Livereview: Sanctuary - Contorsion

30. Juli 2017, Aarburg – Musigburg
By Rockslave
Die Konzertflut riss heuer auch nicht in den Sommermonaten ab, und nach The Cult im Z7, einem wiederum fetten BYH!!!-Festival mitte Juli, Extreme in Pratteln, den Highland Games in Hägendorf sowie Death Angel beehrten uns kurz vor dem Nationalfeiertag der Schweiz gar auch noch Sanctuary und das ebenso in der Musigburg, nur vier Tage nach Mark Osegueda und seiner Truppe. Anlass der Tour war das aktuelle Album «Inception», worauf die alten Demos von 1986 in ordentlich gepimpter Form auf die Menschheit losgelassen wurden. Soweit so gut, aber nachdem die Band um den ehemaligen Nevermore Shouter Warrel Dane vor gut drei Jahren mit der starken Comeback-Scheibe «The Year The Sun Died» wieder Oberwasser bekam und auch live ganz ordentlich ablieferte, sah es aktuell leider wieder anders aus. Grund ist die schlechte gesundheitliche Verfassung von Warrel, und so verkamen die letzten paar Konzerte zur Lotterie, was die noch mögliche Gesangsperformance angeht. Da ja aber stets die Hoffnung mitschwingt, es möge gerade an diesem Abend besser als sonst werden, verblieb zumindest eine Chance. Solche Probleme kannten Contorsion als Support zum Glück nicht.

Contorsion

Die Schweizer Exodus, wie die Seetaler Thrasher oft noch genannt werden, haben heuer im Mai mit «United Zombie Nations» ihr drittes Album raus gehauen und damit unterstrichen, dass sie mitunter zu den besten Combos der Schweizer Thrash-Szene gehören. Frontmann Marc Torretti, der sonst eigentlich auch noch das E-Gitarrenspiel beherrscht, ist seit je her die treibende Kraft. Unterstützt durch seine Sidekicks Simon Freiburghaus (g), Jon Schnider (g), Dani Bürkli (b) und Rhythmusmaschine Matthias Eschmann (d) wird feinster Thrash Metal zelebriert, der natürlich auch Vibes von Slayer, Sepultura oder Testament in sich trägt. Zudem ist die Combo schon weit über zehn Jahre unterwegs und hat sich längst als exzellente Live-Band etablieren können. Sowas tut man gerne mit Vorteil vor möglichst vielen Fans, doch zum Zeitpunkt des Konzertbeginns von Contorsion waren noch mehr Leute im Foyer oder gar draussen, als vor der Bühne. Nichtsdestotrotz wurden die anwesenden Fans freundschaftlich begrüsst und anschliessend gleich vom Opener «The Plague Of Virtuality» in die richtige Richtung getrimmt. Bereits beim zweiten Song «U.nited Z.ombie N.ations», dem Titeltrack der aktuellen Scheibe, fanden sich bald einige Leute mehr in der Musigburg ein, und so konnte die Party erst richtig gestartet werden. Klar hätte es noch ein paar Nasen mehr vor Ort haben dürfen, ja sollen! Contorsion rissen auf jeden Fall einen soliden und überaus groovigen Set runter. Dabei gab es noch die Live-Premiere von «Isolation» abzufeiern, wo es, von Marc erklärt, textlich um die Ein-samkeit geht, die im übertragenen Sinn viele Leute durch die sozialen Medien ereilt. Zum Schluss gab es mit dem letzten Brecher und Band-klassiker «Thrash Metal Domination» nochmals ein volles Rohr auf Lauscher und Nackenwirbel. Als das Licht nach gut 47 Minuten dann wieder anging, sah man auf jeden Fall nur zufriedene Gesichter, und dies auf wie vor der Bühne. Well done guys!

Setliste: «The Plague Of Virtuality» - «U.nited Z.ombie N.ations» - «The Privilege Of War» - «Gone Too Far» - «This Lying Breed» - «Unconditional Hate» - «Planet Parasite» - «Gods Of The Sun» - «Isolation» - «Rise And Fall» - «Thrash Metal Domination».


Sanctuary
Das hätte man sich vor einigen Jahren kaum vorstellen können und hier bei uns in der Schweiz, respektive dieser Location, noch weniger! Doch meistens kommt es anders, als man denkt. Mit dem Abgang von Jeff Loomis (g) und Van Williams (d) bei Nevermore im Frühling 2011 war das Ende von Nevermore besiegelt. Die Hoffnung der Fans, Warrel Dane möge sich nun wieder seiner alten Combo Sanctuary zuwenden und diese zu neuem Leben erwecken, liess dann tatsächlich nicht lange auf sich warten. Die ersten Konzerte verhiessen erstmal Gutes, obwohl die Stimme von Dane nicht immer mitspielte und diverse Gigs deshalb ziemlich abkackten. Mit der aktuellen Studioscheibe «The Year The Sun Died» (2014) konnten Sanctuary jedoch ab Konserve wieder brillieren und die Fangemeinde schöpfte neue Hoffnung. Leider änderte sich die grundsätzliche Situation nicht, und so musste man halt annehmen, was einem eben geboten wurde. Das galt auch für das heutige Konzert in Aarburg, wo sich die Band, bestehend aus Lenny Rutledge (g), Nick Cordle (g), Jim Sheppard (b) und Dave Budbill (d), sehr spielfreudig wie agil auf der Bühne präsentierte, während Frontmann Warrel Dane ein ziemlich erbärmliches Bild abgab. Damit einher gingen die arg angeschlagenen Stimmbänder, die ein Schatten dessen waren, was früher mal ein absolutes Markenzeichen ausmachte.

So quälte sich Dane, immer noch mit dem schrumpligen alten Cowboy-Hut aus Leder auf dem Kopf und Fingerstulpen (!) an den Händen ziemlich fahrig durch einen sonst mehr als ansprechenden Set. Zwischendurch gab es ein paar Screams, die mindestens erahnen liessen, was sein könnte, wenn der gute Mann mehr auf seine Gesundheit achten würde. Immerhin war er soweit bei Laune und machte zwischendurch ein paar Ansagen. Die Stimmung unter den etwa 150 Nasen war trotz allem gut bis sehr gut, was in erster Linie für die tadellose Performance der Instrumentalisten galt. So wurden alle Songs mit ordentlichem Applaus bedacht, und das Publikum erfreute sich vor allem an alten Klassikern von «Into The Mirror Black» wie den Titeltrack, «Future Tense» oder «Eden Lies Obscured». Ebenso gut kam das neue Material an, das kompositorisch wirklich überzeugte. Mit einem Mr. Dane in Top-Form wäre das alles killermässig ausgefallen, aber die Realität war leider eine andere. Dazu passte auch der Umstand, dass sich nach dem Konzert alle Musiker ausser Dane unter die Fans mischten und bereitwillig alles unterschrieben, was man ihnen hinhielt sowie sich für entsprechende Erinnerungs-Fotos nicht zu schade waren. Im direkten Vergleich zu Death Angel gingen Sanctuary zwar deutlich baden, doch unter dem Strich war es dennoch ziemlich kultig, diese Band in der Musigburg erlebt haben zu dürfen.

Setliste: «Ad Vitam Aeternam (Intro)» - «Arise And Purify» - «Let The Serpent Follow Me» - «Exitium (Anthem Of The Living)» - «Die For My Sins» - «Seasons Of Destruction» - «Future Tense» - «White Rabbit (Jefferson Airplane Cover)» - « Question Existence Fading» - «Frozen» - «The Year The Sun Died» - «Battle Angels» - «The Mirror Black» - «Eden Lies Obscured» - «Soldiers Of Steel» - «Sanctuary» - «Taste Revenge».