Livereview: Messiah - Darkness - Eurynomos

19. Sepember 2019, Zug - Galvanik
By Oliver H.
Mit «Choir Of Horrors» wurde ich auf Messiah aufmerksam und seit «Rotten Perish» war die Schweizer Truppe nicht mehr aus meinem Musikrepertoire wegzudenken. Leider hatte das Quartett beschlossen, als ich langsam im Konzertalter angekommen wäre, die musikalischen Segel zu streichen. So dauerte es Jahre und die Band geriet ein wenig in Vergessenheit, bis ich von ihrer Auferstehung Wind bekam. Mit enormer Spielfreude und etlichen Konzerten, besonders im Ausland, sorgten die Innerschweizer mit «Thrashing Madness» wieder für Furore. So konnte ich es mir nicht entgehen lassen, Messiah bei ihrer "Geburtstagsfeier" beizuwohnen. In der Galvanik in Zug stieg der Reigen zu Ehren des Vierers, und damit sie nicht den ganzen Abend alleine bestreiten mussten, holten sie sich tatkräftige Unterstützung durch die Thrash-Urgesteine Darkness sowie den rüden Metallern von Eurynomos.

Eurynomos

Die aus den vergessenen Tälern des Hades, respektive aus Deutschland stammenden Eurynomos, hatten die Ehre, den Geburtstags-Gig zu eröffnen. Das Galvanik war zu diesem Zeitpunkt noch nicht sehr voll, und viele Zuschauer machten es sich noch im Aussenbereich bequem. Wer bereits im Innern war, konnte sich seinen Platz noch aussuchen. Um 20:00 Uhr verstummte der Metal-DJ, der übrigens noch echte Platten auflegte, und hinter dem schwarzen Vorhang machte sich Leben bemerkbar. Kurz darauf spuckte die Bühne vier Typen aus, die outfitmässig nach 80er Metal aussahen. Ihr Sound war auch traditionell, roh und irgendwo auf der dunkleren Seite des Metals anzusiedeln. Der Sänger kreischte und keifte von der ersten Sekunde an, und seine Gesichtsmalerei, die irgendwo zwischen Alice Cooper und norwegischem Corpsepaint lag, machte sich innerhalb der ersten Songs auf in Richtung Boden. Das Licht war während vierzig Minuten stets gedimmt, damit die Stimmung möglichst düster blieb. Den Leuten gefiel der Auftritt des Quartetts und die Galvanik füllte sich fortlaufend. Kurz und ohne grossen Firlefanz verliessen Eurynomos schliesslich die Bühne, um für die Thrash-Metaller von Darkness Platz zu machen.

Setliste: «Unchained (Intro)» «Banshee Calling» «Eurynomos» «Druid Circle» «Invisible Rays» «Eye Of The Pantheon» «Alchemy» «Fierce Alliance» «Bat Flight» «Witchryder»

Darkness
Die Essener Thrash Metal-Truppe Darkness durfte als zweites ran. Sie galten in den 80ern, neben der Bay Area, als kreativste Keimzelle des Thrash Metals und sie hatten auch bereits mehr Spielzeit als der Opening-Act. Das Quintett um Gründungsmitglied Andreas "Lacky" Lakaw hatte die Fans auf ihrer Seite und zog die Menge von Anfang an in ihren Bann. Rasend schnell und voller Energie legten die Deutschen mit ihrem Set los. Viele Fans kannten was sie hörten und sangen lautstark mit. Besonders bei alten Songs vom Kultalbum «Death Squad» kam ordentlich Bewegung ins alte Gemäuer. Bereits beim zweiten Song hatte jedoch der Bassist technische Probleme an seinem Instrument, die er aber bis zum nächsten Titel wieder in den Griff bekam. So fegten sie Stück für Stück durch die Galvanik und ich verstand immer weniger, warum diese Band nicht zur Speerspitze des deutschen Thrash Metals gehört. Verdient hätten sie es allemal. Wie es aber bei Konzerten oft üblich und beliebt ist, liessen es sich auch Darkness nicht nehmen, mit dem Publikum zu singen. Die Chöre wurden in Männer- und Frauengruppen eingeteilt, was zur Folge hatte, dass man den Frauenchor nicht hörte, denn das weibliche Geschlecht war an diesem Abend absolut in der Unterzahl. Sänger Lee Weinberg konnte sich das Lachen nicht verkneifen und er liess nochmal den ganzen Saal mitsingen, was ihm dann ein Grinsen ins Gesicht zauberte. Natürlich bot der Abend auch genug Plattform, um das aktuelle Werk der Altessener zu promoten. «First Class Violence» knüpft an den Erstling an und zeigt eindrucksvoll auf, dass auch dreissig Jahre nach dem Debüt genügend Energie und Wut vorhanden ist. Wenn man den Promotern Glauben schenken mag, war dieser Auftritt für Darkness zugleich deren Premiere. Sie hielten somit ihren ersten Gig in der Schweiz ab und der bleibt mir als absolutes Highlight in Erinnerung. Sichtlich gelöst und ausgepowert verabschiedeten sie sich schliesslich beim Publikum, bevor sich der Vorhang ein letztes Mal schloss.

Setliste: «Intro» «Critical Threshold» «Battle To The Last» «Hate Is My Engine» «They Need A War» «First Class Violence» «The Gasoline Solution» «Death Squad» «Zeutan» «Burial At Sea» «Iron Force» «I Betray» «Outro» Zugabe: «Armageddon»

Messiah
Dann war der Moment des Abends gekommen. Mit Chorgesang als Intro wurde das Publikum darauf hingewiesen, dass es jetzt an der Zeit wäre die Stühle zu verlassen und den Raum der Galvanik zu füllen. Unter tosendem Applaus eröffnete der Vierer den Abend mit dem Geburtstagsständchen «Choir Of Horrors». Magisch! Die doch etwas in die Jahre gekommene Truppe machte mächtig Dampf und genoss sichtlich ihr Heimspiel. Über die Grenzen hinaus sind Messiah nämlich, seit ihrem Comeback, gerne gesehene Gäste. Nur in der Heimat weiss man ihr Schaffen nicht so recht zu würdigen. Anyway! Die Band spielte energiegeladen und mit viel Freude, was auch beim illustren Publikum ankam. Es wurde gemosht, gepogt und geschrien. Die Musiker dankten immer wieder, während und zwischen den Songs, mit Gesten ihren Fans. Das Set des Abends war eine breite Auswahl ihrer Alben und liess musikalisch keine Wünsche offen. Im Gegenteil – Messiah präsentierten der Menge sogar zwei neue Songs und gaben das offizielle Statement ab, dass an einem neuen Album gearbeitet wird. Pure Euphorie im Saal! Der Abend nahm seinen Lauf und auch auf der Bühne war viel Bewegung. Sänger Andy Kaina kletterte wie ein Jungspund auf die Lautsprecher, während Gitarrist Remo "Bröggi" Broggi eines seiner Soli in die Menge schmetterte. Unterstützt durch Tieftöner Patrick Hersche und Fellgerber Steve Karrer wütete sich der Vierer durchs Programm. Spätestens nach dem «Rotten Perish»-Doppelschlag «Living With A Confidence» und «Raped Bodies» war mir das Grinsen ins Gesicht gemeisselt. Die Herren waren nicht nur im Gespräch äusserst sympathisch, sondern auch musikalisch erste Sahne. Das Grinsen ging erst zur Fratze über, als das Intro zu «The Dentist» von ihrem Debüt «Hymn To Abramelin» ertönte. Übernatürlich laute Bohr- und Kratzgeräusche weckten beim Publikum Erinnerungen an einen vergangenen Zahnarztbesuch, die ein Schaudern und "sich die Ohren zuhalten" zur Folge hatten. Ansonsten blieben keine Schäden zurück, wenn man dem Sound des Abends lauschte. Zwischenzeitlich verliess die Band kurz die Bühne, um einmal durchatmen zu können. Die Temperatur war erheblich gestiegen und die vier Protagonisten von Kopf bis Fuss durchgeschwitzt. Beim grossen Finale zu «Extreme Cold Weather» wurden die Band und das Publikum, zumindest die vorderen Reihen, noch in Schneegestöber gehüllt. Kaina und Hersche wurden regelrecht eingeschneit, während Karrer hinter den Drums und Bröggi von etwas ausserhalb agierten. Nach dem letzten Ton liess sich das Geburtstagskind Messiah noch gebührend feiern, verteilte Pleks, Drumsticks und schüttelte Hände. Die Party dauerte noch bis in die frühen Morgenstunden, denn die Band mischte sich kurz nach dem Konzert bereits wieder unter die geselligen Besucher. Für mich persönlich hat die Band vollends überzeugt und auch mit 25 Jahren Differenz nichts von ihrer Faszination eingebüsst. Danke Andy, Patrick, Steve und Bröggi!

Setliste: «Intro: Chor» «Choir Of Horrors» «Akasha Cronicle» «Lycantropus Erectus» «Münchhausen Syndrom» «Prelude: Act Of Fate» «Cautio Criminalis» «Weeping Willow» «My Flesh – Your Soul» «Total Maniac» «Condemned Cell» «Living With A Confidence» «Raped Bodies» «Urbi Et Orbi» «Psychomorphia» «Space Invaders» «The Dentist» «H.T.A.M / Messiah» «Extreme Cold Weather»