sein Solomaterial live zu Gehör zu bekommen. Souverän aber nicht sonderlich spektakulär rockten Jorn und seine Musiker dabei das Z7. Neben seinen Landsmännern (und deren Landsfrau) Triosphere begleiteten ihn dabei auch unser aller Lieblingsbasler Pure Inc., welche sich an diesem Abend anschickten, Herrn Lande dank Heimspiel die Show zu stehlen! (kis)

Triosphere
Vor 18 Tagen, genauer am 1. November standen die sympathischen Power Metaller aus Norwegen noch auf der Lenzburger «Metal Inferno»-Bühne anlässlich der Ausgabe Nummer fünf. Dass die Schweiz jetzt nochmals zum Handkuss kam, durfte auf jeden Fall als klarer Gewinn verbucht werden, zumal wir es hier mit einer hoffnungsvollen Band zu tun haben. Darüber hinaus ist die Truppe auch technisch auf der Höhe und ma merkte auch heute Abend, dass alle Musiker grossen Spass an dem haben, was sie machen. Dazu gehörten heute Abend noch zwei neue Songs (die auch in Lenzburg gespielt wurden), die womöglich noch dieses Jahr auf dem Nachfolger des bärenstartken Debüts «Onwards» stehen werden. Frontfrau und Bassistin Ida Haukland zeigte wiederum eine gute Leistung, die natürlich von ihren Kollegen entsprechend tatkräftig unterstützt wurde. Was die Gitarren-Arbeit angeht, so teilen sich Marcus Silver und Tor Ole Byberg diese gleichwertig, das heisst beide Musiker spielen neben den obligaten Riffs auch die Soli. Das kommt eigentlich immer gut und ist nebst der auch optisch anziehenden Frontfrau ein weiteres Plus, das die Band aus Norwegen für sich buchen kann. Weiter ist zu erwähnen, dass auch Drummer Ørjan Aare Jørgensen mit seinem variantenreichen Spielt einen Mega-Job verrichtet und nicht nur irgendwas daher trommelt. Einen unbändigen Bewegungsdrang verspürte Marcus Silver (g) auch in Pratteln und liess es sich auch hier nicht nehmen, mitten ins Publikum zu stehen und dort heftigst abzurocken. Dass diese schweisstreibende Arbeit entprechend durstig macht, schien ein Fan sofort verstanden zu haben und reichte dem Gitarristen einen Schluck Bier. Auch sonst verstehen Triosphere ihr Handwerk bestens und posten volle Kanne. Diese Energie liess auch das Medley von einigen W.A.S.P-Klassikern zu einem Highlight werden, das auch von den Fans lautstark abgefeiert wurde. Die beiden von innen beleuchteten Namenssäulen auf der Bühne sahen überdies ziemlich cool aus und dass die erste Band (von insgesamt dreien) fast 50 Minuten spielen durfte, zeigt, dass die Chemie auf dieser Tour stimmt(e). Grosses Kino aus dem hohen Norden, das bald bestimmt noch mehr von sich reden machen wird!

Setlist: «Trinity» - «Onwards Part 1» - «Onwards Part 2» - «Silver Lining» - «Lament» - «Driven» - «Anger» - «W.A.S.P.» - «Gunnin'» - «Sunriser».

Pure Inc.
Auf diesen Auftritt hatte sich der Schreiberling dieser Zeilen ganz besonders gefreut, da ich Pure Inc. jetzt schon eine ganze Weile nicht mehr live gesehen hatte. In dieser Zeit haben sich einige Dinge bei den Baslern verändert. Zum einen ist da natürlich der neue Bassist Ueli Hofstetter, der Andreas Gentner ersetzte und frisch draussen ist das mittlerweile dritte Album «Parasites And Worms». Auch gewechselt hat das Label, denn neu sind die vier Schweizer Rocker bei Dockyard1 unter gekommen. Sänger Gianni Pontillo's Stimmbänder sind (waren) nach der nötigen Operation zum Glück wieder vollständig genesen und so stand einer gestandenen Groove-Session eigentlich rein gar nichts mehr im Weg! Gitarrist Sandro Pellegrini war natürlich wieder von der ersten Sekunde an wie elektrisiert und haute seine geilen Riffs wie Soli unentwegt in die Menge hinein. Ich kenne im Übrigen kaum einen anderen Musiker, der derart mit seinem Instrument quasi verschmilzt und jede gespielte Note mit einer solchen Energie und Hingabe zugleich runter zockt! Obwohl vom Gesamtsound her womöglich fetter, braucht es in dieser Top-Band absolut keinen zweiten Saitenhexer. Die neuen Songs hörten sich live gut an und standen den etwas älteren Sachen in Nichts nach. Die ordentliche, wenn auch nicht übermässig grosse Anzahl von Fans ging erfreulicherweise recht gut mit und spendete immer lauteren Applaus in der "heiligen" Z7-Konzertfabrik. Der PA-Sound stand wie eine Eins und hörte sich, mitunter auch verstärkt durch den 5-String Bass von Master Hofstetter, fett und roh zugleich an. Das Prädikat dazu lautete einfach wie simpel: Geil, geil und nochmals geil! Nachdem Triosphere zuvor unerwartet lang auf der Bühne stehen und spielen durften, nahm ich jetzt mal an, dass man bei Pure Inc. auch mit einem ähnlich langen Auftritt rechnen konnte. So kam es denn zum Glück tatsächlich und darum stand noch eine Zugabe eines unsterblichen Zep-Klassikers auf dem Programm, die es in sich hatte und nicht von jeder Feld-, Wald- und Wiesenkapelle so interpretiert wird: «Immigrant Song»! Und weil es sich hier nicht einfach so um einen Filler handelt, taucht dieses absolute Kult-Stück der Rock-Geschichte folgerichtig mitten in den eigenen Songs auf! Nach guten 55 Minunten oder besser fast einer Stunde konnte man sich sicher sein, dass Sänger Gianni nebst seiner erfolgreichen Neben-Beschäftigung namens The Order auch Pure Inc. auch weiterhin zur Chefsache erklären wird..., hoffentlich!

Setlist: «The End» - «Evenmore» - «Saviour» - «Blvd Jam» - «I'm A Rolling Stone» - «Carrie's Alone» - «Darkened Glow» - «Raise Hell» - «Serenade Of Aggression» - «Fear» - ???

Jorn
Nach diesem überraschend starken Auftritt unserer Landsmänner war es dann Zeit für die blonde Wunderstimme aus Norwegen. Sichtlich stolz auf seine neue Scheibe «Lonely Are The Brave» rannte Jorn auf die Bühne, um mit «Soul Of The Wind» und «Shadow People» gleich zwei Nummern seiner fünften regulären Solo-Scheibe zu intonieren. Wie zu erwarten, zeigten er und seine Stimme sich dabei in bester Verfassung, sodass man als Zuhörer nur staunend vor der Bühne stehen konnte. Ob die gesangliche Leistung, oder doch seine etwas zurückhaltende Performance der Grund dafür war, dass das Publikum zu Beginn eher statisch denn euphorisch reagierte, kann nicht beantwortet werden. Fakt ist jedoch, dass Herr Lande wenig von Bewegung zu halten scheint, stand er doch entweder singend in der Bühnenmitte und machte klassische Gesten mit dem Mikroständer oder verzog sich bei instrumentellen Parts gleich wieder hinter die Bühne. Dennoch: Hochkarätige Songs wie «We Brought The Angels Down» oder «Stormcrow» konnten auf voller Linie überzeugen, genauso wie auch aktuelle Nummern, namentlich «Man Of The Dark» oder das doomige «The Inner Road». Ebenso dafür verantwortlich waren und sind sicherlich Jorns verdammt tighte Mitmusiker, namentlich Sechssaiter Tore Moren und Nic Angileri am Tieftöner, die beide einerseits beeindruckend, andererseits auch optisch für die nötige Dynamik sorgten. So betonte Moren, voll in Leder (inkl. Cowboystiefel) gekleidet und seiner klassischen 70's-Soloeinlage für zusätzliche "Rockness" und Angileri (der auch schon mal bei Gotthard aushalf, nämlich am Sweden Rock 06) verbreitete gute Stimmung durch Dauergrinsen und Zappeleien. Das epische «Tungur Knivur» vom 2001 erschienenen «Worldchanger» stellte davor aber noch ein echtes Highlight dar. Dankbarerweise konnte sich an diesem Abend auch der Sound mehr als hören lassen, kamen die zwischen Whitesnake und Rainbow angesiedelten und mit einem Schuss Melodic Metal versehenen Nummern doch klar und druckvoll aus den Boxen. Um neben Ästhetik und Sound noch mehr den vergangenen Rockdekaden zu huldigen, gedachte Jorn Thin Lizzy und interpretierte «Are You Ready?» auf charmante Art und Weise, auch wenn er dabei, wie während der ganzen Show, eine angestrengte Figur machte und selten fröhlich wirkte. Auch in Sachen Kommunikation mit dem Publikum verschwendete Jorn wenige bis gar keine Worte, was etwas an der Sympathie des Sängers kratzte. Dafür brachte der fabelhafte Doppelschlag «Duke Of Love» und «Out To Every Nation» nun endlich auch die letzten faulen Fans zum Jubeln. Mit der Coverscheibe «Unlocking The Past» hatte Mr. Lande schon 2007 gezeigt, dass er seine Stimme gerne auch längst geschriebenen Klassikern leiht und dabei ohne Weiteres mit Grössen wie David Coverdale oder Ian Gillan mithalten kann, und so verwunderte es nicht, dass das abschliessende Purple-Cover «Stormbringer» bestens intoniert und mit einem ausladenden Jamteil abgefeiert wurde. Damit sich der Mann im Mittelpunkt darauf ein wenig erholen konnte, begann der Zugabenteil mit einem eher unnötigen Drumsolo von Schiessbuden-Betreiber Willy Bendiksen, bevor mit Jorns Lieblingstrack von «Lonely Are The Brave», nämlich «War Of The World», eine souveräne und überzeugende, dabei aber eher unspektakuläre und nicht aussergewöhnliche Show nach nicht ganz 90 Minuten ihr Ende fand. Noch ein oder zwei zusätzliche Nummern (vielleicht ein Masterplan-Medley?) hätten für zusätzliche Punkte gesorgt und als einziger Kritikpunkt verblieb eigentlich nur das nicht gerade herzliche Auftreten des sonst absolut souveränen Frontmanns. (kis)

Setlist: «Soul Of The Wind» «Shadow People» «We Brought The Angels Down» «Stormcrow» «Man Of The Dark» «The Inner Road» «Tungur Knivur» «Tore Solo (Guitar)» «Blacksong» «Are You Ready?» «Duke Of Love» «Out To Every Nation» «Stormbringer» - - «Wild Willy Solo (Drums)» «War Of The World».