Metal Inferno V
01. November 2008, Lenzburg Mehrzweckhalle
By Rockslave (rsl) & Kissi (kis) - All Pics by Rockslave
Mitzuerleben, wie Traditionen entstehen, ist schon was Schönes. Vor sechs Jahren angefangen, hat sich das Metal Inferno im Aargauischen Lenzburg im Verlauf der Zeit zu einer festen Konstante im jährlichen Metalkalender gefestigt. Hatte man sich die letzten Jahre mit Bands wie Thunderstone oder Nocturnal Rites Garanten für eine metallische Party par excellence gesichert, wagte man bei der Line-Up Zusammenstellung der aktuellen Ausgabe nicht auf Nummer sicher zu gehen. Als riskant bezeichneten einige die Buchung der atmosphärischen Melo-Progger Threshold, auch wenn diese mit dem alten, neuen Sänger Damian Wilson wieder einigen Auftrieb erhielten. Ebenso gewagt erschien dem Aussenstehenden die Verpflichtung der female-fronted Triosphere. Genauso wie Threshold konnten aber auch die norwegischen W.A.S.P.-Fans die Zweifel der Kritiker zerstreuen. Teilweise weniger überzeugend zeigten sich unsere einheimischen Truppen: Während die Aarauer Jungspunde Angry Bastard, die Bandcontest-Sieger, durch eine geladene Show den Entscheid der Jury rechtfertigten, kamen die 80's-lastigen Kharma, genauso wie die Wochenendrocker von Polution, die ihren Gig infolge Zeitknappheit zusammenkürzen mussten, etwas weniger in Fahrt. Nichtsdestotrotz: Die gemütliche Atmosphäre der altbekannten Location, das vergleichsweise grosse Angebot an Merchandise und Tonträgern (auch am MF-Stand) plus allem, was man fürs leibliche Wohl braucht und insbesondere die schicke Met-Bar liessen auch das diesjährige Metal Inferno wiederum zu einer relaxten Headbangparty werden, auf deren nächste Ausgabe man sich nächstes Jahr schon wieder freuen kann. (kis)
Angry Bastard
«And the winner is... Angry Bastard!», schallte es am 18. Oktober durch das Rock City in Uster. Im Metal Battle, dem Metal Inferno eigenen Bandcontest, hatten Angry Bastard sich nämlich gegen Rivalen wie Dystera oder Pregnancy durchgesetzt. Der Preis dafür war der Opener-Posten am eigentlichen Metal Inferno. Und dass der Sieg verdient war, dies bewiesen Angry Bastard eindeutig. Zwar wirkte die Instrumentalisten zu Beginn des Sets noch etwas schüchtern, doch legte sich die vermeintliche Anfangsnervosität von Song zu Song, sodass am Ende ein echtes Gewusel auf der Bühne herrschte. Sänger Pascal zeigte indes gleich von Beginn weg, was ein guter Fronter alles mitbringen muss, den neben seinem rauen, markigen Organ bestach jener auch mit einer energiegeladenen Performance, klassisch selbstbewussten Posen und unermüdlichen Animationsversuchen. Und auch wenn deren Adressat, das Publikum, noch nicht wirklich mitmachte, so liess sich die noch blutjunge Combo (noch nicht einmal zwei Jahre haben die Bastarde gemeinsam auf dem Buckel) die Freude am Auftritt nehmen. Munter zockte man Songs wie «Product Of Nothing» oder das doomige «Orbit» irgendwo zwischen Thrash und US-Power Metal herunter und auch wenn die Nummern hier und da noch etwas zurecht geschliffen werden müssen, so zeigt sich doch jetzt schon das Potential der Jungspunde, die es im Auge zu behalten gilt. (kis)


 
Kharma
Einen weniger überzeugenden Eindruck hinterliessen dagegen die Hardrocker Kharma an diesem Abend. Konnte man früher in diesem Jahr noch mit einem überraschend starken Auftritt am Rocksound Festival glänzen und das starke Debüt «Between The Lines» vorlegen, hinterliess man am Metal Inferno lediglich eine mittelprächtige Figur. Zu uninspiriert, fast schon müde wirkte die Truppe um Ex-Satrox-Goldkehlchen Werner Schweizer zwischen ihren Aufstellbannern in Maueroptik. Dennoch konnten die Ostschweizer auch in Lenzburg ihre zwei grössten Trümpfe ausspielen: Erstens kann man schon nach kurzer Zeit des Zusammenspiels auf einige echt starke Nummern zurückgreifen (zum Beispiel «Pray» oder «Morning Sun») und zweitens hat man mit Herrn Schweizer eine echt fette Stimme an Bord, die nicht wenig an Ronnie James Dio persönlich zu erinnern vermag. Dieser jedoch war es auch, der neben seiner gesanglich tadellosen Leistung zu wenig den Funken des rainbow'esken Hard Rocks überspringen lassen konnte. Gute Songs, wie etwa auch «Dead Of The Night», «Me, Myself And I» oder das abschliessende «Moonlight» sind zwar viel wert, genauso wie der klare Sound oder die zweifelsohne technisch versierten Musiker, doch fehlt es an Power und Agilität. So kann die Stimmung schnell nachlassen. Ob der eine oder andere schnellere Track den deshalb etwas zahmen Gig spritziger hätte werden lassen, bleibt offen. Fakt ist jedoch, dass Kharma live ihrem empfehlenswerten Erstling «Between The Lines» leider nicht wirklich gerecht wurden. (kis)


 
Triosphere
Die Norwegischen Power Metaller um Bassistin und Goldkehlchen Ida Haukland hatten bei ihren ersten Schweizer Gastspiel (Support von Kotipelto am 19.4.07) einen sehr guten Eindruck hinterlassen und bekamen nun die Gelegenheit, sich vor deutlich mehr Publikum wiederum zu beweisen. Die Begrüssung vor Ort (noch vor Beginn des Events) fiel sehr herzlich aus und bestätigte aufs Neue, dass Triosphere absolut keine Berührungsängste kennen. Landsleute aus dem hohen Norden geben sich nämlich nicht immer so locker und quasi erdverbunden. Gepaarrt mit der Jugendlichkeit stand etwas später eine bis in die Fingerspitzen motivierte Band auf der Bühne und haute den anwesenden Hundertschaften ihren fetten Sound kraftvoll um die Lauscher. Nicht unerwartet kam deshalb die bisher beste Stimmung des bisherigen Abends im Publikum auf. Allerdings war die Zuschauerkulisse im Gegensatz zum letzten Jahr sichtlich geringer. Das beeinträchtigte die Performance der jungen Band aus Norwegen jedoch nicht im Geringsten und die von Ida vor dem Gig konstatierte Nervosität war zu keiner Zeit sicht-, noch spürbar. Im Gegenteil! Die blonde Frontfrau sang durchwegs top und das vermeintlich anbiedernde W.A.S.P.-Medley entwickelte sich gar zur Stimmungskanone. Das eigene Songmaterial stammte natürlich in der Mehrzahl vom Debüt-Album «Onwards», aber mit «Anger» und «Driven» (Titel standen zumindest so auf der Setlist) kamem zwei neue Songs zum Zug, die dem bisherigen Schaffen in Nichts nachstanden. Der veranschlagten 60 Minuten wurden voll ausgenützt und als die letzten Klänge von «Sunriser» in der Mehrzweckhalle verhallten, waren sich nicht wenige Fans einig darüber, dass Triosphere heute Abend auch als Headliner locker hätten bestehen können! Die spontane Einlage von Gitarrist Marcus Silver, sich plötzlich solierend mitten in die Menge zu stellen, trägt bereits die Handschrift eines Rituals. Es bleibt schwer zu hoffen, dass man diese talentierte wie sympathische Band bald wieder in der Schweiz begrüssen kann. (rsl)

Setlist: «Trinitiy» - «Owards Part. 1» - «Lament» - «Spitfire» - «Onwards Part. 2» - «The Silver Lining» - «Anger» - «Driven» - «W.A.S.P.-Medley» - «Gunnin' For Glory» - «Onwards Part. 3» - «Sunriser».

 
Threshold
Die Kunde über die Verpflichtung des diesjährigen Headliners am 5. Metal Inferno erzeugte bei mir gemischte Gefühle. Zum einen freute ich mich sehr auf eine der besten Britischen Prog Metal Bands der letzten Jahre und zum anderen wurde diese Freude aber durch den Umstand wieder gedämpft, dass seit dem mit Nebengeräuschen begleiteten Ausstieg von Sänger Andy «Mac» McDermott im Sommer 2007 nichts mehr so ist, wie es mal war. Dass sein Ersatz zwar kein Unbekannter, sprich der ehemalige Threshold Frontmann Damian Wilson ist, macht die Sache (für mich) nicht unbedingt besser. Interessant war an diesem Abend auf jeden Fall zu sehen, wie sich Damian nun in den letzten Monaten und nach zahlreichen Konzerten weiter entwickelt, sprich (wieder) gefestigt hat. Am Anfang musste er ja, um die damals bestätigte Tour überhaupt mitmachen zu können, viele Texte zwangsweise ab Blatt singen! Dies war heute Abend zum Glück nicht mehr nötig und mit «Slipstream» vom letzten Studio-Album «Dead Reckoning» (2007) starteten die Briten ihren Headliner-Set in Lenzburg. Es folgten «Pressure» und «Mission Profile» von «Subsurface» (2004). Obwohl der Sound zu Beginn soweit passabel war, sich aber noch zu steigern vermochte und die Resonanz der Fans laufend zunahm, fehlte mir persönlich die Magie, sprich das sphärische Element, auch vom Gesang her. Die Vibes, die zum Beispiel das Hammer-Album «Clone» (1998) so saumässig gut werden liessen, waren schlicht nicht auszumachen, wie überhaupt kein einziger Song (!) von «Clone» gespielt wurde. Das lag in erster Linie am Timbre der Stimme und womöglich auch daran, dass zwei Ur-Members, nämlich Gitarrist Nick Midson und Bassist Jon Jeary, ebenso fehlten. Wie dem auch sei..., Threshold boten sonst eine gute und agile Show, bewegten sich viel und sorgten auch immer wieder für entsprechende Posen. Karl Groom setzte sich dabei besonders in Szene und erwischte zahlreiche gute Momente. Die Chemie innerhalb des aktuellen Line-Ups schien auf jeden Fall auch zu stimmen, was sich positiv auf das Kollektiv auswirkte. Drummer Johanne James verrichtete dabei hinter seinem ansich mager ausgestatteten Drum-Set einen Hammer-Job und riss zwischendurch irre Faxen in Richtung erste Reihe. Das Publikum machte soweit wacker mit, aber viele der Anwesenden dürften Threshold wohl nicht wirklich gekannt haben. Das freilich hinderte jedoch niemanden daran, den Briten den verdienten Applaus zukommen zu lassen. Auf Anklang stiess auch das "gemeinschaftliche Vernichten" einer ganzen Flasche «Red Wodka», die Damian Wilson nach unten reichte und innert Minuten-Frist praktisch leer retourniert wurde! Wie zuvor schon Marcus Silver von Triosphere, dreht auch Mr. Wilson eine Ehrenrunde mitten durch die Fanmassen hindurch. Dieser musste gegen Schluss des Sets mit «Pilot In The Sky Of Dreams» und «The Ravages Of Time» nochmals zwei "Mac-Prüfsteine» meistern. Während Damien erstere Song soweit ganz gut hin kriegte, zeigte «The Ravages...» abermals auf, wie schwer eigentlich der Abgang von Andrew McDemott immer noch wiegt. Aber nun ist genug gelästert! Threshold Ausgabe 2008 sind insgesamt immer noch top und beim brachialen Schlusstrack «This Is Your Life» wurde nochmals die ganze Halle mobilisiert. (rsl)

Setlist: «Slipstream» - «Pressure» - «Mission Profile» - «Long «Way Home» - «Part Of The Chaos» - «Falling Away» - «Hollow» - «Exposed» - «Sanity's End» - «Light And Space» - «Pilot In The Sky Of Dreams» - «The Ravages Of Time» -- «One Degree Down» - «This Is Your Life».


 
Polution
In der metallischen Welt bekannt ist das Muotathal vor allem für lauten Krach der brutalsten Sorte. Der Austragungsort des gefürchteten Mountains Of Death scheint aber auch noch die eine oder andere fröhlichere Variante von Gitarrenmusik zu beherbergen. Beweis dafür ist der Rotzrock des Fünfers Polution (an alle, die an dieser Stelle einen Schreibfehler gefunden zu haben glauben: Die schreiben sich wirklich so!), welche nach dem sphärischen Headliner als Absacker des Abends fungieren durften. Wirkten die Innerschweizer rein ästhetisch eher wie brave Mundartrocker (Kurzhaarschnitt, Jeans und bunte Shirts etc.), fabrizierten die Herren, kernigen Rock'n'Roll irgendwo zwischen Mötley Crüe, Motörhead und Shakra. Zwar erinnerte die Stimme von Sänger Pascal Gwerder bemerkenswert derer von Airbourne's Joel O'Keefe, in Sachen Agilität und Bewegungsfreude trennen die Schweizer und die Australier aber Welten. Reichlich statisch und leblos hatte sich das Quintett auf die Bühne gepflanzt, was umso bedauernswerter war, da Songs wie «Same Shit, Different Day» oder «Reality» eigentlich zum die Sau rauslassen animieren würden. Klar, wenn man den eigenen Gig um gute 20 Minuten kürzen muss, damit die Bullen nicht aufmarschieren und man auch nicht mehr allzu viele Leute vor der Bühne stehen hat ist man sicherlich nicht animiert, grosse Taten zu vollbringen, ein wenig mehr Engagement hätte man aber schon aufbringen können. (kis)