Livereview: Killer
27. April 2002   Kulturfabrik Kofmehl Solothurn
By Rockslave

Wenn gestandene Rocker sich nach über zwei Dekaden dazu entschliessen, wieder gemeinsam auf der Bühne, also den Brettern, die die Welt bedeuten, loszurocken, dann muss das schon einen triftigen Grund haben. Einer könnte sein, dass man so seine eh schon karge Pension etwas aufbessern und der andere, dass man einfach noch mal eine Riesensause veranstalten will. Genau das stand für das Solothurner Rock-Urgestein KILLER im Vordergrund. Mastermind Crown Kocher überliess nichts dem Zufall und sorgte im Vorfeld für eine lebendige und farbige Werbeaktion zu diesem einmaligen (?) Anlass, die einerseits auf der eigenen Homepage ( www.killermetal.ch ) zu bewundern und andererseits am Austragungsort nicht zu übersehen war. Die Merchandise (mit unter anderem einer schönen Jacke für fast 200 Piepen!) sah für dieses eine Konzert sehr überzeugend aus. Der Aufwand zahlte sich aus, denn die Hütte war
brechend voll, als das Original-Line Up von 1981 mit Crown Kocher, Mark Broman, Tigre Kofmehl, Many Maurer und Ali Allemann unter frenetischem Jubel auf die Bühne kam. Bevor die Party jedoch steigen konnte, liess man, für mich völlig unverständlich, eine örtliche Fasnachtsgugge in voller Tracht und Schminke auftreten! Gut, ich bin nun mal kein Fasnächtler, aber das war echt ein Ablöscher der speziellen Sorte. Da half es auch nichts, dass die Truppe gar noch "T.N.T." auf ihre Art veredelte. Das Publikum war aber gnädig gestimmt und etliess die Truppe mit Applaus anstatt Pfiffen.
Nach einer kürzeren Umbau-, respektive Bereitstellungsphase ging das lange und mit Spannung erwartete Spektakel endlich los. Von einem die Dunkelheit zerschneidenden Taschenlampenstrahl der Security kamen (fast) alle Musiker über eine Treppe runter auf die Bühne. Bis auf Crown, der als Hannibal Lector (mit Mundschutz!) verkleidet und mit Ketten an einen Harassen-Rolli (!) gefesselt, von zwei gewaltigen Muskelpaketen (von denen eines tatsächlich eine Frau zu sein schien) separat auf die Bühne getragen, respektive gekarrt wurde. Die Entfesselungsprozedur harzte darauf zwar ein wenig, was in der Folge für ein paar Lacher sorgte und dazu führte, dass Many das Eingangsriff des Openers "Break my chains" wohltuend und spannungsaufbauend noch etwas in die Länge ziehen konnte. Crown, der sich früher ja durch das Tragen eines Sträflingsgewandes auszeichnete, verzichtete natürlich auch am heutigen Abend nicht darauf, einfach mit dem Unterschied, dass das Teil erstens bedeutend eleganter und eher nach Seide
denn Stoff aussah. Als schliesslich auch die zweite Klampfe eingestöpselt wurde, gab's kein Halten mehr. Man konnte es kaum glauben, dass die Band so lange nicht mehr zusammen gespielt hatte. Dabei soll man sich dem Vernehmen nach bloss vier bis fünf Mal für diesen Event zusammengerauft haben. Das reichte aber locker für einen astreinen und fetten Sound, den sich einige Youngsters und solche, die meinen sie seien die Grössten zwingend hätten anhören sollen. Die Gitarren schrammten kernig in Eintracht mit flüssigen Soli, der Bass pumpte druckvoll und die Drums hämmerten amtlich, während über dem Ganzen die zwar nicht mehr ganz so taufrische, aber immer besser werdende Stimme von Mark thronte. Die Setliste bestand ausnahmslos aus Klassikern der ersten zwei Scheiben "Ladykiller" und "Thriller". Nicht kundige Zuhörer würden zum Stil sagen, hey, das klingt
ja nach KROKUS. Dass dem so ist, ist der Herkunft (Rock-City Solothurn) und der damaligen Zeit zu verdanken. Und warum KROKUS so gross wurden und KILLER nicht, kann nicht einfach auf die zugegeben unvergleichliche Stimme von Marc Storace reduziert werden, aber das ist eine andere Geschichte.Dieser Abend gehörte verdientermassen KILLER, die nach jedem Song einen Mordsjubel entgegennehmen und geniessen konnten. Auf leisere Töne wie "Crystal Butterfly" wurde bewusst verzichtet. Man kam ja zum Rocken und nicht Schmusen her.
Das Publikum war optisch allerdings nicht zwingend auf Hard Rock und/oder Metal getrimmt. Nebst etlichen Freunden aus alten Tagen tummelten sich viele jüngere Zuschauer vor der Bühne, die noch nicht mal geboren waren oder höchstens im Sandkasten rumfrästen, als diese Songs aufgenommen wurden. Aber wie sagt man doch so schön: "besser spät als nie"! Der Freude tat dies jedoch auf beiden Seiten keinen Abbruch. Das Konzert (knappe 80 Minuten) verging leider wie im Fluge und nach dem Zep-Klassiker "Rock'n'Roll" als
Zugabe war Schicht im Schacht. Ein Höllengebretter nach alter Väter Sitte setzte den Schlusspunkt zu einem nostalgisch angehauchten Event der Sonderklasse, der viele fragen liess, wie es denn jetzt weitergehe. Das sagt wohl alles!

Set-Liste: "Break My Chains", "Get Up, Get Down", "Come Along", "Stealing My Mind Away", "Get Out Of My Life", "Midnight Highway Rider", "Never Touch A Tiger", "Passport", "Out On The Frontline", "Crazy Daisy", "Ladykiller", "Take Me, Break Me, Shake Me...", "Sell Your Soul", "Rock'n'Roll".