Livereview: Ulver - Void Of Voices
16. Februar 2010, Ebullition, Bulle (FR)
By El Muerte
Ulver auf Tour – Das musste sich der geneigte Musikfan zuerst mal auf der Zunge zergehen lassen. Die norwegische Formation, die in jungen Jahren noch dem Black Metal gefrönt hat, sich mittlerweile aber auf sphärische Post-Rock-Sound konzentriert, ist über fünfzehn Jahre lang nicht auf der Bühne gestanden, hat derweil aber fünf weit über die Genre-Grenzen hinaus respektierte Platten veröffentlicht, und damit Kritiker und Fans rund um den Globus gleichwohl in Ekstase versetzt. Der Gig im Ebull sollte dabei einer der kleinsten der Tour werden, produktionstechnisch war der für knapp 300 Nasen konzipierte Club klar an der äussersten Grenze - Zumal einiges des extra hinzugemieteten Lichtmaterials nicht mit der mitgebrachten Hardware der Band kompatibel war. Ebull-untypisch war dabei der Einlass bereits für 20h30 vorgesehen, und vor dem Eingang hatte sich bereits eine anschauliche Schlange gebildet. Dabei war offensichtlich, dass ein Teil des Publikums den Stilwandel der Band nicht mitgekriegt hatte - Ulver als 'Post-Black Metal' zu bewerben, war vielleicht etwas hastig.

Den Einstieg in den Abend leitete Void Of Voices ein, das Soloprojekt des Mayhem-Fronters Attila Csihar. Komplett in eine schwarze Kapuzenrobe gehüllt und unter minimalster Beleuchtung zelebrierte er eine drone-/ambient-mässige Mucke, für die er sich lediglich einiger Delay-Effekte bediente, um damit seine Stimme zu loopen. Die ganze Sache erinnerte schwer an schwarze Messen für Freizeit-Satanisten, und das Publikum reagierte immer weniger interessiert auf die dargebotene Wand an Kehlkopfmasturbation. Nach gut fünfzehn Minuten (Die mir wie eine kleine Ewigkeit erschienen) stieg ein weiterer Musiker auf die Bühne, der die Performance von Attila mit ähnlichen Mitteln unterstützte - Wie sich später herausstellen sollte, war es niemand geringeres als Kristoffer Rygg, seines Zeichens Frontmann von Ulver (Fronter einer Kultband zu sein, deren Gesichter niemand kennt, hat auch positive Seiten). Der Applaus beschränkte sich dann am Ende des Sets auch auf ein absolutes Minimum, aber wenigstens hatten die Besucher begriffen, dass man heute Abend aufgrund der hohen Dynamik und der damit verbundenen leisen Moment die Klappe zu halten hatte. Auch fein.

Ulver wurden definitiv wärmer begrüsst, obwohl ihnen das Publikum die Wahl der 'Vorband' scheinbar noch nicht ganz verziehen hatte. Frontmann Kristoffer hatte dabei fünf weitere Musiker um sich gerschart, nebst den typischen Instrumenten Vocals, Drums und Bass (Dieser Musiker bediente dann auch abwechselnd das Piano und die Gitarre), war die Band noch um einen weiteren Synthie-Zocker, einen DJ und einen VJ erweitert worden. Wer im Endeffekt dann welche Sounds hervorzauberte, war bei bestem Willen und Fachwissen nicht einfach zu definieren, spielte aber im Endeffekt absolut keine Rolle. Ulver liessen ihre Musik in Wogen über das Publikum hereinbrechen, auch hier erschien mir das Set wie eine kleine Ewigkeit – Aber diesmal hätte diese ruhig etwas länger dauern dürfen. An dieser Stelle muss ich eingestehen, dass ich herzlichst wenig mit dem Material von Ulver vetraut bin, deswegen kann ich das Set nur in den Grundzügen wiedergeben: Das Sextett fokussierte sich grösstenteils auf die aktuelle Scheibe 'Shadows Of The Sun' und somit auf zurückgehaltene, pulsierende Musik – Die beinahe meditative Stimmung wurde nur einige Male vom drückenden Drumkit durchbrochen.

Am beeindruckendsten fiel dabei klar Krystoffer auf: Trotz seiner schmächtigen Erscheinung, gepaart mit einem ansehnlichen Bart und einer ordentlichen Ladung Tattoos, agierte er wie alle anderen Musiker auch äusserst zurückhaltend, und liess die Musik sprechen, konnte aber obendrauf noch mit einer facettenreichen Vocalperformance punkten. Egal ob getragene Melodien, oder schon fast rezitierend wirkende Sprechgesänge, seine Stimme passte perfekt in die Klangmalereien von Ulver. Die Live-Show wurde dabei genre-üblich von Video-Projektionen auf der Rückwand des Ebull untermalt, und kam deswegen ohne viel Licht aus. Gezeigt wurde dabei von Film-Ausschnitten bis hin zu Landschaftsbildern und digitalen Montagen alles mögliche an Material, und obwohl dies nun ziemlich chaotisch zusammengewürfelt klingt, so brachte Ulver's führende Hand die Bilder zum Einklang mit der Musik - Headtrip galore! Knapp nach 70 Minuten und einem erneut lang ausklingenden Song legten Ulver die Instrumente hin, bedankten sich kurz beim Publikum, und verschwanden so schnell, wie sie gekommen waren, wieder von der Bühne – In dem Moment erwachte der Saal aus seiner andächtigen Stimmung, und bedankte sich ebenso kurz aber intensiv bei der Band… Und ich war mir sicher, bereits eines der Konzerthighlights des noch jungen Jahres erlebt zu haben.