Livereview: Swallow The Sun - Antimatter - The Foreshadowing

25. Oktober 2013, Aarau - Kiff
By Natalia N.
Im Oktober dieses Jahres stand den melancholische und langsame, schwerfällige Musik liebenden Schweizern eine grosse Auswahl an Veranstaltungen zur Verfügung. Ich aber wählte das Konzert unter dem Namen Metalmayhem, an dem die folgenden Vertreter beteiligt waren: die finnische Band Swallow The Sun, die Melоdic/Death/Doom spielt, die Briten von Antimatter, die als anerkannte Meister auf dem Gebiet Atmospheric Rock gelten, und die italienischen Goth-Doomer The Foreshadowing. Die stärkste Konkurrenz zu dieser Veranstaltung bildete natürlich das Konzert von Ahab, begleitet von Omega Massif und Valborg im Klub Dynаmo, Werk 21. Aber die Band Swallow The Sun feiert in diesem Jahr das zehnjährige Jubiläum ihres äusserst gelungenen Debüt-Albums „The Morning Never Came“. Die Möglichkeit, das Ganze live zu hören, wollte ich nicht verpassen. Das britische Band Antimatter, die nach der Erscheinung ihres Albums „Leaving Eden“ 2007 zu einer echten Kultband für die Fans solcher Musik geworden ist, brachte im Jahre 2012 das neue Album „Fear Of A Unique Identity“ heraus. Es war klar, dass die Musiker ihre neuen Kompositionen während diesem Konzert spielen würden – und das musste ich unbedingt sehen!

Ich mag den Club "Kiff" in Aarau wegen seiner akustischen Charakteristik. Während ich auf den Auftritt der ersten Band wartete, die mit einer kleinen Verspätung auf die Bühne kam, betrachtete ich die Clubeinrichtung. Ich verstand auf einmal, warum dieser kleine Saal solch eine gute Akustik hat: die hölzernen Balken innerhalb des Raums absorbieren den Klang auf eine optimale Weise, indem sie als ideale Resonatoren auftreten. Ausserdem sind zwei Balken neben der Bühne mit Moos-gummi bedeckt, was zu einer noch besseren Klangabsorption beiträgt. Um 20.15 kamen The Foreshadowing als Erste auf die Bühne. Da sie schon drei vollständige Alben veröffentlicht haben, sind diese Musiker nicht mehr als Anfänger zu bezeichnen. Trotzdem glaube ich, dass sie bislang noch nicht genug Konzerterfahrung gehabt hatten: Man konnte das fühlen, weil die Gitarrenparts etwas abgesondert vom restlichen Musikstoff klangen, und die Stimme des Sängers war zuerst kaum hörbar. Er schien sehr aufgeregt zu sein. Manchmal verschwand seine „klare“ Stimme sogar. Aber beim dritten oder vierten Lied nahm sich der Sänger schliesslich zusammen, und die zweite Hälfte des Auftrittes war viel ausdrucksvoller. Am besten gefiel mir aber der Keyboarder, der im Hintergrund bescheiden platziert war. Seine Beiträge klangen sehr natürlich, aber zugleich mächtig und schön. Eben er war es, der die düstere und depressive Atmosphäre schuf, die ein integrierter Bestandteil dieses Genres ist. Der Auftritt dieser Band dauerte ungefähr 40 Minuten.

Antimatter bereiteten sich auf ihren Auftritt recht lange vor. Der Vorhang ging erst gegen halb zehn hoch. In diesem Jahr spielt die Band mit erneuertem Bestand. Jetzt gehören die folgenden Musiker ausser dem Band-Frontman, Sänger und Multiinstrumentalisten Mick Moss dazu: Gitarrist und Backgroundsänger Dave Hall, Bassist Ste Hughes und der junge Schlagzeuger Liam Edwards. Es sei gesagt, dass die Musik dieser Gruppe echt mächtig und einheitlich klingt. Mick scheint endlich echte Gleichgesinnte gefunden zu haben! Dave und Mick sangen oft im Duett, und das war wunderbar. Die Gitarren-Soli schallten durchdringend, weil Dave den sogenannten elektronischen Bogen oft benutzte. Der Bassist verstärkte seine Parts durch vielfältige Effekte, die die Musik noch umfangreicher und farbiger machten. Ja, und diesmal brachte Mick Moss nur die „elektrischen“ Kompositionen in die Schweiz mit, während die grossartigen akustischen Lieder nicht gesungen wurden. Die Setliste war eigentlich ganz kurz und bestand nur aus sechs Liedern. Dafür gab es aber triftige Gründe. Am Ende des Auftrittes entschuldigte sich Mick bei den Zuhörern und sagte, dass er nicht lange habe singen können, weil er vor zwei Wochen operiert worden und noch schwach war. Vielleicht deswegen klang seine Stimme besonders klagend und durchdringend. Wir waren Mick dafür dankbar, dass er für uns gesungen hatte, obwohl er nicht ganz gesund war. Trotz allem wurden die interessantesten Lieder aus dem neuen Album gesungen, das berühmte „Leaving Eden“ inbegriffen. Es sei betont, dass sogar diese sechs Lieder das Publikum vollumfänglich verstehen liessen, dass die Musiker diese depressive Atmosphäre meisterhaft erschaffen können. Toll, dass das Kiff in Aarau uns alle Nuancen dieser Atmosphäre fühlen liess. Das war wirklich ein einzigartiger Auftritt!

Setliste: „Paranova“, „Firewalking“, „Last Laugh“, „Land Locked“, „Over Your Shoulder“, „Leaving Eden“, „Immaculate“.

Die finnische Band Swallow The Sun kam auf die Bühne, da war es fast halb elf Uhr. Erst nachdem die Gitarrist, der Bassist und der Schlagzeuger zu spielen begonnen hatten, erschien auf der Bühne als Letzter der Sänger Mikko Kotamäki bekleidet mit seiner berühmten Strick-schirmmütze. Die Musik von Swallow The Sun ist durch ihre ultramelodischen Elektrogitarren- und die aggressiven Keyboard-Parts bekannt. Die Zuhörer wurden so mächtig und mit solch einer aufrichtigen Verzweiflung überschüttet, dass sie zuerst vor Staunen erstarrten und dem ersten Lied mit offenem Mund zuhörten. Die Spannung verringerte sich ein bisschen, als das erste Lied fertig gespielt wurde, und dann hielt der Sänger eine kurze Rede zum Jubiläum des Debüt-Albums. Danach begannen die Zuhörer aktiv mitzusingen, jedes Lied mit viel Enthusiasmus unterstützend. Selbstverständlich hatte der Sänger Mikko das höchste Lob verdient: Bei einem Live-Auftritt klingt seine Stimme noch besser als auf einem Tonträger aufgenommen – mächtig und zugleich vielfältig und emotional. Einen genauso starken Eindruck machte Mikko auf das Publikum, sogar wenn er einfach die nächste Komposition erklärte. Eine Stimme aus Horrorfilmen, von der einem das Blut in den Adern erstarrt — so könnte man das beschreiben. Die anderen Musiker bewegten ihre Arme so aktiv, indem sie ihre Instrumente spielten, dass es schien, als ob alle möglichen bösen Geister der Hölle ihren wilden Tanz auf der Bühne tanzten. Nachdem das ganze Debüt-Album gespielt worden war, erklang das Lied „Labyrinth Of London (Horror Pt. IV)“ aus dem letzten Album der Band. Die live gesungenen späteren Kompositionen (die in der Presse oft als «kommerziell» bezeichnet werden) gefielen mir nicht weniger als die früheren. Und Mikkos „klarer“ Gesang ist ebenso ausdrucksvoll und schön wie seine Growls. Er ist ja ein wunderbarer Sänger! Der Auftritt der würdevollen Finnen von Swallow The Sun verdiente die höchste Wertschätzung. Danke, dass ihr diesen Herbst zu uns in die Schweiz gekommen seid!

Setliste: „Through Her Silvery Body“, “Deadly Nightshade“, „Out Of This Gloomy Light“, „Swallow (Horror Pt. 1)“, “Silence Of The Womb“, „Hold This Woe“, „Under The Waves“, “The Morning Never Came“, „Labyrinth Of London (Horror Pt. IV)“, „Falling World“, “Don't Fall Asleep (Horror Pt. 2)“, „Night Will Forgive Us „ “The Giant“.