Livereview: Sweden Rock Festival 2016
08. - 11. Juni 2016, Norje, Sölvesborg (Schweden)
By Roxx (rxx), Kissi (kis), Hardy (hdy) & Rockslave (rsl) - Pics by Roxx & Rockslave.
Mit freundlicher Unterstützung von: Souls Of Rock Foundation.


Die diesjährige Ausgabe des "Sweden Rock"-Festivals war nicht irgendeine, sondern die mittlerweile 25. Ausgabe! Bereits ein Vierteljahrhundert ist diese Erfolgsgeschichte alt, die praktisch jedes Jahr mit aktuell rund 35'000 Fans an allen Festivaltagen stets restlos ausverkauft wird. Dennoch herrschen hier keine überlaufenen Verhältnisse wie zum Beispiel in Wacken, wo mittlerweile eine kritische Grösse erreicht wurde. Ganz anders im hohen Norden, wo die Organisatoren nach wie vor auf einen Event für jedermann setzen und dies in völlig ungezwungener Atmosphäre, das heisst mitunter ganze Familien mit Kind, Kegel plus teils auch der Oma neben beinharten Metal-Maniacs und Hardrock-Fans eine gute Zeit verbringen können.

Während wiederum vier Tagen traten heuer abermals über achtzig Bands (!) auf, dessen Namen für die gemeinsame Leidenschaft der Fans vor Ort stehen. Highlights in Sachen Headliner waren Blind Guardian, Queen (with Adam Lambert), King Diamond, Twisted Sister, Avantasia, Sabaton und Michael Schenker Fest. Dazu kam Kultiges wie Vanilla Fudge, Graham Bonnet Band oder King Kobra. Des Weiteren glänzten auch Bonafide, The Graveyard oder Loudness. Wer auf Nummer sicher gehen wollte, bekam mit Slayer, Megadeth und Anthrax drei von vier Vertretern der "Big Four". Weitere Ausrufezeichen setzten SIXX:A.M., Dan Reed Network sowie Lita Ford. So hatte es wirklich für jeden was und diejenigen "Sweden Rock" mit einem breiteren Musikgeschmack hatten somit die Qual der Wahl, da sich doch der eine oder andere Act überschnitten.

Insgeamt fiel das jedoch nicht so ins Gewicht und die diesjährige Metal Factory Crew, bestehend aus Roxx, Rockslave, Kissi und Hardy konnte grösstenteils fast alles abdecken. Ausgerüstet mit einer der rund achtzig verfügbaren Fotowesten wetzten Roxx und meine Wenigkeit von einer Bühne zur andern. Was wir dabei vor der Linse hatten und welche Eindrücke das MF-Team vom "Sweden Rock" Ausgabe 2016 gewann, könnt Ihr untenstehend in unserem Festival-Report nachlesen! (rsl)

Mittwoch, 08.06.201
6

Rockklassiker Stage (aus Sicht von Hardy)
Auf der kleinsten Bühne im Zelt gaben sich junge, alte, obskure oder "kleinere" Bands die Klinke in die Hand und waren immer wieder für eine musikalische Überraschung oder einfach bloss Schatten gut. Und obwohl am ersten Tag der Sound der Zeltbühne durchgehend höhenlastig kränkelte, waren die Schotten King Witch für mich gleich eine DER Entdeckungen des Festivals. Doomig betonter, atmosphärisch geladener oldschool Metal mit furiosem Bassspiel und einer Sängerin, die mich vom Auftreten nicht nur öfters an Juliette Lewis erinnerte, sondern bei ihren intensiven Screams auf Zehenspitzen schier ihre Stimme zerriss. Erste Hühnerhaut des Tages und das Zelt wird während ihrem Auftritt immer voller. Danach brannten die NWOBHM-Recken Diamond Head um Converse-Afficionado Brian Tatler mit superagiler Performance und sympathischem Auftreten fast die Bühne nieder. Bei prägnantem Basssound und einem glänzenst aufgelegten Sänger versprühten die Gentlemen literweise gute Laune und kamen mit herumalbern kaum nach. Dazu gab es ein Best-Of Programm einer tighten, blind aufeinander eingespielten Band, deren offensichtliche und überschwängliche Spielfreude derart ansteckend war, dass beim finalen «Am I Evil» das volle Zelt amtlich Radau machte. Wenn bei düsterem Licht und viel Rauch mit Spinnennetzapplikationen verzierte, Louis XIV-Absatzschuhe tragende, geschminkte Neovampire Pirouetten drehen, dann müssen Tribulation auf der Bühne stehen. Der Vierer bietet zumindest optisch eine zwar unterhaltsame, aber auch etwas überambitioniert wirkende Show. Und trotzdem, wenn das Gitarrenduo zu seinem Mix aus Herbstreigen und angeschwultem Ausdruckstanz ansetzt, sich dabei wegen der schicken Schühchen auch mal lang legt und nahtlos weitertanzt ohne seinen Einsatz auch nur eine Millisekunde zu unterbrechen, dann hat das schon was. Sehr schade, dass wegen des leider immer noch verpeilten Sounds das Endergebnis etwas leidet. (hdy)

Rockklassiker Stage (aus Sicht von Kissi)
Gerade weil die vom schwedischen Radiosender Rockklassiker präsentierte Zeltbühne die kleinste des Festivals ist, ereignen sich dort immer wieder eindringliche Riff-Entdeckungen. King Witch sind dafür ein gutes Beispiel. Mit ihrer undergroundigen Mischung aus Doom, Occult Rock und Metal sorgten die schottischen Newcomer, von denen bis anhin gerade mal eine EP erschienen ist, für ein erstes Highlight, das in Tribulation seine Fortsetzung fand. Mit genauso grossen Posen wie Spielfreude kombinierten das Trio Black Metal mit Retro Rock, wobei das Wort „retro“ auf die darauf folgenden Diamond Head natürlich noch besser passte. Die NwoBHM-Helden um den einzig von der Original-Besetzung übrig gebliebenen Klampfer Brian Tatler liess mit Klassikern wie „It's Electric“ oder „Am I Evil“ die 80er wiederaufleben, wobei natürlich vor allem letztere Nummer das Zelt zum Toben brachte. (kis)

4Sound Stage
Aus vielen einzigartigen Momenten besteht das Sweden Rock jedes Jahr. Die tägliche Opener-Band auf der 4 Sound Stage gehört leider, leider selten dazu. So auch dieses Mal nicht. Mit gurgelnden Orgelklängen hatten mich Saffire zwar neugierig gemacht, doch mit stromlinienförmigem Melodic Rock holt man heute trotz Festival-Euphorie und passabler Performance keine Leute mehr aus dem Zelt. Warum das den ziemlich ähnlich agierenden Eclipse dann danach aber trotzdem gelang – also die Leute zum Feiern bringen – kann ich mir nur am Heimvorteil erklären. Da wussten Skitarg schon besser, wie Eindruck hinterlassen, denn sind wir doch ehrlich: Eine Horde aufgekratzter, blutverschmierter, Melo Death zockender Horror-Clowns verfolgen einen bis in seine Träume, auch wenn ich kein einziges Wort der schwedischen Texte verstand. Dafür war lautstarkes Mitsingen bei Graham Bonnet danach natürlich Pflicht. Rainbow, Alcatraz, Impellitteri und Michael Schenker Group – so illuster die Stationen der auch schon gegen 70 tänzelnden Gesangslegende, so hitverdächtig die Setlist, die nicht einen einzigen Solo-Track enthielt und dementsprechend einer Lehrstunde in Sachen Rock History gleichte. (kis)

Sweden Stage
Der ehemalige White Lion Shouter Mike Tramp spielte als zweiter Act des Festivals auf und setzte mit seiner aktuellen Band auf Songs, die natürlich auch Bezug zu den längst vergangenen Zeiten der weissen Löwen hatten. Dazu gehörte mitunter auch die Jahrhundert-Ballade «When The Children Cry». Ansonsten präsentierte sich Mike nach wie vor ordentlich frisch und bewies, dass seine Stimme immer noch voll da ist und er sich als versierter Solo-Songwriter längst etabliert hat. Bonafide profitierten danach sicher etwas vom Heimvorteil, aber den brauchten die schwedischen Hardrocker mit Schlagseite zu den alten AC/DC eigentlich gar nicht, da sie so oder so mächtig abrockten. Was bereits auf der ICE ROCK-Bühne im Emmental überzeugte, hinterliess auch in der Heimat einen exzellenten Eindruck. Das Resultat war ein gut gelauntes Publikum, das lautstark applaudierte. Das geschah anschliessend bei Amaranthe ebenso, denn die Musik dieser Combo aus Göteborg hat viele Fans, das steht ausser Frage. Mich konnte das Ganze allerdings trotz dem sexy Outfit von Frontfrau Elize Ryd und dem männlichen Gesangsduo mit Jake E. Lundberg und Andy Solveström sowie einigen Pyros und Böllern nicht flashen. Zu monoton hämmerte der Melodic (Pop) Death Metal und liess teilweise gar Baby Metal in Erinnerung rufen. Während die Fankulisse ihre Helden abfeierte, wandte ich mich schon fast angewidert hin zu lukullischen Genüssen. Mit Blind Guardian stand schliesslich der Headliner des ersten Tages auf der Bühne und auch hier rollten sich mir schon bald Zehennägel nach oben. Auch wenn es ein paar Parts gab, die weiter als nur hin zum Trommelfell durchdrangen, werde ich nach wie vor nicht Fan von Hansi Kürsch und seinen Jungs werden. Einerseits kann der Frontmann sein optisches Buchhalter-Image immer noch nicht abstreifen und zweitens mag ich seine stimmliche Gesangsfarbe ebenso wenig. Kurzum legten die blinden Gardinen sehr wohl einen professionellen wie technisch brillanten Auftritt hin, gingen mir jedoch erwartungsgemäss erneut voll am Arsch vorbei. (rsl)



Donnerstag, 09.06.201
6
4Sound Stage
Kurz vor der Mittagszeit starteten auf der kleinsten Aussenbühne die Banditos aus Alabama. Mit ihrem von Country beeinflusstem Hardrock waren sie hier am Sweden Rock genau richtig und sorgten für den ersten passenden Soundhappen des Tages. Dies dürfte auch zur Freude zahlreicher Hilly Billy Fans gewesen sein, die auf dem Gelände herumlatschten. Bei The Struts ging es danach etwas anders ab. Die Briten spielten Glam Rock im Stil der 70er und überzeugten musikalisch wie auch durch ihre Authentizität. Während knapp einer Stunde gaben die Jungs alles und ernteten dafür ordentlich Applaus. Danach war die Zeit reif für was "Hiesiges". Die legendären Neon Rose schwangen ihre Ärsche zum ersten Mal nach über 40 Jahren (!!) wieder live auf einer Bühne und zelebrierten Classic Rock à la Zeppeling/Purple, aber mit eigener Note. Gemessen an der langen Abstinenz zockten die Herren ganz ordentlich und zeigten den Jungspunden, was 'ne echte Harke des Rocks ist. Ganz anders lief es danach bei den darauf folgenden Therapy? aus Nordirland ab. Die waren mal in den 90ern ziemlich angesagt und zockten musikalisch in der Region von Anthrax, aber insgesamt rockiger und weniger metalmässig. Obwohl auch in den 2000ern einige Alben erschienen sind, hörte man nicht mehr übermässig viel. Diese Wahrnehmung will man offenbar korrigieren, und darum legten die Nordiren einen ziemlich agilen Auftritt hin. Eigentlich wollte ich mir bei Mayhem eine ordentliche Ladung Chaos, Gedankenskalpelle und Aggression abholen, aber die Kerle waren so fies wie bekiffte Teletubbies. Ausser Necrobutcher, aber der guckt wahrscheinlich auch am Kindergeburtstag wie ein Pitbull. Mit dem ganzen Stacheldrahtverhau am Bühnenrand und Mikroständer eigentlich schick hergerichtet, krankte der Auftritt letztlich an zu leisen Gitarren, viel zu langen, peinlichen Pausen zwischen den Songs, der wohl sperrigsten Setliste, die ich mir vorstellen konnte und allgemeiner Absenz von Atmosphäre. Nix Chaos, schade auch. (rxx & hdy)


 
Sweden Stage
Immer schon fand und findet am Sweden Rock trotz dem „Rock“ im Namen auch der Country seinen Platz am Festival und versammelte sich pünktlich um High Noon schon eine beachtliche Menschenmenge vor der Bühne, um zusammen mit den Kentucky Headhunters eine ausgelassene Hillbilly-Party zu feiern. Weniger Hill denn Hell zelebrierten danach Entombed A.D. Das Überbleibsel der schwedischen Death-Helden prügelte sich ordentlich durchs Set, auch wenn man bei solchen künstlich am Leben erhalten gelassenen Projekten natürlich immer darüber diskutieren kann, ob es nicht besser wäre, langsam den Stecker zu ziehen. Ein weiterer Vertreter der Sleaze Rock Szene waren die L.A. Guns. Sie rockten töfte wie immer und Hits wie «Sex Action» oder «Never Enough» durften nicht fehlen. Ähnliche Gedanken wie bei Entombed A.D. kamen einem bei Vanilla Fudge hingegen keine in den Sinn. Im Gegenteil: Gehörte die Band um Keyboarder Mark Stein und Drum-Legende Carmine Appice in den 60ern mit zum Exzessivsten (sowohl an Härte als auch Virtuosität), was die Musikwelt zu bieten hatte, gehörten sie am Sweden Rock mit zum groovendsten. Eine Reminiszenz an die zügellosen Zeiten des Rock'n'Roll, insbesondere im direkten Vergleich zu den nachfolgenden Soilwork, deren klinisch gezockter Death Metal im Vergleich blutleer und hüftsteif rüberkam, seine Fans aber natürlich trotzdem fand. (kis)



Festival Stage

Ab dem zweiten Tag ist jeweilen auch die grosse Festival Stage bereit für Live-Auftritte. Die diesjährige Premiere durften dabei Halestorm wahr nehmen. Wer nun dachte, dass die Amerikaner hier mit der zu grossen Kelle anrühren, wurde schon bald eines Besseren belehrt. Lzzy Hale strahlte auf jeden Fall übers ganze Gesicht und gab sich sehr selbstsicher. Zumindest kam die Mucke souverän rüber und angetrieben von einer spielfreudigen Band im Rücken (dazu gehört ja auch Lzzys Bruder Arejay an den Drums) zelebrierte das Quartett seinen absolut stadiontauglichen Sound überzeugend. Dass Arejay noch Gelegenheit zu einem kurzen Drum-Solo bekam, erstaunte nicht, denn der Junge hat es faustdick hinter den Ohren. Shinedown hievten das Level danach jedoch spürbar nach oben. Man merkte sofort, dass hier eine routinierte Combo auf der Bühne stand, die eindeutig für Grösseres berufen ist. Zudem hatten sie einige Hits in der Hinterhand, die ich zwar allesamt nicht kannte, aber für sichtliche Begeisterung unter den zahlreich aufmarschierten Fans sorgten. Fronter Brent Smith versprühte dabei viel Charisma und liess nichts anbrennen. Obwohl die soweit griffige Mucke ziemlich auf den Punkt gespielt wurde, konnten mich die Amis aus Florida musikalisch nicht aus der Reserve locken. Das sah bei Slayer erwartungsgemäss anders aus. Der Anblick war jedoch gewohnt, denn kurz zuvor standen Tom Araya & Co. ja auch in Luzern auf einer grossen Festival-Bühne. Die Shows laufen bekanntlich noch unter dem Banner der «Repentless»-Tour, also zu einem der besten Alben der letzten Jahre. Mit einer Mischung aus Routine und der gewohnten Energie zockten Slayer ihre kultigen Abrissbirnen runter. Vor allem Exodus-Gitarrist Gary Holt fühlt sich pudelwohl als Nachfolger des leider viel zu verstorbenen Jeff Hanneman (R.I.P.) und lieferte wiederum amtlich ab. Für meinen Geschmack sind die Schlächter in der Halle allerdings weitaus effektiver, was der insgesamt eher durchschnittliche Zuspruch vor der Bühne untermauerte. Das Finale auf der grössten Stage des Festivals war hingegen wie geschaffen für Queen, featuring Adam Lambert. Unglaublich auch die Leistung der Crew und den Verantwortlichen der Technik, die den ganzen Bühnenaufbau innert erstaunlich kurzer Zeit auftrittsbreit gestemmt hatten. Ob man es so mag oder nicht: Fakt ist, dass das aktuelle Line-Up mit den Ur-Mitgliedern Brian May (g/v) und Roger Taylor (d/V), ergänzt um Taylors Sohn Rufus (aktuell in Diensten bei The Darkness), den unfassbaren Backkatalog nach wie vor würdig umzusetzen vermag. Die Hitdichte war dabei schon fast unerträglich hoch. Adam Lambert gelingt der Spagat auf Messers Schneide, die eigentlich unnachahmliche Attitüde des übergrossen Freddie Mercury so zu adaptieren, dass es glaubwürdig bleibt. Die kurzen Live-Einspieler mit Freddie himself liessen dann aber erahnen, welch ein Verlust sein zu früher Tod auf immer und ewig sein wird. Nichtsdestotrotz waren Queen Ausgabe 2016 einer der würdigen Headliner, der darauf nur noch von King Diamond auf der "Lemmy Stage", je nach Ansicht, übertrumpft wurde. (rsl)


Lemmy Stage
Habe vom finnischen Monsterkabinett zur Mittagsstunde nicht viel erwartet und war daher sehr positiv überrascht, wie lässig das Quintett die Gunst des Publikums erhielt und eine wahre Rockparty entfachte. Und da Freaks bekanntlich Freaks anziehen, war das Publikum fast interessanter als die souverän aufspielenden Lordi. Viele Paare im mittleren Alter die geschlossen tanzten und eine Gruppe aufgepumpter Muskelmänner, die miteinander Trockensex praktizierten, sind da nur ein kleiner Einblick. Das Ganze garniert mit fluffigen, catchy Rocksongs, Mitsingspielchen und Glitzerkonfetti bei gefühlten 30° Celsius, grandios. SIXX:A.M zogen danach Publikum bis weit hinter den Mischpultturm und sorgten mit ihrer durchgestylten Designershow für reihenweise feuchte Höschen. Absolut verdient, denn mit zwei airfistenden, supersexy Backgroundsängerinnen, "düsterer" SciFi-Verkleidung, Pathos, grossen wir-gegen-den-Rest-der-Welt-Ansagen, Pianoeinlagen, Mitsingspielchen und den beiden Ausnahmekönnern DJ Ashba und James Michael an Gitarre und Mikro wurde ganz grosses Ami-Kino geboten. Nicht wirklich meine Baustelle, aber wenn ich mich schon selbst beim Mitwippen ertappe, müssen sie nicht nur wegen Ex-Mötley Crüe Basser Nikki Sixx einiges richtig gemacht haben. Heimspiel für Graveyard hätte man meinen sollen, aber das Vintage-Quartett wirkte ungewöhnlich verloren auf der grossen Bühne. In ihrem eigenen Mikrokosmos verweilend, zockten sie zwar souverän ihr abwechslungsreiches Set runter, wirkten aber derartig cool und selbstzentriert, dass sich leider bis auf die ersten Reihen gepflegte Langeweile in die Masse schlich. Gut war die Bar nur zwanzig Schritte entfernt. Nach den überirdischen King Albatross im Zelt konnten Megadeth nur noch verlieren, denn auch die an «Hangar 18» angelehnte Bühnendeko konnte nicht davon ablenken, dass Megadave ziemlich schwach auf der Brust war und so gequält klang, dass ich fast Angst bekam, der Arme würde gleich in Tränen ausbrechen. Instrumental war die ganze Mannschaft aber fit wie ein Turnschuh, und wer auf Gitarrensoli steht, war hier sowieso an der richtigen Adresse. Ich vermisste aber nach ein paar Songs die Magie und darum zog es mich eine Bühne weiter zu den gleichzeitig wie überraschend unterhaltsam aufspielenden Vanilla Fudge. Zur Hexenstunde konnte man geradezu spüren, wie eine fiebrige Atmosphäre auf dem Gelände entstand, denn der König bat zum Tanz und die Masse drehte schier durch! Das Duo LaRocque/Wead produzierte den wohl ausgewogensten und aggressivsten Gitarrensound des ganzen Festivals und jeder einzelne Musiker schob und drückte nahezu fassbare Energie aus den Boxen, fett. Dazu deibelte/tänzelte King Diamond auf höchstem Niveau durch die Zeremonie. Jeder Scream ein Volltreffer in den Arsch des abwandernden Queen-Publikums und jeden Einsatz traumwandlerisch auf den Punkt gebracht, dirigierte er charmant durch die komplette theatralische Aufführung von «Abigail». Monumental und die kommenden Tage ein immer wieder gern aufgegriffenes Gesprächsthema, bei dem man augenblicklich glänzende Augen bekam! (hdy)
 
 
Rockklassiker Stage
Am Freitag mutierte die Zeltbühne wie gewohnt zur NEMIS Stage, heisst zur Plattform schwedischer Jungtalente. Von den Heavy Bluesern Painted Sky über die verkifft wabernden Presolar Sands bis zu den von der furiosen Therés Enström angeführten Kick Ass Rockern King Albatross machte auch hier die Retro-Welle (dankenswerterweise) ihren Einfluss spürbar, wobei mit den Symphonic Metallern Eleine, den Rednecks von Fearless und den Doom-Priestern von Serpent auch die härtere Gangart geboten und gleichzeitig wieder mal der Beweis erboten wurde, dass sich Schweden um seine Riff-Zukunft weiterhin keine Sorgen machen muss. (kis)



Freitag, 10.06.201
6
4Sound Stage
Zu schönstem Sonnenschein eröffneten um 11.30 Uhr die Kalifornier Warner Drive das Freitagsspektakel und erfüllten mit ihrem gute Laune verbreitenden SouthernPopRock, einem "Heidiheidiheidiheii"-BluesBrothers-Mitsingspielchen und viel blödem Gelaber ihre Aufgabe als Warmmacher vorzüglich. Und dass die anwesenden Schweden beim schlau gewählten «The Look»-Cover kollektiv steil gehen, war ja vorher zu sehen. Sechs fast schon psychedelisch-überschwängliche, maskierte Nachtelfen, zu gross geratene Hobbitse und Mönche worshippten auf der Bühne DragonForce, LSD-Glücklichkeit und Drachenmärchen. Vorhang auf für Twilight Force! Alles, inklusive Bühnentheater, gegenseitigem Nachjagen/Kriechen, synchronem Airsword-Ziehen und einem Fräulein, das mit dem Mikroständer zu was auch immer geschlagen wurde. Speedig, kitschig, tight, klebrig-lustig und zumindest live derart brutal unterhaltsam, dass ich noch eine ganze Weile das Grinsen nicht aus dem Gesicht brachte. The Kristet Utseende lieferten danach rumpligsten Bulldozer-Metalpunk, sahen aus wie eine schwedische Variante der Mentors und zogen eine ganze Latte an singfreudigen und offenbar überaus glücklichen Leuten an. Die Stimmung war alkoholisch ausgelassen, bis meine Frage zum Inhalt der schwedischen Texte mit der Gegenfrage "Do you love Jesus?" beantwortet wurde. Meine Antwort darauf schien offensichtlich nicht die Richtige gewesen zu sein, denn als die "lieben" Christen um mich herum innert zehn Minuten immer agressiver auf meine Anwesenheit reagierten, zog ich es vor, mich präventiv aus dem Staub zu machen, sehr enttäuschend. Eine viel entspanntere Klientel fand ich dann bei den saucool abrockenden The Temperance Movement, die mit leichtem Southern-Einschlag und zum Teil fünfstimmigen Gesängen Tiefenentspannung pur boten. Die Jungs sehen zwar aus wie Studenten im dreissigsten Semester und spielen über Vox-Combos, aber dank dem agilen, unterhaltsamen Sänger und den mitreissenden Rocksongs zog die Truppe trotz Regen viele Leute vor die Bühne und hievte die Stimmung zusehendst gegen AC/DC-Partylevel, coole Band! Leicht durchnässt und aufgrund der tiefen Temperaturen langsam schlotternd, freute ich mich mit Satyricon auf eine Band der härteren Gangart. Satyr war richtiggehend in Laberlaune an diesem Abend, erntete viele Lacher und dirigierte seine Männer souverän durch den ersten Teil des Gigs. Dieser bestand zum 20-jährigen Jubiläum aus der Gesamtaufführung ihres dritten Albums «Nemesis Divina», welches live überraschend sperrig und zäh ausfiel und ausser dem ausgiebig zelebrierten «Mother North» witzigerweise keine Highlights bieten konnte. Der zweite Teil bestand aus einer Best-of der neueren Songs, sehr geil und mit viel Groove und Kälte dargeboten. Zu «Phoenix» kam auch Gastsänger Sivert Høyem auf die Bühne und unter viel Applaus verabschiedeten sich die Norweger nach «Diabolical, Now» in die bitterkalte Nacht. Witzige Randnotiz: Nach keinem anderen Auftritt konnte man so viele innigst herumknutschende Paare sehen wie hier, Black'n'Roll'n'Love, Baby! (hdy)

 
Sweden Stage

Eigentlich hatte ich ja erwartet, dass die Party am Freitag rasant in Fart kommen würde. Immerhin sind die schwedischen Classic Rock-Helden 220 Volt sowas wie der Prototyp des Sweden Rock-Line-ups, doch so richtig überzeugen konnten erst die darauffolgenden 80er-Helden. Loudness machten keine Gefangenen und boten von Spielfreude, wilden Posen und bunten Outfits bis eine das gesamte Spektrum streifenden Setlist mit leichtem Fokus aufs mittlerweile auch schon 2 Jahre alte, aktuelle Album „The Sun Will Strike Again“, alles was man von abgedrehten Japanern erwartete. Nach so viel Überdrehtheit wirkten Uncle Acid & Deadbeats unter dem passend grauen Himmel wie eine diabolisch paranoide LSD-Halluzination. Mögen einige (darunter wahrscheinlich auch das Gros der Sweden Rock-Besucher) den Hype nicht wirklich verstehen, so vermochten die Briten ihre in Ekstase headbangenden Anhänger definitiv in eine andere Sphäre zu fuzzen, aus der zumindest ich nur schwerlich zurückfand. Ob das der Grund war, warum die abschliessenden Gamma Ray so gar nicht zu mir durchdrangen? Die Kai Hansen-Jünger jedenfalls feierten ihren Speed Metal-Messias frenetisch und drehten zu neuem Material wie „Masters of Confusion“ ebenso durch wie zu Klassikern der Sorte „Head me a Sign“ oder natürlich dem einzigen Helloween-Cover „I Want Out“. (kis)
Lemmy Stage
So als Begleitmusik zum Mittagsessen eröffneten die Symphonic Metaller Epica aus Holland den Tag auf der Lemmy Stage. Sie kamen bei den schon zahlreich anwesenden Fans recht gut an. In Abwesenheit von ähnlich gelagerter Konkurrenz wie Within Temptation oder Delain konnten sich Frontfrau Simone Simons und ihre Jungs der Aufmerksamkeit der Genre-Fans sicher sein. Darauf folgte Lemmys ehemalige Band Hawkwind, die mit ihrem psychedelischen Rock an diesem schönen Tag überraschenderweise ziemlich statisch rüber kam. Somit eindeutig nur was für Kenner und Liebhaber. Müssig zu erwähnen, dass der grosse 70er-Jahre Hit «Silver Machine» dabei nicht fehlen durfte. Anschliessend war die Zeit reif für die legendäre amerikanische Rockröhre Lita Ford. Der ehemaligen "Runaway'lerin" sah man es an, dass ihr die definitive Trennung von Ehegatte Jim Gillette (Ex-Nitro) gut getan hat. Lita ist nun Keine singende Hausfrau mehr, wie vor ein paar Jahren noch. Sie erstrahlte im sexy Outfit, trug ihre legendären Gitarren zur Schau und rockte die Lemmy Stage ordentlich. Zudem konnte sie es nicht lassen, öfters mal ihr neues Buch anzupreisen. Werbung muss halt schon sein. Der nächste Act markierte für die einheimischen Schweden ein, wenn nicht das Highlight der 25. Ausgabe des "Sweden Rock": The Hellacopters sind zurück! Der laut Band einmalige Live-Auftritt ging auf das Konto des 20-jährigen Jubiläums des Debütalbums «Supershitty To The Max!». So versetzten Nicke Andersson wie Dregen (Backyard Babies) und Co. die grosse Masse vor der Lemmy Stage in hellste Verzückung, als ob es kein Morgen mehr gäbe. Man kann nun gespannt sein, ob es mit den Helikoptern allenfalls doch noch weiter geht oder nicht. Wer nach dem begeisternden Auftritt von Twisted Sister noch nicht genug hatte, gönnte sich mit Avantasia die letzte Band des Freitags. Da meine Wenigkeit die beiden Konzerte im Z7 in Pratteln ausliess, kam man hier in Schweden immerhin in den Genuss von gut zwei Dritteln der sonst dreistündigen Monster-Show der laufenden Tour, die das neue Album «Ghostlights» in der Livefassung präsentiert. Die Quadratur des Kreises war es letztlich nicht, aber es war schon beeindruckend zu sehen und zu hören, wie viele Fans nach wie vor auf dieses Metal-Oper Konzept stehen. Nebst einem wirklich gut performenden Tobi Sammet glänzten die mittlerweile in diesem Rahmen etablierten Guests Ronnie Atkins (Pretty Maids), Bob Catley (Magnum), Michael Kiske (Ex-Helloween, Unisonic), Eric Martin (Mr. Big) und Jorn Lande. Zudem stand natürlich auch Amanda Somerville wieder auf der schön im Thema von «Ghostlights» ausgestatteten Bühne. Die Resonanz in den frühen Morgen hinein war mehr als beachtlich und Tobis sonst ausufernde Sprüche auf ein vernünftiges Mass reduziert. (rxx & rsl)
 
Festival Stage
Um viertel nach eins, also kaum nach dem Mittagessen, auf eine grosse Bühne zu steigen, steht nicht jeder Band gut zu Gesicht. Bei Dan Reed Network, der amerikanischen Band um den namengebenden Gitarristen und Sänger Dan Reed, war das aber kein Problem. Der Funk-Rock war genau das Richtige für diese Tageszeit. Die Truppe, 1984 gegründet und 1993 zwischenzeitlich auf Eis gelegt, ist seit 2012 wieder aktiv und brachte mit «Fight Another Day» erst vor Kurzem über Frontiers Music (wo denn sonst?) ein neues Studio-Album seit einem Vierteljahrhundert (!!) heraus. Die Mischung der alten Perlen mit den besseren Tracks neueren Datums wirkte zu jederzeit frisch und fetzig. Die Tightness der Band mit Dan Reed im Fokus war exzellent und vermochte zu bestem Wetter optimal zu unterhalten. Live klingt solcher Sound eh immer eine Ecke besser als auf Konserve. Mit Glenn Hughes folgte zur Kaffee- und Kuchenzeit eine Rock-Legende, die mitunter die bereits bekannt gemachte Reunion von Black Country Communion für das nächste Jahr, inklusive Joe Bonamassa (g), ankündigte. Zuvor liess er es wie gewohnt krachen und brachte einen Ausschnitt seiner Stationen bei Deep Purple, Trapeze, Hughes/Thrall, den Solo-Dingern und eben auch BCC. Das Trio, neben Hughes noch bestehend aus Søren Andersen (g) und Pontus Engborg (d), ging beherzt an den Start. Hätte mir einer zu Purples "Made In Europe"-Zeiten (1975) voraus gesagt, dass ich vier Dekaden später mitunter dem gleichen Sänger zu «Stormbringer» live zujubeln könne, hätte ich den hochkant ausgelacht. Doch Altmeister Glenn ist nach wie vor allerbestens bei Stimme und stiess seine legendären Schreie ohne die geringsten Einbussen aus. Ein Fest, vor allem für das Sinnesorgan des menschlichen Hörens, schlicht genial! Mit kurz zuvor gefülltem Magen und einem kühlen Bier in der Hand war der sackstarke Auftritt von Foreigner so zu sagen das Sahnehäubchen oben drauf. Die bestens gelaunte Band konnte darauf während neunzig Minuten praktisch nur auf Hits zurück greifen und davon gab es eine ganze Menge. Frontmann Kelly Hanson ist nun schon seit elf Jahren dabei und längst auf Augenhöhe seines Vorgängers Lou Gramm. Gitarrist und Ur-Mitglied Mick Jones scheint zum Glück wieder genesen und so kam man in den Genuss von Musikperlen wie «Cold As Ice», «Urgent» oder «Juke Box Hero», die sich auf der Festival Stage prächtig anhörten. Dieser Sound ist absolut zeitlos und schlicht genial. Bleibt zu hoffen, dass Mick Jones' Gesundheit noch eine Weile anhält, denn ohne ihn wird es Foreigner live nicht mehr geben. Im gleichen Fahrwasser bewegten sich Twisted Sister, die sich mit diesem Auftritt endgültig vom schwedischen Publikum verabschiedeten. Eigentlich wollten sich die Amerikaner schon etwas früher aufs Altenteil zurück ziehen, doch Europas Euphorie für die Kultband liess diese weiter machen. Der plötzliche und unerwartete Tod von Drummer A.J. Pero im letzten Jahr und mitten auf Tour liess die Erkenntnis reifen, dass vierzig Jahre seit dem Einstieg von Leadsänger Dee Snider genug sind und unter diesem Banner (1976 - 2016) finden jetzt die letzten Konzerte statt. Die Wahl von Aushilfetrommler Mike Portnoy (Ex-Dream Theater, Transatlantic, The Winery Dogs und viele mehr) sorgte zwar für gewissen Unmut, doch letztlich passte die Chose. Dee Snider gab noch einmal alles und liess das schmerzliche Bewusstsein aufkommen, dass solche Performer wie er eine klar aussterbende Spezies sind. Thank you for the great music and entertainment..., Twisted "Fuckin'" Sister! (rsl)
Rockklassiker Stage
Wüsste man es nicht besser, man hätte den Regen verantwortlich dafür gehalten, dass am Freitag um halb zwei das Rockklassiker-Zelt bereits zum Brechen voll war. Doch das Rezept „Berühmte Musiker tun sich zur Party-Band zusammen und spielen Gassenhauer“, wie es die Rockklassiker All Stars machen, funktioniert halt schlicht immer. Da erstaunte das Interesse an Monster Truck schon eher. Der Testosteron getränkte Heavy Rock mit Southern-Einschlag passt zwar nach Sölvesborg wie die Faust aufs Auge, doch so viel entgegengebrachte Liebe hatten wohl nicht mal die Kanadier selber erwartet und liessen sich dementsprechend mit ungläubigem Grinsen feiern. Trotz deutlich kleinerem Publikum stand danach auch Slough Feg die Spielfreude ins Gesicht geschrieben. Eine energiegeladene Show der US-Kult-Band um Fronter und Gitarrist (und Philosphie-Professor) Mike Scalzi, die definitiv zu selten in Europa zu Besuch sind. Mit Grand Slam endete der Abend dann irgendwie so, wie der Tag begonnen hatte. Zwar gehörten Gitarrist Laurence Archer und Magnum-Tastenmann Mark Steinway schon zur Urbesetzung der 1984 von Phil Lynott gegründeten Truppe, doch wie bei Thin Lizzy kam ich auch bei Grand Slam das Gefühl nicht los, dass hier eine ohne Zweifel tadellos aufspielende Band die Songs eines unersetzbaren Genies covert. Stefan Berggren lieferte zwar einen tadellosen Job, Nummern wie „Military Man“, das herzerweichende „Sisters of Mercy“ oder das finale „Whiskey in the Jar“ sind ohne Lynotts einzigartige Stimme aber einfach nicht dasselbe. (kis)

Samstag, 11.06.20156
4Sound Stage
Nach dem etwas verregneten, kalten Freitag läuteten Niterain mit ihrem potenten Sleaze Rock den nächsten Sonnentag ein. Und trotz dem überschaubaren Publikum hinterliessen sie mit guten Partysongs und einem kompetenten "Panama"-Cover eine sympathische Visitenkarte und dankbare Zuschauer. Gun habe ich letztes Mal vor etwa 25 Jahren im Vorprogramm der Rolling Stones im Joggeli gesehen. Die damals noch scheppernde Ruppigkeit ist harmonischem, minimierten Gute-Laune-Rock mit schönen backing vocals und einer eher Familien- und BBQ-hintergrundbeschallungstauglichen Gesamterscheinung gewichen. Nett aber unspektakulär, ziehen sie für die 4Sound Stage überraschend viele Leute vor die Bühne, da der Tag wohl kaum noch entspannter angegangen werden konnte. Mit dem Cola-Vergleich sind Legion Of The Damned die ewigen Slayer Zero. Man kriegt fast schon Glücksgefühle, wenn dann und wann mal endlich ein Takt- oder Tonartwechsel vorkommt. Dazu auch noch nicht wirklich tight, ist das Spielen des kompletten ersten Albums «Malevolent Rapture» zum 10-jährigen Jubiläum fast schon satirisch. Aber da Steve Vai von der Hauptbühne aus in den Sound rein pisste, hatten sie wenigstens ein paar "hochstehende Gastsoli" am Start. Und bis auf den besoffenen Tankard-Fan und einen trippigen Ausdruckstänzer schien das Publikum an den Reaktionen gemessen ebenfalls meiner Ansicht gewesen zu sein. Betreffend Tightness musste man sich bei Death DTA keine Sorgen machen. Die Schuldiner-Tribute-Band ist ein tourendes Personalkarussell und heute Abend mit Drumgott Gene Hoglan, Bassgott Steve DiGiorgio, Gitarrist Bobby Koelble und Gitarrist/Sänger Max Phelps hochkarätigst besetzt! Die ersten beiden Songs waren leider derartig sonischer Schlamm, dass ich sie nicht mal erkennen konnte. Danach wurde es aber schnell besser und mit geschlossenen Augen kam Max dem seligen Chuck in punkto Stimmlage verdammt nahe. Sogar die relativ langen Pausen zwischen den Songs waren sehr echt, haha. So kamen die zahlreichen Anwesenden zum letzten Mal in den Genuss einer phantastischen Setliste quer durch sämtliche Alben, gespielt von sympathischen Ausnahmemusikern bei schönstem Wetter, herrlich. Als Abschluss noch «Pull The Plug» und fertig war das nun für sicher längere Zeit inaktive Tribute. Fette Sache! Um nach den superunterhaltsamen King Kobra wieder etwas runter zu kommen, waren My Dying Bride genau die richtige Medizin. Auf eine positive Art Düsternis verbreitend, zelebrierten die blind aufeinander eingespielten EngländerInnen bei organischem, drückenden Sound die hohe Kunst des Leidens und das so gut, dass ich sofort ein bisschen Fan geworden bin. Zu stimmungsvollen Violett- und Blautönen schwelgten eine beachtliche Anzahl Romantiker durch eine satte Stunde ehrlicher Theatralik und genossen die letzten Töne der 4Sound Stage für dieses Jahr. Gebührender Abschluss eines tollen Festivals. (hdy)
 
Sweden Stage
Man musste noch nicht ganz wach sein, um mit Dan Baird und seinem Blues Rock über die amerikanischen Landstrassen zu cruisen. Tightes Spiel, einfühlsame Stimme und viel „lonely wolf“-Feeling. Da entfachten Finntroll schon deutlich mehr Gemeinschaftsgefühl. Überraschend abwechslungsreich zeigten sich die Vertreter der alten Humpa Metal-Garde (der Pagan-Hype ist ja mittlerweile auch schon 15 Jahre alt) und liessen ihre Troll-Ohren-Extensions trotz unpassendem Sonnenschein nicht hängen. Hatte Nicke Andersson am Vortag noch Zehntausende mit den Hellacopters zum Tanzen animiert, spielte er mit seiner aktuellen Combo Imperial State Electric vor deutlich bescheidenerem Publikum auf, doch schien ihn das wenig zu kratzen. Im Gegenteil: Beinahe befreit wirkte der Rock'n'Roll-General und dirigierte seine Mannschaft zu einer furiosen Show inklusive Kiss' „Black Diamond“ und einem Überraschungs-Auftritt seines alten Bandkumpels Dregen, die einen wieder mal dazu verleitete, Sinn und Zweck von Reunionen an sich in Frage zu stellen. Doch dann kamen King Kobra und machten klar, dass auch Bands manchmal eine zweite Chance verdient haben. In den 80ern nie wirklich abgehoben, zündeten die von Carmine Appice (der zwei Tage zuvor schon mit Vanilla Fudge beeindruckt hatte) Truppe ein Hard Rock-Feuerwerk, das zumindest mich kalt erwischte. Stadion-Hymnen wie das einleitende „Ready to Strike“, „Hunger“ oder „Raise your Hand to Rock“, sollten eigentlich schon längst zum 1x1 aller Rock-DJs gehören, doch auch das in den letzten Jahren entstandene Material überzeugte, von den Typen auf der Bühne ganz zu schweigen. Figuren wie der entrückte Paul Shortino oder der völlig von der Rolle wütende Johnny Rod (WASP) am Bass, die glatt aus „This is Spinal Tap“ hätten kopiert worden sein können, performten den Rock, wie man ihn behandeln sollte: als einzige, grosse Party! (kis)


Lemmy Stage
Mit Brüll- und Kreisch-Core aus Schweden ging es wiederum um die Mittagszeit los, als Raised Fist die Bühne betraten. Die Nordschweden scheinen hier wohl recht bekannt zu sein. Als Anheizer gleich nach dem Aufstehen schienen sie jedoch eher fast zu schwere Kost zu sein. Da passten die Hooters stimmungsmässig schon eher zum wunderschönen Wetter. Vom fernen Philadelphia angereist, fanden sie den Weg nach Norje und feierten mit den Festivalbesuchern eine tolle und fröhliche Rock-Party. Hits wie «Satellite» oder das massig gecoverte «Johnny B.» verfehlten ihre Wirkung nicht. Nach der ausgelassenen Musik-Sause folgte hochklassiger Prog Metal. In der Szene kaum noch weg zu denken sind die Amis von Symphony X mit ihrem starken Frontmann Russel Allen. Was der Kerl nach wie vor zu reissen vermag, ist nicht von dieser Welt und davon kann mancher noch so träumen. Die starke Gesangsleistung und Performance von Russel sowie der ganzen Band liess diesen Auftritt zu einem weiteren Highlight des Festivals werden. Kaum war die Landeskollegen von der Bühne runter, entfachten Anthrax den nächsten Flächenbrand. Zwischenzeitlich einige Jahre unbedeutend geworden, reiten Joey Belladonna und Co. derzeit auf einem unglaublichen Comeback-Trip. Selbst meine Wenigkeit konnte sich vom hartnäckig festgekrallten Ignorieren seit den Anfängen loseisen. Spätestens mit dem neuen Album «For All Kings» sind Anthrax wieder voll in der Gegenwart angekommen und dies wurde vor allem von jungen Fans mit einige heftigen Moshpits gewürdigt. Mir altem Sack wurde dies wegen der deswegen entstandenen monströsen Staubwolke zu bunt und so verkrümelte ich mich rüber zur Sweden Stage, wo King Kobra einen Hammer-Gig hinlegten. Wer das "Sweden Rock 2016" nicht mit Sabaton beenden wollte, kriegte mit dem Michael Schenker Fest ein mehr als würdiges Schlussbouquet geboten. Kurz vor halb eins, also bereits dem Abreisetag vieler angereister Fans, zelebrierte der deutsche Ausnahmegitarrist eine musikalische Zeitreise durch seine kreativsten Zeiten. Dazu lud er am Gesang einige der alten Weggefährten wie Gary Barden, Graham Bonnet (war ja mit seiner eigenen Band eh schon da) und Robin McAuley. Zumindest vorgesehen, respektive angekündigt war auch Leif Sundin, der dann aber zeitlich leider nicht mehr mit dabei war. Doch auch so lieferte der sichtlich gut gelaunte Kult-Gitarrist eine tolle Vorstellung ab, zu der einige Perlen wie «Attack Of The Mad Axeman», «Victim Of Illusion», «On And On», «Armed And Ready», «Desert Song» oder «Assault Attack» gehörten. Ob wohl Gary Barden erkältungsbedingt arg am Limit sang und Graham Bonnet auch schon bessere Tag gesehen hat, erfreute dann dafür Robin McAuley mit einer tadellosen Leistung, die gegen den Schluss hin auch bei den unweigerlichen UFO-Klassikern punkten konnte. Der absolute Burner war die Extended-Version von «Rock Bottom» mit dem grandiosen Solo-Teil in der Mitte, wo Michael Schenker, obwohl er diesen Part sicher schon "tausende Male" gespielt hat, einmal mehr bewies, was für ein begnadeter Musiker er ist. Pünktlich um 2.00 Uhr morgens ging so die 25.Jubiläumsausgabe des "Sweden Rock" zu Ende und ich musste schon fast ergriffen innehalten, um zu begreifen, dass soeben eine ganze Woche (das MF-Team reist ja immer schon am Montag an) leider schon wieder zu Ende gegangen ist. Doch wie heisst es so schön..., nach dem Festival ist vor dem Festival. Cu all next year again!! (rxx & rsl)



 
Festival Stage
Es kommt wohl nicht so oft vor, dass ein Musiker gleich mit zwei Bands auf der Festival Stage aufmarschieren kann. Tausendsassa Mike Portnoy wurde diese Ehre jedoch zuteil, denn spielte er gestern den kompletten Set mit Twisted Sister, kam er heute mit The Winery Dogs nochmals zum Handkuss. Wahrlich eine tolle Geschichte, die heuer auch Drum-Legende Carmine Appice für sich in Anspruch nehmen konnte und zwar mit Vanilla Fudge und King Kobra. Wie tags zuvor schon Glenn Hughes, standen The Winery Dogs auch nur als Trio auf der grossen Bühne, aber wenn die Mitstreiter Billy Sheehan (b) und Richie Kotzen heissen, dann ist die Gewähr da, dass auch dies hinhaut! Obwohl die Band zur Unzeit (13.15 Uhr) auf die Bretter steigen musste, bewies das kultige Lineup, dass es mitunter zum stärksten in der Stilecke des Hardrock gehört. Wie schon bei Mr. Big, drückte Billy dem Dogs-Sound seinen ureigenen (Bass-) Stempel auf und sorgte mit seinen Kumpels für ein frühes Highlight des letzten Festival-Tages. Bei Steve Vai war ich mir von Anfang an sicher, dass dies nicht so massenkompatibel ausfallen wird, und so kam es denn überwiegend auch. obwohl man sich am ausufernden Spiel des etwas selbstverliebten Gitarren-Gottes durchaus ergötzen konnte, blieb der Party-Groove weitestgehend auf der Strecke. Darum erstaunte es nicht, dass das Publikum mit vornehmer Zurückhaltung reagierte. Was in einer Konzerthalle vor Stammpublikum bestens funktioniert, musste sich an dieser Stelle Abstriche gefallen lassen. Ein grosser Name allein reicht nicht immer aus. Den brachte Accept-Urgestein Udo Dirkschneider ebenso mit, aber die Aussicht, den Original-Sänger der deutschen Metal-Ikone ein letztes Mal nur mit den alten Songs aus seiner aktiven Zeit bei seinen einstigen Gefährten Peter Baltes und Wolf Hoffmann erleben zu können, schürte eine spürbare Vorfreude. Bis der Funke dann auch wirklich übersprang, brauchte es zwar eine Weile, doch danach war das Eis gebrochen und die Stimmung anhaltend gut. Im Vergleich zur laufenden Tour durch die Konzerthallen Europas fehlte allerdings einiges an Punch, doch unter dem Strich konnte man als Fan echt zufrieden sein, und die Setliste war ja zum Niederknien geil! "Burning, Burning, Burning just like fire! Für Udo und seine Band U.D.O. geht dieses Kapitel nach der Dirkschneider-Tour definitiv zu Ende, und wer künftig Accept-Songs hören will, geht ans Konzert der gleichnamigen Band! Keinesfalls Kehrausstimmung herrschte hingegen beim vermeintlichen Festival-Headliner Sabaton. Man kann sich über die Jungs das Maul zerreissen wie man will, aber in den nächsten Jahren wird man an Joakim Brodéns (v) und Pär Sundströms (b/v) Baby nicht vorbei kommen. Es gibt gegenwärtig keine andere Heavy Metal Band, die derart zielstrebig an ihrer Karriere feilt. Was seit der Gründung 1999 und trotz erheblichem Lineup-Wechseln erreicht wurde, verdient zumindest Respekt. Musikalisch betrachtet scheiden sich die Geister allerdings massiv und mein Ding sind die Schweden nicht. Den Die-Hard-Fans ist das freilich ziemlich schnuppe und diese bekamen dann auch eine der fettesten Shows von Sabaton geboten. Gleich zwei Panzer (-Attrappen) belagerten die Bühne und ergänzt um eine fette Light-Show und massig Pyros wurde dem Heimpublikum und den treuen Supporters mit Sicherheit das Highlight des ganzen Festivals geboten. Ich zog mich derweil dezent in den VIP-Bereich zurück, wandte mich dem leiblichen Wohl zu und freute mich auf den noch bevorstehenden Ausklang mit Michael Schenker Fest! (rsl)

Rockklassiker Stage
Am Samstag geht es im Zelt traditionell gemächlicher zu und so traf man dort auch dieses Jahr am letzten Festivaltag vornehmlich auf ältere Semester, von der halben Stunde, während welcher das Finale der schwedischen Luftgitarren-Meisterschaften von statten ging, mal abgesehen. Von Pedalens Pågar schwedisch intoniertem Country Rock über den irischen Rock'n'Roller Eric Bell (der als Gründungsmitglied von Thin Lizzy wie schon Grand Slam am Vortag mit „Rocker natürlich ebenfalls eine Nummer der Band im Repertoire hatte) bis zum Slide Guitar-Cowboy Eric Sardinas mit seiner derzeitigen Truppe Big Motor huldigten die Flitzefinger dem Blues (und, so hatte man manchmal das Gefühl) ihrem eigenen Griffbrett-Können. Der Absacker in Form der britischen 80's-Legende Demon wäre dann zwar deutlich headbang-tauglicher gewesen, doch schien ich nicht zu einzige zu sein, bei dem sich nach vier Tagen Live-Shows von Mittag bis Mitternacht Ermüdungserscheinungen breit machten, sodass Classics wie das fulminante „Don't Break the Circle“ zumindest mich an das gute alte „Perlen vor die Säue werfen“ erinnerte. Ein Hoch auf Demon, doch das nächste Mal bitte etwas früher im Wochenendprogramm. (kis)