Auch wenn zum gleichen Zeitpunkt in Zürich Black Sabbath
ihre «The End»-Tour spielten, tummelten sich im Z7 sehr viele alte
und neue Thrasher, die sehnsüchtig auf Dave Mustaine und seine
Mannschaft warteten. Es war interessant zu sehen, wie gemischt das
Publikum war und sich einem doch eher technisch versierten Sound
zugeordnet sieht. Schaut man sich die Setlist an, stellt man fest,
dass Dave sich wieder vermehrt auf seine alten Tage konzentriert,
dabei das neue Album «Dystopia» in den Mittelpunkt stellt und leider
Gottes, die in meinen Augen hervorragende Zeit von «The System Has
Failed» - «United Abominations» und «Endgame» völlig aussen vor
lässt. Dass sich Mr. Mustaine nicht unbedingt um die Songs von «Risk»
kümmert, kann sicherlich damit begründet werden, dass diese Scheibe nicht
nur in der Gunst der Fans ziemlich durchfiel. Auch die beiden
letzten Studioscheiben «Th1rt3en» und «Super Collider» fanden keine
Beachtung, was allerdings ziemlich überraschend war.
Havok
Bevor aber Megadeth die Bühne betraten, standen die Denver Jungs von
Havok auf der Bühne. Das Quartett rotzte sich ziemlich rüpelhaft
durch ihr Set. Slayer scheinen dabei die grossen Vorbilder zu sein, an
denen Havoc aber nie vorbei kommen werden. Die Herren präsentierten
ihre bangenden Haare, bewegten sich viel auf der Bühne und liessen
durch ihre messerscharfen Riffs aufhorchen. Dabei zertrümmerten die
Doublebass-Drums alles, was sich ihnen in den Weg stellte, und somit wurde
das Set der Ami-Boys recht schnell eintönig, monoton und langweilig.
Für meine Wenigkeit erneut der Beweis, dass es ab der dritten Generation
der Thrash-Bands keine Combo auch nur im Ansatz mehr fertig bringt,
interessante Songs zu komponieren. Solche, die neben der Härte auch
die Eingängigkeit nicht vermissen lassen. Das Übel liegt aber auch
an der keifenden und monotonen Stimme von David Sanchez. Alles in
allem boten Havoc zwar einen wilden Gig, der aber schnell in
Vergessenheit geriet, wenn man sich den Headliner zu Gemüte führte.
Megadeth Mit einem grossen Bühnenaufbau,
zwei Videoscreens, einem majestätischen Megadeth-Schriftzug als
Backdrop und dem Bandmaskottchen Vic Rattlehead, das seinen Auftritt
im Anzug bei «Peace Sells» hatte, bot der Headliner eine tolle Show,
die zu jeder Sekunde auf der Musik aufgebaut war. Neutrommler Chris
Adler haute mit einer unglaublichen Wucht auf sein Arbeitswerkzeug
ein. Dabei donnerte die Doublebass-Drum und gab den Takt vor. Mit Dave
«Junior» Ellefson steht nach wie vor ein langjähriger Weggefährte von Dave auf
der Bühne, der mit seinem sehr fetten Bassspiel den Sound von
Megadeth über all die Jahre stark prägte. Man denkt da nur an die
Bass-Einleitung zu «Peace Sells» oder jene von «Trust», die heute
jedes Kind im Schlaf
nachpfeifen
kann. Mister Ellefson ist der Sympathikus auf der Bühne, einer der
oft seine Position auf der Bühne wechselt und die Fans stetig
animiert. Hier geht der Bandleader, Mister Mustaine, doch ein
bisschen, sagen wir mal, verhaltener ans Werk. Der singende
Leadgitarrist, dessen Gesicht man dank seiner langen
Haare selten sieht, gibt den Platz vorne an der Bühne gerne seinen
Mistreitern frei. Dabei steht er auf der linken oder rechten
Bühnenseite, damit sich Dave und Kiko in der Mitte der Stage
platzieren können oder begibt sich bis hinten an den Drumriser.
Trotz all dem ist Mister Megadeth noch immer der musikalische
Antreiber der Truppe, glänzt mit seiner solistischen Art ebenso wie
mit seinen Riffs. Dass er noch nie der ganz grosse Sänger war, ist
nichts Neues, aber auch das passt bestens zu Megadeth, denn ein
anderer Schreihals wäre in dieser Band kaum vorstellbar! Was früher
auch kaum vorstellbar gewesen ist, ist, dass Dave sich mit dem Publikum
unterhält. Aber an diesem Abend verwandelte sich Dave zu
einer richtigen Quaseltante im Z7. Mister Mustaine unterhielt sich ausgiebig
mit dem Publikum, gab zahlreiche
Erklärungen zu den Songs ab oder bedankte sich beim Publikum fürs
Erscheinen. Dass dabei das Lieblingsthema von Dave, der mittlere
Osten, nicht fehlen durfte, war so sicher, wie das Amen in der
Kirche. Auch wenn diese Thematik an diesem Abend sehr kurz behandelt
wurde. Mit Kiko Loureiro von Angra hat Dave einen verdammt guten
Schachzug getätigt. Der Ersatz von Chris Broderick, der wahrlich
kein schlechter Saitenderwisch ist, kann definitiv alles spielen.
Mit Kiko kommt auch das leicht jazzige Flair zu Megadeth zurück,
welches bei den ersten drei Alben ein wichtiger Punkt war. Mister
Loureiro spielte mit einer Leichtigkeit und Freude, die sich sofort
aufs Publikum übertrug. Zusammen mit Dave solierte der Brasilianer
hervorragend und liess die verspielten, komplizierten und göttlichen
Gitarrenmomente nochmals um einiges erhabener erklingen, als bei den
eh schon genialen und fantastischen Vorgänger-Gitarren-Duos von
Megadeth. Unglaublich, mit welcher Leichtigkeit sich Kiko in der
Band integrierte und dazu beiträgt, dass die genialen
Vorgängerbesetzungen durch die neuen Leute nicht Schiffbruch
erleiden, sondern die Band auf den nächsten Level hievt.
Mit
einem Hammerlicht, einem tollen Bühnenaufbau und «Hangar 18» wurde
der Set an diesem Abend eröffnet. Von der ersten Sekunde an wusste man,
dieser Abend gehört zu den Sternstunden der Musikgeschichte. Das lag
auch an den neuen Tracks wie «Poisonous Shadows», der mit seiner
Dramatik kaum zu übertreffen ist. Alleine der Eröffnungsdreier mit
dem schon erwähnten «Hangar 18» - «Wake Up Dead» (was für eine
packende Gitarrenarbeit) und «In My Darkest Hour», bei dem erneut
die wandelbare musikalische Art von Megadeth lebendig wurde,
entsprach einem dreifachen Hosianna. Am lautesten waren die
Fanreaktionen bei «Sweating Bullets» und dem Abschlussdreier
«Symphony Of Destruction» - «Peace Sells» und «Holy Wars» sowie dem
von den Fans lautstark mitgesungenen «A Tout Le Monde». Speziell
auch hier kam die versierte Art von Kiko zum Tragen, als er den Song mit
seiner feinen akustischen Art einleitete. Mit vielen
Videoeinspielungen wurden den Songs noch mehr Ausdruck verliehen und
als am Schluss von «Peace Sells» Vic auf die Bühne kam und mit
seinem Anzug und der beidhändigen Pommes-Gabel für eine noch
grössere Stimmung sorgte, kannte die Euphorie im Z7 kein Halten
mehr. Megadeth sind in dieser Form unbezwingbar. Alleine den Mut zu
haben, wichtige Songs nicht in den Set zu integrieren oder auf Kracher
wie «Devil's Island» - «Good Morning/Black Friday» oder «Hook In
Mouth» zu verzichten, die Kiko locker spielen kann, bedeutet mutig
zu sein. Aber auch Tracks wie «Back In The Day» - «Washintong Is
Next» oder «Gears Of War» könnten den Weg in die Setliste ruhig
wieder mal finden. Das Jammern jedoch findet auf einem sehr hohen Level
statt, denn das Konzert an diesem Mittwochabend wird mir aus vielen
Gründen stetig in Erinnerung bleiben!
Setliste:
«Hangar 18» - «Wake Up Dead» - «In My Darkest Hour» - «The Threat Is
Real» - «She-Wolf» - «Post American World» - «Sweating Bullets» -
«Poisonous Shadows» - «Trust» - «A Tout Le Monde» - «Dystopia» -
«Tornado Of Souls» - «Fatal Illusion» -- «Symphony Of Destruction» -
«Peace Sells» - «Holy Wars... The Punishment Due»
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