Livereview: Y&T - Poison Heidi
01. November 2011, Z7 - Pratteln
By Rockslave
In den letzten Jahren haben uns die amerikanischen Kult-Hardrocker regelmässig besucht und stets begeisternde Sets abgeliefert. Nach den Grosserfolgen in den 80ern bis knapp in die 90er hinein gerieten Dave Meniketti und seine Truppe danach, Grunge sei "Dank", etwas in Vergessenheit. Ich hatte die alten Scheiben nicht mal (warum, weiss ich bis heute nicht!), aber dafür die Top-Anthology von 1992. Auf diesem Doppelalbum war eigentlich mehr oder weniger alles drauf, was die Klasse von Y&T auswies. Nachdem man sich ohne ein neues Studio-Album dennoch immer wieder mal auf Bühnen zeigte, nahmen die heran wachsende Generation und die Altfans wieder freudig zur Kenntnis, wie zeitlos das Songmaterial von Y&T ist. Weniger erfreulich war allerdings der beklagenswerte Tod von Ur-Bassist Phil Kennemore (R.I.P.), der am 7. Januar 2011 seinem Lungenkrebsleiden erlag. Da es sicher in seinem Sinne war, fand man in Brad Lang einen adäquaten Ersatz, der gleich die anstehende «Facemelter»-Tour zum letztjährigen, neuen Album bestritt. Als Support im Z7 wurden Poison Heidi (CH) verpflichtet.

Poison Heidi

Die Schock Glamster aus Neuchâtel passten optisch zwar nicht gerade zum aufmarschierten Publikum, und überhaupt erinnerte die schräg anmutende Bühnen-ausstattung eher an eine Mischung aus Lordi, Rob Zombie und Alice Cooper. Dieser Stil wurde dann auch musikalisch zelebriert, inklusive teils schwarz geschminkten Gesichtern von Sänger Fabio Bagnato, Gitarrist Tiny Pistol und Drummer Mr. Killjoy. Einzig die mit voluminösen Locken ausgestattete Bassistin Manon Pierrehumbert verzichtete darauf. Der Anfang der Premiere von Poison Heidi (geiler Bandname!) im Z7 gestaltete sich allerdings etwas schwierig, denn das Mikro war irgendwie nicht an und so hörte man zu Beginn rein gar nichts vom Gesang. Wenig später streikte auch noch die Klampfe von Herrn Pistol und störte so halt den Rhythmus der Darbietung. Dennoch liess die quirlige Truppe davon allerdings nicht gross beirren und legte einen beherzten Auftritt hin. Frontmann Fabio war eigentlich zu keiner Zeit ruhig und legte dabei auch sein theatralisches Talent auf die Bühnenbretter. Ebenfalls damit gesegnet war Drummer Mr. Killjoy, der offensichtlich ein grosser Fan von Tommy Lee (Mötley Crüe) sein muss, da sein sehr aktives Spiel all dessen Trademarks zur Schau trug. Dazu gehörte natürlich auch das eigentümliche Schwingen der Drumsticks. Obwohl die Band soweit alles gab, hielt sich die Begeisterung des Publikums arg in Grenzen. Immerhin wurde das jeweilige Ende der Songs mit dem unabdingbaren Höflichkeitsapplaus bedacht. Bislang haben Poison Heidi, die übrigens erst 2009 gegründet wurden, eine 4-Track EP am Start, die danach nachweislich ein paar Käufer fand. Nach rund 37 Minuten musste die Bühne wieder von einigen Requisiten "befreit" werden, die für eine Schweizer Support-Band eher ungewöhnlich waren. Insgesamt war der Auftritt aber ganz ok, obwohl diese Stilecke von weitaus klingenderen und berühmteren Namen abgedeckt wird.


Y&T
Beim letzten Auftritt in Pratteln im Herbst 2009 war der gute Phil Kennemore (R.I.P.) noch mit von der Partie. Nun musste man sich an ein neues Gesicht gewöhnen. Sein Nachfolger Brad Lang scheint aber, obwohl etwas jünger, eine gute Wahl zu sein. Die Amis hatten natürlich immer noch ihr letztjähriges, starkes Album «Facemelter» im Gepäck, das den Spagat zwischen History und Gegenwart locker abdeckt. Sonst beschränkte sich die Frage für die etwa 200 anwesenden Fans (was für eine beschämende Kulisse!) eigentlich bloss noch darauf, welche der zahlreichen Sound-Perlen auf der Setliste des heutigen Abend stehen würden. Als Opener wurde mit «On With The Show» gleich ein neuer Song gewählt, der den roten Faden des typischen Y&T-Sounds sogleich aufgriff. Bis zu «Shine On», einem weiteren Neuzugang im aktuellen Set, folgten erst mal vier Althits, wovon jeder natürlich eine Klasse für sich war. Dave Meniketti, John Nymann, Mike Vanderhule und "Newbie" Brad Lang waren nun warm gespielt und die ersten Schweisstropfen folgten der Schwerkraft, indem sie den Bühnenboden zu benetzen begannen. «If You Want Me» und «Blind Patriot» bewiesen darauf, wie gut die neuen Songs neben den alten Krachern bestehen können. Mit «Don't Bring Me Down» als fünftem Vertreter von «Facemelter» wurde offensichtlich, welchen Stellenwert die Neu-Kompositionen bereits besitzen. Inzwischen triefte der Frontmann schon ordentlich vor Schweiss und liess zusammen mit seinen Kumpels nichts anbrennen. Während viele Musiker-Kollegen beim Solieren ihre Griffbretter jeweils im Blickfeld haben müssen, verschmolz Dave regelrecht mit seiner E-Gitarre und pfefferte geilste Soli wie Riffs bei gewohnt geschlossenen Augen heraus. Der Sound war dabei ziemlich fett und transparent zugleich, also genau so, wie es eigentlich immer sein sollte! Die zwei Hundertschaften an Besuchern feierten ihre Helden entsprechend lautstark ab und spornten diese so noch mehr an. Die Spielfreude suchte dabei wirklich Seinesgleichen und selbst eine vermeintlich breit getretene Nummer wie «I Believe» kam voll rüber und hinterliess nur zufriedene Gesichter. Im Normalfall entsprechen die auf der Setliste aufgeführten Songs dem vorgesehenen Ablauf. Profis wie Y&T sind aber locker in der Lage, hier kurzfristig umzudisponieren und so kam zu meiner grossen Freude anstatt «Summertime Girls» das geniale «Contagious» zum Zug! Lead Vocals gereichte es John Nymann zu «Squeeze», ehe der Chef dann noch das Restprogramm mit den Zugaben «Don't Wanna Lose» und dem überirdischen «Forever» bestritt. Obwohl nach dem Setlisten-Check das Auslassen von «Open Fire» festgestellt wurde, spielten die Amis satte 125 Minuten, was dem bekannten Spruch "value for money" alle Ehre zuteil kommen liess. In dieser bestechenden Form haben Y&T noch einige Jahre vor sich und es blieb zum Schluss die Hoffnung, dass Dave Meniketti & Co. uns möglichst bald wieder beehren werden!

Setliste: «On With The Show» - «Black Tiger» - «Dirty Girl» - «Meanstreak» - «Midnight in Tokyo» - «Shine On» - «If You Want Me» - «Blind Patriot» - «Winds Of Change» - «Hang 'Em High» - «Hungry For Rock» - «Don't Bring Me Down» - «I Believe» - «Hurricane» - «Contagious» - «Rescue Me» - «Squeeze» - «I'm Coming Home» -- «Don't Wanna Lose» - «Forever».