Livereview: SOTO - Vanadine - Backwater

07. April 2016, Wetzikon – Hall Of Fame
By Rockslave
Diesmal konnte die Distanz nicht verhindern, dass ich meinen Allerwertesten wieder einmal in die „Hall Of Fame“ nach Wetzikon (ZH) geschwungen habe. Grund war kein Geringerer als der Amerikaner Jeff Scott Soto, der erstmals mit seiner neuen Band SOTO und der neuen zweiten Langrille «Divak» auch der Schweiz im Rahmen der Euro-Tour einen Besuch abstattete. Unvergessen an dieser Stelle war natürlich die geniale Akustik-Tour Ende Februar 2015, zusammen mit dem aktuellen Great White Frontmann Terry Ilous (Ex-XYZ). Mit dabei war im vergangenen Jahr auch Leadgitarrist Jorge Salán, dessen beeindruckende Sechssaiter-Fähigkeiten auch bei SOTO ausgiebig zu geniessen sind. Gleiches im Sinne der musikalischen Wandlungsfähigkeit gibt es selbstredend bei Jeff Scott Soto anzumerken, der sich im Verlauf seiner Karriere schon in einigen Stilrichtungen erfolgreich behaupten konnte. Das neue Material ist indes ungewohnt hart und eher modern angehaucht, aber nach wie vor mit den untrüglichen Trademarks ausgestattet. Als Support auf der Euro-Tour waren die Schweizer Vanadine (aus Weinfelden) mit dabei und nur heute Abend durften Backwater aus Lausanne ran.

Backwater
Ein Blick auf das offizielle Tour-Schedule von SOTO weist neben Vanadine noch die italienische Combo Rain (aus Bologna) aus, die jedoch nicht mit in die Schweiz kam, sondern sich erst tags darauf in München wieder dem Tross anschloss. Die so entstandene Lücke wurde dabei mit Backwater geschlossen, die jedoch keineswegs die Rolle als Lückenbüsser des heutigen Konzertabends einnehmen mussten. Die Rock’n’Roller aus dem Kanton Waadt kannte ich zuvor zwar nicht, aber als die Band auf die Bühne kam, erkannte ich umgehend zwei ehemalige Bandmembers von Sideburn, sprich Gitarrist Fred Gudit und Bassist Michel Demierre. Somit war auch ziemlich klar, in welche Richtung der Sound von Backwater gehen wird. Das bestätigte sich dann auch umgehend, das heisst mehr oder weniger von alten AC/DC-Vibes und Rose Tattoo beeinflusste Mucke. Was an anderer Stelle oder besser gesagt bei anderen Bands je nachdem ziemlich schnell ausgelutscht daher kommt, hörte sich hier und jetzt erfreulich relaxt an und lebte vor allem durch die überzeugende Performance des Axt-Duos Fred und Stéphane (Monbaron). Dazu kamen die absolut passenden Vocals von Marc Vermot, und der Umstand, dass es insgesamt mehr in die Richtung der Tatts ging, durfte als weiterer Pluspunkt verbucht werden. Die Songs stammten dabei ausnahmslos von der gleichnamigen Debütscheibe, die fast auf den Tag genau vor einem Jahr (10.04.2015) veröffentlicht wurde. Obwohl der rotzige Heavy Metal von Rain mit Sicherheit auch gut angekommen wäre, vermochten Backwater das Wetziker Publikum bestens zu unterhalten und empfahlen sich für weitere Auftritte. Vor allem im Umfeld der Biker-Szene dürfte ihnen wohlwollender Zuspruch gewiss sein.

Setliste: «Rock’n’Roll Devil» - «Freedom Ride» - «Backwater» - «The Duel» - «Looking For The Thrill» - «Hey Man» - «Never Be Down».


Vanadine
Die zweite Schweizer Combo des Abends hatte bisher ebenso keine Spuren bei mir hinterlassen, will heissen, dass ich diese Truppe bis anhin noch nicht auf dem Radar hatte. Ein recherchemässiger Blick in unser Live-Archiv offenbarte einen 2014er Auftritt als Anheizer für Tyketto auf der Mini-Z7 Bühne, und da ich an dem besagten Abend mit Abwesenheit glänzte und mir so ausserdem auch noch Pink Cream 69 durch die Lappen gingen, wurde meine fehlende Wahrnehmung für die Thurgauer Rocker bestätigt, die hier nota bene vor rund einem Jahr das letzte Mal in der „Hall Of Fame“ auf der kleinen Bühne standen. Diese Konstellation brachte derweil die wunderbare Ausgangslage mit sich, eine Band vorurteilslos zum allerersten Mal live sehen und hören zu können. Das bedeutete natürlich gleichzeitig, dass ich keinen Song ab der Debüt-Scheibe «Liar» (2014) kannte. Der Opener «Sign Of The Time» ist allerdings nicht auf dem Album zu finden und dürfte demnach ein neuer Song gewesen sein. Mit «Displeased» folgte dann aber gleich der Opener der aktuellen Studio-Version und setzte als geiler Midtempo-Groover schon mal das erste Ausrufezeichen. Auch bei «Hurts» kamen schwere Heavy Rock-Riffs zum Einsatz und zudem blitzten immer wieder saubere wie songdienliche Backing-Vocals auf, die, in unterschiedlicher Ausprägung, klar als Trademarks von Vanadine bezeichnet werden können. Überhaupt fand ich die Performance von Frontgaul Mitch M. Michel mehr als nur ansprechend. Nebst dem rauen Timbre kam auch das Melodiöse optimal rüber, obwohl dies bei der heute fehlenden Ballade «Passed Away» noch um einiges intensiver gewesen wäre. Vanadine können bei Bedarf ihren Sound jedoch variieren, was das leicht thrashig-funkige «Da Boobs» und etwas punkige «Fuck U» bewiesen. Der neue Gitarrist Yannick M. Lehmann muss dabei noch etwas lockerer agieren, aber im Grossen und Ganzen merkte man schon, dass der rockige Vierer aus Weinfelden echt gute Songs am Start hat und auf der laufenden Tour als Support von SOTO gewiss noch einige neue Fans dazu gewinnen konnte.

Setliste: «Sign Of The Time» - «Displeased» - «Hurts» - «Da Boobs» - «Rainy Day» - «Liar» - «Fuck U» - «Make My Day».


SOTO
Eigentlich muss man sich als Veranstalter mehr als nur glücklich schätzen, so einen hochkarätigen Musiker wie Jeff Scott Soto zu offenbar vernünftigen Konditionen in der „Hall Of Fame“ auftreten lassen zu können. Des Weiteren kann es auch sein, dass ihm und seiner Entourage der letzte Besuch in Wetzikon gefallen hat. Wie auch immer…, Fakt ist auf jeden Fall, dass Mr. Scott Soto in seiner bisherigen Karriere zwar nicht zig Millionen von Tonträgern abgesetzt hat, aber durch die Zusammenarbeit mit Yngwie Malmsteen, Axel Rudi Pell, Journey (live), TSO, W.E.T sowie den eigenen Bands Talisman und Soul Sirkus sehr wohl ein ziemlich beachtliches Palmarès ausweisen kann. Dazu gehören auch das Solo-Material unter dem JSS-Banner und diverse Credits bei unzähligen Songs und Projekten von anderen Musikern. Spannend ist dabei die stilistische Bandbreite, der nun durch das neue SOTO-Material eine weitere Note angehängt wird. Darüber hinaus gibt es kaum einen anderen Sänger der Hartwurst-Szene, der über so viel Charisma wie der gebürtige New Yorker verfügt. Jeff ist die geborene Rampensau und, kaum auf der Bühne, jeweils total auf seine Performance fixiert. Diese Authentizität macht den berühmten Unterschied aus, und wenn man sich auf so eine hochkarätige Hintermannschaft mit Jorge Salán (g), BJ (g, key,v), David Z (b,v) und Edu Cominato (d,v) verlassen kann, macht das Ganze noch mehr Spass. Das merkte man dann von Anfang an, also als SOTO die Bühne unter einem bereits soliden Begrüssungsapplaus betraten, den Schalter sogleich umlegten und mit ordentlich Dampf loslegten. Ohne den Vorbands ans Bein pinkeln zu wollen, aber nun stand ein echter Headliner auf den Brettern, die die Welt bedeuten.

Der Fokus lag dabei auf den ersten beiden SOTO-Scheiben und was ab Konserve womöglich nicht durchgehend zündet, erhielt durch die Live-Versionen spürbar mehr Gewicht. Mir persönlich gefällt das neue Material allerdings nicht so wie alles andere, was Jeff zuvor abgeliefert hat. Darum kamen meine Highlights eher gegen den Schluss hin, als zum Beispiel mit «Tears In The Sky» und «I'll Be Waiting» zwei Talisman-Songs gespielt wurden und die Ode an den leider viel zu früh aus dem Leben geschiedenen Bassisten Marcel Jacob (R.I.P.) auch heute Abend nicht ausgelassen wurde. Cool war auch, dass Jorge Salán mit seinem eigenen Instrumental-Song «Risk» eindrucksvoll aufzeigen konnte, was er als Saitenhexer auf dem Kasten hat. Mit «I Am A Viking / I'll See The Light Tonight» wurde schliesslich die Malmsteen-Phase immerhin noch gestreift und bereicherte den eh schon geilen Abend, der die zahlreichen Fans in eine prächtige Stimmung versetzte. Das Zugaben-Medley mit dem Anspielen einiger Hits (siehe untenstehende Setliste) besass jedoch nur Unterhaltungswert. Da hätte ich lieber noch was Eigenes gehört. Der Rausschmeisser war dann so zu sagen (leider) auch kein eigener Song, sondern «Stand Up» aus dem Film «Rock Star». Immerhin groovte das Teil aber nochmals schwer ab, und unter dem Strich war das fast zweistündige Konzert jeden einzelnen Rappen wert! Hoffen wir also, dass wir Schweizer diesen Hochkaräter bald wieder zu sehen wie zu hören bekommen, und mit Vorteil in der ausverkauften „Hall Of Fame“! Wäre doch was, oder?! Kurz nach dem Konzert mischte sich die ganze Band ungezwungen unter die Leute und bewies einmal mehr, dass bei SOTO Fannähe auch abseits der Bühne gross geschrieben wird.

Setliste: «Divak (Intro)» - «Freakshow» - «Wrath» - «21st Century / Colour My XTC» - «Break» - «Final Say» - «The Fall» - «Cyber Masquerade» - «Warrior / Livin' The Life» - «When I'm Older» - «Weight Of The World» - «Suckerpunch» - «Unblame» - «Tears In The Sky» - «I'll Be Waiting» - «Risk» - «I Am A Viking / I'll See the Light Tonight» -- «Medley: Livin' On A Prayer / Thunderstruck / Crazy Train / Enter Sandman / The Trooper / Another One Bites The Dust / Under Pressure» - «Stand Up».