Livereview: Nazareth - Tri State Corner
16. Mai 2011, Pratteln - Z7
By Rockslave
Die schottischen Kult-Rocker standen plattendealmässig einige Jahre auf dem Trockenen und hielten sich in der Zeit trotzdem im Gespräch, weil sie unermüdlich auf Achse waren. Mit ihrem imposanten Backkatalog hatten sie eh nie Mühe, genügend Songs für ihr jeweiliges Set zusammen zu stellen. Zehn Jahre nach dem Album «Boogaloo» von 1998 und der Tragödie des plötzlichen Todes von Drummer Darrell Sweet kam just zum 40. Bandjubiläum mit «The Newz» eine tolle, neue Studio-Scheibe heraus. Darauf bewiesen die zwei Altmeister Dan Cafferty (v) und Pete Agnew (b) sowie dessen Sohn Lee Agnew als Drummer und Gitarrist Jimmy Murrison, dass sie es immer noch drauf haben. Auch wenn nicht alle Songs gleich gut bei den Fans angekommen sind, kann man getrost von bestem Naz-Sound sprechen. In die gleiche Kerbe schlägt nun die aktuelle CD «Big Dogz», die teilweise noch kontroverser aufgenommen wurde, mir persönlich aber eher noch besser mundet als der überzeugende Vorgänger. Begleitet wurden Nazareth von Tri State Corner, die interessanten "Bouzuki-Rock" spielten!

Tri State Corner
Der Bandname ist Programm, denn bei dieser interessanten Truppe vereinen sich mit Griechenland, Polen sowie Deutschland eben drei Länder, und dies im Verhältnis 3:1:1. Dazu kommt mit Ex-Rage Trommler Christos Efthimiadis ein nicht gerade unbekannter Name mit ins Spiel. Tri State Corner spielen grundsätzlich Rock, der mit verschiedenen Ausprägungen zwischen alternativ, polternd, groovend und lieblich angesetzt ist. Für letzteres Attribut ist an dieser Stelle mit der Bouzuki ein ziemlich ungewöhnliches und zuvor so noch nie gesehenes Instrument verantwortlich! Im ersten Moment waren die Klänge, gespielt von Gitarrist Janni, schon etwas gewöhnungsbedürftig, doch schon bald konnte man dies als exotisch anmutende Ergänzung zum knackigen Rocksound taxieren und wurde ja nicht dauernd damit beschallt. Die Kunst bestand darin, die entsprechenden Töne im richtigen Moment zu bringen, und das gelang ziemlich gut. Zwischendurch schimmerten auch Faith No More durch, will heissen funkige Vibes. Dies war unter anderem auch der Verdienst vom jugendlich aussehenden Bassisten Markuz, dessen Tiefton-Läufe gut zu hören waren. Sänger Lucky konnte sich derweil mit seiner ausdrucksstarken Stimme auch locker auf dem Parkett behaupten und animierte die Fans zum kollektiven Mitklatschen. Gut aufgestellt in Sachen Groove und Rhythmus war auch Drummer Chris, der sehr straight und filigran zugleich spielte und trotzdem nie in progressiv anmutendes Gedöns abdriftete. Obwohl das Z7 an diesem Abend nur etwa 300 Fans beherbergte, würdigten diese die tighte Darbeitung immerhin jeweils am Ende der Songs mit zunehmendem Applaus. Den hatten sich Tri State Corner, die offziell als Band aus Deutschland stammen, auch redlich verdient. Trotzdem war dann die Freude meinerseits nicht so überschwänglich, als dass ich dann gerade eine CD erstehen wollte. Dennoch fiel das Fazit nach inzwischen eher selten gewordenen 45 Support-Minuten grundsätzlich gut aus.


Nazareth
Während ich dem neuen Naz-Album «Big Dogz» einiges abgewinnen kann, urteilte mein Kollege und Chauffeur des heutigen Abends weitaus kritischer. Uns gemeinsam war jedoch eine entsprechende Erwartungshaltung an das Konzert. Diese ging heuer über die Standard-Frage hinaus, was McCafferty's Stimmbänder noch hergeben. Vielmehr zählten die gewählten Songs und wie das frische Material auf der Bühne klingt. Doch es sollte sich bald heraus stellen, dass ein anderer Musiker die zentrale Figur am heutigen Abend sein würde. Doch bevor man das mitbekam, startete der Headliner mit dem bekannten Intro, ehe dann mit «Silver Dollar Forger» vom 74er Album «Rampant» ein für zumindest meine Begriffe eher unerwarteter Opener das Konzert eröffnete. Natürlich galt die erste Aufmerksamkeit zunächst doch der Stimme von Herrn McCafferty und die schien heute Abend soweit gut beieinander zu sein. Es folgte «Big Dogs Gonna Howl», der erste Song vom neuen Werk und legte so den beträchtlichen Abstand von 37 Jahren dazwischen. Der einlullende Loop zu Beginn und das grundsätzlich eher schleppende Tempo kamen dem offensichtlich benebelten Jimmy Murrison nicht entgegen, im Gegenteil! Wiederholte Tempi-Rempler und gar leicht unsauberes Solo-Spiel liessen schon bald einmal Böses für den weiteren Fortgang des Abends erahnen. Die Bestätigung dessen liess dann nicht lange auf sich warten und gipfelte in einer der desaströsesten Interpretationen von «This Flight Tonight», die ich je von Nazareth gehört habe. Jimmy langte schlicht mehrfach daneben und schluderte sich durch diesen Band-Klassiker, dass sich einem die Zehennägel nach oben rollten! Das entfachte so natürlich keine überschwengliche Stimmung und ich war eigentlich überrascht, dass nicht noch Pfiffe aus dem Publikum kamen. Obwohl die beiden Veteranen (McCafferty/Agnew) ja auch keine Kinder von Traurigkeit sind und vor allem früher nichts ausliessen, ist es eigentlich unakzeptabel, dass Kollege Murrison, den ich schon ganz anders erlebt habe, so zugedröhnt auf die Bühne steigt. Das ist schlicht unwürdig und letztlich nichts anderes als Betrug am zahlenden Fan. So schlimm wie bei Amy Winehouse jeweilen war es schon nicht, aber der gute Jimmy stand heute Abend einfach total neben den Schuhen und das beeinflusste leider die Performance der ganzen Band. Immerhin, auch wenn man hierzu eine Stecknadel hätte zu Boden fallen hören, kam der über weite Strecken getragene Song «When Jesus Comes To Save The World Again» dennoch recht gut rüber. Ein von der Art her eher ungewöhnliches Liedgut von Nazareth, das mir aber sehr gefällt. Gerade davor bewies der airplaytaugliche Track «Radio», dass das Hitgespür nach wie vor vorhanden ist. Eine schöne Gute Laune Nummer, die im Mittelteil gar etwas U2-Flair (vom Gitarrenspiel her) versprüht und bei dem Titel hoffentlich dort auch gespielt wird. Nachdem «Dream On» die Abteilung Monster-Hit schon früh im Set befriedigt hatte, standen nun einige, weitere Perlen der Vergangenheit an, darunter «Whisky Drinkin' Woman», «Hair Of The Dog» und «Razamanaz». Bei letzterem Lied hinterliess Jimmy Murrison erneut ein ziemlich trauriges Bild als Musiker und die etwas mehr als 400 Leute konnten sich deswegen nicht wirklich am eigentlich überraschend langen, fast 110-minütigen Gig ergötzen. Schlimmer war an gleicher Stelle nur noch Phil Moog von UFO, aber das ist eine andere Geschichte!

Setliste: «Intro» - «Silver Dollar Forger» - «Big Dogs Gonna Howl» - «This Month's Messiah» - «Dream On» - «This Flight Tonight» - «See Me» - «Bad Bad Boy» - «Radio» - «When Jesus Comes To Save The World Again» - «Love Leads To Madness» - «Whisky Drinkin' Woman» - «Changing Times» - «Hair Of The Dog» -- «Razamanaz» - «Love Hurts» - «Morning Dew».