Livereview: QL
21. April 2007, Rockpalast Biberist
By Roger
Die Mundart-Punker QL auf einer Metal-Page? Das werden sich wohl jetzt einige Fragen. Und ich gebe zu, dass es auch für mich anfänglich nicht klar war, ob QL auf diese Seiten gehören. Dagegen sprach einiges, dafür aber auch. Einerseits haftet der Band der Ruf an, Pseudopunks zu sein, die mit Major-Plattendeal auf der Mundartwelle mitreiten, anderseits haben mir die vier Jungs, die mir bei einem Interview mit J.B.O. empfohlen wurden, auf ihren drei CDs einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Und so fuhr ich mit gemischten Gefühlen ins solothurnische Biberist. Dort angekommen gab es erstmals eine Entwarnung, denn aus den Boxen dröhnte fröhlich AC/DC und Krokus, als ich den Konzertsaal betrat. Nur das Publikum war nicht ganz so hardrockig und bestand aus einem vorwiegend bunten Mix aus Normalos, vielen jungen Frauen und ein paar älteren Semestern. Aber egal ob ich als Metaller nun auffiel, was zählte war schliesslich die Musik und das dazugehörige Konzert. Beides konnte sich an diesem Abend mehr als nur hören und sehen lassen.

Für die, die es nicht wissen oder schon wieder verdrängt haben: QL verrocken Schweizer Popliedchen, spielen ein paar wenige Mundartversionen alter Metal-Klassiker und haben daneben einige eigene Nümmerchen am Start. QL sind also eine ganz typische Schweizer Hausfrauen-Band... Oder doch nicht? Als der Konzertsaal sich verdunkelte, erklang erstmal eine Jodlerversion von Mash's „Ewigi Liebi“. Wobei plötzlich QL auf die Bühne stürmten, und dann – Stromausfall! Die Gitarren hätten wohl die Jodlerversion weg gebraten, aber stattdessen herrschte erstmal Stille. Da das Problem aber sehr schnell behoben werden konnte, ging es danach trotzdem los mit lauten Gitarren, brummendem Bass, lärmendem Schlagzeug und der rockigen Version der Florian Ast-Ballade „Ängu“. Sofort waren die ersten Reihen am Mitklatschen und Mitsingen. Dabei fiel auf, dass QL live noch einen Gang härter wirkten als auf CD. Dies unterstrichen sie mit einer sympathischen, engergiegeladenen Rock’n’Roll-Show. Überhaupt scheinen QL mehr eine harte Rock’n’Roll- als eine Punk-Band zu sein. Die Eigenkomposition „Fuzzi“ setzte den Reigen fort, worauf zu Göläs „I hätt no viu blöder ta“ zum ersten Mal geheadbangt wurde. Ihr lest richtig, das Publikum aus Normalos und anderen bangte fröhlich zu den harten Riffs der QL-Version. Allerdings nicht zu lange, denn mitten im Refrain gab es einen erneuten Stromausfall, den das Publikum erst gar nicht merkte. Es sang einfach weiter. QL liessen sich davon aber nicht beirren und unterhielten das Publikum in bester J.B.O.-Manier mit improvisiertem Gelaber. J.B.O. scheinen auch sonst eine wichtige Band für QL zu sein. Einerseits tourten die beiden Bands bereits zusammen, und den J.B.O.-Hit „Ein guter Tag zum Sterben“ gibt’s als Mudartadaption, anderseits erinnert QL’s Schlachtruf „Do you feel alright?“, bei dem das Publikum mit „Fuzzyband!“ antworten soll, an das J.B.O.-Spielchen „Danke Pratteln!“ – „Bitte Vito“!

Nach dieser Panne gab es aber keine Unterbrüche mehr, und die Eigenkomposition „7 Siech“ lenkte das Konzert wieder in geregelte bahnen. Florian Asts „Sex“ überzeugte auch in der punkigen Version, und auch das wiederum eigene Stück „Gstorbe“ hielt die Stimmung, die mittlerweile nicht mehr nur die ersten Reihen, sondern den ganzen Saal erfasst hatte. Wie bei verschiedenen Stücken übernahm auch hier QL-Neuzugang und Gitarrist Stämpf den Gesang und entlaste so Bassist und Sänger Pät, der beim anschliessenden „Alperose“ wieder das Mikrofon übernahm. Stämpf selbst sorgte mit seinen irrsinnigen Grimassen auch sonst für weitere Farbtupfer in dieser gelungenen Show. Für Metaller gab es darauf die schon fast doomige Hartstahl-Adaption der Patent Ochsner-Ballade „Venus vo Bümpliz“. „Arschloch“ und „So oder so“, letzteres mit Ooho-Spielchen, konnten das schnelle und dichte Tempo halten, bevor man sich bei Rumpelstilzs „Rote Wy“ als Karibik-Version mit Bläsern ab Band erstmal entspannen angesagt war. Der Stilbruch, der darauf folgte, hätte kaum krasser sein können. „Oh läck du mer“ ist bei QL eine schnelle, aggressive Nummer, die erste Pogo-Zellen hervorrief und nahtlos in „Alles fahrt Ski“ überging. Und nochmals gab es einen Bruch: Wenn nach dem verrockten Schlagerstück „Cindy“ die Motörhead-Nummer „Ace Of Spades“ folgt, muss man einfach headbangen. Naja, zumindest sahen ich und meine Begleiter das so. Der restliche Saal schien Motörhead allerdings nicht zu kennen und freute sich dafür umso mehr über die QL-Ballade „Tröime“, die wirklich auch als ruhiges Stück gespielt wurde. Anders wiederum bei der eingangs erwähnten Schmuse-Nummer „Ewigi Liebi“. Wer gedacht hatte, dass man zu dieser nicht pogen könne, ist definitiv noch nie an einem QL-Konzert gewesen! „Ds Berner Oberland isch schön“ und zum Schluss „Buure Büebli“ mit altbekannten Tanzfiguren folgten, sorgten weiter für viel Energie und liessen die Zeit wie im Flug vergehen. Dann war erstmal Schluss, womit das Publikum natürlich gar nicht einverstanden war. Und so folgten „Italiano“, Göläs „Schwan“ und „Heimweh“, alle wiederum als „voll in die Fresse“-Versionen, die das Konzert nun endgültig abgeschlossen hätten. Nicht so im Rockpalast: Das Publikum tobte einfach euphorisch weiter, so dass QL für eine anscheinend ungeplante letzte Zugabe auf die Bühne kamen. Sänger Päd war fast sprachlos und strahlte zusammen mit dem Rest der Band auch beim nun wirklich finalen „Swiss Lady“ um die Wette. Als der Saal wieder hell wurde, staunte ich nicht schlecht, als ich feststellte, dass bereits 1 ¾ Stunden um waren - So kurzweilig war das Konzert von QL, die früher unter dem Namen Fishnet Stocking Punk Rock spielten.

Für mich ist der Fall klar: Wer auf solchem Niveau Rock’n’Roll spielt, dabei neben vielen anderen Stilen auch Heavy Metal-Elemente einbaut und live voll überzeugt, gehört definitiv auf diese Metal-Page. Der Ausflug hat sich gelohnt und wird sich für jeden Rocker ebenfalls lohnen! Obwohl nicht mal eine Vorband am Start war, kann man bei dieser gebotenen Show sogar über die Tatsache hinwegsehen, dass 30 Fr. Eintritt an der obersten tolerierbaren Grenze liegt.