«Vom Fan zur Sängerin»
2018 zum Leben erweckt, haben sich Ad
Infinitum mit Frontfrau Melissa Bonny,
mit ihrem Debüt „Chapter I: Monarchy“
sowie viel Talent und Leidenschaft,
schnell einen Platz in den Herzen der
Symphonic-Metal-Gemeinde und darüber
hinaus erspielt. Der neueste Streich
„Chapter I: Revisited“ blickt auf diesen
erfolgreichen Weg zurück, schürt die
Vorfreude auf alles, was die Künstler
künftig abliefen und trägt den Hörer auf
sanften schwingen in eine Traumwelt aus
wohligen Akustikklängen. Getragen von
sanftem Gitarrenspiel, gewinnt das
ursprünglich düster gehaltene Werk,
durch reduzierten Instrumentaleinsatz an
Leichtigkeit. Wie die Frontröhre Melissa
Bonny die Corona-Zeit nutzt, was sie
sonst umtreibt und was es im Hause Ad
Infinitum mit neuer Musik auf sich hat,
dazu steht sie im Metal
Factory-Interview Rede und Antwort.
MF: Hoi Melissa, es freut mich dich
kennenzulernen und danke für deine Zeit.
Wie geht es dir in dieser komplizierten
und doch eher schwierigen Zeit?
Melissa: Ja hy, freut mich auch. Es ist
nicht gerade einfach aber wir machen das
Beste daraus. Eigentlich hätten wir eine
Menge Konzerte gespielt aber die
mussten, aus bekannten Gründen, leider
abgesagt werden. Jetzt machen wir viel
Musik, planen so gut es geht für das
nächste Jahr, drehen Videos und tun das,
was man eben noch tun kann. Hier in
Dänemark wirkt noch nicht alles ganz so
schlimm…
MF: Ah, du
weilst momentan in Dänemark?
Melissa: Ja genau. Ich war im Januar,
noch vor dem Lockdown, das letzte Mal in
der Schweiz.
MF: Hast du
dadurch etwas mehr Zeit fürs
Privatleben?
Melissa: Ah
(lacht), das könnte man meinen aber ich
habe momentan gar keine Zeit für
Privates. Die Veröffentlichung der
Platte hat viel Arbeit mit sich
gebracht. Wir versenden
Band-Merchandising und arbeiten bereits
an neuem Material (lacht erneut). Um
ehrlich zu sein, es fühlt sich an wie
ein Run seit Beginn des Jahres!
MF: Dann hast du es mit einem
Luxusproblem zu tun?
Melissa: (lacht) Ja, das ist schon
richtig…
MF: Mit Ad
Infinitum hast du dir deine eigene Band
erschaffen. Wie fühlt es sich nun an,
ein Teil der grossen Metal-Familie zu
sein?
Melissa: Oh, ich
bin superglücklich darüber, denn zuerst
war ich einfach „ein Fan“. Jetzt mache
ich Musik, genau für diese Fans. Ich
liebe die Metal-Gemeinschaft! Ich habe
mit dem Hören von Metal angefangen, bin
dann gerne zu den Shows gepilgert und
nun darf ich selber auf der Bühne
stehen. Das ist noch einmal eine andere
Erfahrung und ich kenne jetzt beide
Seiten. Es macht Spass, vor Publikum die
eigene Musik, die Musik die man liebt zu
spielen und zu sehen, wie die Leute
darauf reagieren.
MF: In
welchem Alter hast du angefangen Metal
zu hören?
Melissa: Das war eher spät. Ich habe bis
dahin eher Musik aus der Sparte Pop und
Rock gehört, also softeres Zeugs… da war
ich ungefähr 18 Jahre alt. Dann habe ich
ebenfalls mit 18 Heavy Metal für mich
entdeckt und es seitdem auch nicht mehr
aufgegeben (grinst).
MF:
Euer Debüt „Chapter I: Monarchy“ kam im
April dieses Jahres auf den Markt. Nicht
gerade der perfekte Zeitpunkt, um ein
neues Album zu promoten. Wie waren die
Reaktionen bisher?
Melissa: Zuerst war es ganz schlimm. Es
lief nichts mehr nach Plan, die Tour
wurde bereits gestrichen und wir drehten
völlig am Rad. Eine Platte zu
veröffentlichen, ohne diese live
promoten zu können, machte uns schon
Kopfzerbrechen. Erstaunlicherweise haben
wir ein gutes Zeitfenster erwischt, denn
niemand konnte ausgehen und es gab keine
Shows. Wir haben uns also auf unsere
Videos konzentriert, auf diesem Weg die
Platte weltweit beworben und vermutlich
deshalb mehr Personen erreicht, als wenn
wir Liveshows gespielt hätten. Das
hätten wir ehrlich gesagt, mit einer
kleinen Tournee durch Europa nicht
geschafft. Die Reaktionen sind durchwegs
positiv…
MF: Der Titel
der Platte riecht ziemlich nach
Konzeptalbum. Hast du schon Ideen für
eine weitere Veröffentlichung?
Melissa: Das ist richtig! Wir arbeiten
zurzeit an „Chapter II“. Allerdings mag
ich es nicht, in sich geschlossene
Geschichten von Anfang bis Ende zu
erzählen. Man ist dabei gezwungen, die
Geschichte streng einzuhalten, damit man
sie noch versteht. Ich liebe es eher
abstrakt. Ich mag es auch nicht, nur bei
einem Thema zu bleiben. Interpretationen
von mir und den Leuten, die die Musik
hören, sollen ebenfalls darin Platz
haben. Das war schon bei „Chapter I“ so
und das wird sich auch jetzt nicht
ändern.
MF: Wie fand eigentlich
der Song „This Is Halloween“ den Weg auf
die aktuelle Scheibe? Es ist ein
Coverstück und klingt doch recht eigen…
Melissa: (lacht) Das war
vermutlich der erste Song, den wir als
Band aufgenommen haben. Weisst du, wir
haben „I am the Storm“ bereits vorher
veröffentlicht, um die
Crowdfunding-Kampagne anzukurbeln und
den Leuten zu zeigen, was wir eigentlich
machen. Den Halloween-Song haben wir
aber schon aufgenommen, bevor die
aktuellen Bandmitglieder dazu gestossen
sind. Das war noch mit Oliver Philipps
und Timo Somers von Delain. Ich denke,
„This is Halloween“ haben wir etwa vor
einem Jahr aufgenommen. Leider weiss ich
das selber nicht mehr so genau aber es
war bestimmt die erste Single, die wir
als vierköpfige Band aufgenommen haben.
MF: Also, der offizielle Start von
Ad Infinitum?
Melissa:
Äh… ich würde nicht offiziell sagen. Es
war eher so eine Spasssache zu
Halloween. Und es ging darum, einfach
gemeinsam Musik zu machen, bevor wir ein
ganzes Album veröffentlichen.
MF: Vor einigen Tagen habt ihr das
Debüt noch unter dem Namen „Chapter I:
Revisited“ als Akustikalbum
veröffentlicht. Warum ein Akustikalbum?
Melissa: Wie vorhin kurz
angetönt, die Tourneen waren gestrichen
und wir wollten einfach etwas mehr
bieten in diesem Jahr. Ausserdem mochten
die Leute die akustischen Stücke, die
wir als Bonustracks auf das Album
gepackt haben. Es sollte jetzt auch
nicht ein überambitioniertes Kunst-Album
werden, mehr ein Album, um mit den Fans
in Kontakt zu bleiben.
MF: Als „Goodie“ für ein Konzertloses
Jahr also…
Melissa: Ja
genau. So in etwa.
MF:
Was würdest du sagen, ist das typischste
Merkmal, das euren Sound, von dem
anderer Symphonic Metal Bands
unterscheidet?
Melissa:
Ich würde nicht sagen, dass wir etwas
total Neues geschaffen haben. Wir haben
bestimmt auch Einflüsse von Bands, die
wir mögen aber ich glaube, dass es mit
jedem einzelnen Musiker in der Band zu
tun hat. Adrian (Thessenvitz) ist ein
super Gitarrist und hat einen ganz
eigenen Stil. Er bringt viele andere
Einflüsse mit rein, die man auf dem
akustischen Album sehr gut hören kann.
Es ist aber auch Fakt, dass wir eine
Symphonic Metal-Band mit einer Frau am
Mikro sind. Wir haben trotzdem ein paar
spezielle Eigenarten, wie die „Growls“
zum Beispiel, die nicht gerade typisch
sind. Grundsätzlich glaube ich aber,
dass die Einflüsse von allen
Bandmitgliedern, schlussendlich unseren
Sound ergeben.
MF: Ich
mag die Vielseitigkeit deiner Stimme.
Egal ob Klargesang, Screams oder Growls
– du machst alles. War es schwierig,
diese Techniken zu erlernen oder macht
das keinen Unterschied?
Melissa: Es sind tatsächlich grosse
Unterschiede und es braucht viel Zeit,
diese Techniken zu erlernen. Es ist wie
mit allen Dingen im Leben. Du startest
mit etwas Bestimmtem und lernst und
lernst und lernst immer mehr dazu. Ich
habe mit dem Klargesang angefangen, dann
habe ich auf einmal die „Screams“ für
mich entdeckt, fand das toll und wollte
es lernen. Es brauchte einiges an Zeit,
bis ich damit an die Öffentlichkeit
gehen konnte. Das gilt so ziemlich für
alle Gesangstechniken die es gibt. Ich
habe mir aber nie vorgenommen, möglichst
ein breites Gesangsspektrum bieten zu
können. Es war mehr so, dass ich etwas
Cooles gehört habe, das ich
anschliessend auch erlernen wollte. Es
ist wie eine nie endende Geschichte,
denn im Leben hat man nie ausgelernt.
MF: Du bist bei Ad Infinitum für die
Texte und die Kompositionen
verantwortlich. Wie bringst du beides
unter einen Hut?
Melissa: Die Kompositionen entstehen
eigentlich ganz von alleine. Ich habe
die Stimmung eines Songs im Kopf und
bringe diese, durch Texte zu Papier.
Manchmal habe ich auch die Texte zuerst
im Kopf, weiss aber noch nicht, welche
Melodie dazu passt. Ich lasse mich
einfach tragen und inspirieren. Im
Anschluss kreiere ich dann oft, den Song
um den Text herum. Das tönt jetzt ein
wenig steril und technisch, im
Allgemeinen passiert das aber auf ganz
natürliche Weise.
MF: War
es schwierig für dich, vom Rage Of
Light-Sound wegzukommen und deinen
eigenen Weg zu finden?
Melissa: Es war nicht schwierig für
mich, denn bei Rage Of Light handelte es
sich um eine komplett andere Band. Rage
Of Light ist als Baby von Jonathan
(Pellet), dem Hauptkomponisten
entstanden. Es war seine Vision. Mit Ad
Infinitum ist es jetzt meine Vision. Ich
musste mir nur selber treu sein und mein
Stil war geboren (lacht).
MF: Ich finde es bemerkenswert, dass
ihr nicht wie eine weitere
Nightwish-Kopie klingt. Woher nimmst du
deine Inspiration für euren Sound?
Melissa: Ich höre eine
Menge verschiedener Bands, die mir aus
unterschiedlichen Gründen gefallen. Mir
ist es dann persönlich wichtig
herauszufinden, welches der Part ist,
der mir genau gefällt. Ist der Song
besonders eingehend? Sind die Gitarren
extra hart oder ist es der Refrain?
Meist erhalte ich beim genauen Hinhören
eine Antwort und diese Rosine picke ich
mir für meinen Sound heraus. Dieser Teil
wird dann zum Aufhänger! Wenn ich mit
der Band einen Song kreiere und ich
einen Refrain im Kopf habe, den ich
besonders mag, dann starte ich mit dem
Songaufbau von da aus. Mein Ziel ist es,
Songs zu schreiben, die ich immer wieder
hören will.
MF: Du hast
in der Vergangenheit schon etliche
Projekte unterstützt, wie die Tour mit
Serenity oder den Auftritt bei Warkings
zum Beispiel. Haben diese Erfahrungen
geholfen, deinen eigenen Weg im
Musik-Business zu finden?
Melissa: Ich denke, dass alles was ich
tue, irgendeinen Einfluss auf mich und
meine Karriere hat. Es hilft dir auch
klar darüber zu werden, was du künftig
möchtest und was du nicht tun möchtest.
Ich persönlich habe auch sehr viel über
Technik gelernt. Ich habe oft Personen
bei der Arbeit beobachtet, welche
Utensilien und Hilfsmittel sie brauchen.
Sei es sound-, licht- oder auch
pyrotechnisches. Eigentlich bei jeder
Tour, bei jedem Auftritt habe ich etwas
Neues dazugelernt. Das Leben formt dich
Tag für Tag und das ist auch im
Musikbusiness nicht anders.
MF: Gibt es sonst noch etwas, dass
du den Metal Factory Lesern mitteilen
möchtest?
Melissa: Yeah,
ich hoffe, dass ich bald wieder in die
Schweiz zurückkommen kann, damit wir
alle gemeinsam Party machen können - auf
und auch neben der Bühne. Ich freue mich
darauf, ganz viele Leute wieder zu
sehen, denn ich habe die Schweiz seit
bald elf Monaten, wegen der Pandemie
nicht mehr besucht. Mit Ad Infinitum
zurückzukehren wäre eine grosse Ehre.
Ich hoffe euch bald wieder zu sehen!
MF: Danke für deine Zeit und die
interessanten Einblicke. Ich wünsche dir
viel Erfolg in diesen Zeiten, pass auf
dich auf und bleib gesund.
Melissa: Ich danke dir fürs Interview
und wünsche dir nur das Beste!
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