Metal Inferno II
13. November 2004, Mehrzweckhalle Lenzburg
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Letztes Jahr wurde für diese Veranstaltung ein würdiger Startschuss mit Auftritten von Inishmore, Tanelorn, Pantheon und Backwash gesetzt. Es ist heutzutage echt kein Schleck mehr, einen solchen Metal-Event auf die Beine zu stellen, der etwas bewegen kann in diesem Land. Aber ich weiss aus eigener Erfahrung, dass man schon vor über zwanzig Jahren vor ähnlichen Problemen stand, wenn ein paar Unentwegte eine Rock- und Metal Disco organisieren wollten. Das OK des "Metal Inferno" hat(te) sich aber gut vorbereitet und somit vorausschauend die Grundlage für eine zweite Metal-Party geschaffen. Planerisch stand das Datum schon früh fest und deshalb konnte man leider nicht mehr darauf reagieren, dass am gleichen Abend Saxon im Z7 in Pratteln vor ausverkauftem Haus zockten. Umso erstaunlicher war es dann zu sehen, dass sich trotzdem gut und gerne 700 Leute in Lenzburg einfanden. Dazu gehörten im späteren Verlauf auch einige Nachzügler aus Pratteln! Besonderer Umstand dieses Abends war dann noch, dass die deutschen Headliner Chinchilla zuvor noch den Support-Gig vor Saxon (mit Aushilfs-Drummer) spielten! All dies konnte aber dem Metal Inferno 2, Ausgabe 2004 nichts anhaben und so ging es nach Sound vom Rock-DJ Oli4 (Metalworld) pünktlich um 20.00 Uhr los.

Excentric
Die talentierten Jungspunde aus dem Baselbiet waren es, die mich an diesem Abend nach Lenzburg anstatt Pratteln pilgern liessen. Da ich sie schon länger nicht mehr gesehen hatte, nahm es mich natürlich Wunder, wie sich die Band in der letzten Zeit weiter entwickelt hatte. Immer noch die blitzsaubere Debüt 5-Track CD und weitere, auch neue Songs im Gepäck, kamen Excentric locker auf die Bühne und legten unbekümmert mit "Neverlasting" los. Nach einer kurzen Akklimatisations-Phase war man warm und eingespielt, um mit "Highway" druckvoll weiter zu brettern. Der Sound war echt nicht übel und die Performance konnte sich hören wie sehen lassen. Schon bald musste ich anerkennend nicken und feststellen, dass die vier Rock-Bengel in den vergangenen Monaten ordentlich Kohlen nachgelegt haben. Das Spiel und die Posen der Saitenfraktion hinterliessen einen überzeugenden Eindruck und mit zunehmender Spieldauer wurde es immer besser. Drummer Raff sah man, wie gewöhnlich, kaum hinter seinen Kesseln, doch die nötigen Beats kamen tight wie Sau. Der groovige Nu Rock ging direkt in die Knochen und veranlasste die erste Reihe zu kollektivem Mähneschütteln. Mit "They", "Can't stand you" und "Your prison" kamen drei Songs von der CD zu Ehren. Die zum Schluss eigentlich erwartete Metallica Cover-Version von "Sad but true" blieb aus, dafür brachte man "Under the bridge" von den Red Hot Chili Peppers. Mein Urteil darüber fiel übereinstimmend mit dem von DJ Oli4 (Metalworld) aus: Die einzige Cover-Version war klar die schwächste Darbietung im Set! Was soll man da also noch mehr dazu sagen? Der Schlusstrack "Seven" wurde bereits von einem inzwischen deutlich angewachsenen Publikum lautstark beklatscht. Viel zu schnell waren die ersten 45 Minuten des Abends vorüber. Excentric, die sich momentan im Studio für die Produktion der zweiten CD befinden, haben sich mit ihrem tollen Auftritt für weitere Höhenflüge empfohlen. May the spirit of Rock be with you!

Set-Liste: "Neverlasting", "Highway", "Take this", "They", "No more", "Guardian", "Can't stand you", "Your prison", "Under the bridge", "Seven".



Lunatica
Nach einer weiteren halben Stunde mit Sound ab Konserve, enterten Lunatica die Bühne. Die Schweizer Epic Metaller braucht man langsam aber sicher nicht mehr näher vor zu stellen. Ihre Qualitäten haben sie schon zahlreich unter Beweis gestellt und mit ihrem zweiten Album "Faibles & dreams" eine absolute Top-Scheibe aufgenommen. Dass sie dies nun auch auf die Bühne zu bringen vermögen, habe ich bereits am 1. Oktober in Zürich erleben dürfen, wo sie, nebst Dragonflys, den Support von Edenbridge bestritten. Heute Abend hatten sie jedoch deutlich mehr Platz zur Verfügung und damit war die Frage verbunden, ob sich der tighte Eindruck vom Zürcher Dynamo wiederholen würde oder nicht. Den Anfang machte natürlich wieder ein Teil des opulenten Intro's "The search goes on" von der neuen CD, um darauf als Opener gleich mit dem griffigen "Avalon" zu beginnen. Der Funke sprang schon bald auf das gut antizipierende Publikum über und die Licht-Effekte sowie das üppige Trockeneis sorgten gleich für die richtige Stimmung in der Halle. Der Sound kam aber leider (auch über die volle Länge betrachtet) bei Weitem nicht an Zürich heran, was ich aber fast erwartet hatte. Das hielt Lunatica freilich nicht davon ab, mit "The neverending story" gleich den nächsten Hammer los zu treten. Mit solchen Songs kann man die Fraktion der Nightwish Fans natürlich locker mit ins Boot ziehen. Nun war der Bär definitiv los und die ersten paar Reihen wurden von etlichen Headbangern und Headbangerinnen bevölkert, was ja schliesslich das Ziel eines solchen Events ist und erst noch schön an zu schauen war. Bei "Faible of dreams" gesellte sich Sänger Jean-Marc Viller (Daydreamer) als Gast auf die Bühne und steuerte, wie schon auf der CD, dienliche Backing Vocals bei. Gleiches bot danach Marc Torretti (der später mit Bloody Horseface auch noch seinen Auftritt hatte) bei "The spell" und "Between love and hate", aber mit ungleich düsteren Grunts, die jedoch wie die berühmte Faust auf's Auge passten. Zum Schluss gab's dann mit "Elements" nochmals die volle Ohrwurm-Dröhnung auf die Lauscher. Insgesamt fiel die Bilanz klar zufriedenstellend aus, obwohl dieses Konzert nicht zu den Besten gezählt werden konnte. Was ausserdem nachwievor nicht genügt, ist das optisch immer noch viel zu statische Bild, das die Band bewegungsmässig abgibt. Hört man sich die CD an und hat noch den Nightwish-Auftritt von Basel vor Augen, dann passt dies einfach noch nicht zusammen. Dieses "ewige" Thema soll die Darbietung aber nicht dahin gehend schmälern, alsdass Lunatica musikalisch klar zum Sprung in die Oberliga angesetzt haben und dieses erfreuliche Level hoffentlich noch ein paar Jahre halten können.

Set-Liste: "Intro", "Avalon", "Still believe", "The neverending story", "A little moment of desperation", "Silent scream", "Fable of dreams", ""The spell", "Hymn", "Between love and hate", "Elements", "Outro".


Chinchilla
Die deutschen Power Metaller aus Böblingen hatten an diesem Abend wahrlich einen Kraftakt zu vollbringen. Es kommt wohl nicht sehr oft vor, dass man am gleichen Tag Support und zugleich Headliner ist. Chinchilla liessen sich aber nichts anmerken und legten um 23.00 Uhr "frisch und munter" mit dem Double Bass Drum Opener "Our destiny" los. Die Band um Gründer und Gitarrist Udo Gerstenmeyer, der als Einziger auf allen Alben seit dem Debüt von 1998 ("Horrorscope") mit dabei ist, haben sich griffigem Power Metal mit Schmackes und Melodie verschrieben. War auf den letzten drei Alben noch ein Keyboarder mit im Line-Up, so präsentiert sich die Truppe auf dem neuen Album "Take no prisoners" neu als Quartett. Das bedeutete, dass die Keyboard-Parts mindestens an diesem Gig vom Band kamen. Neuster Zuzug ist Bassist Roberto Palacios, der sich mit seinem Sechs-Saiter (!) sehr aktiv auf der Bühne zeigte. Sänger Thomas Laasch verbreitete von Anfang an gute Laune und fand rasch den Draht zu den Fans. Der Stil von Chinchilla (häufig an Pretty Maids erinnernd), der oft schnell und auch mal schleppend zelebriert wurde, strotzt zwar nicht ungemein vor Innovation (da viele Songs durchgehende Double Bass Drums enthalten), aber die Art und Weise, wie die Songs gespielt wurden, machte es aus. Die Performance war zu jeder Zeit agil und das Publikum schien ebenso seine Freude daran zu haben, da die Stimmung in der Halle als wirklich gut bezeichnet werden konnte. Die Set-Liste setzte sich aus den letzten vier Alben zusammen. Das Debüt ("Horrorscope") wurde nicht berücksichtigt und von der neuen Scheibe "Take no prisoners" gab es mit "The almighty power" und "The call" zwei Müsterchen auf die Lauschklappen. Das neue Material offenbart neben den bekannten Trademarks einige Züge von Iron Maiden zu ihren "progressiven Zeiten", wobei sich Sänger Thomas Laasch hierbei ohnehin fast nach Bruce Dickinson anhört. Ihm und der ganzen Band gebührte der aufrichtige Respekt, nochmals während neunzig Minuten alles zu geben. Gegen Ende des Sets tauchte mit "I stole your love" noch ein alter Kult-Schmöker von Kiss auf, der kraftvoll auf die Meute geblasen wurde. Das anwesende Publikum, das mehrheitlich halb so viele Jährchen (und weniger) wie der Rezensent auf dem Buckel hatte, dürfte das wohl kaum mitbekommen haben. Generationenwandel sagt man dem, wie auch immer! In Sachen Cover-Versionen hätten sich auch noch ihre Version von Thin Lizzy's "The boys are back in town" (vom Album "The last millenium") bringen können, aber nach ihnen standen ja noch die Cover-Profis Bloody Horseface auf dem Programm. Zusammen gefasst kann man festhalten, dass mit Chinchilla sicher kein hochkarätiger (dafür aber bezahlbarer!) Headliner gebucht wurde, der aber dem Gedanken des "Metal Inferno" mit Sicherheit Rechnung trug und das anwesende Publikum bestens unterhalten hatte. Zudem lohnt es sich für Lyrics-Interessierte, die tiefgründigen und klischeefreien Texte etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.

Set-Liste: "Our destiny", "A dance with the devil", "When the sun darkens the sun", "Queen of the rain", " Entire world", "Father forgive me", "Madness", "The almighty power", "Victims of the night", "Nighttrain of death", "The call", "Battle of the world", "I stole your love", "War machine", "Fight".


Bloody Horseface
Eigentlich ist bekanntlich die Band, die zuletzt auf der Bühne steht, im Normalfall der Headliner. Dies traf diesmal nicht zu, aber das dürfte der versierten Cover-Truppe ziemlich schnuppe gewesen sein, als sie gegen 1.00 Uhr "morgens" auf die Bretter stiegen und versucht waren, die mittlerweile etwas dezimierte Fan-Schar nochmals aus der Reserve zu locken. Meine Wenigkeit kann dem zwar ausser etwas Unterhaltungswert grundsätzlich nicht viel abgewinnen, aber das steht nicht zur Debatte. Obwohl genau dies der Werdegang unzähliger Band-Karrieren ist, um so zuerst Erfahrungen sammeln zu können, bevor man sich an eigenes Material heran macht. Fakt ist jedoch, dass Bloody Horseface heuer ihr 10-jähriges Jubiläum feiern können und in dieser Zeit unzählige Pubs, Festhütten, Biker-Party's und Privat-Anlässe zum kollektiven Ausrasten gebracht haben. Heute Abend wurde der eindeutige Beweis angetreten, dass es auch an so einem Ort wie in Lenzburg funktionieren kann. Des Weiteren überbringen sie der Jugend plakativ die alten Hits und viele unsterbliche Hymnen, die sich manch einer danach in die CD-Sammlung stellen will. Das nennt man Entwicklungshilfe... - Was den Opener, Metallica's "Enter sandman" anging, so dürfte der wohl kaum irgendwo, ob bei jung oder "alt", fehlen. Druckvoll stiegen Urfi (d), Marc (d), Röschu (g), Salim (v) und Hene (b) in den Set ein und konnten darauf gar nichts mehr falsch machen. AC/DC, Iron Maiden, Black Sabbath, Beastie Boys, Motörhead, Sepultura, Great White, Megadeth, Judas Priest, Slayer und die Böhsen Onkelz kamen unter anderem zu Ehren. Sänger Salim "metzgete" sich dabei ganz ordentlich durch den ganzen Gemüsegarten hindurch, obwohl er natürlich dann und wann an gewisse Grenzen stiess. Das kümmerte jedoch niemanden und bevor um 2.00 Uhr die Lichter in der Halle zum letzten Mal wieder angingen, wurden die Aargauer Cover-Rocker mit einem dicken Applaus verabschiedet.

Set-Liste: "Enter sandman", "Touch to much", "Bring your daughter to the slaughter", " Paranoid", "Fight for your right", "Killed by death", "Slave new world", "Cant' shake it", "Symphony of destruction", "Breaking the law", "South of heaven", "Auf gute Freunde", "Walk", "For whom the bell tolls", "Killing in the name of".

Die Organisatoren des Metal Inferno 2 dürften auch mit der Ausgabe 2004 zufrieden sein, zumal, trotz der Hypothek des Saxon-Konzerts in Pratteln, erfreulich viele Leute dennoch den Weg nach Lenzburg fanden und somit die Erwartungen der Veranstalters bezüglich des Publikums-Aufmarsches gar übertroffen wurden. Der Ort für diesen Anlass, die Mehrzweckhalle, ist optimal für so einen Anlass: Etwas abseits des Wohngebietes gelegen und gut erschlossen, da wenige Minuten ab der Autobahn-Ausfahrt Lenzburg. Darüber hinaus war der Anlass draussen (Verkehrsdienst und Verpflegung) wie drinnen bestens organisiert. Viele HelferInnen, unter anderem eine ganze Küchenmannschaft, waren für das Wohl der Besucher und der Bands besorgt. Im Innern der Halle gab es neben der Merchandise noch weitere Verkaufsstände, eine grosse Bar und genügend Sitz-Gelegenheiten. Ich als Berichterstatter der Metal Factory kam zudem unverhofft (und ohne Vorbereitung!) zu spontanen Interviews (vor laufender Kamera!) mit allen Protagonisten des Abends, zuletzt mit Bloody Horseface um etwa 2.30 Uhr (!!) und durfte danach auch gleich mit auf's Gruppen-Foto! Tja..., so kann's gehen Leute! Erfreulich auch, dass es keinerlei Scharmützel oder sonstige Ausschreitungen zu beklagen gab, die die Metal-Party hätten vermiesen können. Und wenn, wären genügend Vertreter der Security sofort zur Stelle gewesen. Auf dem lässt sich natürlich zuversichtlich aufbauen und deshalb steht das Datum des nächsten Inferno's bereits fest: Samstag, der 12. November 2005. Was die Bands angeht, so bin ich mir sicher, dass das OK wieder ein gutes Händchen beweisen wird, so be there and share with us the metallic inferno!