Livereview: Killer (CD-Release Party)

25. Mai 2019, Biberist – Event Hall P9
By Rockslave
Als mich Crown Kocher, seines Zeichens noch einziger Überlebender der von ihm in den 80ern gegründeten Rock-Combo Killer, vor einigen Monden mal zu sich nach Hause einlud und wir dabei von den guten alten Zeiten und einer weiteren möglichen Zukunft der Band sprachen, deutete noch nicht viel darauf hin, dass es mal zu besagtem Anlass in Biberist gereicht. In den 2000ern gab es, nicht zuletzt auch jubiläumsbedingt, ein paar spezielle Live-Auftritte. Dann tauchten tatsächlich mal ein paar wenige neue Songs auf, die den jeweiligen Set bereichern konnten. Viel mehr war es aber nicht, und als sich das Lineup-Karussell wieder flott zu drehen begann, glaubte eh kaum jemand daran, dass hier jemals wieder etwas Nachhaltiges auf die Menschheit losgelassen werden kann. Doch Dauersträfling Crown Kocher liess sich nicht unterkriegen und trotzte letztlich allen physischen wie musicbusinessmässigen Rückschlägen. Ein erneuter Besuch in Rock-City Luterbach verschaffte mir dann die nationale Exklusivität, einiges dessen, was schliesslich auf dem brandneuen Album «Screamagunn» gelandet ist, als Erster meiner Zunft überhaupt zu Gehör zu kriegen. Der Rest ist bereits Geschichte!

Killer (Pre-Story)
Anfangs Jahr meinte es das Schicksal nicht gut mit unserem lieben Herr Kocher, denn das unerwartete Ableben von Duco Aeschbach, seines langjährigen Freundes, AHV-Chaoten und Spezi der Band Kaktus, hätte nicht sein müssen. Das Leben schrieb jedoch eine andere Geschichte, und es war wohl schon etwas Schicksalhaftes mit dabei, dass nun der Fokus ganz auf Killer gelegt wurde. Die finanzielle Situation wurde bereits im letzten Jahr über ein Crowd-Funding in die richtigen Bahnen gelenkt, sprich die für eine professionelle Albumproduktion nötige Kohle war tatsächlich und zur grossen Freude des ganzen Umfeldes zustande gekommen. Das songmässige Frischfleisch stand weitgehend auch und das Line-Up erhielt, nachdem man sich von Sänger Andy Lickford und der Bassistin Emilia Meyer alias Emi Bassbabe getrennt hatte, die nötige Frischzellenkur durch Mirko "Badbass" Buccio (ja, genau der, der mitunter für Metal Factory allmonatlich hochstehende CD/LP-Rezis beisteuert!) und den neuen Frontmann Patrick "Paddy" Strobel. Man kann ja über das Casting-Format wie "The Voice of Germany" und weltweit dutzende Landes-ableger denken was man will. Fakt ist auf jeden Fall, dass sich dort nicht nur mindestens teilweise halbwegs talentierte Leute präsentieren, sondern auch altge-diente wie versierte, bisher aber grösstenteils kommerziell erfolglose Musiker eine Plattform erhalten, um ihr Können in die Welt hinaus tragen zu können. So kam es eines Tages, dass unser aller Crown mehr oder weniger zufällig auf den Paddy stiess, respektive ihn singen hörte und danach fast vom Stuhl fiel. Sollte es wirklich wahr werden, dass endlich Ruhe und Kontinuität Einzug hält?! Wie man als Fan am heutigen Abend und auf dem Weg nach Biberist bereits wusste, war dem bekanntesten "Kantons-Sträfling in Freiheit" das Glück tatsächlich hold und er konnte seinen absoluten Wunschkandidaten für die wohl letzte Mission in Sachen Killer gewinnen, respektive verpflichten!

Killer (Concert)
Und so kam er immer näher, der grosse Moment der CD-Release Party für «Screamgunn», das fünfte full lenght Album, nota bene 33 Jahre nach «Young Blood»! Angerichtet wurde die Sause in der Event Hall P9, einer ehemaligen Werkhalle der Papierfabrik in Biberist. Meine Wenigkeit erhielt dann noch einen VIP-Pass, der nebst Getränken und feinen Apéro-Häppchen einen separaten Aufenthaltsbereich bot. Diese Annehm-lichkeit war natürlich eine angenehme Nebensache, aber das Hauptaugenmerk galt dem Geschehen auf der Bühne, wo auf einem Bildschirm die verbleibenden Minuten bis zum Beginn runter gezählt wurden. So stieg die Spannung konti-nuierlich an, und nicht nur ich war nun sehr gespannt, was mich und die anwesenden Fans gleich erwarten würde. Ein unterschriebenes Exemplar der CD, die vom Crowd-Funding her den Weg zu mir fand, wurde kurz vor dem Beginn des Konzertes freudig begutachtet und gleich verstaut. Das, was dort drauf ist, sollte schon bald in Gänze, sprich also alle zwölf Songs des Albums (!), livehaftig präsentiert werden! Punkt 21:00 Uhr war es dann endlich soweit für das nächste Kapitel von Killer! Links postierte sich Badbass Mirko Buccio, flankiert von Crown Kocher. Hinten nahm Drummer Roberto Antonucci den Platz hinter seinem Arbeitsgerät ein, während sich rechts Peter Berger als zweiter Axeman bereit machte. Somit fehlte noch einer: Paddy Strobel! Und der liess sich dann beim (Album-) Opener «Dr. Screamgunn» nicht zweimal bitten! Auch wenn der Beginn insgesamt noch etwas giftiger hätte ausfallen können, merkte man bald, dass da endlich wieder eine Band als Ganzes ans Werk ging. Mit «Gonna Be A Star» huldigten Killer offensichtlich «Shake Your Foundations», einem bekannten Song ihrer Soundpaten AC/DC. Allerdings sind das Roots, die nicht einfach anbiedernd wiedergegeben werden. Das war früher schon so, einfach mit dem Unterschied, dass Ur-Sänger Mark Broman alias Markus Brönnimann eine ziemlich schneidende Gesangsstimme besass, die später von Andy Lickford in dessen Geist weitergetragen wurde. Wie das alte Material mit Paddy klingt, lüftete «Crazy Daisy» nach der kurzen Pause, die nach den ersten sechs neuen Songs eingeschoben wurde. Davor befeuerte Feuer-Indianer Zarkus noch den Song «Rock The Fire» mit einigen bemerkenswerten Einlagen auf der Bühne.  Bevor Paddy, zusammen mit seinen neuen Bandkumpels, der Vergangenheit huldigen konnte, gab es erstmal für das Publikum eine faustdicke Überraschung, denn auf einmal wurden neben Crown Kocher noch die Ur-Members Many Maurer (g), Beat Kofmehl (b) und Ali Allemann (d) auf die Bühne gebeten.

Satte 38 Jahre (!!!) nach dem Release der legendären Debüt-LP «Ladykiller» (1981) wurde den stolzen Protagonisten eine goldene LP für 25'000 verkaufte Einheiten überreicht! Leider fehlte Frontsirene "Brö", aber auch so teilte das begeisterte Publikum die sichtliche Freude der Musiker. Zahlreiche Fotos wurden von diesem freudigen Ereignis geschossen, inklusive den aktuellen Members von Killer. Diese enterten danach wieder geschlossen den Ort des Geschehens, und nachdem Paddy die durchgeknallte Daisy mit Bravour interpretierte, verlieh der Baden-Württenberger aus Singen auch «Midnight Highway Rider» seine eigene Note. Spätestens jetzt realisierte auch der Hinterletzte, dass hiermit ein perfekter Brückenschlag zwischen der Vergangenheit und der noch unmittelbar anstehenden Zukunft vollzogen wurde. Paddy fühlte sich absolut wohl in seiner Haut, und dies übertrug sich auch auf seine Mitstreiter. Wie oft erhielten die Songs in der Live-Performance einen zusätzlichen Härte-Kick, der ordentlich Drive entwickelte. Dies galt auch für Badbass Mirko, der nach dem Ablegen seiner Sonnenbrille mit den extra eingesetzten Marilyn Manson Linsen den Stage-Zombie mimte und den Kollegen teilweise fast die Show stahl. So gelangten einige Zuschauer, vorab der ersten Reihe, zu einem Plektrum von Mr. Buccio, der jedoch nicht nur durch seine Faxen auffiel, sondern in erster Linie seinem Buddy Roberto Antonuccio an den Drums pumpende Bassläufe zuschanzte. Die Stimmung im ordentlich belegten P9 steigerte sich laufend und je länger das Ganze andauerte, desto mehr kristallisierte es sich heraus: Killer are back, stronger than ever! Mit der einzigen Ballade «Hold You» gedachte vor allem der übrig gebliebene "AHV-Chaot" Crown Kocher seines Kumpels Duco Aeschbach, der heute Abend bestimmt auch sehr stolz gewesen wäre. Ohne Zugaben konnte sich das Solothurner Rock Ur-Gestein, verstärkt mit süddeutscher Gesangs-Power, natürlich nicht vom Acker machen. Mit «Never Touch A Tiger» und «Come Along» folgten dann zwei weitere oldschool Classics, die durch Paddy Strobel zu neuen Vibes gelangten. Mit «Rock And Roll», also dem Song, durch den Crown bei «The Voice of Germany» überhaupt auf Paddy stiess und den Anfang einer kaum mehr geglaubten Reise auslöste, schloss den symbolischen Kreis. Unter dem Strich reifte die Erkenntnis, dass nun in der Tat spannende Zeiten für Killer anstehen und man mit «Screamgunn» bestens dafür gerüstet ist. Einziger Wermutstropfen des heutigen Abends war für einige Fans allerdings das Ausbleiben des Kult-Songs «Ladykiller», aber der wird im kommenden Set bestimmt noch Einzug finden, wetten?!

Setliste: «Dr. Screamgunn» - «Gonna Be A Star» - «Guitar Hero» - «Rock The Fire» - «Mr. Superman» - «Love Handles» -- P A U S E -- «Crazy Daisy» - «Midnight Highway Rider» - «Kings Of Rock» - «Rock Hasn't Enough From Me» - «See The Light» - «Hold You» - «Sugardaddy Boogie» - «Girls In Leather» -- «Never Touch A Tiger» - «Come Along» - «Rock And Roll (Led Zeppelin Cover)».