Livereview: Vicious Rumors - 23rd Grade Of Evil

30. August 2012, Uster - Rock-City
By Rockslave
Vor etwas mehr als einem Jahr standen die kultigen Amis auch schon auf der Bühne des Rock-City in Uster und lieferten bekanntlich eine hammergeile Mörder-Show ab. Das war eigentlich schon Grund genug, den neuerlichen Besuch in der Schweiz wiederum zu würdigen. Im Wissen darum, dass Vicious Rumors gerade in solchen kleinen Locations am besten zur Geltung kommen, liess mich also am Morgen bereits mit dem Auto nach Baden, meinen Arbeitsort, einrücken. Damit konnte die Anfahrt am Abend in zeitlich vernünftigem Rahmen gehalten werden und danach wieder heim fahren ist auszuhalten. Ein weiterer Aufhänger war die Schweizer Support-Band 23rd Grade Of Evil, wo einerseits Buddy Tom Höpfner an den tiefen Saiten rum reisst und mir andererseits das aktuelle Album «Bad Men Do What Good Men Dream» bekanntlich sehr gut gefallen hat. Somit hiess es nichts wie hin, wo sich dann überraschenderweise ergab, dass die Vorgruppe am heutigen Anlass mit Roman Wettstein (Hellvetica und Shadow's Far) einen neuen Sänger vorstellte, da sein Vorgänger Zeno Pfister aus privaten Gründen seinen Abschied nahm.

23rd Grade Of Evil

Nachdem im Frühsommer die geile Thrash-Abrissbirne «Bad Men Do What Good Men Dream» veröffentlicht wurde, standen die Zeichen bei 23rd Grade Of Evil auf Sturm. Nach dem überzeugenden Debüt «What Will Remain When We Are Gone» wurde die Saat gelegt, die man gerade gedenkte weiter zu pflegen und zur Blüte zu bringen. Wenn sich nun zu so einem wichtigen Zeitpunkt der Frontmann plötzlich vom Acker macht, dann ist das mit einem Rückschlag verbunden, den es zuerst wieder zu verdauen gilt. Da das Szene-Credo aber eigentlich stets "the show must go on" heisst, suchten die verbliebenen Members nach einer (Übergangs-) Lösung und die konnte nun in der Person von Roman Wettstein gefunden werden, der just heute Abend seinen Einstand gab und 23rd Grade Of Evil bis Ende Jahr unter die Arme greifen wird. In Anbetracht dieser Tatsache waren alle guten Mutes und machten einfach das Beste daraus. Nach dem Intro «Not Guilty» folgte mit «Blinded By Confidence» gleich mal der Opener des neuen Albums, gefolgt vom aktuellen Titeltrack. Roman machte dabei von Anfang an Dampf und versuchte die Leute gleich zu animieren. Das gelang in der Folge eher schlecht als recht, was aber die Performance als solche nicht beeinträchtigte. Was mir aber von Anfang an fehlte, war die unbändige Power, die von der neuen Scheibe ausgeht. Das war aber als Support von heute Abend halt leider nicht zu haben, doch Hägar als Herr der Mischpultknöpfe verpasste dem Ganzen dennoch einen amtlichen Sound, was an dieser Stelle, respektive da unten im Rock-City immer wieder verblüfft. 23rd Grade Of Evil mühten sich dann redlich ab und machten ihre Sache unter dem Strich gut, auch Herr Wettstein soweit, doch man merkte schon, dass dieser seine temporäre Rolle erst noch finden muss. Vermutlich wird dann im Dezember wieder die gleiche unangenehme Situation geschaffen, sollte bis dahin noch kein valabler Ersatz gefunden worden sein. Es wäre allerdings schwer zu wünschen, dass die Gruppe für 2013 ordentlich Schwung aufnehmen und wieder gestärkt nach vorne blicken kann. Das Songmaterial weist auf jeden Fall die nötige Qualität auf und darauf sollte man bauen. Trotz der engen Platzverhältnisse gaben die Innerschweizer alles im Rock-City und die knapp 50 Fans honorierten dies mit ordentlichem wie verdientem Applaus.

Setliste: «Intro (Not Guilty)» - «Blinded By Confidence» - «Bad Man Do What Good Men Dream» - «Swallow» - «You Don't Know» - «What Will Remain When We Are Gone» - «Take My Life» - «Something Will (Get You In The End)» - «23» - «Outro».

Vicious Rumors
Eigentlich hatte ich sogleich ein déja-vu, als mir Mainman Geoff Thorpe das erste Mal an diesem Abend entgegen kam und sich während des Auftrittes von 23rd Grade Of Evil vornehmlich am Merchstand aufhielt. Die letztjährige Sause war ja sowas von unfassbar geil gewesen, dass sich das mit Bestimmtheit nicht wiederholen liess. Trotzdem freuten sich alle angereisten Fans, darunter ein Die-Hard Metal Päärchen aus Frankreich (!), das ich schon an vielen Orten gesehen habe, wo jeweils auch meine Wenigkeit zugegen war. Bevor der Headliner gegen 21.45 Uhr auf die Bühne kam, wurde mir zugetragen, dass Sänger Brian Allen eigentlich ziemlich angeschlagen sei, ja sogar Fieber habe, das Konzert jedoch dennoch durchziehen wolle. Letztes Jahr kam das Killer-Album «Razorback Killers» heraus, das als eines der besten der ganzen Karriere in die Band-Geschichte eingehen wird. Darum wurde zur vergangenen Album-Tour heuer eine Festival-Tour angehängt, ergänzt um ein paar weitere Daten. Das bescherte der Schweiz deshalb einen weiteren Auftritt der kultigen Amis. Im gleichen Lineup wie auf der CD, und das heisst bei Vicious Rumors wahrlich etwas, spielte das Quintett motiviert auf und legte von der ersten Sekunde an voll los. Als Auftakt kam mit «Murderball» gleich mal der Opener des aktuellen Albums, gefolgt von «The Crest», «Digital Dictator» und «Minute To Kill», die allesamt auf der Kultscheibe («Digital Dictator») von 1987 zu finden sind. Das Beste in diesem Zusammenhang war aber, dass Geoff von diesem frühen Kult-Release noch ein paar nagelneue eingeschweisste 87er LPs von Shrapnel Records mit dabei hatte, Wahnsinn! Die seien bei ihm noch rumgelegen, sagte er mir nach dem Konzert auf Anfrage.

Bevor ich dieses Glück realisierte, gab es noch einige Songs mehr auf die Lauscher geknallt, die der angeschlagene Brian Allen scheinbar ohne Mühe hinbekam. Die spitzen Schreie kamen praktisch immer mit voller Power und dass Hägar auf Geheiss hin die Stimme vereinzelt etwas nachhallen liess, merkte ziemlich sicher niemand. Dennoch lief der Frontmann sichtlich auf der letzten Rille und ging immer wieder kurz von der Bühne runter, um sich im Backstage-Bereich was "für den Hals" zu genehmigen. Die Medizin stellte sich dann aber als Jägermeister heraus, der vor allem nach dem Konzert seine entsprechende Wirkung entfaltete. Für die Zeit des Auftrittes ging vordergründig alles glatt und die ganze Band zeigte sich einmal mehr in blendender Spiellaune. Bassist Stephen Goodwin spielte dabei barfuss (!) und lieferte eh ein Hammer-Posing ab, das man bei so wenig Platz wie im Rock-City zuerst einmal hinlegen muss. Wegen dem lädierten Zustand von Brian wurde «Ship Of Fools» leider aus dem Set gestrichen. Der Rest war dann aber immerhin für fette und powervolle 75 Minuten gut, die den Fans vor Ort optimal mundeten. Wie üblich war die Band nach dem Konzert für seine Anhänger verfügbar, um Unterschriften zu geben und gemeinsame Fotos zu machen. Kurz nachdem sich die meisten Leute dann auf den Heimweg gemacht hatten, torkelte der bemitleidenswerte Brian durch die Räumlich-keiten und da in den folgenden zwei Tagen noch zwei Konzerte in Italien zu bestreiten waren, fragte ich mich schon, ob das dann so noch klappen würde. Scheinbar ja, wenn man das eine Foto vom Folgetag (Larry, Geoff und Brian zusammen auf einem Bild) im Facebook betrachtete. Man stelle sich das nur mal so hypothetisch vor, wie es gewesen wäre, wenn Herr Allen topfit hätte antreten können. Nichtsdestotrotz fuhr ich in dieser Nacht, bestückt mit LP, Setliste und Plektrum beschwingt und gut gelaunt nach Hause. Cya next time guys und Geoff soll seinen Keller nochmals auf den Kopf stellen!

Setliste: «Murderball» - «The Crest» - «Digital Dictator» - «Minute To Kill» - «War/Soldiers Of The Night» - «Razorback Blade» - «Black» - «Bloodstained Sunday» - «Ship Of Fools (nicht gespielt!)» - « Lady Took A Chance» - «Abandoned» - «Let The Garden Burn» - «Don't Wait For Me» - «Down To The Temple». (Hinweis: Die Reihenfolge gemäss Setliste wurde gegen den Schluss hin nicht mehr eingehalten!)