Livereview: Lordi - Silver Dust - Follow The Cipher

03. November 2018, Buchs (SG) - Krepel
By Mona
Abseits der üblichen Konzertschuppen, in denen ich mich sonst so rumtreibe, erwartet die Schweiz ein ganz besonderes Spektakel. Finnland und Schweden gelten schon seit Jahren als DIE Metal-Länder. Die Schweiz ist da eher weniger ein Begriff, obschon wir auch hierzulande starke Bands haben, die im Ausland bekannt sind. Die Mischung dieser konkreten Bands ist aber ein Event, den man sich nicht entgehen lassen kann. Wer es nicht nach Buchs geschafft hat, kann glücklicherweise noch nach Pratteln, wo am 23.11.2018 übrigens auch ein Lordi-Livevideo gedreht wird!

Follow The Cipher

Das frische Blut aus Schweden konnte schon sehr viele positive Kritiken für ihr geniales Debütalbum ernten. Auch beehrte die Band bereits einige namhafte Festivals in ganz Europa. Die Truppe aus Falun gilt als recht innovativ im ansonsten relativ homogenen Genre Power Metal. Trotz Orientierung am Altbekannten, gibt es viel Neues und die Mischung ist eben auffällig. Es scheint, wie ich schon in der Albumkritik erwähnte, etwas Besonderes an Falun zu sein, denn es gibt weitere grossartige Beispiele von genialer Musik aus dieser wunderschönen Kleinstadt. Einige Konzertbesucher sind, wie ich erfahren konnte, nur wegen Follow The Cipher gekommen. Selbstsicher und mit unendlicher Energie feuert die herzallerliebste Linda Toni Grahn das noch etwas spärliche Publikum an. Die hübsche und vielfältig talentierte Energiebombe strahlt so richtig im dürftig beleuchteten Raum, und es ist nicht nur ihr erdbeerrotes Haar. Auch die Bandkollegen haben einiges auf dem Kasten und die kleine Bühne wird vollkommen ausgenutzt. Die Atmosphäre ist vom ersten Ton an schon fast atemberaubend. Leider ist das Set ein wenig kurz, aber der Abend wurde auf jeden Fall ganz ansprechend eröffnet. Glücklicherweise sind so ziemlich alle Songs auf dem Debütalbum fantastisch, sodass auch wirklich nur gute Songs gespielt werden konnten. Live klingt die Band ganz genau so gut wie auf dem Album. Wahrscheinlich könnten auch die Gitarristen und der Bassist etwas mehr tun, wenn es mehr Platz geben würde. Selbst die winzige technische Panne bleibt fast unbemerkt. Besonders aktiv macht das Publikum beim Sabaton-Cover «Carolus Rex» mit. Herzlich, offen und kommunikativ, so kann man die Band bezeichnen. Dies merkt man schon auf der Bühne, wenn man Linda ausnahmsweise mal sprechen hört, jedoch wird es einem erst so richtig klar, wenn man sich in der Pause an den Merchstand begibt. Dort nimmt sich die Band für jeden Zeit, der etwas plaudern möchte, die grosse Dankbarkeit für die Unterstützung und Fanliebe ist riesig und scheint echt. Trotz der musikalischen Bombe, die die Band erschaffen hat, sind alle sehr bodenständig geblieben und es ist eine grosse Freude, sich mit der Frontfrau einen Drink zu gönnen. Wer Follow The Cipher noch nicht live gesehen hat, sollte dies baldmöglichst nachholen! Da die Unterstützung für diese Newcomer überall recht gross zu sein scheint, werden uns die Schweden vielleicht/hoffentlich häufiger in der Schweiz besuchen.

Silver Dust
Die vier Herren aus Porrentruy im Kanton Jura konnten hierzulande schon Erfolge feiern, sind aber auch im Ausland teils ein Begriff. Die Mischung aus Dark Rock, Gothic und Metal ist speziell und zusammen mit dem wunderschönen Auftritt in edlen Kostümen eine echte Freude für Augen und Ohren. Mit dem neuen Drummer Magma wirkt die Show zunächst etwas anders, aber ich glaube, dass es schlussendlich ein Plus für die Band ist. Wer sich noch an den Vorgänger, Mr. Killjoy erinnern kann, wird mich wohl verstehen. Die psychotische Mimik des jungen Schlagzeugers war teils recht "gfürchig" und gab der Show ein gewisses Etwas, es passte aber nicht komplett ins Konzept und wurde je länger, je mühsamer. Die Band um den ultrasympathischen, charismatischen und privat extrem herzlichen und bodenständigen Sänger Lord Campbel, ist wahrscheinlich immer noch ein Geheimtipp. Auch hier möchte ich eine herzliche Empfehlung abgeben, sich die Band mal live anzutun. Trotz des recht kurzen Sets scheint die Stimmung nochmal gehoben. Mit bereits drei Alben im Sack können die Herren auch etwas mehr Abwechslung in die Shows reinbringen. An diesen scheiden sich bekanntlich die Geister. Etwas esotherisch angehaucht sind sie ja schon irgendwie. Ein grosser Spiegel auf der Bühne, der düstere Clips zeigt, ein normalerweise dunkles Bühnendesign... dazu die Kostüme im gothisch-viktorianischen Stil. Wer auf Dunkelheit und Düsteres steht, wird optisch schonmal bestens bedient, für meine Augen ist es ein absolutes Fest! Soundtechnisch sprechen wir von zahlreichen Verschmelzungen altbekannter Elemente mit moderneren, elektronischer Untermalung von teils harten, teils trancemässigen Riffs und verschiedenen Gesangsarten und Growls. Vielleicht kann man sich auf die Bezeichnung Gothic Metal einigen, jedoch gibt es immer wieder Abweichungen ins Progressive und Experimentelle. Alles in Allem nicht jedermanns Sache, für Freunde der etwas abstrakteren Kreativität aber definitiv zu empfehlen. Auf der Bühne wirkt das Gespielte und Gesungene um Einiges eindrucksvoller und ansprechender als auf den bereits sehr interessanten Alben. Gerne wieder!

Lordi
Nun wird es aber Zeit für die finnischen Monster. Das Plakat am Eingang zur Location lässt mich etwas schmunzeln, es wird hervorgehoben, dass Lordi Eurovision Song Contest Gewinner sind. Muss das sein? Während ich nach dem Fotoeinsatz die Show geniesse, bemerke ich überdurchschnittlich viele Konzertbesucher, die irgendwie fehl am Platz scheinen. Ich vermute, dass es an eben dieser Eurovision-Werbung liegt, man hat einfach das Interesse der Leute geweckt, die normalerweise wahrscheinlich nichts mit Metal und Dergleichen am Hut haben. Fairerweise muss man hier auch sagen, dass Lordi kommerziell gewisse Erfolge feierten und halt "leider" auch im Mainstream bekannt sind.

Die Show kann mich überhaupt nicht schockieren, aber da bin ich wohl schon etwas abgehärtet. Mit Liebe zum Detail gestaltete Bühnenoutfits eines jeden Bandmitglieds, Masken, da will man am liebsten ganz nah dran sein und alle Einzelheiten genaustens untersuchen. Selbst die Totenköpfe auf den Knien des Frontmannes klappern mit den Kiefern beim Gehen! Der monströse Auftritt ist gepaart mit einer enormen Sympathie, die die Finnen ausstrahlen. Zwar kann man ihre wahren Gesichter nicht sehen, aber man weiss einfach, dass das super nette Typen sind. Das kommt natürlich an. Das Publikum macht mit, ein paar kleinere Moshpits kann ich entdecken. Audioaufnahmen mit Stimmen, eine Puppe, die eine erhängte Frau darstellen soll, die plötzlich ins Publikum schwebt und ein Pfarrer, der durch die dämonische Macht des Frontmonsters Mr. Lordi auf die Knie gezwungen wird (und in dessen Schritt landet...), ja das sind schon starke Statements. Heutzutage schockt sowas jedoch nicht mehr, besonders nicht jemanden, der schon andere "Schock-Rocker" live miterlebt hat (wobei Schock-Rock als Genrebezeichnung völliger Mumpitz ist). Besonders cool ist, dass man trotz aller Elemente die guten alten Soli nicht vergessen hat, die jede Liveshow nochmals aufwerten. So geht Spass! "E Mordsparty", könnte man sagen. Ob die Musik als solche anspruchsvoll ist, lassen wir hier aus, genauso die Texte dazu. Bei Lordi geht es um die Show und die ist "sackstark", Jung und alt gehen ab, selbst wer keine langen Haare hat ist am Headbangen. Besonders toll am Schluss die Riesenflügel, die sich gegen Schluss öffnen. Wer einfach Spass will, ist an einem Lordi Konzert richtig, und ich weiss, dass ich gerne wieder gehen werde.

Setlist: Sexorcism - Monsterman - Charlene / House - Your Tongues - Mana's Drum Solo - Sandman - It Snows In Hell - Hella's Keyboard Solo - She's a Demon - Naked In My Cellar - Rock Police - Ox' Bass Solo - Hug You Hardcore - The Riff - Amen's Guitar Solo - Who's Your Daddy

Encores: Devil Is A Looser - Hard Rock Hallelujah