Livereview: Onslaught - Cripper - Izegrim

28. September 2012, Winterthur - Gaswerk
By Lucie W.
Es gibt immer wieder Fortsetzungen, die besser nie zustande gekommen wären. Zum Beispiel «Matrix Reloaded» oder «Mission Impossible 2». Aber es gibt Sequels, ohne die wäre die Filmwelt um einige Meisterwerke ärmer: «Terminator 2» oder «Aliens» zum Beispiel. Für die Metalszene ist die Reunion von Onslaught 2005 ein Fall der zweiten Kategorie, nachdem sich die Band 1991 nach 8-jährigem Bestehen aufgelöst hatte. Es ist verblüffend, dass die Briten trotz sehr vieler und starker Richtungsänderungen in Sachen Stil und Personal immer noch, beziehungsweise wieder extrem motiviert, spielfreudig und authentisch rüber kommen. Auf der gerade absolvierten "The Full Force-Tour" haben Onslaught mit Cripper und Izegrim zwei ebenfalls total mitreissende Live-Bands dabei. Ich konnte mich also auf einen gelungenen Abend im Gaswerk freuen!

Izegrim

Die Schlacht im Kellergewölbe des Gaswerks wird von Izegrim aus den Niederlanden eröffnet. Frontfrau Marloes (Bass, Vocals) und ihre Mannen (Jeroen – Gitarre, Bart – Gitarre, Ivo – Drums) zeigen richtig viel Spass, während sie musikalisch allerböseste Töne von sich geben. Souverän und gut eingespielt schafften sie es, das zu der frühen Uhrzeit zahlenmässig noch recht kleine Publikum zu überzeugen. Izegrim sind auch wahrlich keine Neulinge mehr, denn 1998 hat die Band bereits ihr erstes Demo «Most Evil» präsentiert. Allerdings hat die Truppe seither Einiges an Personalwechseln erlebt, so dass mittlerweile mit Jeroen nur noch ein Gründungsmitglied verblieben ist und man sich vom anfänglichen symphonischen Metal hin zu thrashigem Death Metal weiter entwickelt hat. Das 2011 erschienene Album «Code Of Consequences» hat durchwegs gute Kritiken geerntet und da Izegrim auch live wirklich überzeugten, darf man gespannt sein auf weitere Schlachtzüge der Holländer. Wobei sie wohl eher von Partyplanung als Kriegshandwerk sprechen würden, denn wie Marloes sagt: «Hey, come on, it’s a party, not a funeral!» Wo sie recht hat...

Cripper
Cripper folgten Izegrim auf die Bühne und hatten nicht weniger Spass an ihrem Handwerk als die Niederländer. Die Thrash Band aus Hannover wurde 2005 gegründet und hat seither in beeindruckendem Tempo einiges an Erfahrungen sammeln können: von einer EP und drei (!) Studioalben abgesehen, spielten die vier Jungs um Frontfrau Britta unter anderem auch auf der ersten Ausgabe der Metal-Kreuzfahrt «70'000 Tons of Metal», am «Summerbreeze», «Metal Fest» und unzähligen weiteren Festivals und Shows. Die Erfahrung merkte man der Truppe live an, und Brittas Stimme liess die Wände dröhnen und so manchen gestandenen, bierbäuchigen Death Metal-Grunzer vor Neid erblassen. Genauso muss Thrash sein, mitten in die Fresse rein! Und dann gab’s dafür zwischen den Songs was zum Lachen, etwa wenn Britta was Unverständliches, weil gleichzeitig mit Gitarre Gesagtes, ins Mikro rief und dann meinte: «Ja ha, genau so versemmelt man eben mal eine Ansage! Merkt euch das!» Neben Songs von der neuen Platte «Antagonist» wurde dem nun langsam merklich zahlreicheren Publikum auch Material der beiden vorherigen Platten «Devil Reveals» geboten und den Abschluss des Sets bildete das mittelfingerlastige «FAQU», das der Band die Sympathie der Zuschauer vollständig einbrachte, auch wenn dem mit gegenseitig gezeigten Stinkefingern Ausdruck verliehen wurde... - Grooven und knüppeln in vollendeter Harmonie, Cripper will ich baldmöglichst wieder sehen und hören!


Onslaught
Die Thrash Veteranen Onslaught übernahmen schliesslich eine gut vorgewärmte Bühne und legten deftig nach. Musikalisch hätte diese Band in den späten 80ern und frühen 90ern in die Ränge von Metallica, Testament, Megadeth, Slayer und Exodus gehört. Dass sie jedoch nie so gross wurden wie diese, mag viele Gründe haben. Wahrscheinlich waren Onslaught stilistisch einfach zu wenig konstant (positiv gesagt zu vielseitig) für das solide Metallerherz, was wohl auch durch die vielen Lineup-Wechsel verursacht wurde. Welche Bandbreite das bisherige Werk der Briten hat, spiegelte sich auch in ihrer Setliste wieder. Nachdem Tracks vom Comeback-Album «Killing Peace» und der neuesten Scheibe «Sounds Of Violence» (9.4 Punkte in der Metal Factory-Wertung Februar 2011), die richtig oldschooligen Thrash Metal für verwöhnte Ohren bieten, die Show eröffnten, folgten danach viele Songs von «The Force» von 1986 wie «Let There be Death», «Metal Force» und «Demoniac», die viel eher dem Heavy oder Power Metal zuzuordnen sind und stark an die britischen Kollegen dieser Sparte erinnern. Schliesslich folgte mit «Onslaught (Power From Hell)» ein Song der 1990er Platte «Power From Hell», dem man gewisse Anleihen bei Motörhead und Rock’n’Roll- und Punk-Attitüde nicht absprechen kann. Ein ganz schön bunter Gemüsegarten wurde hier geboten! Die Jungs – pardon, Herren – hatten enorm Spass an der Sache, kamen super rüber und waren auch spielerisch wirklich auf der Höhe. Die stilistische Vielseitigkeit kann aber auch negative Seiten haben: es ist schwierig, alle Songs zu mögen, wenn man nicht einen sehr breiten Musikgeschmack hat. Trotzdem gingen die Anwesenden vor allem bei den letzten Songs total ab und genossen die Show in vollen Zügen. Das Konzept war also aufgegangen! Und der Konsens ist: Onslaught sind gegenüber anderen Thrash Bands wirklich unterbewertet, unverdienterweise.

Setliste: «Born For War» - «Killing Peace» - «Sound Of Violence» - «Destroyer Of Worlds» - «Let There Be Death» - «Metal Force» - «Fighting The Beast» - «Demoniac» - «Flame Of The Antichrist» - «Contract In Blood» - «Thrash Till The Death» - «Onslaught (Power From Hell)» - «Angels Of Death».