Die Engländer gehören schon eine geraume Zeit zu den
Speerspitzen des Progressive Metal und obwohl kaum zu glauben, wurde
die Band Threshold 1988 von Mainman und Gitarrist Karl Groom
gegründet. Lange fünf Jahre später erschien mit «Wounded Land» das
legendäre Debüt. Der damalige Frontmann ist auch der heutige Sänger:
Damian Wilson. Dass das so ist, hat eine an sich traurige
Vorgeschichte, denn wenn sein 2007 ausgestiegener „Vorgänger“ Andrew
„Mac“ McDermott 2011 nicht verstorben wäre, hätte eine Reunion
mindestens theoretisch stattfinden können. Damian sprang damals
jedoch umgehend ein, damit die anstehende Tour nicht gecancelt
werden musste. Der Beginn gestaltete sich verständlicherweise etwas
harzig, da dieser halt schon eine ganze Weile weg vom Fenster war
und sich die Gunst der „Mac“-Fans zuerst hart erarbeiten musste.
Auch meine Wenigkeit brauchte eine gewisse Zeit, um mit dem neuen
alten Shouter klar zu kommen. Spätestens das hammergeile
Comeback-Album «March Of Progress» von 2012 liess dann aber alle
Kritiker verstummen und heuer war es mit dem oberamtlichen neuen
Werk «For The Journey» nicht anders. Die beiden Vorbands Overtures
und The Silent Wedding waren hingegen völlig unbeschriebene Blätter
für mich.
The Silent Wedding Was ist nur aus
der einstigen Ferien-Traumdestination Griechenland geworden? Die
wirtschaftlichen, politischen und letztlich auch gesellschaftlichen
Probleme dauern schon eine ganze Weile an und ein glückliches Ende
ist leider noch lange nicht in Sicht, im Gegenteil! Den
bedauernswerten Griechen geht es wirklich nicht gut und doch gibt es
zumindest oder wenigstens neben Firewind noch die eine oder andere
weitere
Hellas-Band
die immerhin versucht, das Beste aus den misslichen Lebensumständen
zu machen und etwas Gescheites auf die Beine zu stellen. The Silent
Wedding stammen aus Athen und wurden 2006 gegründet. Zwei Jahre
danach erschien eine erste selbstbetitelte EP und das Debüt-Album
kam 2013 unter dem Titel «Livin‘ Experiments» auf den Markt.
Stilistisch bewegen sich Marios Karanastasis (v), Jim Katsaros (g),
Johnny Thermos (keyb), Stavros Karlis (b) und Renos Lialioutis (d)
in der Schnittmenge zwischen Melodic und Progressive Metal. Der
heutige Auftritt war der allererste in der Schweiz und wurde
entsprechend auch als solcher erwähnt. Die sympathisch wirkende
Truppe spielte vor einem bereits ordentlich gefüllten KiFF-Saal
tight auf und vor allem Frontmann Marios entpuppte sich schon bald
als wirklich guter Sänger, was bei diesem Sound unabdingbar ist. Die
technischen Fertigkeiten der Kollegen standen dem in Nichts nach und
überzeugten als Ganzes durchaus. Im Wissen darum, dass die erste
Band des Abends bei einem normalen Dreier-Pack ohne „Special
Guest“-Status normalerweise eine halbe Stunde Spielzeit erhält,
erstaunte es an dieser Stelle, dass man «Gutter Ballet» von Savatage
interpretierte. Da dies aber sehr gekonnt geschah, sorgten The
Silent Wedding für einen weiteren Pluspunkt ihrer Darbietung und
zeigten gleichzeitig auf, wo beim Songwriting noch eine Schippe mehr
drauf gelegt werden sollte. Die Fans verabschiedeten den Opener
dennoch mit einem mehr als nur warmen Applaus, den er sich redlich
verdient hatte.
Setliste: «To Them» - «The Tale of Strahd» -
«The Return (To Ithaca) » - «Gutter Ballet (Savatage Cover)» - «In
Vitro».
Overtures Die zweite Band stammt aus „bella
Italia“ und auch diese hatte ich bisher überhaupt nicht auf dem
Radar. Die Anfänge der Italiener reichen mit 2003 noch etwas weiter
zurück und darum erstaunt es auch nicht, dass Overtures in der
Zwischenzeit nebst dem einen oder anderen Sampler-Beitrag bereits
drei Langrillen vorweisen können. Musikalisch liegt man etwa im
gleichen Range wie The Silent Wedding, weist jedoch eher etwas
power-metallischere Züge auf. Michele Guaitoli (v), Marco Falanga
(g), Adriano Crasnich (g), Luka Klanjscek (b) und Andrea Cum (d)
vermittelten, kaum auf die Bühne gestiegen, den eigentlich gleich
sympathischen Eindruck wie ihre Vorgänger. Optisch stach derweil der
junge grossgewachsene Bassist Luka (19 Jahre alt) heraus, der auch
haartechnisch viel zu brav daher kam, dafür aber von Anfang an
seinem 6-Stringer (!) ziemlich fette Grooves entlockte. Wie schon
zuvor, war es nun
an
Frontgaul Michele Guaitoli, sich ebenso entsprechend in Szene zu
setzen und das gelang nach kurzer Aufwärmzeit vorzüglich. Davon
liessen sich auch die anderen Bandmembers bald anstecken und
gemeinsam lieferten Overtures eine zweite gute Show an diesem
Konzertabend ab, die mitunter mal von einigen Screams von Michele
durchzogen war oder auch von schnellen Rhythmen mit Doublebass-Drums
lebte. Ab und an schimmerte auch Proggiges durch, doch insgesamt war
die Mucke der Italos tendenziell härter als die des Openers. Die
beiden Gitarristen Marco und Adriano posten derweil ähnlich wie dies
Audrey Horne’s Axtbrigade mit Arve Isdal und Thomas Tofthagen in
Perfektion zelebriert. Obwohl die Performance sehr gefällig rüber
kam und den inzwischen noch besser bevölkerten Saal in die richtige
Anheizer-Stimmung versetzen konnte, merkt man dann halt bei
fortschreitender Zeit, dass zwar nach 45 wirklich unterhaltsamen
Minuten alles soweit in bester Ordnung ist, aber wenn die Songs
eindringliche Passagen oder hitverdächtige Refrains vermissen
lassen, dennoch was Wichtiges spürbar fehlt. Im kommenden Jahr steht
auf jeden Fall ein brandneues Album ins Haus und da kann man, ja
muss man sicher mal ein Auge drauf werfen wie ein Ohr hinhalten.
Setliste: «Intro» - «The Maze» - «Under The Northern Star» -
«Saviour» - «Programmed To Serve» - «A Different Point Of View» -
«The Oracle» - «Fly, Angel».
Threshold Die Wahl des KiFF hätte für den
Schweizer Tour-Halt der Threshold-Tour zum aktuellen Album «For The
Journey» nicht besser sein können! Die heute Abend an sich (fast?)
ausverkaufte Location bietet in der Regel stets ein intensives
Konzerterlebnis, da man dort überwiegend keine Bühnenab-sperrungen
benötigt. Das ist zwar jeweils für die FotographenInnen nicht so
angenehm, aber die so mögliche Nähe zu den Musikern wiegt das
längstens auf. Meine Wenigkeit und viele mehr freuten sich tierisch
auf Threshold, denn sie sind bekanntlich in der Lage, ihren
opulenten Tonträger-Sound auf der Bühne zu reproduzieren. Prog Metal
ist ja grundsätzlich eine Stilrichtung, die oftmals eine
eingeschworene Fangemeinde, ja mitweilen gar Prog-Nerds anzieht,
doch der Sound der Englänger weist gegenüber Genre-Kollegen nebst
den Genre-Musts oft mehr Wumms, sprich Härte auf (vor allem früher)
und dies spricht eben nicht nur den gemeinen Progger an. So konnte
man sich auf eine feine Retrospektive der älteren Kultalben bis hin
zum grandiosen Neuwerk «For The Journey» freuen. Zum Aufmarsch der
Band (mit einem aktuell ziemlich bärtigen Damian Wilson) wurde
bereits lautstark applaudiert. Der Opener «Slipstream» fuhr dann
gerade zu Beginn alle Trademarks auf, die man von Threshold gewohnt
ist, nämlich eindringliche Melodien, Bombast und Gitarren. Das
nachfolgende «The Hours» vom brillanten Vorgängerwerk «March Of
Progress». Insgesamt wurden nicht weniger
als neun Songs der letzten beiden Alben zelebriert. Das zeigte
unmiss-verständlich auf, wie viel Selbstvertrauen in die Zukunft
gesetzt wird. Damian Wilson ist mittlerweile klar aus dem Schatten
der „Mac“-Ära heraus getreten und Karl Groom wird sich im Stillen
wohl schon mehrmals glücklich darüber geschätzt haben, dass es
wieder so gut läuft wie einst.
Dieser Verdienst gebührt
natürlich der ganzen Band, dessen Line-Up nun seit 2007 konstant
geblieben ist. Vor allem vermochte auch Gitarrist Pete Morten seinen
Vorgänger und Ur-Mitglied Nick Midson adäquat zu ersetzen. Die
Rhythm-Section mit Steve Anderson (b) und Johanne James (d) steht
überdies seit 2003, respektive 2000 wie ein Fels in der Brandung. Es
war einfach nur der pure Prog-Genuss, der sich ins KiFF ergoss.
Eigentlich fehlten mir zum absoluten Glück nur noch der eine oder
andere Song von meinem Lieblingsalbum «Clone», doch wenn solche Epen
wie «Pilot In The Sky Of Dreams» oder das neue 12-minütige «The Box»
im Set verbleiben, kann man dennoch mehr als nur zufrieden sein.
Zudem bewies Damian Wilson seine unkomplizierte und fannahe Art mit
einem beherzten Stagedive in die Fans
hinein, was ja die wenigsten machen. Das setzt schon noch ein
gerütteltes Mass an Vertrauen voraus, doch er wurde sprichwörtlich
und lockerst auf Händen getragen. Zuvor kommunizierte und unterhielt
er sein Publikum bestens. Bezeichnend schliesslich am Schluss, dass
die beiden Zugaben «Turned To Dust» und «Ashes» wiederum von den
beiden akustischen Göttergaben der Neuzeit stammten. Nach dem gut
100-minütigen Konzert hielt sich Damian noch eine Weile in der Venue
auf und in einem lockeren Schwatz erfuhr ich dann noch von seiner
zweiten Band Headspace, die auch einen auf progressiv macht, aber
mehr in Richtung Rock als Metal. Dort ist übrigens Tastenmann Adam
Wakeman mit dabei, der, man vermutet es bei dem Nachnamen, in der
Tat der Sohn von Yes-Legende Rick Wakeman ist! Wer also noch nicht
genug von Threshold kriegt, kann und sollte sich ebenso dem zweiten
Steckenpferd des Herrn Wilson annehmen. Die 2015er Ausgabe von
„70000 Tons Of Metal“ bietet übrigens bereits im kommenden Januar
die nächste Möglichkeit, die Band live zu sehen.
Setliste:
«Slipstream» - «The Hours» - «Liberty, Complacency, Dependency» -
«Ground Control» - «Unforgiven» - «Long Way Home» - «Part Of The
Chaos» - «Coda» - «Lost In Your Memory» - «Watchtower On The Moon» -
«Pilot In The Sky Of Dreams» - «Mission Profile» - «The Box» --
«Turned To Dust» - «Ashes».
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