Livereview: Saga - Abarax
03. Mai 2009, Pratteln Z7
By Rockslave
Wenn ein charismatischer und beliebter Sänger nach drei Dekaden Karriere den freiwilligen Entschluss fasst, es fortan (aus privaten Gründen) deutlich ruhiger angehen zu lassen, würde das eigentlich das sichere Ende der davon betroffenen Band einläuten. So eigentlich geschehen bei Saga Ende 2007, aber weil die verbliebenen Musiker weiter machen wollten, musste ein neuer Sänger her. Dieser wurde mittels einem öffentlichen Casting über die offizielle Homepage gesucht. Am Schluss blieb, nicht ganz unerwartet, ein Kanadier übrig und der hört auf den Namen Rob Moratti. In der Szene ein ziemlich unbeschriebenes Blatt, konnte sich der neue Frontmann klar gegen seine zahlreichen Konkurrenten durchsetzen, ziert bereits das neue Saga-Album mit dem Titel «The Human Condition» und öffnet(e) so quasi ein neues Kapitel der Bandgeschichte. Als Support waren Abarax (ehemals Taste Of Timeless) aus Deutschland zu Gast, die deutlich wie gekonnt den Altmeistern Pink Floyd frönten und dabei erstaunlich überzeugen konnten.

Abarax
Nicht weniger als sechs Musiker kamen auf die Bühne und zelebrierten von Anfang an schwer an Pink Floyd angelehnten Prog-Sound. Sänger/Gitarrist André Bläute besitzt aber eine helle und klare Stimme, was schon mal einen gewichtigen Unterschied zum Ur-Gespann Gilmour/Waters ausmacht. Kopf der Band ist Keyboarder Udo Grasekamp, begleitet von nicht weniger als drei Söhnen (!), wie sich nachher heraus stellte. Damit stand also viermal der Familienname Grasekamp auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Dennis spielte Leadgitarre, Michael Drum und André Bass. Da Howard Hanks, der letzte im Bunde, auch eine Klampfe umgehängt hatte, standen somit echt drei 6-Saiter im Einsatz, was aber kaum wirklich spürbar war. Hanks spielte sowieso in einer eigenen Sphäre, da sich dieser vor allem zu Beginn mehr in Richtung Amp statt Publikum aufhielt. Überhaupt bewegte sich das Sextett kaum bis gar nicht, aber das war für diese Art Musik auch gar nicht nötig. Die ersten fünf dargebotenen Songs werden alle auf dem kommenden Album «Blue Room» zu hören sein. «Red Roses» überzeugte dabei als Halbballade besonders und zeigte die Fähigkeit von Abarax auf, ihre Mentoren nicht nur zu kopieren, sondern dem Ganzen einen eigenen Stempel auf zu drücken. «Crying Of The Whales Part1» und «Journeys End» stammten schliesslich vom 2005er Debüt «Crying Of The Whales» (seit Winter 2006 auf dem Markt) und fügten sich gut zum anderen Material an. Das Publikum honorierte zwar die unbestrittene Musikalität mit entsprechendem Applaus, doch sowas Ähnliches wie Stimmung war nicht auszu-machen. Das Z7-Licht wurde dezent wie dienlich eingesetzt und hüllte die Band vortrefflich ein. Ebenso gute Arbeit verrichtete der Mischer, denn der brachte einen respektablen Sound hin. Nach etwas über 50 Minuten war der zweite Auftritt im Z7 (Premiere war im Oktober '08) von Abarax vorbei und führte mich danach umgehend zum Merchandise Stand, wo ich mir die Debüt-CD krallte. Es gibt beileibe einen ganzen Haufen Bands, die den britischen Psychedelic Prog Vätern nacheifern, aber in Sachen eigene Identität gehören die Deuschten klar in die Medallien-Ränge.

Setlist: «Arena» - «Life» - «Sermons & Lies» - «Natures Voice» - «Red Roses» - «Crying Of The Whales Part 1» - «Journeys End».

Saga
Ich muss zugeben, dass ich mit etwas gemischten Gefühlen nach Pratteln fuhr, obwohl ich die Songs des neuen Albums «The Human Condition» vorher schon antesten konnte und gar nicht mal schlecht fand. Doch wie oft, liegt es meist nicht am aktuellen Material, sondern dass neue Musiker mitunter Mühe bekunden, das Feeling der alten Songs entsprechend rüber zu bringen. Beispiele dafür gibt es genug, doch manchmal kommt die ganze Sache trotzdem gut, halt einfach mit anderen Einflüssen. Das trifft die Situation bei Saga ziemlich genau, obwohl es sich die verbliebenen Bandmitglieder sicher nicht leicht gemacht haben, den eigentlich unersetzbaren Posten von Michael Sadler wieder zu vergeben. Einige dieser Zweifel waren jedoch bereits bei den ersten Minuten des Konzertes verflogen. Rob Moratti setzte sich beim Opener und Titeltrack der neuen Scheibe gleich überzeugend in Szene und wurde von den im Vergleich zum letzten Besuch seiner Kollegen im Z7 deutlich weniger Fans mehr als wohlwollend angenommen. Der erste Prüfstein folgte darauf beim Oldie «The Flyer», der auch ganz ordentlich geriet. Das lag auch daran, dass sich die Band ziemlich ins Zeug legte, allen voran Gitarrist Ian Chrichton, der sowas von agil bis zuweilen gar aggressiv im positiven Sinne spielte. Dies widerspiegelte sich abermals in dessen Mimik, die meist grimmig ausfiel. Schönling Moratti meisterte derweil «Wind Him Up» oder auch «Book Of Lies» vom letzten Sadler-Album «10.000 Days» mit Bravour. Seine Stimme verfügte auch in den oberen Regionen über genügend Kraft, wo sein Vorgänger nicht so zu Hause war. Dennoch, und da sind die Saga-Fans der alten Tage angesprochen (zu denen auch meine Wenigkeit gehört), machte sich etwas Wehmut breit, denn drei Jahrzehnte lang typischen Saga-Sound kann man nicht einfach ausblenden. Trotzdem glaube ich, dass die Band eine gute Wahl getroffen und damit bekräftigt hat, dass zwar die Ära mit Michael Sadler definitiv zu Ende gegangen ist, man aber das musikalische Erbe würdig in die Zukunft trägt. Foreigner oder Journey sind diesen Weg ebenfalls gegangen und dies scheint den Kanadiern auch zu gelingen. Dass aller Anfang schwer ist, konnte Rob Moratti jedoch nicht ganz verheimlichen, denn ein paar Songtexte mussten offensichtlich abgelesen werden. Neben dem heute Abend beinahe quirligen Ian Chrichton kam auch Bassist und Bruder Jim (jetzt wieder mit langen Haaren) auf Touren. Die Stimmung entwickelte sich zunehmend, blieb jedoch klar hinter dem, was das Ur-Lineup auszulösen vermochte. Wie Michael, spielte auch Rob neben Keyboarder/Sänger Jim Gilmour ein paar Takte mit, wobei dieser dann die Vocal-Leads bei «Humble Stance» übernahm. Insgesamt das sah das Ganze (inkl. Sound und Licht) sehr positiv aus, einzig dass Mr. Moratti es mit seinem Dauer-Smilen und den "Gute Freunde Posen" etwas übertrieb und manch-mal weniger mehr gewesen wäre. Gesanglich gab es jedoch nichts auszusetzen, wovon die abgefeierten Klassiker «Don't Be Late», «You're Not Alone» und das finale «On The Loose» nach guten 90 Minuten zeugten. Die Zeit wird es zeigen, wohin die Reise geht, denn beim Songwriting sind vermehrt progmetallische Elemente aufgetaucht, die nicht allen Fans der Canucks gleich munden.

Setlist: «Human Condition» - «The Flyer» - «Wind Him Up» - «You Were Right» - «On The Air» - «Book Of Lies» - «Careful Where You Step» - «Step Inside» - «Humble Stance» - «Scratching The Surface» - «Crown Of Thorns» - «You Look Good» - «Don't Be Late» - «You're Not Alone» -- «It Never Ends» - «On The Loose».