Livereview: Therion - Grave Digger - Sabaton
09. 02. 07, Z7 Pratteln
by Kissi und Roger
"Liberty or Death" oder doch eher "Bang 'till Death"? Unter einem der beiden Titel jedenfalls tourten jüngst drei Bands durch die Lande, die nicht nur auf Platte zu rocken wissen, sondern auch live nichts anbraten lassen. Neben der schwedischen Power Metal Hoffnung Sabaton, die den Abend im Z7, da machte das energiegeladene Package in der Schweiz nämlich halt, eröffnen durften, brachten die Teutonen-Banger Grave Digger und die Opera-Metaller Therion auf den Brettern die die Welt bedeuten. Das zahlreich erschienene Publikum kam somit in den Genuss zweier Metal-Performances, die unterschiedlicher nicht sein konnten. Ob mitgrölen zum bodenständigen Metal der Jungs um Chris Boltendahl oder eindrückliches, bedrohliches Gitarren-Theater zelebriert von Therion, auf seine Kosten. Doch lest von Anfang an (wegen gewissen Verständigungsschwierigkeiten leider ohne Photos):

Sabaton
Gibt es eine Truppe, die besser zu den beiden Headlinern gepasst hätte? Wohl kaum. Denn die Schweden Sabaton füllen genau die verbindende Lücke. Ihr Sound ist genug bodenständig und true à la Grave Digger, besitzt mit „Attero Dominatus“ und „Primo Victoria“ aber auch Titel, die nicht nur in den Texten klassisch angehaucht sind und damit die Brücke zu Therion schlagen. Eigentlich hätten sie darum ideal zwischen den beiden Hauptbands spielen sollen. Das taten sie aber nicht, sondern nutzten die knappen 30 Minuten gekonnt im Vorprogramm. Dabei fielen vor allem die riesige Motivation und die Spielfreude auf, die dieser Fünfer von der ersten bis zur letzten Sekunde zeigte. Sänger Joakim Brodén mimte mit Kurzhaarschnitt und Stahlmontur perfekt den Halford 2007. Die Jungs und ihr Sound wirkten frisch und voller Energie, so dass der Funke schnell ins Publikum übersprang und die ersten Reihen begeistert klatschten und headbangten. Mit „Primo Victoria“ gab’s dann sogar einen kleinen Hit. Davon angespornt, liessen Sabaton freudig verlauten, dass sie diesen Mai im Rock City ihren ersten Headliner-Gig in der Schweiz spielen werden. Zum Glück! Denn der Auftritt machte hungrig auf mehr! Dies bestätigten auch die vielen „Sabaton“-Rufe nach „Metal Machine“.

Setlist Sabaton: "Panzer Battalion" - "In the Name of God" - "Attero Dominatus" - "Into the Fire" - "Primo Victoria" - "Metal Machine"

Grave Digger
Dass Grave Digger und das Wort "Überraschung" nicht wirklich Hand in Hand zu gehen pflegen, dies hinderte das Quintett nicht daran, sogleich eine solche abzulassen. Denn als zu donnernden Orgel- Gewitterklängen, von Feuer und Flamme begleitet, Tastenmann Hans-Peter Katzenburg erscheint er als Mensch, ganz und gar ohne Kutte, wo zur Hölle ist der Reaper? Dieser Frage kann man nur kurz hinterher sinnen, denn plötzlich brennt die Pyro und Chris Boltendahl und der Rest seiner Metalsoldaten preschen auf die Bühne, um sofort loszulegen mit einer rauen, bodenständigen Metalshow, eingeleitet durch den Titeltrack der ihrer neuen Scheibe "Liberty or Death", bis auf "Highland Tears", "Shadowland" und dem elegischen "Silent Revolution" leider der einzige Track von diesem Hammer-Album. Doch das nun wirklich in Feierlaune geratene Publikum interessiert dies nicht wirklich, wird doch schon zu "Scotland United" und dem von "The Last Supper" stammenden "Grave in the Noman's Land" mitgegrölt was das Zeug hält, wobei der Evergreen "Excalibur" natürlich den ersten Höhepunkt markiert. Dazu peitscht Chris die Menge vor einem typischen Teutonen-Backdrop an, immer mit einem Grinsen im Gesicht, flankiert von den beiden, wenn auch posenden, doch relativ statischen Saitenschrubber Manni Schmidt und Jens Becker. Neben den satten Pyros, Flammensäulen wieder und wieder, können Grave Digger dazu noch mit einer einfachen doch stimmigen Lightshow glänzen, die mal in rot ("Circle of Witches"), dann wieder auf bunt schillernd ("Morgana Le Fay") strahlen. Dass Grave Diggers Stärke nie in faszinierenden Melodien, sondern in der eingängigen, mitsingkompatiblen Einfachheit liegt, ist live natürlich gar kein Makel und so müsste nicht nur der eine oder andere am darauffolgenden Morgen nach Mitsing-Orgien zu "Valhalla" oder den beiden grandiosen Schlusslichtern des offiziellen Sets, den Ober-Hymnen "Knights of the Cross" und "Rebellion (The Clans are Marching on)" mit einer heiseren Kehle, bei Boltendahl ja grauer Alltag, zu kämpfen gehabt haben. Nach kiurzem Intro hiess es dann "Haut rein!", denn "The Last Supper" wird auf einem dröhnenden Bass serviert. Wäre danach der Metal-Hunger noch nicht gestillt, kredenzte Mr. Grave Boltendahl dem gut aufgelegten Publikum die positive Nachricht, dass die Grabschauffler schon im Sommer, nämlich Anfang August im Rahmen der Z7 Metaldayz, uns Schweizer wieder beehren werden. Als Dessert dann hintendrein: "Heavy Metal Breakdown", der würdige Abschluss einer souveränen, wenn auch nicht vom Hocker hauenden Show, die natürlich noch um ein weiteres länger hätte dauern dürfen.

Setlist Grave Digger: "Liberty or Death" - "Scotland United" - "Grave in the Nomads Land" - "Excalibur" - "Valhalla" - "Shadowland" - "Lionheart" - "Heart of Darkness" - "Circle of Witches" - "The Dark of the Sun" - "Raven" - "Highland Tears" - "Morgana Le Fay" - "Silent Revolution" - "Knights of the Cross" - "Rebellion (The Clans are Marching on)"
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"The Last Supper" - "Heavy Metal Berakdown"

Therion
Was haben Therion und Grave Digger gemeinsam? Beide spielen Metal gut, aber gibt es sonst noch Übereinstimmungen? Vielleicht nur noch eine, absolute Spielfreude und mitreissende Live-Shows. Von den Grabschaufflern wurde diese Überlappung an diesem Abend zu 90 % erfüllt, nun waren die schwedischen Ausnahme-Metaller am Zuge, deren Hang zum Theatralischen eine nicht nur in musikalischer Hinsicht extravagante Show zu erwarten liess. Und nur schon die Bühnendeko konnte dieser Hoffnung gerecht werden, denn plötzlich war das Z7 verwandelt in eine bizarre Gothic-Kirche. In Nebel getränkt ragte das grosse Kirchenfensterbackdrop in die Höhe, davor die Schiessbude von Drummer Petter Karlsson, welche flankiert war von glänzenden Friedhofs-Gittern. Aktuell wird mit "Mitternachtslöwe" vom neuesten Output der Schweden "Gothic Kabbalah", gefolgt vom "Secrets of the Runes"-Track "Schwarzalbenheim". Vorgetragen werden diese Nummern von Anfang an mit einem ungeheuren Enthusiasmus, sowohl von den Masterminds Christofer Johnsson, Kristian & Johan Nieman an den Saitenhölzern, wie der Gesangsfraktion bestehend aus dem gemischten Doppel Mats Levén, Snowy Shaw, Katarina Lilja und Lori Lewis, die allesamt einen formidablen Job ablieferten. Allen voran Snowy Shaw (Ex-Drummer von Dream Evil), welcher sowohl stimmlich wie optisch alles gab. In Cyber-Darkwave-Mönchskutte zitierte der blonde Hüne schauerhaft Texte aus Songs wie "The Blood of Kingu" oder "An Arrow from the Sun". Durch das Abwechseln der verschiedenen Sänger/innen entstand so eine unglaubliche Dynamik, die jedoch das Publikum nicht wirklich zum Abgehen bringen konnte, was angesichts der Komplexität des Gebotenen nicht wirklich überraschte, flippt man ja auch bei einer Oper oder einem Kinofilm nicht wirklich aus. Dennoch liest sich die Setlist wie eine musikalische Gourmet-Karte, bestehend aus akustischen Gerichten wie "Deggial"; "Wine of Aluqah" oder dem aktuellen "The Perrenial Sophia". Dabei zeigt sich auch die schon erwähnte, zum ersten Mal mit Therion zusammenarbeitende Sangesnymphe Lori Lewis als ausgesprochen fähig, auch wenn sie des Öfteren ein wenig statisch anmutet. Das macht sie aber um ein Mehrfaches in einem lieblich apokalyptischen Diva-Duell gegen Katharina Lilja. Alles ist perfekt aufeinander abgestimmt, Sound, Bewegungen, Lightshow, so dass man zeitweise in Versuchung gerät, auch dem Dezibel-Anzeiger einen passenden Rhythmus anmerken zu wollen. Dass da nur wenige Worte ans Publikum gerichtet werden, macht zwar Sinn, lässt Therion dennoch ein wenig unnahbar und distanziert wirken. Nach "Son of the Staves of Time" und "Tuna 1613", beide aktuelle Songs, folgt eine düstere Drum-Performance, zu der munter mitgemacht wird, bevor bei "Muspelheim" und "The Rise of Sodom and Gomorrah" sektirische Singalongs angestimmt werden. "Gimungagap" markiert dann das infernalische Ende des offiziellen Sets, nach welchem die Band sich mit einem Fahnenmarsch verabschiedet um mit dem umjubelten, hitgeladenen und dreiteiligen Finale, bestehend aus "Lemuria"; "Nightside of Eden" und "To Mega Therion" (die letzten zwei beide vom 96er Klassiker "Theli") noch einmal Gas zu geben. Das darauf folgende, vom 96er Album "Growning of Atlantis" stammenden Manowar-Cover "Thor (The Powerhead)" hätte meiner Meinung nach zwar nicht mehr sein müssen, doch schlussendlich gilt die Regel "Lieber einer zuviel als einer zu wenig".

Kraftvoller Metal mit Eiern gespielt von einer Band, die gerade so gut hätte im Publikum stehen können zum Einen und bombastisches Metal-Kino, perfekt vorgetragen von Selbstdarstellern auf der anderen Seite, was will das Metal-Herz mehr? Ah genau: Die Gewissheit, dass beide Bands auch bei den Metaldayz im August aufspielen werden...

Setlist Therion: "Der Mitternachtslöwe" - "Schwarzalbenheim" - "The Blood of Kingu" - "The Falling Stone" - "An Arrow from the Sun" - "Deggial" - "Wine of Aluqah" - "The Perrenial Sophia" - "Son of the Sun" - "The Son of the Staves of Time" - "Birth of Venus Illegitima" - "Tuna 1613" - Drum Solo - "Muspelheim" - "The Rise of Sodom and Gomorrah" - "Ginnungagap"
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"Lemuria" - "Nightside of Eden" - "To Mega Therion"
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"Thor (The Powerhead)"